kultur

Reitschuel Bern: D Antwort uf iri Politik…

Daniel MullisEtwa 5000 „Kulturleichen“ machten sich heute in Bern auf die Suche nach neuen Freiräumen. Eine Verfügung des regionalen Regierungsstatthalters Christian Lerch verpflichtet nämlich seit 11.5.12 die Reitschule, auf dem Vorplatz Trinkende nach 00.30 wegzuweisen. Dieser Anweisung der Obrigkeit wurde mit einem von 4 Soundwagen und genügend Freibier begleiteten Umzug untertänigst Folge geleistet.

Strassenparty Vorplatz Reithalle
Weitere Bilder bei Flickr

Im Folgenden die Medienmitteilung der Mediengruppe der Reitschule.

Bern, 12. Mai 2012, 00.30 Uhr
Medienmitteilung

Umzug der Vorplatz-Weggewiesenen

Sehr geehrte Medienschaffende

In diesen Minuten werden, wie von Regierungsstatthalter Lerch angeordnet, die auf dem Vorplatz der Reitschule Anwesenden weggewiesen. Um die Folgen dieser kulturpolitisch und sozial harten Massnahme zu lindern, werden die Weggewiesenen mit der Spezial-Aktion „Rattenfänger von Hameln“ auf der Suche nach einem neuen Verweil- und Begegnungsort musikalisch begleitet, von einem Nachtleben-Care-Team betreut und mit Gratis-Getränken versorgt.

Wie lange diese Suche dauern wird, ist leider unbekannt – sind doch viele öffentliche Plätze und Parks in der Stadt Bern durch Verreglementierung, Überuniformierung und temporäre kommerzielle Nutzung nicht nur für Vorplatz-Weggewiesene quasi unzugänglich geworden.

Die Reitschule Bern hofft, mit dieser Massnahme einen Lösungsansatz für die Bewältigung der Folgen der repressiven Nachtleben-Politik aufzuzeigen.

Die Reitschule Bern wird in den nächsten Tagen in ihren Strukturen über die weiteren juristischen und politischen Schritte beraten.

Unten finden Sie den Text des am Anlass verteilten Flugblatts.

Mit freundlichen Grüssen

Mediengruppe
Reitschule Bern

FLUGBLATT

Nehmt ihr uns den Vorplatz, nehmen wir uns die Stadt

Ab dem 11. Mai 2012 gelten für die Reitschule verschärfte Betriebsauflagen (Zitat aus der Verfügung von Regierungsstatthalter Lerch: „Gäste, die Getränke nach 00.30 Uhr im Freien (inkl. Innenhof) konsumieren, sind wegzuweisen.“). Damit wird schon wieder versucht, aus der Reitschule einen angepassten und pflegeleichten – normalen – Kultur- und Gastrobetrieb zu machen. Etwas, das die Reitschule nie war und niemals sein will!

Was bei der Reitschule immer wieder versucht wird, ist in der restlichen Stadt schon lange gang und gäbe. Es geht um Aufwertungspolitik, und die betrifft uns alle. Wenn wir uns im öffentlichen Raum aufhalten, werden wir von der Polizei oder von Securitys kontrolliert, schikaniert oder weggeschickt. Im öffentlichen Raum sollen mehr und mehr nur noch profitorientierte Veranstaltungen stattfinden. Damit wird er faktisch privatisiert – wie etwa auf der Grossen Schanze für die City Beach und das Orange Cinema.

Kultur und Freizeitangebote finden fast nur noch in Clubs statt, und auch das nur, solange sich niemand beschwert. Wer nicht genügend Geld für den Eintritt und die Drinks hat, muss draussen bleiben.
Gleichzeitig finden wir auch immer weniger Wohnungen, denn von Neubauwohnungen und Altbausanierungen profitieren meist nur Gutverdienende.

In der neoliberalen Gesellschaft befinden sich Städte in einem ständigen Konkurrenzkampf, um Unternehmen und damit Arbeitsplätze und Steuerzahler_innen anzuziehen. Dabei werden die Interessen der Bewohner_innen untergeordnet und unangepasste oder nicht so einfach zu vermarktende (Frei-)Räume zu Hindernissen, die verschwinden oder angepasst werden müssen.

Kurz, die Stadt soll für reiche Steuerzahler_innen attraktiv, schick und sauber sein. Mittels Überwachung, Polizei und privaten Sicherheitskräften werden dafür all jene vertrieben, die nicht in dieses Stadtbild passen.

Unser Lebensraum soll jedoch nicht von Politik, Behörden und Polizei verplant, reglementiert und überwacht werden, um im Standortwettbewerb gut abzuschneiden. Im Gegenteil: Wie unsere Stadt gestaltet ist, bestimmen wir selber!

Unsere Stadt – unser Raum – unsere Reitschule


Medienmitteilung vom Sonntag, 13. Mai 2012

Sehr geehrte Medienschaffende.

Die Reitschule Bern hat heute an ihrer Vollversammlung über die Verfügung des Regierungsstatthalters diskutiert.

Die Reitschule sieht die Verfügung im Zusammenhang mit einer Neoliberalisierung des städtischen und kantonalen Gemeinwesens. Städte werden wie Grossbetriebe geführt und müssen entsprechend rentieren und attraktiv sein u.a. für potente Steuerzahler_innen sowie für Unternehmen, die Arbeitsplätze mitbringen.

