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BayernLB – Vom stolzen Adler zum „gerupften Suppenhuhn“

Dr. Alexander von Paleske – ——21.10. 2008 —- Als stolzer blau-weisser Adler flog sie aus, die kapitalkräftige Bayerische Landesbank, Anstalt des öffentlichen Rechts, zu den internationalen Finanzmärkten. Beladen mit vielen Milliarden Euro und bereit, Risiken in weit grösserer Höhe einzugehen. Kaufte daneben auch noch die Skandalbank Hypo-Alpe-Adria.

Als „gerupftes Suppenhuhn“ ist sie nun zurückgekehrt, nichts als Schulden. Bereits im Frühjahr hatte die Landesbank von 4 Milliarden Schulden gesprochen, versuracht durch den Erwerb von Schrottpapieren aus den USA , auch Subprimes genannt. Die bayerischen Sparkassen und der bayerische Staat, jeweils hälftiger Eigentümer, hatten die Entsorgung der Schrottpapiere zugesagt. Jetzt ist von einem 5,4 Milliarden Euro-Finanzbedarf die Rede, wobei man befürchten muss, dass sich das zu den ursprünglichen 4 Milliarden Euro Miesen dazu addiert, und nicht in der neuen Summe bereits enthalten ist.

Aber damit nicht genug, keine Destination zum Zocken war der Bank weit genug, auch beim Pleitestaat Island ist sie angeblich mit 1,5 Milliarden Euro Miesen mit dabei.

Wenn die Bayern mit der Lehman
Nicht zu vergessen, die Swapserei mit der Lehman Pleitebank. Aus den ursprünglichen 300 Millionen Euro sind mittlerweile 500 Millionen Euro geworden. Vermutlich nicht das Ende. Das hängt mit der Unberechenbarkeit der Zockerpapiere Credit Default Swaps zusammen. Der bayerische Sparkassenpräsident Siegfried Naser, deutete in einer Besprechung mit seinen Sparkassenvorständen, die er zu einer Krisensitzung einberufen hatte, an, dass alles noch viel schlimmer werden könnte. Er machte in unverhüllter Form die alte bayerische Landesregierung für den jammervollen Zustand der Verlustbank BayernLB verantwortlich. Auch aus der CSU ist er schon mal ausgetreten.

Tag und Nacht sind nun Bilanzexperten, Steuerfachleute und Juristen damit beschäftigt, sich einen genauen Überblick über den Schuldenstand und die Finanzlöcher zu verschaffen, wie ein Sprecher der BayernLB gestern erklärte. Angesichts der vielen Zockerchips verständlicherweise keine leichte Aufgabe.

Brüder zum Topfe zur Schuldenfreiheit
Nun will man an den vom Bund bereitgestellten Schuldenentsorgungstopf. Wer hätte das gedacht, es wurde ja mit einem Run der Privatbanken gerechnet, aber die Deutsche Bank hatte über ihren Feldherrn Ackermann hat schon mal verkünden lassen, ein Greifen seitens seiner Bank in den Topf käme einer Beleidigung gleich. Offenbar hat man sich bei seiner Bank rechtzeitig von vielen Schrottpapieren getrennt, es wurden ja auch an einige an die Staatsbank IKB verhökert.

Die Commerzbank hat bisher nur an dem Topf „geschnuppert“.

Die Bayern LB ist beileibe nicht das einzige „gerupfte Suppenhuhn“, auch die Landesbank Baden-Württemberg soll mit einem Finanzloch von drei Milliarden Euro gesegnet sein. Bis zum Ende nächsten Jahres sollen angeblich Verbindlichkeiten von 10 Milliarden Euro fällig werden. Aber auch die WestLb kämpft, da müssen mal wieder Verluste ausgeglichen werden, diesmal bei der Weber-Bank, die man vor drei Jahren von der Berliner Landesbank gekauft hatte. Diese feine Bank hatte sich bei Zins-Swaps verhoben. Aber auch bei der Nord-LB scheint nicht alles zum Besten zu stehen.

Ein neuer Bund-Länder Finanzausgleich
Und so haben wir es nun mit einer neuen Art des so in der Verfassung nicht vorgesehenen Bund-Länder-Finanzausgleichs zu tun. Motto: Landesbanken zocken, Bundesbürger zahlen. Und die Landesbanken sollen fusionieren. Motto: „Gerupfte Suppenhühner aller Bundesländer vereinigt Euch, besiegt die Finanzkrise“.

Weltweite Zunahme der Arbeitslosigkeit
Derweil rechnet die internationale Arbeisorganisdation ILO damit, dass durch die Finanzkrise und der dadurch verursachten Wirtschaftskrise 20 Millionen Menschen weltweit arbeitslos werden. Besonders betroffen seinen die Bau- Automobil- und Tourismusindustrie.

Und die Sprecherin der Entwicklungshilfeorganisation OXFAM, Marita Hutjes, beklagte, dass die Finananzminister bei ihrem Treffen in Washington vor 10 Tagen keinerlei Lösungen für sich aus der Weltfinanzkrise ergebenden Probleme in Ländern der Dritten Welt beraten hätten.

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Finanzkrise: Der Staat bezahlt die Schulden, die Zockerei geht weiter

Dr. Alexander von Paleske – Gestern hat das Bundeskabinett Hunderte von Milliarden Euro zur Befreiung der Banken von den Zockerverlusten beschlossen. Einmal als direkte Zahlungen zum anderen als Bürgschaften. Nun soll dieses Massnahmenbündel binnen einer Woche durchs Parlament gejagt werden. Die Börsen feierten die Geschenke an die Banken auf Kosten der Steuerzahler mit einem Kursfeuerwerk.

Jahrelang hatten Kenner der Finanzszene wie Warren Buffett und George Soros vor der drohenden Weltfinanzkrise gewarnt, herbeigeführt durch die ungehemmte Zockerei mit Wettscheinen insbesondere den Credit Default Swaps. Jetzt muss der Steuerzahler die Suppe auslöffeln welche die Zockerbuden, auch Banken genannt, eingebrockt haben.

Gleichzeitig will sich der Staat ein Mitspracherecht im Gegenzug einräumen lassen. Man muss starke Zweifel daran haben, dass sich dadurch im Kern etwas ändert. Denn bei der Staatsbank KfW und deren Tochter IKB, die Milliardenverluste durch Zockereien eingefahren hatten, sass der Staat ja als Eigentümer bereits mit im Boot.

Und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungaufsicht (BaFin) hatte in ähnlicher Weise versagt. Bis zum bitteren Ende der IKB hatte sie diese Bank als „unproblematisch“ bezeichnet. Man hätte erwarten dürfen, dass nunmehr drastische Massnahmen beschlossen werden, wie die Zockerscheine „Credit Default Swaps“ per Gesetz aus dem Bankbetrieb zu verbannen, aber davon ist nichts zu hören.

