kultur

k-notes

Lukas Vogelsang – Es ist soweit: Zürich hat ein neues Kulturmagazin! Gestern haben wir die Daten in den Druck gebracht, bereits morgen werden wir in Papierbergen ertrinken… Aber dem nicht genug: artensuite ist ab sofort eine eigenständige Publikation und wird den Abonnenten beigelegt – wer kein Abo hat muss in eine Galerie oder Museum rennen.

Ein grosses Stück Arbeit liegt hinter uns. Ohne das wirklich fantastische Team, welches die letzte Woche bis zum Umfallen mitgewirkt hat, wäre das alles nicht möglich gewesen. Ein ganz grosser Dank deswegen an Monique Meyer, Anna Vershinova, Stephan Fuchs, Dominik Imhof – und natürlich all den Schreiberlingen, welche seit 5 Jahren beim ensuite mitwirken.

Und so haben wir eine neue Ära einberufen. ensuite ist gewachsen und zum grössten Kulturblatt der Schweiz geworden. Mit einer Gesamtauflage von 37’500 Exemplaren stehen wir jetzt ganz vorne. Das ist sicher noch gewöhnungsbedürftig…

ensuite das Kulturmagazin mit mehr Druck

kultur

k-notes

Lukas Vogelsang – 110’000 Franken will die Stadt Bern nach der neuen Kulturstrategie 2007 in die Kulturvermittlung investieren. Diese Vermittlung ist auf die „Berner Kulturagenda“ beschränkt, welche dafür pro Jahr rund 100’000 Franken von der Stadt Bern erhält. In 2.5 Jahren wurde dieses Geld in eine dünne, 14-täglich erscheinende und redaktionell nicht ganz befriedigende Kulturagenda gesteckt. Diese musste aus finanziellen Gründen in diesem Sommer eingestellt werden.

Jetzt wollen die gleichen Leute mit dem Steuer- und Kulturgeld ein noch grösseres Produkt lancieren, mit über 140’000 Exemplaren im Amtsanzeiger – doch just da ist der neue Hacken: Das Amt für Gemeinde und Region hat Einspruch erhoben und Auflagen gemacht. Keine Editorials, keine Gastautoren, keine politischen Texte, wie Bildinhalte. Damit auch keine Kulturdebatte, keine werbende Kulturförderung, keine Interviews, … keine Kultur also! Ich frage mich, ob Kultur nicht apriori politisch ist – dann wären sogar jegliche Vorschautexte illegal. Dumm ist jetzt nur, dass der lizenzierte Amtsanzeiger, der die Kulturagenda neu hoch subventioniert (welch neutrale Haltung…), die Einhaltung dieser Bestimmungen selber überwachen muss! Das ist etwa so, wie wenn der Billett-Kontrolleur selber ein Tramticket lösen würde. Doch da steckt noch viel mehr dahinter – doch das wollen Sie, liebe LeserInnen, lieber gar nicht wissen…

ensuite kulturmagazin
Berner Kulturjournalismus „Super Light“ verabschiedet sich
ensuite goes Zürich
Berner Kulturagenda kann sich kaum mehr überbieten

kultur

k-notes:

Lukas Vogelsang – Das war’s wieder, das Gurtenfestival. Es ist schon erstaunlich, wie lange die G-Crew und Organisatoren den berner Hausberg noch besetzen wollen. Spätestens nach diesem Regenfestival wird die Frage, ob der Gurten wirklich ein guter Ort für so eine Grossveranstaltung ist, wieder aufblühen. Es ist nicht nur logistisch und anfahrtstechnisch ein ungeeigneter Ort, auch die BesucherInnen haben von diesem Berg wenig: Das Festivalgelände ist mit Bäumen umstellt – man sieht gar nicht, dass man auf einem Berg ist.


Haben Zuhause auch viel Schlamm: britische Gurtenveteranen The Pipettes

Nach diesem Regenfallfestival kommt anschliessend dazu, dass der gesamte Boden restauriert werden muss. Das heisst, die Matsch-Erde muss abgetragen, neue Erde angeliefert und neuer Rasen angesäht werden. Das heisst, dass der Gurten diesen Sommer wegen 4 Tage Festival insgesamt für 3 Monate ungeniessbar ist. Was für eine Kultur ist das?

Bis ins Jahr 2001 hatte sich das Festival weiter-entwickelt und verändert. Seither ist nichts mehr geschehen. Man hat zwar die Infrastruktur verbessert, aber es gibt nichts mehr zu entdecken. Darüber kann auch die Waldbühne nicht hinwegtäuschen, die in diesem Jahr wieder aufgebaut wurde. Das Konzept stammt von früher.

Dazu kommt, dass das Festival schon länger unter einem musikalisch kritischen Stern hängt. Ein wildes Potpourri, welches möglichst viele Besucher in die Geldmaschine locken will – dieses Konzept ist veraltet. Es ist also an der Zeit, dass die Festivalcrew über die Bücher geht. Vielleicht erhält so ein eigentlich guter Anlass wieder etwas mehr Herz…

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Berner Kulturjournalismus „Super Light“ verabschiedet sich

Stephan Fuchs – Mit 84 Wörtchen, respektive 533 Zeichen verabschiedet sich die „Berner Kulturagenda“ in einer super knappen Medienmitteilung vom Berner Steuerzahler. Kein Warum, kein Wieso. Das Geld fehle eben. Et voilà, Kulturjournalismus „Super Light“ eben. Tragisch ist, dass in den zwei Jahren mit 65 publizierten Ausgaben à 32 Seiten mit 5 (!) redaktionellen Seiten eine Million Franken Steuer- und Kulturgelder verbraten worden sind.