Dabei werden Interessen der Bewohner_innen, die für eine Stadt finanziell nicht interessant sind, untergeordnet. Unangepasste oder nicht so einfach zu vermarktende Freiräume werden zu Hindernissen, die verschwinden oder sich anpassen müssen.

In diesem Konzept soll die Reitschule zu einen angepassten und pflegeleichten – normalen – Kultur- und Gastrobetrieb werden. Etwas, das die Reitschule nie war und niemals sein will!

In diesem Sinne: Die Reitschule will kein Teil dieser Politik sein und wird sich weiterhin aktiv dagegen wehren.

An der Vollversammlung wurden die folgenden Schritte vereinbart:
– Die Reitschule wird die Verfügung innert der vorgegebenen Frist von 30 Tagen rechtlich anfechten.
– Die Reitschule sucht das Gespräch und eine vertieferte Vernetzung mit Berner Clubs und Beizen sowie den bereits gegründeten Vereinen für ein urbaneres Berner Nachtleben, da die Problematik bekannterweise nicht nur die Reitschule und ihren Vorplatz betrifft.
– Die Reitschule fordert alle dazu auf, sich aktiv für ein Bern mit Freiräumen jenseits der Geranienidylle inklusive Alpenpanorama einzusetzen – bei Tag und bei Nacht und nicht nur auf dem Vorplatz.

Wir freuen uns auf einen spannenden & kreativen Sommer!

Mit freundlichen Grüssen
Reitschule Bern
Mediengruppe

kultur

Stadt Bern: Unsinnige Verhältnisse

Lukas Vogelsang – Stolz hat die Stadt Bern, Abteilung Kulturelles, Anfang Jahr veröffentlicht, dass sie wieder 50’000 Franken für den Bereich «Musik der Jungen» (so definiert die Stadt Bern noch immer alle Musikstile zwischen Rock, Pop, Hip Hop, Techno, Folk usw.) zur Verfügung stellt. Dieses Geld wird für Datenträger-Produktionen reserviert – und erst noch in zwei «Halbjahrestranchen » aufgeteilt. Dass die Gesuche zusätzlich in fünf Exemplaren eingereicht werden müssen zeigt, wie modern diese Strukturen sind.

Ein Blick auf die gesprochenen Beiträge aus dem Jahre 2010 zeigt, dass sich diese Beiträge zwischen 1’000 und 3’000 Franken bewegen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich bei GesuchstellerInnen um DJs mit Plattenspieler oder eine 15-köpfige Band handelt, und Studiomiete und wöchige Aufnahmesessions sind ebenfalls egal. Wer mit diesen Beiträgen eine einigermassen professionelle Produktion machen will, würde den Druck und die Grafik vom Booklet bezahlen können – nicht aber die Musik.

Hier werden keine Löhne gerechnet, keine Proberaummieten, keine Studiomieten, keine Arrangeure, geschweige denn ein anständiger Toningenieur, der die Technik einigermassen so hinkriegt, dass eine CD-Produktion die Chance erhält, von einem nationalen Radiosender gespielt zu werden. Das ist ein trauriger Fakt und zeugt nicht von viel Förderwillen. Zum Schluss: Es erhalten so etwa 20 Gesuchsteller zu wenig, um etwas Anständiges zu machen.

Anders sieht es bei Theater- und Tanzschaffenden aus. Diese erhalten doch meistens etwas mehr Geld. Obwohl nicht ersichtlich ist, warum Theaterschaffende wesentlich mehr Geld aus dem Förderungskässeli erhalten, als Tanzschaffende. Das Spektrum bewegt sich hier von 1’000 Franken (Gastspiele) bis zu 40’000 Franken (hauptsächlich Theaterproduktionen).

Eine Tanzkompanie wird zum Beispiel mit 15’000 Franken für zwei Jahre unterstützt, ein Performance- Festival erhält gleich viel für ein sechstägiges Festival. Eine Theaterkompanie – egal wie viele Leute mitspielen – erhält im Schnitt ca. 20’000 Franken für eine einzige Produktion. Zuzüglich Geldern vom Kanton Bern, der in etwa gleich viel beisteuert, wird ein Theater sicher realisierbarer, da die Technik, Requisiten und Proberäume nicht so teuer sind.

MusikerInnen sind also fast um das 10-fache weniger unterstützt und gefördert, als SchauspielerInnen. Eine unverschämte Wertung. Im direkten Vergleich des Bereiches Tanz mit Zürich muss sich Bern verstecken: Dort erhält eine Tanzkompanie für eine Produktion gute 20 – 25’000 Franken, oft mehr, und mindestens drei Kompanien erhalten Dreijahresverträge zu 150’000 Franken. Das sind paradiesische Zustände. Übertroffen werden diese nur noch vom Kanton Bern: Anna Huber erhielt 360’000 Franken für das Produktionsjahr 2010 ausbezahlt (Anmerk: Das war ein Fehler auf den Listen vom Kanton Bern und das haben wir in der Märzausgabe richtig gestellt: Anna Huber hat für total 3 Jahre vom Kanton Bern, der Stadt Bern und der Pro Helvetia 930’000 Franken erhalten, plus Zusätzlich den Choreografiepreis von 30’000 Franken im Jahr 2010 – Die Zahlen stammen von der Anna Huber Compangnie.