The Game Goes On
Es wird also weitergehen mit der Zockerei. Mahnend erhob Bundeskanzlerin Angela Merkel den Finger „So etwas dürfe sich nicht wiederholen“ . Worthülsen, sonst nichts. Derweil beginnt nach der Finanzkrise nun die Wirtschaftskrise. Heute wurde gemeldet, die im DAX gelisteten Unternehmen werden mit Gewinneinbussen im laufenden Jahr zu rechnen haben.

Die weiteren Auswirkungen dieser Finanzkrise zeichnen sich erst in Umrissen ab. Neben dem Abgesang auf das geplante Ende der Neuverschuldung in drei Jahren werden auch die Länder der Dritten Welt die Auswirkungen zu spüren bekommen, mit der Kürzung der Entwicklungshilfe.

Aber auch der Umweltschutz dürfte an Priorität verlieren. Und wenn Herr Steinbrück heute Steuererhöhungen ausschliesst, dann dient dies nur der Besänftigung der Empörung, morgen sieht das alles schon wieder anders aus.

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Protest gegen Castor-Transporte: Der Preis der Unfreiheit

World Content News – «Gehorsam kann man nicht erzwingen»: Die auch unter dem Akrobaten-Namen „Flinkes Eichhörnchen“ bekannte französische Anti-Atomkraft-Künstlerin Cécile Lecomte (26) musste Ende September für einen Tag in den Knast von Hildesheim, weil sie sich weigerte, ein Bußgeld von 5 Euro zu bezahlen. Das Bußgeld gegen Lecomte war verhängt worden, nachdem sie sich im November 2006 an einer Demonstration auf Bahnschienen gegen einen Castortransport nach Gorleben beteiligt hatte.

Die heute in Lüneburg lebende Aktivistin ist zu zahlreichen Themen aktiv: Bei der französischen öko-libertären Gruppe Chiche! ist sie 1999 aktiv geworden. Die damalige BWL-Studentin setzte sich vor allem mit der Konsumgesellschaft auseinander. Sie beschäftigte sich vor allem mit dem antikapitalistischen Konzept der »Décroissance« (auf Deutsch etwa »Schrumpftum« als Gegensatz zum wirtschaftlichen Wachstum).

«Haft ist total zwecklos“»: Das Amtsgericht Hannover hatte im August die Erzwingungshaft angeordnet. Lecomte ließ den genannten Antrittstermin jedoch verstreichen. In einem Offenen Brief (siehe unten) an das Gericht erklärte sie: «Gehorsam kann man nicht erzwingen». Gleichzeitig legte die Atomkraftgegnerin Verfassungsbeschwerde wegen «Unverhältnismäßigkeit» der Erzwingungshaft ein.

Was mit der 5€-Justizposse dem Staat letztendlich an tatsächlichen Kosten entstanden sind, haben Leila Adamkiewitz und Dirk Drazewski von wendland-net.de in einer vergnüglichen Putzfrauenrechnung festgehalten: 510 Euro für Peterwagen, Staatshotel, Verpflegung und Verwaltungskosten.

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Preis der Unfreiheit: „Aufwand hat sich verhundertfacht“

Noch sind relativ viele offene Rechnungen mit dem Staat zu begleichen: So hatte Lecomte z.B. am 5. September 2007 mit ihrer akrobatischen Performance gegen einen Zug demonstriert, der einen Leerbehälter neuer Bauart vom Typ „Castor HAW 28 M“ zu Testzwecken nach Gorleben transportieren sollte. „Flinkes Eichhörnchen“ seilte sich just in Höhe des Lüneburger Tiergartens über der Transportstrecke nach Dannenberg ab. Folge: Der Zug musste einen zweistündigen Stopp einlegen.

Voraussichtlich am 8. November 2008 soll nach Angaben von Umweltschützern wieder ein Castor-Transport nach Gorleben unterwegs sein. Es sind bereits große Protestaktionen angekündigt. Und so wie es aussieht, wird auch die ehemalige Frankreichmeisterin in Sportklettern zu Land, zu Wasser und vor allem aus der Luft die atomaren Scheinlöser wieder einmal vor schier unlösbare Aufgaben stellen. Denn, so Lecomte:

„Solange weiter gefährliche Atomtransporte rollen, werde ich unbelehrbar bleiben und meinem Widerstand kreativ Ausdruck verleihen“

Dokumentation:

Offener Brief an das Amtsgericht Hannover

Madame, Monsieur,

Am 14. November 07 wurde ich zu einem Bußgeld in Höhe von 5 Euro verurteilt, weil ich mich im Oktober 2006 an einer Schienen-Demonstration mit etwa 150 weiteren Personen beteiligt habe, um gegen die Atompolitik und den bevorstehenden Castor-Transport ins Wendland zu protestieren.

Vor Gericht habe ich damals 3 Stunden lang meine tief verwurzelten Beweggründe erläutert.

Dieses Bußgeld weigere ich mich heute und für immer zu bezahlen. Aus diesem Grund haben Sie einen Tag Erzwingungshaft gegen mich verhängt. Erzwingungshaft ist ein Beugemittel, was mich dazu zwingen soll, dieses Bußgeld zu bezahlen. Das ist also kein Strafmittel im Sinne vom Strafgesetzbuch – es geht um Ordnungswidrigkeit. Doch Gehorsam kann man nicht erzwingen, Erzwingungshaft ist also zwecklos.

Am 14. August 08 habe ich die Ladung zum Haftantritt in der JVA Vechta, Abteilung Hildesheim (160 Km entfernt von meinem Wohnsitz!!) innerhalb einer Woche erhalten. Ich werde aber nicht kommen – nicht freiwillig.

Die Verhängung von einem Tag Erzwingungshaft für 5 Euro halte ich für verfassungswidrig. Wo ist die Verhältnismäßigkeit ? Das ist ein klarer Verstoß gegen das Übermaßverbot. Daher habe ich eine Verfassungsbeschwerde an das Bundesverfassungsgericht formuliert. Der Aufwand, der hier betrieben wird, verdutzt mich. Dass es überhaupt zu einer Gerichtsverhandlung kam, hat damit zu tun, dass es um politischen Protest geht. Bagatellsachen dieser Art werden ansonsten eingestellt. Polit-Zuschlag also. Und der Staat bleibt hart dabei, egal was es ihn kostet (die Kosten für Erzwingungshaft samt Verhaftung übersteigen mit Sicherheit bei weitem die 5 Euro Bußgeld). Es geht schlicht um Repression, und NICHT um Gerechtigkeit oder um das Wohl der Allgemeinheit. Die Justiz ist hier ein Macht-Instrument was dazu dient, das herrschende System am Leben zu erhalten.