Autsch das schmerzt. Das schmerzt den Steuerzahler, das schmerzt die Kultur; denn da herrscht ein finanzieller Scherbenhaufen. An ganz vorderster Front verantwortlich für das Debakel ist der Berner Kultursekretär Christoph Reichenau. Er hat das Projekt trotz Warnungen von verschieden Seiten durchgeboxt. Wollte er sich ein Denkmal setzen? Dass die „Berner Kulturagenda“ schon länger am verkümmern war, ist Beobachtern schon lange aufgefallen. Offensichtlich auch Reichenau, denn der trat im günstigsten Moment vom Präsidialposten des gegründeten Vereins „Verein Berner Kulturagenda“ zurück. An seine Stelle setzte sich Dorothe Freiburghaus, die sich in ihrem ersten geschriebenen Editorial auf dem Foto als Präsidentin denn auch prompt mit Weinglas ablichten liess.

Zumindest in der, laut Reichenau „vorläufig letzten Nummer“, die heute Donnerstag zum letzten mal im Frühverteiler der Berner Zeitungen „Bund“ und „BZ“ beigelegt ist, hätte der Steuerzahler und kulturinteressierte Berner vielleicht etwas Substantielles vom Verlagsleiter Oliver Wermuth erwarten können. Es ist unglaublich: In der Rubrik „Kulturkopf“ erzählt er in seiner letzten Publikation über seine Zuneigung zu „Schoggi“, insbesondere der Kinderschokolade. Hier einige Passagen des Verlagsleiters:

„…ab, und zu gibts ein bisschen Schoggi. Meine Lieblingssorten? Eigentlich alle, obwohl die Kinderschokolade mein Favorit ist.“

„Wo ich in zehn Jahren sein werde, ist schwer zu sagen. Meistens weiss ich nicht einmal, wo ich in den nächsten fünf Minuten bin, weil immer mal wieder das Telefon klingelt oder ein Mail reinflattert, und dann muss ich springen.“

„Noch letzte Woche hatte ich die Anzahl der gelben Zettel auf ein Minimum reduziert, aber heute pflastern sie schon wieder meinen Schreibtisch zu. Doch zu diesem Phänomen wie auch zu meiner unkonventionellen Pultordnung (Anm d Red: Pultordnung ist ein Grundstufenausdruck in der Schweiz) sage ich: An meinem Arbeitsplatz laufen die Geschicke der Kulturagenda zusammen, das braucht halt seinen Raum.“

Berner Kulturjournalismus „Super light“ eben. In einer E-Mail die mich heute erreichte stand:

„Das ist einfach nur SCHWACHSINN… und wenn das die Berner LeserInnen und die Berner Kulturinstitutionen nicht sehen – wenn die also wieder für nichts weiter als SCHWACHSINN Geld in die Aare schmeissen, dann… bin ich einfach nur sprachlos und des Journalismus überdrüssig.“

Ja, da kann man sich nur anschliessen. Denn wenn es nach Kultursekretär Reichenau geht, dann ist die Geschichte einer Berner Kulturagenda noch nicht abgeschlossen. Er will es wieder versuchen. Dieses mal als Beilage beim Berner Anzeiger – einem Gratisblatt, das die Meisten mit einem „WILL ICH NICHT“ Aufkleber aus dem Briefkasten raushalten wollen. Reichenau, will aber genau da rein:

„Dies ist im Interesse aller und macht die eingesetzten Steuermittel nützlich. Eine Win-win-Situation in jeder Hinsicht also, wenn deren Finanzierung möglich ist.“

Ja klar, das haben wir auch schon bei der ersten „Kulturjournalismus Light“ Version gehört. Was wir aber auch gehört haben ist, dass von Seiten Reichenau in den neuen Verhandlungen mit den Geldgebern – den Kulturhäusern und schlussendlich dem Steuerzahler – wieder Druckmittel eingesetzt werden. Sizilien ist eben nicht weit von Bern.

Berner Kulturagenda
Berner Kulturagenda kann sich kaum mehr überbieten

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Den eingeäscherten Paps verkoksen

Stephan Fuchs – Ja, das macht Spass – das Kokain. „Rolling Stones“ macht auch Spass und Väter machen Spaß. Vor allem machen Väter Spaß, wenn man sie eingeäschert mit Koks gestreckt und den „Rolling Stones“ im Ohr die Nase raufzieht. Keith Richard will es getan haben.


Keith Richard: Das verrückteste, was durch meine Nase ging

Gegenüber dem Musikmagazin „New Musical Expresse“ NME, meinte der Welt „oldest & sexiest“ Gittarist Keith Richards von der Kultband Rolling Stones: „das ist wirklich das verrückteste, was ich je durch die Nase gezogen habe“. Damit meinte er Kokain, gestreckt mit der Asche seines Vaters. „Und eh, das Zeug ging gut runter.“ Damit bestätigte er ein makaberes Gerücht der Londoner Rockszene, das seit langem durch die Clubs und Nasen zieht.