Eine interessante Rechnung ergab sich, als ich den Namen und Produktionen auf den Listen von Stadt und Kanton Bern gefolgt bin, und bei einer kleinen Kinder-Theater-Produktion auf einen Förderbeitrag von mindestens 210’000 Franken gestossen bin. Meine Güte, was ist hier geschehen? Es hat sich herausgestellt, dass die betreffende «Fördergeld-Beschafferin» eine professionelle Marketing- und Fundrising-Frau ist. Alle Ihre Projekte werden mit den maximal möglichen Geldern gefördert.

Das ist insbesondere unfair, da nicht jede Gruppe, jede(r) MusikerIn, jede Tanzkompanie über diese Fachkompetenz verfügen kann. Wer also ein «professionelles» Budget vorweist, erhält mehr Geld. Dazu kommt, dass bei Budgets immer versucht wird, ca. 15 Prozent mehr anzugeben, als wirklich benötigt wird, damit der schlussendlich gesprochene Beitrag einigermassen erträglich ist, und man die FundriserInnen auch noch bezahlen kann. Das ist ein unsinniges System und deklassiert jegliches Kulturschaffen – vor allem aber deklassiert es die Fachkompetenz der jeweiligen Jury.

Natürlich werden jetzt viele sagen, man könne Kulturelles nicht miteinander vergleichen. Stimmt: Es gibt in der Tat keine vernünftigen oder logischen Anhaltspunkte, nach welchen Kriterien Fördergelder verteilt werden, und der Vergleich wird unmöglich. Das betrifft die subventionierten Häuser wie die freie Szene. Das Fazit: Die heutige Kulturförderungspraxis ist unfair, ungerecht, unlogisch, politisch motiviert, und wird sicher nicht inhaltlich und fachkundig geführt.

So wird in jeder Stadt eine andere Praxis angewandt, macht jede Kultursubventionsinstitution, was ihr beliebt. Die Intransparenz, wie und warum Gelder verteilt werden, macht den Erklärungsnotstand noch grösser. Die SteuerzahlerInnen werden nicht informiert, die Politik wird instrumentalisiert. Es erstaunt, dass es im Jahr 2011 keine Gewerkschaft oder Vereinigung gibt, die auf solche Missstände hinweist.

Lukas Vogelsang ist Chefredaktor de Berner Kult- und Kulturmagazins ensuite

kultur

Weltkulturerbe in Gefahr – kann man wegsehen wo Millionen Augen weltweit hinsehen?

Erich Neumann – Wird die Via Appia Antica – die “Königin der Straßen“, das über alle Grenzen hin bekannte Weltkulturerbe – zerstört, da deren Basaltsteine seit Mai 2010 stillschweigend neu verlegt wurden / werden!

Die Via Appia Antica wurde zum Jahr 2000 und mit Einsatz europäischer Fördergelder (!) als archäologische- und Naturschutz-Zone valorisiert, d. h. Müll entfernt, das Basaltsteinpflaster wieder freigelegt, in der Nähe der Park der Aquädukte eingerichtet, etc..


© Bild: Edda Schaffer, CC

Stadtführer, welche die Via Appia Antica mit ihren Reisegruppen in der Saison fast wöchentlich stadteinwärts erwandern, registrierten seit Mitte Mai 2010 eine Baustelle.

Aufgrund des Bauzauns, der auch Fußgängern Zutritt wie Einblick versagte, war nicht zu verifizieren, was da genau geschah; die Auskunft der Bauarbeiter war “auf die Via- Appia-Basaltsteine würde Kopfsteinpflaster gelegt.“

Am Nationalfeiertag, den 02. Juni 2010 hatte die Menschenmenge derjenigen, die wie immer an Feiertagen bei gutem Wetter die Via Appia bewandern, die Bauzäune geöffnet und so wurde einer engagierten Stadtführerin und Kunsthistorikerin Tags darauf zweifellos klar, dass nicht ein Belag auf den historischen Basaltstein-Belag der Via Appia gelegt wurde, sondern die originalen Basaltsteine neu verlegt wurden und werden, das authentische – vor 10 Jahren unter großem finanziellen Aufwand und mit viel Mühen hervorgeholte Pflaster – somit zerstört wird, bzw. bereits ist!

Am Bauzaun ist das Ganze als “Straßenverbesserungsmaßnahme“, mit einem von der Presidenza del Consiglio dei Ministri gezeichneten Schild und mit Kosten von ca. € 400.000 deklariert.


© Bild: Edda Schaffer, CC

Die Arbeiten am größten “neu verlegten“ Abschnitt der Via Appia waren Anfang Juni 2010 bereits abgeschlossen und damit der Schaden unwiederbringlich eingetreten. Seither werden diese Maßnahmen an mehreren kleineren Stellen weiter fortgesetzt.

Wie es möglich ist, dass derartiges Vorgehen ohne Transparenz für die Öffentlichkeit erfolgt, ist dazu die zentrale Frage.

Zum Schutz unwiederbringlicher Kulturgüter und Kunstschätze ist die Weltöffentlichkeit also aufgerufen, einen Blick ganz anderer Art auf diese Stätte zu werfen und diesem Treiben Einhalt zu gebieten und für die Zukunft ähnlich zerstörerische Eingriffe zu verhindern!