Ich weiß wofür ich stehe. Ich halte Protest gegen eine menschenverachtende Technologie wie die Atomenergie in der Form von kreativen gewaltfreien Aktionen für legitim und notwendig. Für eine Pflicht, sogar. Das Absaufen der Asse und die ungelöste Frage der Entsorgung von Atommüll, die tägliche Freisetzung von Radioaktivität durch Atomanlagen, und die ständige Gefahr eines atomaren Unfalls wie in Tschernobyl oder wie neulich im französischen Tricastin gehen uns alle an. Es betrifft die jetzigen und die zukünftigen Generationen. Das ist meine, unsere, Ihre Verantwortung. Radioaktivität tötet uns alle – auch PolitzistInnen, RichterInnen, StaatsanwältInnen, AtomlobbyistInnen, PolitikerInnen, …

Atompolitik und Menschenrechte sind unvereinbar. Das juristische Nachspiel von politischem Protest gehört zum Konzept des zivilen Ungehorsams. Ich weiß, dass meine Handlung von der (In)Justiz als Ordnungswidrigkeit angesehen werden kann. Diese Handlung verteidige ich aber trotzdem. Nicht bezahlen, nicht freiwillig kommen, das ist mein Weg, meine Handlung politisch zu verteidigen, dazu zu stehen. Flüchten werde ich nicht, weil ich -zwar ohne zu Kooperieren- die Folgen meiner Handlungen in Kauf nehme – auch wenn es Gefängnis sein muß. Dies lasse ich aber nicht ohne Widerstand, ohne Worte auf mich ergehen. Denn ich bin ein freier Mensch und es ist meine Verantwortung NEIN zu sagen. Ich empfehle Ihnen diesbezüglich die Werke vom französischen Philosoph Jean-Paul Sartre.

Was ist denn das, für eine Demokratie, wenn Menschen nicht wegen ihrer Tat, sondern wegen „anders Denken“ eingesperrt werden? Das nenne ich Demokratur. Allein die Tatsache, dass Menschen andere Menschen überhaupt einsperren, finde ich seltsam. Ich kämpfe für das Leben und schon gar nicht gegen Menschen.

Sie können mich verhaften lassen, meine Gedanken bleiben aber frei. Aus diesem Grund ist Erzwingungshaft zwecklos.

Salutations anti-nucléaires

Cécile Lecomte, das unbeugsame Eichhörnchen

Quellen:
Atomkraftgegnerin wegen Fünf-Euro-Bußgeld verhaftet
(ngo-online.de, 23.09.2008)
Atomkraftgegnerin soll wegen 5 Euro Bußgeld ins Gefängnis
(redglobe.de, 20.08.2008)
Akrobatisch gegen Atomkraft (taz, 17.01.2008)
Folgen des Castor-Protestes noch in der Schwebe
(Münstersche Zeitung, 22.04.2008)
Am Vorabend des 20. Juli: Bußgeld nach mutiger Aktion
(Linkszeitung, 20.07.2008)
Profil: Bewegungsarbeiterin Cécile Lecomte
(Bewegungsstiftung)
A wie Aufpassen (dernewsticker.de, 04.10.2008)
Castor-Alarm 2008 (castor.de)

linkDieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News

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Finanzkrise und Hypo-Real Estate: Nach dem Scheitern ist vor dem Bezahlen

Dr. Alexander von Paleske —-5.10.2008 — Der alte Rettungsplan ist tot, es lebe der neue Rettungsplan. So könnte man die Meldungen von heute morgen ergänzen, denn die Nachrichten bringen nur das Scheitern des Rettungsplans – des alten.

Der neue Rettungsplan wird wohl wesentlich höhere Staatsgelder vorsehen. Und der Staat befindet sich in einer babylonischen Gefangenschaft der Banken. Ihm bleibt gar nichts anderes übrig als zu bezahlen. Die Alternative wäre ein finanzieller Steppenbrand. Der alte Rettungsplan ging von einem Lebensverlängerungs-Finanzbedarf der Hypo-Real Estate von 34 Milliarden Euro aus.

Verlustbanken als Retter
Der Plan war schon deshalb unsolide, weil als Retter dort Banken auftreten, denen das Wasser selbst bis zum Halse steht, wie die Verlustbank BayernLb, die 4 Milliarden Miese durch Handel mit Schrottpapieren eingefahren hatte plus 300 MillionenEuro oder etwas mehr durch Swapsen mit der Lehman-Brothers Pleitebank.

Die BayernLb braucht bis zum Jahresende 1 Milliarde Euro als Finanzspritze. Wie kann solche eine Bank als Retter taugen?

Oder die Landesbank Baden-Württemberg, deren Verbindlichkeiten mal so eben bei 100 Milliarden Euro liegen, die bis Ende 2009 fällig werden, wie der SPIEGEL berichtete. Diese Landesbank übernahm, wie erinnerlich, die Verlustbank Sachsen-Lb, auch diese hatte seinerzeit eifrigst mit Schrottpapieren gehandelt und dabei 6 Milliarden Euro in den Sand gesetzt.

Nicht besser sieht es bei der WestLb aus. Für die BayernLb wird mittlerweile ein Käufer gesucht, wenn’s nicht anders geht, darf’s auch eine „Heuschrecke“ sein, oder aber die Landesbank Baden Württemberg.

Neues Rettungspaket für Hypo-Real Estate
Also muss jetzt ein neues Rettungskonzept her, nicht nur für die Hypo Real Estate, das die Deutsche Bank mit ihrem Feldherrn Ackermann längst in der Hinterhand hatte. Präsentiert wurde es am 2.10: Die Sozialisierung aller Casinoverluste und zwar aller Banken. Der Fall Hypo Real Estate soll also der Türöffner zu einem umfassenden „Rettungspaket“ sein. Denn mittlerweile stellt sich heraus, dass der kurzfristige Finanzbedarf der Hypo-Real Estate weit höher ist , wohl 50 Milliarden Euro plus. Ausserdem ist die Hypo-Real Estate zwar die zweite Bank nach der IKB in Deutschland, der ohne unverzügliche Finanzspritze der Bankrott droht, aber nicht die letzte.

Starke Worte der Politiker
Die Politiker weigern sich wortgewaltig darauf einzugehen, und SPD-Struck schimpft und zetert. Bundeskanzlerin Merkel erklärte auf dem Krisengipfel am Freitag in Paris „Deutschland wolle den verantwortungslosen Bankern keinen Freibrief ausstellen“.