Keiths Vater starb 2002 im Alter von 84 Jahren. Dass er auf dem Koksspiegel des Sohnes endet, das hat er sich wohl nicht träumen lassen. „Das wäre ihm scheißegal gewesen, das hätte Dad nichts ausgemacht“, meinte der 63-jährige Stargitarrist. „Ich konnte einfach nicht widerstehen, ihn mit Koks zu vermalen.“ Klar: besser den Papa drin als Waschpulver, nicht wahr?

Gleich nach der Veröffentlichung im NME dementierte der Opa Rocker seine nasal-innige Vaterbeziehung: „Das war nicht ernst gemeint“, sagte Rolling-Stones-Sprecher Bernhard Doherty von der Agentur LD Communications am Mittwochabend in London. „Er hat das nur so hingeworfen.“ Das Musikmagazin „NME“ blieb jedoch bei seiner Darstellung. Laut Mark Beaumont, der das Interview mit Richards führte, hatte der Musiker in keiner Weise zu erkennen gegeben, dass seine Antworten nur scherzhaft gemeint haben könnte. Ist ja auch kein Verbrechen seinen Paps zu verkoksen. Aber wäre es nicht viel lustiger die Asche einer vollbusigen Blondine zu verkoksen?

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Marcel Leemann: Mit „Meat Market“ das Fleisch durch die Schnute gezogen.

Stephan Fuchs – Die neue abendfüllende Tanzproduktion „Meat Market“ des Berner Choreographen Marcel Leemann hat überrascht. Mit drei Frauen und zwei Männern hat er in der Dampfzentrale Bern demonstriert, wo’s mit Tanzen langgeht.

“Physical Dance Theater“ nennt er seine Company die, um den alten Kern der japanischen Tänzerin Azusa Nishimura und dem New Yorker Eugene W. Rhodes III nun um drei neue Gesichter erweitert wurde. Toll. Einer davon, der Pole Mariusz Jedrzejewski, kann eigentlich gar nicht tanzen, sondern als Chemiker vor allem chemische Sachen basteln und noch viel besser Windsurfen. Als Surfer gehörte er zum polnischen olympischen Team.

Obwohl Windstille, Mariusz kann den feinen Jungs der Tanzszene locker um die Ohren sausen. Der Kerl ist stark, stolz und ein Talent. Nicht minder Azusa Nishimura, die über das ganze Stück über zeigt, was physische Arbeit ist. Über ein längeres Solo, das selbst von ihrer japanischen Kollegin Kana Ote ungläubig beobachtet wird, steigt die Angst beim Publikum. Die Powerfrau sollte eigentlich tot umfallen. Ihre physische Leistung ist beeindruckend, ihr verzweifelter Griff zur Wasserflasche stösst auf Verständnis.

Marcel Leemann’s Versuch dem Tanz ein neues Kleid zu verpassen mag gelingen, zumindest konkurrenziert er die qualvollen Versuche der etablierten Szene deftig. Beim Physical Dance Theater bleibt einem wenigstens die Schnute offen und das nicht vor gähnen.

Marcel Leemann Physical Dance Theater

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Lukas Vogelsang – Die dritte Kulturstrategie ist geschrieben worden. Bis zum 12. März heisst es noch Gas geben, um dem Kornhausforum einen Rettungsanker zu werfen. Denn danach wird’s eng: Am 22. März wird der Gemeinderat über das Konzept abstimmen und wenn es angenommen wird, so haben wir ab 2008 kein Kornhaus mehr.

Das kann denen egal sein, die sich kulturell mit einer Bratwurst und einem Bier vergnügen und keine weiteren Ansprüche mehr stellen. Alle anderen müssten jetzt reagieren – denn wenn das Kornhaus so „mir nichts, dir nichts“ innerhalb von 3 Monaten aus der Berner Kulturlandschaft gestrichen werden kann, so wird jede Kulturförderung im Sinn und Zweck in Frage gestellt. Interessanterweise sind sich diesmal die SP und die SVP einig: Das Kornhausforum muss bleiben… Zu welchem Preis?

Und es ist gekommen, wie es kommen musste: Die Bälle werden jetzt hin und her geworfen. Das Kornhaus behalten, dafür beim Tanz zu sparen, hat eine weitere Lobby auf den Plan gerufen. Das zeigt, wie schlecht die neue Kulturstrategie vorbereitet ist. Hoffentlich kommen wir mit einem blauen Auge davon. Das Beste was uns derzeit in Bern passieren könnte, ist ein Stagnieren der Kulturbeiträge. Über die neuste Kulturstrategie geht’s auch in der Märzausgabe von ensuite – kulturmagazin. Aber noch um viel mehr, denn der März ist voll Programm. Hoffen wir das Beste.