Bei Stuttgart 21 zeigt Bürgerprotest Wirkung und in Dresden schließlich reichte bereits ein neuer Brückenbau zur Aberkennung des Titel als Weltkulturerbe – wie also könnte dann die direkte Zerstörung eines solchen ohne Gegenwehr und Folgen bleiben?

Erich Neumann ist freier Journalist, Mitglied im DPV Deutscher Presse Verband e. V., Hamburg

kultur

Wikileaks Enthüllungen: Lifestyles of the Kazazhstani Leadership

Lukas Vogelsang – Es hat etwas belustigendes, wenn’s nicht auch tragisch wäre: Der Schwiegersohn vom kasachstanischen Präsidenten lässt es sich bei Geburtstagsfeiern gut gehen. So finden wir in den Wikileaks-Dokumenten (17.4.2008 / Embassy Astana) folgende Notiz:

In 2007, President Nazarbayev’s son-in-law, Timur Kulibayev, celebrated his 41st birthday in grand style. At a small venue in Almaty, he hosted a private concert with some of Russia’s biggest pop-stars. The headliner, however, was ELTON JOHN, to whom he reportedly paid one million pounds for this one-time appearance. (Note: The British Ambassador relayed a slightly different story, with an unknown but obviously well-heeled friend arranging and paying for Sir ELTON’s gig. End Comment.)

There have been separate reports that Nelly Furtado performed at the August 2007 birthday bash for Kulibayev’s wife, Dinara Nazarbayeva. Kulibayev also appears willing to spend his fortune on others. According to Turkish diplomat Isik, when the Kempinski group recently built luxury villas in Bodrum, Turkey, Kulibayev bought up a number of them — at a cost of 4-5 million dollars each — and doled them out as gifts to friends and family.

kultur

Tratschundlaber

Sonja Wenger – Geld regiert die Welt, das ist nix Neues. Doch bis anhin konnte man immerhin sicher sein, dass für den Lidschatten aus dem Bodyshop keine Äffchen im Labor gequält wurden. Doch dieses gute Gewissen ist jetzt futsch – der Kosmetikgigant L’Oréal hat vor kurzem die Firma Bodyshop aufgekauft.

hunziker

Wem darüber nun die Tränen kommen, kann sich aber leicht wieder aufmuntern mit dem Lesen der bunten Schweizer Blätter. Die haben letztens ein ungeheures Humorpotential entwickelt. Da finden sich Brüller wie: «Wir essend die Vogelgrippe weg» oder es wird sinniert über die Frage: «Müssen Tokio Hotel eigentlich nicht zur Schule?». Auch gut ist: «Eine Kuh macht muh…Michelle Hunziker macht Werbung für die Schweizer Bauern.» oder der erstaunte Unterton bezüglich des Fakts, dass Salman Rushdie mit einem Model verheiratet ist.

Das sei der «lebende Beweis, dass Intellekt auf Frauen halt doch erotisch anziehend sein muss.». Da sage noch ein Mensch, die SchweizerInnen hätten keinen Humor! Ganz neu hingegen ist die Information, dass die böse US-Regierung nun ihre Gefangenen in Guantánamo senden mit Songs von Eminem foltert. Obwohl es da noch etwas Besseres gibt.

Im Interview mit Vera Dillier, der «letzten Überlebenden des Schweizer Jetsets» schreibt die SI nämlich: Ihr Chihuahua-Rüde Macho (12) diktiere ihr zurzeit ein Buch über sein «Leben als Mexikaner in der Schweiz». Bei ihr zuhause sehe es aus, «wie bei Saddam Hussein», so Dillier und Botox hält sie für die «genialste Erfindung aller Zeiten». Auf die Frage nach dem Alter antwortet sie: «Ich frage Sie ja auch nicht nach Ihrem Bankkonto.» und besonders treffend im gleichen Gespräch: «Wissen Sie, ich habe es nicht gerne vulgär.» Immerhin kann sie mit Fug und Recht behaupten, nicht zu heucheln. Dazu ist sie zu blöd. Als Gegenmittel unbedingt zehnmal hintereinander schnell Chihuahua sagen!

Zugegebenermassen den Vogel abgeschossen (oho!) hat im März allerdings die US-Ausgabe der ELLE: Der Schreiberin eines Leserbriefes mit dem Namen Lumiere Chieh wurde Folgendes geraten: «Mit diesem Namen sollten Sie sich in Leder kleiden und eine Karriere als Pornostar in Betracht ziehen… ». Offen bleibt, ob das tatsächlich eine Überlegung wert ist oder ob die Entschuldigung: «das war doch ironisch gemeint» nur das neue und beliebte Deckmäntelchen für Ehrlichkeit

linkRap als Folterinstrument der CIA

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Der Mozart des Tätowierens – Im Gespräch mit Louis Molloy

Nando Rohner – Louis Molloy ist wohl ohne Zweifel einer der besten Tätowierer der Welt, der aufgrund seiner feinen und filigranen Arbeiten in der Szene auch gerne als „Mozart des Tätowierens“ bezeichnet wird. 2007 war er in Basel zu Gast an einer von Tätowier-Kollege Orlando ausgerichteten Tattoo-Convention. Und obwohl er einen vollen Terminplan hatte, nahm er sich die Zeit für ein kurzes Interview, dass exklusiv auf „Nachrichten von Heute“ zum ersten Mal nachgelesen werden kann.