Der Chef der Eurogruppe, der luxemburgische Regierungschef Jean-Claude Juncker forderte „Schluss mit der Casinomentalität der Banken“ und „es gehe nicht, dass man dafür nicht zur Rechenschaft gezogen werde“.

Starke Worte, sonst nichts, denn jahrelang haben die Politiker der Zockerei der Banken zugeschaut, an Warnungen hatte es ja nicht gefehlt. Jetzt ist Zahltag für die Regierung und damit für den Steuerzahler, um den grösseren Finanz- GAU zu verhindern.

Deutsche Bank-Chef verlangt Entsorgung
Ackermann verlangt daher ein „Rettungspaket“ wie gerade in den USA verabschiedet.Der Staat soll alle faulen Kredite übernehmen. Statt Todesurteil für etliche Finanzinstitute der Freispruch auf Kosten der Steuerzahler.

Die Konsequenzen einer solchen „Entsorgung“ , mittel- und langfristig, sind noch gar nicht voll abzusehen. Sie würden aber die mittleren und unteren Einkommensgruppen voll treffen, durch höhere Steuern, gekürzte Renten, höhere Eigenbeteiligung bei der Krankenversicherung usw.

Und, das wollen wir nicht vergessen, die globale Rezession kann durch dieses „Rettungspaket“ nicht abgewendet werden, sie kommt in jedem Fall.

Wird die Finanzkrise zur Staatskrise?

Finanzkrise, Bankenkrisen, Kleinanlegerbetrug – Hat die Finanzaufsicht BaFin versagt?
Finanzgauner, ihre Opfer und die BaFin
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Der Fall Hypo-Alpe-Adria- Bank (Skandalpe) – Ein österreichisch-deutsches Schmierenstück.

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Finanzkrise, Bankenkrisen, Kleinanlegerbetrug – Hat die Finanzaufsicht BaFin versagt?

Dr. Alexander von Paleske – — 28.9. 2008 —
Als die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin)im Jahre 2002 gegründet wurde, da knüpften sich daran auch und gerade Hoffnungen auf Schlagkraft gegen Betrug und windige Finanzgeschäfte. Ausgestattet mit rund 1600 – Beschäftigten sollte die Behörde eigentlich effizient sein.
Der frischgebackene Präsident Jochen Sanio erklärte:

„Diese Institution wird beissen, solange ich hier Präsident bin“

Nach sechs Jahren sieht die Bilanz schlecht aus, es schält sich das Bild eines zahnlosen Tigers heraus, dessen Präsident in der Presse als Dampfplauderer bezeichnet wird und der offenbar nicht einmal sein eigenes Haus in Ordnung bringen kann .

Kein Schutz der Kleinanleger
Da in Zukunft die Lohnempfänger einen Teil der Altersvorsorge auf eigene Rechnung und eigenes Risiko organisieren müssen, sollte der Schutz der Kleinanleger ganz oben auf der Prioritätsliste stehen.
Mit anderen Worten: die BaFin sollte Betrugsfirmen, die oft genug Kleinanleger um ihre Lebensersparnisse bringen, aufspüren und in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft das Handwerk legen.
Die spektakulären Betrugsfälle der letzten Jahre lassen hingegen ein völlig entgegengesetztes Bild erscheinen: Jahrelang konnten Betrugsfirmen ahnungslose Kleinanleger unter der Nase der Bafin hereinlegen.

Betrugsfall „Göttinger Gruppe
– 270.000 Geschädigte
– mehr als 1 Milliarde Euro (evtl. bis zu 10
Milliarden) Anlagegelder durch den Schornstein
– „Geschäftstätigkeit“ von 1986 bis 2007

Betrugsfall Phoenix
– 30.000 Geschädigte
– 600 Millionen Euro Schaden
– „Geschäftstätigkeit“ von 1977 bis 2005

Betrugsfall Amis
– 16.000 Geschädigte (6000 in Deutschland)
– 200 Millionen Euro Schaden
– „Geschäftstätigkeit“ von 1991-2005

Betrugsfall „Ulrich Engler
– 5000 Geschädigte
– 450 Millionen US Dollar Schaden
– „Geschäftstätigkeit“ 2003-2006

Betrugsfall Berliner Vermögens Garant AG
– 10.000 Geschädigte
– zweistelliger Millionenbetrag Schaden
– Geschäftstätigkeit 2003-2006

Betrugsfall „DM-Beteiligungen
– 8000 Geschädigte
– 93 Millionen Euro Schaden
– Geschäftstätigkeit bis 2006

Betrugsfall Wohnungsbaugesellschaft Leipzig West
– 30.000 Geschädigte
– 500 Millionen Euro Schaden
– „Geschäftstätigkeit“ 1995-2006

Aber hier handelt es sich nur um die spektakulärsten Fälle.

Keine Warnung vor dubiosen Finanzprodukten
Wie sieht es nun bei Überwachung des Finanzmarktes aus , also insbesondere der rechtzeitigen Warnung vor dem Handel mit riskanten Papieren wie Swaps, Futures und reinen Schrottpapieren. Aber auch hier sieht die Bilanz der BaFin miserabel aus.
In den 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts begannen die internationalen Banken damit, immer neue Finanzprodukte zu erfinden, eines unsolider als das nächste, die sie ihren Kunden andrehten, verborgen hinter hochtrabenden Namen wie „High Growth Funds“ etc.
Von einem soliden Investment konnte mit zunehmender Tendenz keine Rede mehr sein. Es handelte sich mehr und mehr um Wettscheine. Gleichzeitig versuchten die Banken den Geschäftsbetrieb massiv auszuweiten, also Vergabe von Krediten auch an völlig kreditunwürdige Kreditnehmer.

Das konnte aber nur ermöglicht werden, wenn man gleichzeitig das Risiko der Nichtrückzahlung des Kredits los wurde. Und dies wurde durch die „Credit Default Swaps“ (CDS) geschafft, einer Art Versicherung gegen den Ausfall in der Form eines Zockerpapiers, wir berichteten mehrfach darüber ( Default Swaps oder: Die nächste Weltfinanzkrise rückt näher).
Es fehlte nicht an warnenden Stimmen. George Soros prophezeite eine Weltfinanzkrise durch diese Papiere, deren Markt mittlerweile das astronomische Volumen von 65 Billionen Dollar erreicht hatte. Der US-Grossinvestor Warren Buffett nannte sie bereits im Jahre 2002 „finanzielle Massenvernichtungswaffen“.