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TänzerInnen auf dem Verkaufstisch des Fleischers

Stephan Fuchs – Mit Meat Market, der neuen Choreografie für sechs Tänzer & Tänzerinnen, legt der Berner Choreograph Marcel Leemann bewusst die verschiedenen Persönlichkeiten und Werdegänge der einzelnen Darsteller auf den Verkaufstisch. Verborgen bleibt nichts – das Publikum bekommt die persönlichen Informationen über die Nutz- oder Genussware Tänzer. Erfahren sie alles über die Tanzware. Das abendfüllende Stück kommt am Freitag in der Berner Dampfzentrale zur Premiere.


Das Fleisch: Azusa Nishimura & Kana Ote
Foto: Oliver Neubert Abaku Film Produktion Zürich

Im Verlaufe der Vorarbeit zu Meat Market hat sich gezeigt, dass sich die Tanzsprache anhand von persönlichen Informationen vertieft und Aussagen auf der Bühne erst dann gemacht werden können, wenn sich die Tanzenden intensiv mit ihrer Tätigkeit, Herkunft und Kultur auseinander setzen. Meat Market kann als Bezeichnung des Berufsfeldes Tanz betrachtet werden, in welchem sich die Tänzer und Tänzerinnen ständig zu bewähren haben. Die Recherche zum Thema wurde während einer Woche erarbeitet und auf DVD dokumentarisch festgehalten. Die Vorarbeit ermöglichte u.a. die Gruppendynamik, die Konstellation des Ensembles sowie die technischen Aspekte prüfen zu können.

Marcel Leemann zählt mit seinem kreativen Schaffen zum festen Bestandteil der Berner Tanzszene. Im Rahmen des zum zweiten Mal stattfindenden „Heimspiels“ in den Kulturhallen der Dampfzentrale Bern soll Meat Market als Premiere aufgeführt werden. Bereits in der ersten Staffel von Heimspiel präsentierte Marcel Leemann seine Choreographie 100m². Sie gilt als erfolgreiche Produktion, die nach wie vor an Festivals präsentiert und demnächst auf Deutschland Tour sein wird.

Aufführungsdaten Meat Market: 23. & 24.02 um 19:30h & 25.02 um 18:00h, Dampfzentrale Bern.
Marcel Leemann
Dampfzentrale Bern
Der Bund: Die Bühne als Fleischtheke

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Rio: Prostitution mit Staatsunterstützung – Vila Mimosa: Das beste, was man daraus machen kann

Karl Weiss – Vila Mimosa in Rio, das ist so etwas wie ein Elends-Bordell. Man stellt sich das ziemlich eklig vor und es ist wirklich schlimm, aber es ist andererseits innerhalb all des Fürchterlichen, das Prostitution darstellt, eine weltweit in einiger Hinsicht vorbildlich geführte Institution.


Hieronymus Bosch – Der Garten der Lüste (Ausschnitt)

Wie ist das möglich? Ist Prostitution nicht der Inbegriff der Unterdrückung der Frau, unvereinbar mit der Menschenwürde und grundsätzlich als Angriff auf alles, was den Menschen teuer sein sollte, zu verurteilen? Ja, das ist sie! Das sollte man auch nie aus den Augen verlieren.

Eines der ersten Dinge, die abgeschafft wurden in der Sowjetunion nach der Errichtung des Sozialismus 1917, war die Prostitution, ebenso wie in China nach 1948. Umgekehrt war die Prostitution eines der ersten Dinge, die wieder eingeführt wurden nach der Wiedererrichtung des Kapitalismus in der Sowjetunion und anderen Ostblockländern 1956, ebenso wie nach dem gleichen Vorgang in China 1976.

Zusammen mit einer Bekannten (zur Absicherung) führte der Schreiber dieser Zeilen vier Interviews mit Prostituierten in der „Straße der Nutten“ (für den kleinen Mann) in Rio de Janeiro.

Bei den Interviews, die mit drei ‚aktiven’ Prostituierten der Vila Mimosa geführt wurden, antworteten diese denn auch eindeutig auf die Frage mit Nein, ob es in einer eventuellen zukünftigen idealen Gesellschaft, in der alles richtig eingerichtet wäre, noch einen Platz für die Prostitution gäbe (jedenfalls dann, wenn klar gestellt wurde, dass man mit dieser Frage nicht die moralische Verurteilung der Prostitution durch die Hintertür einführen will). Im Kern ist das Bewußtsein der Unvereinbarkeit der Prostituition mit der Menschenwürde jedem in der Menschheit bewusst, auch den Freiern und Prostituierten.

Nun haben wir aber noch den Kapitalismus, in dem die Prostitution täglich erneut fröhliche Urstände feiert. Der Frauenhandel und die Zwangsprostitution sind eines der einträglichsten Geschäfte, auf das sich immer mehr der ständig mächtigeren kriminellen Groß-Organisationen werfen. War die Prostitution, z.B. in Deutschland, schon bis zu einem gewissen Punkt aus den Klauen von Kriminellen befreit, so ist heute bereits die umgekehrte Bewegung zu beobachten.

Aus Anlass der Fußball-WM wurden Hunderte Zwangsprostituierte nach Deutschland geschafft und der DFB und die FIFA hielten es nicht einmal für nötig, auf diesbezügliche Fragen überhaupt zu antworten.