Wann hast du angefangen zu tätowieren?
Ich habe mit Tattoos angefangen, als ich 14 Jahre alt war. Mit 18 Jahren habe ich mein Studio eröffnet, was nicht ganz ohne Risiko war, dass ich aber bis heute betreibe. Meine Eltern haben mich von Anfang an dabei unterstützt, da es nicht nur was Kreatives war was ich tat, sondern es hielt mich auch aus irgendwelchem Ärger heraus.

Innerhalb der Tattoo-Szene genießt du ja einen ausgezeichnete Ruf…
Man könnte sagen, dass ich mir eine gewisse Reputation erbaut habe, da hast du Recht.


„Man kann einen Menschen heutzutage nicht mehr aufgrund seiner Tattoos beurteilen, dass geht einfach nicht mehr.“

Du hast in England auch eine eigne TV-Show namens „London Ink.“, richtig?
Genau. Die Show wird auf dem Discovery Chanel ausgestrahlt. Die erste Staffel war dabei so erfolgreich, dass eine zweite Staffel in Auftrag gegeben wurde, die im September 2008 auf Sendung ging. Ich finde es sehr interessant, diese Show zu machen, da sie aufzeigt wie es ist ein Tattoo-Studio zu betreiben. Die Show gibt der Öffentlichkeit die Chance zu sehen, was hinter den Kulissen abgeht, wie ein Tattoo entsteht und was für eine kreative Arbeit es benötigt, um ein gutes Motiv zu entwerfen und in die Tat umzusetzen.

Würdest du sagen, dass die Tattoo-Szene von solch einer Show wie „London Ink.“ profitiert?.
Auf alle Fälle. Tattoos sind momentan so angesagt wie noch nie zuvor. Und solch eine Show wie „London Ink.“, oder auch „Miami Ink.“, mir der alles angefangen hat, gibt der ganzen Szene noch eine zusätzlichen Aufwind. Die Tattoo-Studios können davon nur profitieren, da ihnen das zusätzlich Kundschaft bringt. Die Leute erkennen, dass Tattoos nicht nur was für Rocker oder auch Kriminelle sind, dass all diese Vorurteile einfach nur quatsch sind. Die Leute sehen, dass jeder ein Tattoo tragen kann, ohne deshalb abgestempelt zu werden. Man kann einen Menschen heutzutage nicht mehr aufgrund seiner Tattoos beurteilen, dass geht einfach nicht mehr.

Dementsprechend vielseitig ist auch dein Kundenkreis?
Ich habe schon alle möglichen Leute tätowiert, angefangen beim Rocker über Doktoren bis hin zu Profi-Sportlern. Tattoos kennen keine Grenzen! Das erste was ich einen Kunden frage, mit dem ich noch nie gearbeitet habe ist, mit was er seinen Lebensunterhalt verdient. Und ich bin immer wieder erstaunt, was für verschiedene Berufsgattungen genannt werden, vom Anwalt bis hin zum normalen Angestellten. Aber genau das macht den Job auch so interessant.

Du hast aber auch schon Prominente tätowiert, wie z.B. die Mädchen von den SPICE GIRLS?
Ich habe Victoria Beckham, Mel B, Mel C und Emma Bunton von den Spice Girls tätowiert. Aber auch Ronan Keating von BOYZONE war schon bei mir.

Und wie schaut es mit irgendwelchen Musikern aus der Rock und Metal-Szene aus, hast du da auch wenn tätowiert?
Hhhmmm, nicht wirklich. Der einzige, der ungefähr in die Richtung geht und mir gerade in den Sinn kommt ist Peter Hock, Bassspieler der Band NEW ORDER. Eine wirklich gute Band, die übrigens auch in der Rock n Roll Hall of Fame ist. Besser kann man es wohl nicht machen *lacht*. Ich habe aber auch ein paar Mitglieder von CHUMBAWAMBA ein Tattoo verpasst, auch wenn die Band eher im Punk zuhause ist. Mir persönlich ist auch vollkommen egal, was für eine Musik die jeweilige Person macht, da es schließlich um Tattoos und nicht um die Musik geht.

Was für eine Musik hörst du den Privat?
Da stellst du mir aber jetzt eine Frage *lacht*. Ich höre alles Mögliche, sei es Rock, Punk, Rockabilly, Pop oder auch Opern. Im Moment beschäftige ich mich aber mehr mit kultureller und klaasscher Musik wie auch mit verschiedenen Audio-Büchern. Die letzte Single die ich mir gekauft habe, die stammte aber aus dem Rock-Sektor, da es sich dabei um einen Song der ROLLING STONES handelte.

Besteht für dich ein Zusammenhang zwischen Tattoos und Metal?
Auf eine Art schon. Tattoos werden immer noch mit jugendlicher Rebellion in Verbindung gebracht, was auch beim Rock und Metal der Fall ist. Beides war früher auch ein Akt der Rebellion und Auflehnung. Tattoos sind aber in der Zwischenzeit mehr und mehr Populär geworden, tragen aus meiner Sicht betrachtet Tattoos nicht mehr wirklich viel Rebellion in sich. Schau dir nur all die Tattoos von heute an. Da gibt es so viele Motive, die so genial gestochen und umgesetzt sind, dass hat nichts mehr mit Rebellion, sondern mit Kunst zu tun.