BaFin beseitigt Bremsklötze
Aber anstatt hier zu bremsen, beseitigte die BaFin Bremsklötze.
Im Jahre 2005 lockerte die Bafin die Regeln für den Handel mit Swap-Clearinghäusern. Bis dato gab es ein Risikolimit. Nicht mehr als 25% des Gesamtkapitals durften es sein und es mussten Sicherheiten für Swaps hinterlegt werden. Das wurde auf eine Beschwerde der Deutschen Bank hin beseitigt „auf Null zurückgefahren“. Nun konnte so richtig auf Pump gezockt werden.Die Entscheidung der BaFin wurde von der Dresdner Bank als „fantastische Neuigkeit“ begrüsst.
Aber nicht nur das. Als gäbe es nicht schon genug
„Zockerbuden“, da wurde z.B. im Jahre 2007 dem Elektrizitätskonzern EON bzw dessen Tochter EON Sales and Trading GmbH bzw dessen Tochter „EON Portfolio Solutions“ die Lizenz zum Zocken mit Swaps erteilt .
Aber auch bei dem Kauf von Subprime -Schrottpapieren durch die Landesbanken wie BayernLb, SachsenLb und WestLb, die in Milliardenverlusten endeten, bei der SachsenLb 6 Milliarden bei der Bayern Lb mit 4 Milliarden lässt sich keine effektive Intervention der BaFin feststellen.
Noch schlimmer ging es bei der IKB-Bank zu, der Tochter der Staatsbank KfW , die durch den Kauf von Subprime-Schrottpapieren mal eben 9 Milliarden Euro Verluste einfuhr und nun für ein Trinkgeld an eine „Heuschrecke“ verkauft wurde. Die BaFin bezeichnete bis zum bitteren Ende die IKB als „unproblematisches Institut“.

Die Nobelpreisträger Joseph Stiglitz und William Sharpe sowie der Yale Profesor Robert Shiller erklärten auf dem „Institutional Money Congress“ in Frankfurt im Februar diesen Jahres, dass die Immobilien (Subprime) Krise in den USA vorhersehbar war.

Ahnungslosigkeit bei „Auction Rate Securities“
Zu den neuen „Finanzprodukten“ gehören auch die Auction Rate Securities, über die wir hier schon ausführlich berichtet haben (Die Grossbanken und der Staatsanwalt).
Der Markt für diese „Produkte“ brach bereits im Februar 2008 zusammen. Die Staatsanwaltschaft in New York ermittelte wegen Prospektbetrugs gegen verschiedene Banken, darunter auch die Schweizer UBS und die Deutsche Bank und verhängte saftige Bussgelder.
Offenbar erst Monate nach dem Zusammenbruch dieses Dubiosa-Marktes fragte die BaFin bei deutschen Banken an, ob sie (was der Fall war) diese auch in Deutschland verkauft hätten.

Betrug im eigenen Haus
Aber auch im eigenen Haus scheint es nicht zum besten zu stehen.Da wird bereits vor zwei Jahren von schweren Querelen zwischen Präsident Sanio und Personalrat berichtet. Aber nicht nur das. Die Aufsichtsbehörde, die unter anderem Betrug auf den Finanzmärkten verhindern soll, wurde selbst Opfer eines Millionenbetrugs. Einer der leitenden Angestellten, der noch nicht einmal die mittlere Reife besass, durch gefälschte Papiere seine Anstellung bekam, und einen Doktortitel führte, ergaunerte 6 Millionen Euro. Die Staatsanwaltschaft, der Bundesrechnungshof und die Strafkammer des Landgerichts Bonn rügten die völlig unzureichende hausinterne Überwachung. Und nun steht schon wieder ein Mitarbeiter der Bafin wegen angeblichem Grossbetrugs an seinem Dienstherrn vor Gericht.

Wie sagte doch der Jochen Sanio: „Diese Institution wird beissen, solange ich hier Präsident bin“ – offensichlich nur auf die eigenen Zähne

Finanzgauner, ihre Opfer und die BaFin
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„Diese Menschen haben nie eine Straftat begangen“

Michael Schulze von Glaßer im Gespräch mit Frank Gockel während einer Nachtdemonstration am 29./30. August 2008 im Rahmen des ‚Tag ohne Abschiebung’ vor der Justizvollzugsanstalt Büren. Frank Gockel engagiert sich seit über 10 Jahren in der Flüchtlingsberatung. Er ist Vorsitzender des Vereins ‚Hilfe für Menschen in Abschiebehaft Büren e.V.’, dem 2006 der Aachener Friedenspreis verliehen wird.

Warum blockieren gerade 150 Menschen die Justizvollzugsanstalt Büren?
Die JVA Büren ist einer der größten Abschiebeknäste Europas – zumindest der größte in Deutschland. Die JVA ist ein Symbol für die Abschiebepolitik Deutschlands. Wir haben uns für heute ganz konkret vorgenommen den Abschiebeknast für einen Tag „abschiebefrei“ geben werden, dass heute Nacht keine Abschiebungen durchgeführt werden und kein Transporter hier durchkommt. Wichtig ist, dass wir nicht allein sind. Es ist eine bundesweite Aktion die dezentral auch in vielen andern Städten durchgeführt wird. Heute ein Tag, nächstes Jahr eine Woche, danach hoffentlich ein Monat und dann wollen wir mal weitersehen.


Frank Gockel: Einige trieb es in ihrer Not zum Selbstmord, andere starben bei der Abschiebung.

Den‚Tag ohne Abschiebung’ auf den 30. August zu legen war kein Zufall…
Wir haben dieses Datum ausgewählt, weil an diesem Tag in verschiedenen Jahren mindestens vier Flüchtlinge ums Leben gekommen sind. Einer von diesen Flüchtlingen war Rachid Sbaai, der hier in der JVA in einer Arrestzelle ums Leben gekommen ist. Die Todesursache ist bis heute ungeklärt – wir sind bis heute dabei zu recherchieren wieso er dort sterben musste. Wir wissen nicht wie er dort um Lbene gekommen ist. Er saß in einer Arrestzelle. Die Zelle hat Feuer gefangen. Er hat um Hilfe gerufen worauf die Beamten aber nicht reagiert haben. Wir haben noch sehr viele Fragen, die auch hoffentlich noch geklärt werden. Es ist schon seit Jahren Tradition am 30. August wenigstens eine Mahnwache vorm Abschiebeknast Büren abzuhalten.

Das Menschen in Abschiebehaft sterben ist recht unbekannt, die Presse berichtet kaum darüber…
Dabei sind es weit über 300 Flüchtlinge, die seit 1993 in Deutschland ums Leben gekommen sind. Einige trieb es in ihrer Not zum Selbstmord, andere starben bei der Abschiebung. Zwischenfälle sind keine Seltenheit. Die Medien berichten leider nicht darüber. Ich arbeite im Kreis Lippe mit Flüchtlingen zusammen. Dort haben allein in diesem Jahr zwei Flüchtlinge versucht Selbstmord zu begehen. Im Nachbarkreis Paderborn hat sich eine Frau das Leben genommen – in den Zeitungen ist darüber nichts zu lesen.