Einen wesentlichen Teil der Kriminalisierung der Prostitution haben die Stadtväter auf dem Gewissen, die sogenannte Schutzzonen schafften und so die Prostitution nach dem Motto: „Aus den Augen, aus dem Sinn“ an die Peripherie der Städte verbannten, wo sich in der Regel Straßenstriche bilden.

Ebenso ist es fatal, wenn die Prostituierten unter halb legalen Bedingungen arbeiten müssen, ständig von der Polizei geschnappt werden können.


Hieronymus Bosch – Der Garten der Lüste (Ausschnitt)

Selma (Namen geändert), eine ältere Prostituierte in der Vila Mimosa in Rio, ist Vorsitzende des örtlichen Komittees, das sich um die Prostituierten kümmert und sie ausbildet. Sie erklärte uns, was das Problem der Straßenstriche ist:
„Dort kommen wir mit dem Schutz der Frauen vor Zwangsprostitution, mit dem Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung, mit Ausbildung bezüglich der Verwendung von Präservativen und bezüglich von Geschlechtskrankheiten, ebenso wie mit einer Selbstorganisation zur Verhinderung der Ausbeutung durch Zuhälter in den Straßenstrichen nur schwer voran. Dort tauchen laufend neue Frauen auf, oft von gewaltbereiten Zuhältern ‚beschützt‘, die jegliche Annäherung und jedes Gespräch mit den Frauen unterbinden. Taucht Polizei auf, sind sie blitzschnell verschwunden.

Hier in der Vila Mimosa, auch wenn wir noch mit unhygienischen Zuständen kämpfen müssen, beginnt keine Frau, ohne zuerst bei uns einen Schnellkurs gemacht zu haben.

Lektion 1: Das Präservativ ist dein Lebensretter: „Ohne Präservativ – nur tot“.

Lektion 2: Präservativ überziehen lernen, auch mit dem Mund.

Lektion 3: Wir brauchen keine Männer als Beschützer, wir beschützen uns gegenseitig.

Lektion 4: Wir sind die Starken, die Männer sind schwach – seh‘ sie dir nur an!

Lektion 5: Wir helfen alle dafür zu sorgen, dass keine Minderjährigen benutzt werden.

Lektion 6: Wir helfen alle dafür zu sorgen, dass niemand zur Prostitution gezwungen wird.

Lektion 7: Die Geschlechtskrankheiten, ihre Anzeichen, ihre Folgen und ihre Bekämpfung.

Lektion 8: Das Schmiermittel und sein Gebrauch.

Lektion 9: Wie verhält man sich in gefährlichen Situationen.

Erst danach kann die Frau hier anfangen. Sie wird einer der Bars zugeteilt, wo sie mit dem Besitzer der Bar ausmacht, wann sie arbeitet usw.

Hier haben wir einen Einheitspreis, 25 Reais (weniger als 10 Euro). Das ist dem knappen Geldbeutel der Männer angemessen, die hierher kommen und macht uns andererseits zu einem attraktiven Anziehungspunkt. Von den 25 Reais bleiben 3 Reais beim Besitzer der Bar, die anderen 22 bekommt die Frau.

Die meisten Frauen, die hier anfangen, bleiben weniger als zwei Wochen. Es gibt Hunderte von Gründen, warum sie wieder aufhören, aber der wichtigste ist, dass sie sich erniedrigt fühlen.

Andere Frauen bleiben für ein paar Monate. Nur wenige, vielleicht 15 Prozent, bleiben auf Dauer hier. Die Gründe, warum Frauen bleiben: Solche, die gut verdienen, bleiben oft lange. Wir hatten hier eine, die hat 54 Freier in einer Nacht geschafft. 54 mal 22 sind fast 1.200 Reais (etwas weniger als 500 Euro) – in einer Nacht!

Andere bleiben, weil sie Spaß an der Sache haben. Den meisten Frauen macht das hier keinen Spaß, auch wenn manche den Männern etwas vormachen – aber an die 5 Prozent der Frauen haben einfach Spaß an der Sache – und finden es toll, damit auch noch Geld verdienen zu können. Von denen, die bleiben, machen diese aber dann einen weit größeren Anteil aus.“

Der Besuch des Reporters und seiner Begleiterin ist abgesprochen und angemeldet. Es soll eine komplette Reportage werden. Als der Reporter ankommt, ruft Selma ein Empfangskommitte und es gibt ein großes Hallo. Etwa zwanzig der Damen umringen die Besucher, beginnen zu tanzen und machen einen Striptease. Als alle nackt sind, nähert sich eine große vollbusige Schwarze langsam tanzend den Reporter an. Sie hat deutlich sichtbar und hervorstehend zwischen den Schamlippen ein „Ding“, etwa so dick wie diese.

Sie fühlt und verkündet, ja, der Reporter habe einen Steifen bekommen – und nun habe sie auch einen. Aufschrei und allgemeines Klatschen. Die Frauen scherzen und lachen. Selma sagt, man solle das nicht übel nehmen. Die Frauen hätten nicht viel zu lachen, da müsse man ihnen schon einmal einen Scherz erlauben.