Ich habe eine Tochter, sie ist zwanzig Jahre alt. Und sie trägt keine Tattoos, was viele Leute nicht verstehen können, da ich ja als Tätowierer tätig bin. Ich Antworte dann immer, dass sie einfach kein Interesse an Tattoos hat, da sie damit aufgewachsen ist, für sie ist das was ganz normales und hat nichts mit einer Rebellion zu tun. Für sie ist es eine Rebellion keine Tattoos zu tragen *lacht*.

Würdest du sagen, dass Tattoos eine Art von Lifestyle sind?
Nein, ganz und gar nicht. Viele Leute machen sich aus ganz persönlichen Gründen ein Tattoo, ohne es deshalb der ganzen Welt zeigen zu wollen. Natürlich gibt es gewisse Sub-Kulturen, die Tattoos für ihre Zwecke und ihren Lifestyle übernommen haben. Ich finde es jedoch lächerlich, wenn man sich dafür ein Tattoo machen muss, um auch zu einer Sub-Kultur und ihrem Lifestyle zu gehören.

Mehr Interviews und einblicke zum Thema „Tattoos und Metal“ gibt es in dem gerade veröffentlichten Buch „Under the Skin of Rock ´n´ Roll“ (ISBN: 978-3-8370-9285-1), der beiden Autoren Nando Rohner & Alessandro Bertolotti.
388 Seiten voller exklusiver Interviews, Paperback-gebunden inkl. vieler schwarz-weiß und Farbfotos.

Rockandtattoo

kultur

Tropic Thunder

Sonja Wenger – Ein Urwald geht in Flammen auf, aber es ist nicht «Apocalypse now». Ein Soldat wird von hinten erschossen und geht mit ausgestreckten Armen zu Boden, aber es ist nicht «Platoon». Und auch die schauderhaften Szenen in einem Camp im südostasiatischen Dschungel stammen nicht aus «Rambo Teil 17», sondern allesamt aus «Tropic Thunder», dem neuen Film von Ben Stiller in Personalunion als Regisseur und Hauptdarsteller.


Veritabler Sauhaufen aus exzentrischen, verweichlichten, drogenabhängigen Hollywoodschauspielern soll einen knallharten Kriegsfilm drehen

Was einem dabei an Wortfetzen, Filmfetzen oder gar Menschenfetzen um die Ohren gehauen wird, ist stinkfreche Provokation. Die Macher haben dafür eine gehörige Portion Mut gebraucht – genauso wie dem Publikum in einigen Szenen ein resistenter Magen zugute kommt. Dabei ist die Grundgeschichte denkbar harmlos. Ein veritabler Sauhaufen aus exzentrischen, verweichlichten, drogenabhängigen Hollywoodschauspielern soll einen knallharten Kriegsfilm drehen. Gleich drei Stars konkurrieren um den Preis, wer von ihnen denn nun das abgedrehteste Ego besitzt. Da ist zum einen der Actionheld Tugg Speedman (Ben Stiller), der dringend einen Kinoerfolg braucht und zum anderen der Komiker Jeff Portnoy (Jack Black), dessen Filmen es bisher an Tiefe mangelte. Ihnen gegenüber steht der mehrfache Oscargewinner Kirk Lazarus (Robert Downey Jr.), der für seine Rolle als schwarzer Vietnamsoldat alles gibt und sich deshalb einer kosmetischen Operation unterzogen hat.

Sie alle sollen die Geschichte des heldenhaften Veteranen Four Leaf Tayback (Nick Nolte) verfilmen, der als Berater am Set weilt und die verhätschelten Schauspieler mal so richtig schleifen will. Er überzeugt den Regisseur Damien Cockburn (Steve Coogan), die Männer im Dschungel auszusetzen und dann im Guerillastil zu filmen. Doch genau dort kann ein falscher Schritt gleichzeitig der letzte sein.

Der Film «Tropic Thunder» ist ein Phänomen: Er ist einerseits abstossend und in typischer Stiller- Manier masslos übertrieben. Doch gleichzeitig ist er auch eine fast perfekte, witzige Satire und gelungene Persiflage auf das Genre der US-Kriegsfilme, die man durchaus politisch wahrnehmen kann. Und wem das nicht reicht, kann sich immer noch damit beschäftigen, den genial versteckten Tom Cruise ausfindig zu machen.

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WANTED

Sonja Wenger – Der Film «Wanted» ist einfach nur cool. Er hat eine hanebüchene Geschichte, aber er ist cool. Und über die gravierenden Schwachstellen bei der Dramaturgie, den Dialogen oder das Fehlen von jeglicher Logik sieht man mit links weg, denn hey, der Film ist cool! Es fliegen die Fetzen, das Adrenalin pumpt durch die Venen und Hauptdarsteller James McAvoy verursacht dem Publikum mit seiner Wandlung vom frustrierten Jammerlappen zum eiskalten Draufgänger eine vergnügliche Gänsehaut.