Zum Abschiebeknast Büren: wie viel Leute werden dort zurzeit festgehalten?
In Büren sind momentan rund 180 Menschen inhaftiert, die JVA ist für über 300 Abschiebehäftlinge ausgelegt. Früher waren es mehr. In der Zwischenzeit wurde aber eine Abteilung in normale Strafhaft umgewandelt.

Wie lange werden die Flüchtlinge in der JVA festgehalten?
Das ist ganz unterschiedlich. In der Regel sind es etwa 50 Tage. Einige sind nur ein, zwei Tage in Haft, andere sitzen über Monate in ihren Zellen. Auch sechs monatige Haft ist keine Seltenheit. Im Extremfall kann die Haft bis zu 18 Monate dauern.

Welcher Beschäftigung gehen in Flüchtlinge während der Haft nach?
Wichtig ist erstmal, dass diese Menschen nie eine Straftat begangen haben. Ihr einziges Verbrechen war es nach Deutschland zu kommen und Deutschland möchte sie wieder loswerden. Sie sitzen dort in Zellen, einige haben die Möglichkeit zu arbeiten. Es gibt aber nur monotone ein-Euro Jobs. Viele sitzen auch in ihren Zellen rum, haben täglich eine Stunde Rundgang und Sport. Das ganze Leben – auch das Essen – findet in den Zellen statt.

Was passiert nach Ende der Abschiebehaft?

Ungefähr 70 % der Menschen werden abgeschoben, dass heißt, dass sie nachts – meisten zwischen 3 und 6 Uhr – zu den Flughäfen gebracht werden. Deswegen veranstalten wir auch heute diese Nachtdemonstration um diese Transporte zu verhindern. 30 % der Flüchtlinge kommen wieder frei, dürfen mit einer Duldung in Deutschland bleiben, sollen aber früher oder später trotzdem abgeschoben werden.

Vielen Dank für dieses Interview!

Weitere Informationen: Abschiebefrei

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Finanzgauner, ihre Opfer und die BaFin

Dr. Alexander von Paleske —12.9. 2008 —
Zehntausende von Geschädigten, etliche davon, die ihre ganzen Lebensersparnisse verloren haben. Das ist die traurige Bilanz von Betrugsskandalen, die Schlagzeilen machten. An erster Stelle der Phoenix Skandal, aber auch, wenn nicht so bekannt, der Amis Skandal. Diese Skandale dürften jedoch nur die Spitze eines Eisbergs darstellen, denn die vielen kleineren Gaunereien auf dem Finanzsektor z.B. im Bereich des Telemarketing schaffen es erst gar nicht als Nachricht in die Medien.

Und immer wieder stellt sich heraus: Die Gauner konnten jahrelang in grossem Stil agieren trotz der Aufsichtsbehörde BaFin.

Aber nicht nur das, jetzt stellt sich ausserdem heraus, dass die Entschädigungseinrichtung EdW kein Geld hat, die Opfer daher bisher nicht entschädigt werden konnten. Da stellen sich Fragen.
Werfen wir zunächst einen Blick zurück.
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Der Phoenix Skandal
Dieser Skandal wird wohl nach der Göttinger Gruppe als der grösste Finanzanlagebetrug in die deutsche Wirtschaftgeschichte eingehen 30.000 Geschädigte, mehr als 600 Millionen Euro Schaden, bisher keinerlei Auszahlungen der Insolvenzsumme von etwa 200 Millionen Euro an die Geschädigten.

Im Jahre 1998 ging der Betrug so richtig los. In diesem Jahre wurde die Betrugsfirma in Deutschland zum Wertpapierhandel zugelassen, es war auch die Zeit, als der Neue Markt an der Börse richtig in Schwung kam. Weitverbreitet die Ansicht, an der Börse liesse sich mühelos Geld verdienen.

Die Kunden wurden über Telefonate gewonnen sogenanntes Telemarketing. Ihnen wurde märchenhafte Gewinne versprochen, und nur allzu viele fielen auf die Versprechungen herein. Die Warnhinweise der Firma im Kleingedruckten der Prospekte nahm dann kaum noch einer der Hereingelegten zur Kenntnis.

Dieses betrügerische Telemarketing wird normalerweise international von sogenannten „Boiler Rooms“ aus betrieben, und zwar von Ländern aus, die nicht über über eine eigene etablierte und erfahrene Finanzaufsicht verfügen, meistens Dritte Welt Länder. Von diesen Boiler Rooms werden dann die Schrottpapiere verhökert und zwar an Bewohner in weit entfernt liegenden Ländern wie z.B. Kanada oder Grossbritannien.
Die Gangster, zu denen internationale Grossbetrüger wie Rakesh Saxena Regis Possino und vor allem Amador Pastrana gehören sind von der Finanzaufsicht in den Ländern der Geschädigten, wie z.B. der FSA in Grossbritannien wegen der Distanz nicht zu fassen. Aber immerhin gibt es regelmässige Warnhinweise auf den Websites der Aufsichtsbehörden.

Aber bei Phoenix und zum Schluss auch bei der AMIS war das alles viel einfacher. Beide operierten naemlich nicht von irgendeinem exotischen Land aus, sondern arbeiteten in Deutschland. Also, so würde man meinen, nach kurzer Zeit würde die Finanzaufsicht den Gaunern das Handwerk legen. Doch es kam alles ganz anders.

Die BaFin
Die Finanzaufsicht in Deutschland wird durch die Bundesanstalt für Finanzdiensleistungsaufsicht (BaFin) ausgeübt.

Und zwar, wie im Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAG) festgelegt „nur im öffentlichen Interesse“ . Was das im Klartext bedeutet, darauf kommen wir noch zurück. Der Präsident der BaFin ist Jochen Sanio, als umtriebig bekannt, der SPD nahestehend, von der Financial Times Deutschland auch als Dampfplauderer bezeichnet.

Die BaFin ist die zusammengelegte Aufsichtsbehörde, errichtet am 1. Mai 2002 und hervorgegangen aus vormals dreien, nämlich dem Aufsichtsamt für das Versicherungswesen, für das Kreditwesen und den Wertpapierhandel.

Typisch staatliche Aufgaben, die kaum geoutsourced werden können. Und die Aufsichtsämter sollten auch völlig unabhängig von den zu Überwachenden agieren. Darüberhinaus sollten sie als hoheitliche Tätigkeit der vollen im Grundgesetz verankerten Staatshaftung nach Artikel 34 Grundgesetz, konkretisiert durch Paragraph 839 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) unterliegen. So wie das auch in Österreich bei der Finanzmarktaufsicht FMA der Fall ist.