Später fragt der Reporter Selma, ob es sich um einen Hermaphroditen handelt. Nein, die Frau habe nur ein „Ding“ (Klitoris) größer als die anderen. Sie arbeite normal nicht in der Vila Mimosa, sondern in einem Nachtklub. Dort sei ihre körperliche Besonderheit sehr gefragt. Sie könne dort für eine „Nummer“ weit mehr verlangen als hier in der Vila, von Ausländern 250 Dollar.

Unsere erste Frau zum Interview wird uns als Carmen (Namen geändert) vorgestellt. Eine Schwarze mit voluminösen und festen Brüsten. Sie ist eine von denen, die viel verdienen.

„Die Männer sehen viel auf die Brüste. Ich brauche nur eine von meinen Brustwarzen sehen zu lassen und sie kommen zu mir.“

Und lässt uns einen Blick auf ihre Brustwarze werfen – ein dunkler, konisch weit vorspringender Warzenhof mit einer schwarzen, gigantischen Brustwarze – das dürfte die Männer anregen.

„Nein, 54 habe ich noch nicht geschafft, aber 32 ist auch schon ganz gut, nicht?“
„Wir raten generell davon ab,“
wirft Selma ein (die bei allen Interviews dabei ist),
„mehr zu zeigen als ein normaler Bikini noch versteckt – aber manche Frauen halten sich nicht daran.“

Beim anschließenden Rundgang sehen wir mehr von dem, was sie damit meint. Eine der Frauen hat nur ein Röckchen und keinen Schlüpfer an und setzt sich auf die Bar, so dass die Männer das „Himmelreich“ sehen können – gut rasiert. Zwischen den Lippen erscheinen lange innere Schamlippen. Innerhalb kürzester Zeit hat sie einen Freier gefunden.

Eine andere, eine falsche Blonde, läuft ganz ohne Oberteil herum. Ihre großen Brüste sind Anziehungspunkt für eine Traube von Männern.

Eine dritte, vom Typ ‚Mignon’ tanzt und hebt von Zeit zu Zeit ihren Rock. Auch darunter ist nichts – oder besser gesagt alles. Die Männer stehen Schlange, einen Blick zu erhaschen.

Eine andere, ziemlich Füllige, tanzt mit einem Freier. Sie reibt ihren Hintern an seinem Bauch, wo man eine Erhebung in der Hose ausmachen kann. Der Mann drückt sie dann an sich, reibt an ihr und stöhnt. Man hat den Eindruck, er braucht gar nicht mehr mit ihr „nach oben“ zu gehen. Außen herum stehen eine Anzahl Männer und beobachten die Szene, einige von ihnen mit der Hand in der Hosentasche.

Man lässt uns ganz hinten in einer der Bars die steile Wendeltreppe hinaufsteigen. Dort über der Bar sind die Verschläge, in denen die Damen ihrem Beruf nachgehen. Einfache Liegen mit Schaumstoffmatratzen mit gummiertem Überzug. Ein schmuddeliges Betttuch. Selma erklärt uns, dass die Barbesitzer eigentlich dafür sorgen sollten, dass jeweils ein neues Betttuch überzogen wird. Das funktioniere aber nicht.
„Die Barbesitzer sind zu geizig, für so viel Wäsche zu bezahlen.“

Auf unsere Frage, ob sie etwas über die Weitergabe von Ungeziefer sagen könne, sagt Selma, davon wisse sie nichts. Wir hatten gehört, hier könne man sich leicht Läuse und Sackläuse holen. Kein Kommentar. Dies nur für jene, die eventuell auf den Gedanken kommen, es hier einmal zu versuchen.

Selma sagt, wir seien eine Attraktion – ein deutscher Journalist berichtet über die Vila Mimosa.

Bei unserem Rundgang stehen die Frauen in Gruppen und verwickeln uns in Gespräche. Eine zieht sich vor uns aus. Beeindruckend, eine echte Traumfigur. Sie bietet ihre Dienste kostenlos für den Journalisten an, damit er Reklame macht. Nein danke. Wie gut, dass wir daran gedacht haben, eine „Aufpasserin“ mitzunehmen. Sonst könnte man in Versuchung kommen.

Selma sagt, das ist üblich, wenn hier Journalisten auftauchen. Fast immer nehmen die solche Angebote an, speziell, wenn sie von einer der attraktivsten Frauen gemacht werden. Die Frauen meinen, so kommen keine Negativberichte in die Zeitungen.

Auch das Fernsehen war schon da. Da mussten Überstunden gemacht werden. Insgesamt 12 Männer waren zufriedenzustellen. Einer von ihnen nahm alles „für den persönlichen Gebrauch“ auf. Das koste allerdings. Gelegentlich kommen Männer, die Photos und Videos machen wollen. Das ergibt einen Zusatzverdienst, aber viele Frauen wollen trotzdem nicht.


Borticelli – Geburt der Venus (Ausschnitt)

Eine andere Bar. Wiederum steigen wir die Wendeltreppe hoch. Hier ist mehr Hygiene. Plötzlich sehen wir hinter einem Vorhang, der nicht ganz schließt, einen Mann. Er äugt durch ein Guckloch in einen der Verschläge und masturbiert sich. Offenbar vermietet der Bareigner auch Logenplätze für Spanner. Selma sagt, das sei nicht vorgesehen, aber sie könne nichts dagegen machen.