Eine hanebüchene Geschichte, aber sie ist cool…

Es geht für ihn aber auch um einiges. McAvoy spielt Wesley Gibson, einen kleinen Büroangestellten, der sich selbst als das unbedeutendste Schaf in der grossen Herde jener bezeichnet, die ein frustrierendes Leben leben und eine sinnentleerte Existenz fristen. Seine Angstzustände und die ätzende Chefin machen das Ganze nicht gerade einfacher.

Doch wie immer gibt es unter den vielen Schafen auch ein paar Wölfe. Und zu Wesleys Überraschung scheint er einer davon zu sein. Er sei der «Sohn eines der besten Killers aller Zeiten», erzählt ihm die mysteriöse Fox (Angelina Jolie), der aber gerade eben vom Zweitbesten umgebracht worden sei.

Er habe seines Vaters Fähigkeiten geerbt und solle nun in die sogenannte Bruderschaft aufgenommen werden, eine Organisation, deren Mitglieder im Auftrag des Schicksal töten. Deren Anführer Sloane (Morgan Freeman) erklärt ihm zudem, dass die Aufträge dafür von einem Webstuhl kommen, einer Art Sprachrohr des Schicksals, der seit über tausend Jahren einen Code webt. Daraus lassen sich die Namen jener ableiten, die der Menschheit Böses wollen und deshalb weg müssen. Wesley erhält von den Mitgliedern der Bruderschaft ein hartes Training und daraufhin die Aufgabe, den Mörder seines Vaters zu eliminieren. Doch natürlich kommt alles anders als erwartet.


Der skurrilen Faszination von «Wanted» kann man sich nur schwer entziehen

Sei es wegen der düster-bedrohlichen Atmosphäre des Films oder einfach wegen dem Hauptdarsteller, der einen im wahrsten Sinne des Wortes wegbläst, der skurrilen Faszination von «Wanted» kann man sich nur schwer entziehen. Die Verfilmung der gleichnamigen Comicserie von Mark Millar ist erstaunlich kurzweilig und trotz vieler Mängel sehenswert. Aber schliesslich erlebt man auch im Kino nicht so oft die Geburtsstunde eines neuen Antihelden.

kultur

After-Shock-Party: „Don’t Tase Me, Bro‘ !“

World Content News – Amerikas Subkultur feiert derzeit einen neuen Helden des Widerstands: Andrew Meyer (21) hatte es vor vier Wochen auf einer Wahlkampfveranstaltung an der Universität von Florida gewagt, den früheren Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Senator John Kerry hinsichtlich seiner Zugehörigkeit zu dem geheimen Orden Skull & Bones einige Fragen zu stellen – mit postwendenden Folgen. Polizisten drängten ihn ab und verpassten ihm einen Elektroschock mit dem Taser. Sein vergeblicher Ruf: „Don’t Tase Me, Bro‘ !“ und seine anschließenden Schmerzensschreie hallen seitdem durchs Internet, wurden in unzähligen Video-Remixes verarbeitet, sogar ein Computerspiel über den elektroimpulsiven Versuch, den Publizistik-Studenten mundtot zu machen, ist derzeit in Vorbereitung.

Laut MSNBC versuchten insgesamt 19 Polizisten seiner Herr zu werden und obwohl er sich gar nicht sonderlich wehrte, sondern nur akustisch auf seine Situation aufmerksam machen wollte, kam es im Saal zu diesem rabiaten Übergriff, gefilmt von Mitstudenten. Meyer hatte Kerry lediglich vorher gefragt, warum er beim offensichtlichen Wahlbetrug von George W. Bush im Jahr 2004 so schnell nachgegeben hätte, ob es wohl daran gelegen habe, dass er und Bush Mitglieder in der gleichen Geheimgesellschaft „Skull & Bones“ sind.

Skull & Bones (auf deutsch: Schädel und Knochen) ist eine geheime Elite-Organisation mit okkultistischen Ambitionen, zum Aufnahmeritual gehört es Blut aus einem menschlichen Schädel zu trinken. Der Verein ist bekannt dafür, einige führende Vertreter in Politik und Wirtschaft hervorgebracht zu haben, darunter drei Präsidenten der USA. Das Logo von Skull & Bones ist ein Totenschädel über gekreuzten Knochen (ähnlich wie bei der deutschen Waffen-SS), der Gesellschaft werden u.a. Grabschändungen vorgeworfen. Verschwörungstheoretiker beschuldigen sie zudem an einer Mitwirkung bei den Attentaten des 11. September.

       Buttons, T-Shirts, Videospiele: Kult & Kommerz mit dem Schmerz

Die Umstände der Festnahme von Andrew Meyer und seine hitverdächtige Not-Losung haben nicht nur USA-weit zunächst eine Welle der Empörung hervorgerufen, mittlerweile wird das Thema auch künstlerisch und kommerziell aufgearbeitet. Don’t Tase Me Bro war in der Woche nach dem Zwischenfall eine der häufigsten Suchbegriffe bei Google, allein der originale Video-Mittschnitt wurde bei YouTube fast zwei Millionen Mal aufgerufen (erweiterte Fassung mit den kämpferischen Fragen von Meyer hier) und ist Diskussionspunkt zahlreicher Internet-Foren.