Aber für die BaFin, die nach der Zusammenlegung der drei genannten Aufsichtsbehörden eine grössere Schlagkraft haben sollte, und wo immerhin rund 1600 Mitarbeiter tätig sind, hatte sich der Gesetzgeber etwas anderes ausgedacht, möglicherweise unter Verstoss gegen die EU-Richtlinie über Einlagensicherung und Anlegerentschädigung:

Finanziert werden die Aufseher im Umlageverfahren durch die zu Überwachenden, nämlich von Banken, Versicherungen und Wertpapierhändlern. Eine Schadensersatzpflicht für Schäden aus mangelnder Überwachung gibt es auch nicht.

Wo keine Verpflichtung zum Schadensersatz besteht, da fehlt dann offenbar auch der Druck, hier sorgfältig zu überwachen. Und so kam es offenbar wie es kommen musste: Erst Phoenix, dann Amis und sonstige Betrügereien, alles unter der Nase der BaFin.

Aber offenbar selbst im eigenen Hause klappte die Aufsicht nicht. So konnte ein Leitendender Regierungsdirektor, der noch nicht einmal die mittlere Reife besass und durch gefälschte Dokumente Anstellung fand, offenbar mühelos 6 Millionen Euro ergaunern Der Bundesrechnungshof und die Strafkammer des Landgerichts Bonn rügten das mangelnde hauseigene Kontrollsystem.

Aber schon wieder hat die Staatsanwaltschaft Bonn einen BaFin-Mitarbeiter angeklagt. Auch der soll angeblich bei der BaFin Betrügereien in grossem Stil begangen haben.

Phoenix – viele ungestörte Betrugsjahre oder: mein Gott Jochen (Sanio)
Schon sehr frühzeitig geriet die Phoenix auf den Radarschirm des BaFin bzw. der Vorgängerin, des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen. Die untersagte die Anlage von Kundengeldern in „managed accouts“ also auf einem Sammelkonto, mit dem die Phoenix dann nach Belieben verfahren konnte.

Nun würde man erwarten, dass unverzüglich die Durchsetzung dieser Verfügung engmaschig überprüft würde, aber Phoenix konnte weitermachen wie gehabt. Die BaFin als zahnloser Tiger. Hinzu kam, dass die BaFin zur Überprüfung der Phoenix sich der Wirtschaftprüfungsgesellschaft Ernst & Young bediente, welche offenbar nicht den rechten Durchblick gewann , dass dort nämlich Teile der Buchführung gar nicht stimmten.

Und diese (un)seriösen Prüfergebnisse benutzte dann die Phoenix wiederum offensiv und sehr erfolgreich, um weitere Kunden zu ködern.

Der ganze Betrugsladen flog aber erst auf, nachdem deren Chef Dieter Breitkreuz im Jahre 2004 bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam und die BaFin von den Nachfolgern des Herrn Breitkreuz ueber die „Unregelmässigkeiten“ informiert wurden.

Erst im Jahre 2005 wurde dann von der BaFin schliesslich der Laden dichtgemacht und die Insolvenz festgestellt.

Amis und die BaFin
Über die Betrugsfirma Amis, die von Oesterreich aus operierte und auch in Deutschland rund 6000 Kunden hereinlegte – Schadenssumme rund 200 Millionen Euro – , hatten wir bereits ausführlich berichtet.

Bereits in dem Zeitraum von 2002-2003 beschäftigte sich die BaFin offenbar mit diesem Betrugsladen.

Mehrere Vertreter dieser „Keilertruppe“ der AMIS in Deutschland wurden aufsichtsrechtlich verfolgt. Aber ansonsten geschah weiter nichts.

Die Luxemburger Finanzaufsicht hingegen fror die Amis Vario- und SICAV Betrugs-Fonds am 4. März 2004 bei der Depotbank Investmentbank Luxembourg IBL (jetzt Sella Bank) wegen mangelnder Bewertbarkeit ein Davon hat sicherlich die BaFin im Rahmen der gegeseitigen Informationsverpflichtung Kenntnis erhalten.

Macht nichts. Am 20. November 2004 eröffnete die AMIS eine Betrugszweigstelle in Holzwickede. Anstatt diesen Laden sofort zu schliessen, konnten die Amis-Leute so richtig loslegen, betrugsmässig versteht sich. Als „Rechtfertigung“ heisst es in dem Schreiben der Bafin an die HelpAmis vom 12.7.2007

„Darüberhinaus unterhielt das Unternehmen (die Amis) in der Zeit vom 20 November 2004 bis 31 Oktober 2005 in Holzwickede eine Zweigniederlassung. Für diese wäre erst….nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres eine Prüfung durchzuführen gewesen. Eine solche Prüfung kann aber aufgrund der Schliessung der Zweigniederlassung nicht mehr erfolgen.“

Willkommen im Bafin-Land, wo man zumindest ein Jahr lang ungestört Betrügereien begehen kann – oder eben auch länger siehe Phoenix.

Spätes Erwachen bei ARS
Auch bei den Auction Rate Securities (ARS) , ueber die wir hier berichtet haben („Die Grossbanken und der Staatsanwalt“), scheint es bei der BaFin Aufwachprobleme gegeben zu haben.
Wie die Wirtschaftswoche im August berichtet hat erst kürzlich die BaFin die Banken um Mitteilung gebeten, ob sie diese Papiere auch in Deutschland verkauft haben, obgleich der Zusammenbruch dieses Marktes bereits im Februar diesen Jahres stattfand.

Ein „Tante Emma Laden“ soll Schadensersatz leisten
Nachdem der Schadensersatz von der BaFin abgekoppelt war, wurde er, soweit es Betrügereien von reinen Wertpapierhändlern betraf auf eine Art „Tante Emma Laden“ übertragen: Die Entschädigungseinrichtung der Wertpapierhändler (EdW), in den die kleinen und mittelständischen Händler einzahlen müssen (Die Banken haben eine separate Entschädigung).

Entsprechend unzureichend ist die Entschädigung: 90% – hört sich gut an, maximal aber nur 20.000 Euro. Und ein einziger Schadensfall wie Phoenix zeigt, dass diese Entschädigungseinrichtung diesem Masseschaden nicht gewachsen ist, denn sie hat nur lächerliche 2,2 Millionen im Entschädigungstopf, wie die ZEIT berichtete. Deshalb klopfte nun die EdW zwecks Kreditaufnahme beim Vater Staat an. Aber dieses Begehren wurde vom Haushaltsausschuss des Bundestages barsch zurückgewiesen.
Das kann man verstehen, denn schliesslich gibt es im Bund und bei den Ländern Wichtigeres.