In diesem Moment kommt der „Pieping Tom“. Er hat bereits ein Tuch, um alles abzuwischen. Dann türmt er eiligst. Eine der Frauen ruft ihm etwas nach wie
„Nun weiß ich auch, warum du so einen Kleinen hast!“
Wir wollen herausfinden, ob die Beobachteten von dem kleinen Zusatzverdienst wissen, den der Barbesitzer sich da auf ihre Kosten verschafft und warten, bis sich die Tür des Verschlags öffnet. Es kommen zwei Frauen heraus, noch ohne Kleidung. Sie unterhalten sich zwanglos mit uns. Ihre ausweichenden Antworten lassen ahnen, sie machen dieses kleine Zusatzgeschäft zusammen mit dem Bareigner.

Selma sagt, manche Männer kämen hierher, um ihren Traum von zwei Frauen gleichzeitig zu erfüllen. Dann kommt auch der Mann aus dem Verschlag, er allerdings angezogen. Er weiß offenbar nichts von der Beobachtung und verschwindet nach unten. Die beiden Frauen machen keine Anstalten sich anzuziehen. Auch sie offerieren ihre (Doppel)dienste dem Journalisten und preisen ihre Fähigkeiten.

Eine von ihnen greift wieder zu, wie vorher schon die große Schwarze. Sie verkündet wieder genauso die Erektion an alle anderen, außerdem auch, hier sei reichlich „Masse“ gegeben. Andere Frauen kommen und prüfen dies ebenfalls. Man kommt sich etwas begrabscht vor. Allgemeine Anerkennung.

Die Frauen offerieren jetzt die Dienste von insgesamt 5 von ihnen. Sie sagen, es wäre unhöflich abzulehnen. Die Angebote seien ehrlich gemeint und seien eine Ehre und eine große Ausnahme. Sie akzeptierten kein „Nein“, da schon bewiesen sei, der Reporter ist angeregt.

Selma bestätigt, normal gibt es hier niemand, der etwas ohne Bezahlung erhält und die Frauen könnten sich von einer Ablehnung missachtet fühlen. Da muss der Reporter versprechen, an einem anderen Tag wiederzukommen, heute ginge es nicht, denn die Reportage sei zu machen.

Die zweite Interviewte, Cláudia (Name geändert), ist eine der „Alteingesessenen“. Sie ist schon fünf Jahre hier. Sie ist klein, hellhäutig, wenig Brust und Hintern. Sie sagt, sie macht es, weil es ihr Spaß macht. Sie ist froh, wenn sie auf fünf Freier in einer Nacht kommt. Sie hat Stammkunden.
„Manche Männer fühlen sich nur wohl dabei, wenn sie merken, dass auch die Frau etwas davon hat.“
sagt sie.

Auch sie bietet eine „Nummer“ umsonst an:
„Danke, nein.“
„Deine Freundin kann auch mitmachen, wenn sie will.“<
„Nein, sie ist nicht meine Freundin.“

Wir sollen Reklame machen in Deutschland für die Vila Mimosa. Nein, wir werden keine Reklame machen.

Sie sagt, sie ist nur drei Tage in der Woche hier. Sie hat zwei Kinder, die ernährt werden wollen. Auf die Frage nach dem Stadtteil, in dem sie wohnt, kommt der Name einer Favela.

Selma hat die Zahlen des brasilianischen Anti-Aids-Programms parat:
„Brasilien gibt mehr als 400 Millionen US-Dollar jährlich für sein AIDS-Verhütungs-Programm aus. Es wird von Experten als das erfolgreichste der Entwicklungsländer angesehen. Pro Monat werden etwa 1 Million Kondome verteilt.“
Vor dem Karneval sind in ganz Brasilien wieder Plakate aufgehängt, die an die Verwendung von Präservativen erinnerten, die hier liebevoll Camisinha, „Hemdchen“, genannt werden.

Selma hat zusammen mit einer anderen älteren Prostituierten ihr ‚Büro’ in einer der Bars gleich am Eingang. Die Frauen fassen hier ihren Bedarf an Kondomen ab. Als wir sie interviewen, wird sie plötzlich gerufen. Zusammen mit der anderen Frau macht sie sich auf den Weg in eine der Bars. Zwei, drei Männer tauchen auf und kommen mit. In der Bar wird ein Betrunkener bereits von zwei Leuten festgehalten. Er hat eine der Frauen geschlagen, weil sie nicht mit ihm nach oben gehen wollte. Der Betrunkene wird von den Männern unsanft aus der Vila Mimosa entfernt.

Die Frau sagt:
„Wir haben das Recht, nein zu sagen. Niemand kann uns zwingen.“
Selma erklärt, dass die Selbsthilfegruppe Unterstützung vom Staat bekommt. Es sind insgesamt 8 ältere Prostituierte, die für die Vila Mimosa zuständig sind und dort in Schichten fast rund um die Uhr Dienst tun. Ihr Lebensunterhalt wird nicht mehr durch Prostitution, sondern vom Staat gesichert.

Die Vila Mimosa funktioniert an allen Wochentagen, im Prinzip ab 10 Uhr morgens. Dann ist allerdings nicht viel los Die meisten Frauen kommen erst abends.