Mehr als 50.000 Volt: Parade-Beispiel einer getaserten US-Kultur
(Mehr davon: 1  2  3  4  5  6  7  8  9  10  Game over)

Das Echo auf den gewaltsamen Eingriff in die Redefreiheit war überwältigend. Selbst der prominente Fox-News-Moderator Bill O’Reilly („The O’Reilly Factor“) warb eigens in einem Spot für einen Don’t Tase Me, Bro‘-Sticker und bezeichnete Meyer sogar als einen Patrioten.

Nicht nur die Huffington Post schreibt derzeit euphorisch: Nach „Tune In, Turn On, and Drop Out“ und „Give Peace a Chance“ lautet der neue Slogan der kommenden Generation: „Don’t Taze Me Bro.“ Klar dass sich da auch die Nörgler und Spielverderber auf den Plan gerufen fühlen: Spiegel Online titelt mit „Der Elektroschock-Scherzkeks“ und behauptet, der Vorfall wäre von dem Medienprofi Meyer von Anfang an inszeniert worden. Der Autor ist sich dabei auch nicht zu fein, Kritiker zu zitieren, die zu wissen meinen, dass die Polizisten erst auf Meyer’s Handzeichen hin eingeschritten seien. Elektroschock auf Bestellung? Aua, das tut weh.

Nun – vom „Medienprofi“ sieht und hört man mittlerweile nichts mehr. Hoffentlich hat er sich den Spruch wenigstens patentieren lassen, allein mit seiner Stimme und den Schreien als Klingelton fürs Handy ließen sich vermutlich Millionen verdienen.

Der arme Senator John Kerry dürfte dagegen auf seinen nächsten Wahlkampfveranstaltungen von Aktivisten noch einige seltsame lustige Showeinlagen zu sehen bekommen. Na ja – wenn’s hilft.

Und warum nicht?: „Andrew Meyer for president!“ Don’t Tase Me, Bro‘. Es sind schon langweiligere Leute mit komischen Verzweiflungsrufen („Ich will hier reeeiin!“) an die Spitze eines Staates berufen worden.

Elitäre Knochenmänner und geheimnisvolle, prominente Totenschädel

kultur

Tratschundlaber

Sonja Wenger – Wer heutzutage in sein will, muss sich einbuchten lassen – woher man das weiss? Paris Hilton hat’s vorgemacht, und alle anderen ziehen nach: Lindsay Lohan säuft und fährt und geht für einen Tag in den Knast, Nicole Richie hat auch 82 Minuten (!) ihrer viertägigen Haftstrafe abgesessen, und weil das ausser BBC kaum noch jemanden interessiert, sich nun etwas ganz Eigenes ausgedacht: sie ist schwanger. Seither überschlagen sich die Klatschspalten mit der Freudenbotschaft und wissen, dass das Mädel jetzt endlich etwas essen muss! Schöne Vorbilder für unsere Tugend und Jugend also.


Herzig: Die Knastschwestern Nicole Richie & Paris Hilton

Dafür gibt es nun «Thinspiration» auf dem Internet. Seit kurzem fi nden sich vermehrt auch auf sogenannten Social Networks wie MySpace und Facebook Pro-Anorexia- und Pro-Bulimie- Webseiten, deren Devise lautet: «The Thinner is the Winner». Nicht, dass die oben genannten Damen da noch etwas Neues erfahren würden, aber für unsereins eröffnen sich ganz neue Dimensionen.

So lässt uns ein 14-jähriges Mädchen auf der Kommentarseite von BBC wissen, dass in der «Fachwelt» ein neuer Begriff geschaffen wurde: Aus anorektisch und sexy entsteht «rexy».

Damit könnte man es glatt auf die Liste der RTL-Show «Die 10» Besten und Schlimmsten von Irgendetwas schaffen. Bei der Präsentation der zehn grössten Fettnäpfe der letzten Jahre haben es nämlich nur die üblichen Verdächtigen wie USPräsident George Bush («er würde auch in einen Fettnapf treten, wenn er an der Decke hinge») und Gloria von Thurn und Taxis geschafft.


Paris Hilton machts vor: Knast ist lustig

Dabei gäbe es so viele aktuelle Beispiele. Nehmen wir nur den Verleger und Chefredaktor der «Weltwoche» Roger Köppel. Mit Vorliebe geifert auf in seinem Tagebuch auf der letzten Seite, die nicht nur so heisst, weil sie physisch dort platziert ist, über provokativ-populistische Themen. In den vergangenen Wochen waren besonders Frauen, die sich für gleichberechtigte Löhne und Feminismus einsetzen unter seinen Lieblingszielen. Er nannte es die «Rache der weniger schönen Frauen an den Männern mit den schönen Frauen». Woher er das nur wieder weiss?

Noch interessanter zu wissen wäre allerdings, ob die Leserschaft jemals den alternierenden Baby- und Hochzeitsberichten, den schockierenden Geständnissen («Jetzt packt sie aus: So hat mich Boris verführt») und den nie enden wollenden Fotostrecken der «funkelnd schunkelnden Golden Girls und VIPs» in irgendeinem Ferienparadies müde wird. Immerhin versucht die «Schweizer Illustrierte» hin und wieder, ein Gegengewicht zu liefern, zum Beispiel mit 279 Schwinger im Bild. Wann genau war schon wieder die Miss Schweiz Wahl?