Am Freitagabend ist Hochbetrieb. Da schieben sich die Männer dichtgedrängt durch die kleinen Gassen zwischen den Bars. An solchen Tagen tun hier bis zu 300 Frauen „Dienst“.

Die dritte Interviewte, Renata (Name geändert), ist eine Überraschung. Sie sieht aus wie höchstens 15. Selma sagt, sie habe sie extra für uns ausgesucht, damit wir auf das Thema des Missbrauchs von Minderjährigen eingehen. Renata ist aber 21 und hat bereits einen kleinen Sohn.

Sie sagt:
„Dass ich jung aussehe, verschafft mir eine Menge ‚Freier’. Ich tanze auf der kleinen Bühne, die wir in der Bar haben, mit einem kurzen Röckchen und ohne Höschen. Die Männer müssen sich ein wenig niederbeugen, um zu sehen, was sie sehen wollen. Es ist sehr lustig, sie zu sehen, wie sie sich winden, um etwas zu sehen. Viele greifen sich dann an den Pimmel, weil er hart geworden ist. – Aber anfassen ist nicht. Erst, nachdem 25 Reais bezahlt wurden. Nein, küssen auf den Mund lasse ich mich nicht, das ist nur für meinen Freund. Ja, ich habe einen Freund. Er ist aber auch arbeitslos und ich muss deshalb hier solange arbeiten, bis ich oder er Arbeit finden. Ja, er weiß, dass ich hier arbeite. Er meint, das sei in Ordnung.“
Selma erklärt:
„Ein wesentlicher Teil der Ausländer, speziell auch der Deutschen, die als Touristen nach Brasilien kommen, ist auf Sex aus. Davon ist wiederum ein Teil auf der Suche nach Minderjährigen. Leider gibt es in verschiedenen Teilen von Brasilien noch Plätze, wo diese Wünsche befriedigt werden.“
Sie nennt uns einige solcher Orte, bittet uns aber, das nicht zu verwenden, um nicht noch mehr Kinderschänder anzulocken. Sie sagt, von den fünf Touristen, die bereits ertappt und an ihre Heimatländer ausgeliefert wurden, waren vier Deutsche. Einer von ihnen wurde mit insgesamt vier Mädchen und einem Jungen in dem vom ihm gemieteten Haus vorgefunden. Alle Kinder unter 10 Jahre alt.

Der große Anteil Deutscher hinge aber auch damit zusammen, dass Deutschland eines der wenigen Länder ist, das auch Missbrauch von Minderjährigen im Ausland verfolgt. Mit anderen Worten: Es werden auch Kriminelle aus anderen Ländern erwischt, die aber aus Mangel an Strafbarkeit in ihren Ländern laufen gelassen werden, d.h. ins Flugzeug zurück nach Hause gesetzt werden.

Selma:
„Um die schlimmsten Auswüchse bei der Prostitution zu verhindern, muss man einen festen Ort und eine Betreuung der Frauen organisieren. Man muss Straßenstrichs vermeiden, muss Regeln schaffen, Kondome verteilen, Ausbildung betreiben.

Es geht darum, folgendes zu vermeiden:
Zwangsprostitution
Verbreitung von AIDS und anderen Geschlechtskrankheiten
Ausbeutung von Kindern zu sexuellen Zwecken
Ausbeutung der Frauen durch Zuhälter
Halblegalität, die es der Polizei ermöglicht, die Frauen auszubeuten und zu schikanieren.“
Der Name Vila Mimosa bezieht sich auf den Unterstadtteil, ein Teil von São Cristovão. Es sind die Mimosen, die ihm den Namen gegeben haben, jene Büsche, die immer gleich die Blätter schließen, wenn sie berührt werden. Na, Mimosen dürfen die Damen hier nicht gerade sein.

Dieser Artikel erschien zuerst in der „Berliner Umschau“ am 15. März 2006, hier mit zusätzlichen Erfahrungen versehen und geringfügig redigiert.

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Lukas Vogelsang – Totgeschwiegene leben länger: Die 50. Ausgabe! Wir sind stolz, nach 5 Jahren ein rundes Jubiläum feiern zu dürfen – ohne Pleite zu sein. ensuite – kulturmagazin ist schweizweit das grösste Kulturmagazin und über 45 Menschen produzieren monatlich dieses Heft. Doch die Kultur ist der Sparwut der Politik unterworfen – das spüren auch wir. Trotzdem: Die öffentliche Hand hat uns in den letzten 5 Jahren mit insgesamt „nur“ 50’000 Franken unterstützt. Das ist lächerlich, wenn man sieht, was wir erreicht haben. Private Institutionen haben da mehr Initiative gezeigt.


ensuite kulturmagazin – die Nr 1 der Schweizer Kultur

Die Situation wird sich so rasch nicht ändern. Bern spart sich wieder unter den Boden. In der neuen Ausgaben drucken wir dazu den offenen Brief vom „Mühle Pesche“ (Mühle Hunziken) ab, der Brief hat doch in den Medien für Echo gesorgt. Nur, damit man auch versteht, worum es in kulturpolitischen Dingen geht.

Tja, viel Zeit für die Jubiläumsfeier bleibt uns sowieso nicht, denn der Februar ist kurz und das Programm dicht!

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