Zum Beispiel Steuergelder abzuzweigen für die Abdeckung von Verlusten nach windigen Spekulationsgeschäften mit Schrottpapieren. Der Bund ist bei der IKB mit 9 Milliarden Euro dabei, Sachsen bei der Sachsenbank mit 6 Milliarden und Bayern bei der Bayerischen Landesbank mit 4 Milliarden um nur einige zu nennen. Da muss anderweitig eben jetzt eisern (auf Kosten der „kleinen Leute“) gespart werden

Und so versucht die EdW nun durch Nachforderungen von den Wertpapierhändlern das Geld hereinzutreiben. Also Nachschlag von den Kleinen, und die klagen dagegen oder verlegen den Geschäftssitz ins Ausland.. Ein schönes Kuddelmuddel und die Geschädigten haben das Nachsehen.

Nun wird also ein Rattenschwanz von Prozessen folgen. Das wird die Anwälte und Prozesskostenfinanzierer freuen. Dabei hatte bereits der Bundesgerichtshof in seiner Meilenstein-Entscheidung zu der 1974 zusammengebrochenen Herstatt Bank (BGH NJW 1979, 1879) – festgestellt, dass nach dem Kreditwesengesetz (dem Vorläufer des FinDAG), eine grundsätzliche Amtshaftung bestehe, da das Kreditwesengesetz zumindest (auch) dem Schutz des einzelnen Bürgers diene, etwas, was der Gesetzgeber jetzt durch Paragraph 4 FinDAG aushebelte „nur im öffentlichen Interesse“.

Doch dies dürfte wohl ein erheblicher Grundgesetzverstoss sein, eine Missachtung des Artikels 34 Grundgesetz.

Und, als das FinDAG dieses Jahr parlamentarisch zur Nachbesserung anstand, da wurde der Schadensersatz erst gar nicht behandelt. Welch eine Fürsorglichkeit für die Geschädigten

Ein Präsident und seine Gebete
Mittlerweile erklärte der Präsident der BaFin, Jochen Sanio, „man möge dafür beten, dass sich an der gegenwärtigen Gesetzeslage nichts ändert“ , insbesondere das Bundesverfassungsgericht die Regelung des Paragraphen 4 des FinDAG nicht für verfassungswidrig und nichtig erklärt.

Zwar kann man verstehen, weshalb Herr Sanio sich aufs Beten verlegt, aber man kann nur hoffen, dass diese Gebete, in die er offenbar vergass, auch das Wohlergehen der Kleinanleger mit einzubeziehen, nicht erhört werden.

Bis eines Tages die Prozesse durch alle Instanzen gegangen ist, dürften etliche der Geschädigten bereits verstorben sein. Aber hier geht es ja nur um das Geld der „kleinen Leute“ weniger als Peanuts in der Sprache der Deutschen Bank.

Und frei nach einem 1848er Lied
„Es hängt an keinem Baume,
es hängt an keinem Strick
es hängt nur an dem Traume
vom Kleinanlegerglück“

linkDer Fall Amis – ein gigantischer europäischer Betrugsskandal
Die Grossbanken und der Staatsanwalt
linkDefault Swaps oder: Die nächste Weltfinanzkrise rückt näher
linkNeues von den Finanzskandalen, BayernLB, Hypo Alpe, Meinl</a
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Alle (Ab)wege fuehren nach Liechtenstein
Der Fall Hypo-Alpe-Adria- Bank (Skandalpe) – Ein österreichisch-deutsches Schmierenstück.</a>
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Republik Oesterreich – Finanzskandale ohne Ende
linkEs war einmal eine Arbeiterbank in Wien
linkFreispruch im General-Partners-Prozess – Wiener „Kaffeehausjustiz“ überfordert?
linkBayernLB, Hypo Group Alpe Adria und kein Mangel an Skandalen
Söldner, Gauner, Waffen und Rohstoffe

deutschland

Antirassismus- und Klimacamp: „Für globale Bewegungsfreiheit und ein ganz anderes Klima!“

Felix Werdermann – Da ist sie, die Klimabewegung. Das erste deutsche Klimacamp lockte vorige Woche Tausende nach Hamburg: Autonome, Globalisierungskritiker, klassische Ökos. Zusammen mit dem Antirassismus-Camp standen viele Aktionen auf dem Programm: Von der antirassistischen Schnitzeljagd bis hin zur Besetzung des Kohlekraftwerksplatz in Hamburg-Moorburg.


Die Polizei bewacht die Baustelle für das Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg

Es erinnert ein bisschen an Heiligendamm: das Klimacamp im Hamburger Volkspark. Ein Schild am Eingang weist die Presse darauf hin, keine Fotos ohne Absprache zu machen. In der Mitte des Campgeländes sind die Infozelte des Antirassismus- und des Klimacamps aufgebaut. Hier liegen zahlreiche Infobroschüren, Zeitungen, Hefte und Postkarten aus. Auf dem Tisch steht eine Spendendose. Ein Schild aus Pappe bittet alle, täglich etwa fünf Euro zu spenden, um das Camp zu finanzieren.

Schon einige Tage vorher war auf der Internetseite des Klimacamps ein Programm mit Workshop-Angeboten zu finden. An der etwa zwei Meter hohen Holzwand, vor der meist eine Traube an Menschen steht, lässt sich aber auch erkennen: Tatsächlich werden mehr Arbeitsgruppen und Aktionen angeboten. Jeder Programmpunkt hat seine eigene bunte Papierkarte.

Bunt gemischt
Autonome und Hippies, Punker und Wissenschaftler/innen, Parteisoldaten und überzeugte Außerparlamentarier. Alle haben den Weg zum Camp gefunden. Die Antifas haben es sich am Eingang gemütlich gemacht, das Lagerfeuer brennt noch bis tief in die Nacht. Ganz links ist die Linksjugend, daneben noya, das globalisierungskritische Jugendnetzwerk, und dann gibt es noch das öko-anarchistische Barrio. In dem Papierplan am Infozelt sind viele weitere Barrios eingezeichnet: Berlin, Leipzig, Nordrhein-Westfalen. Wem die Spalterei zu viel wird, für den gibt es ganz am Rand das „Anti-Barrio-Barrio“.


Die Postkarte zum Klimacamp

Die Ökos haben sich ihre eigene Öko-Toilette aus Holz gezimmert, etwas weiter stehen die Dixi-Klos. Während viele Umweltbewegte Gewalt ablehnen, diskutieren am Abend einige Autonome über Militanz. Bekocht werden sie alle von „Le Sabot“ , der Volksküche aus den Niederlanden. Vegan und bio – und dazu kostenlos. Eine Spende wird aber dennoch erbeten.

Streit mit der Stadt
Über dem Camp kündigen dunkle Wolken heftigen Regen an. Ines Koburger ist dennoch zufrieden. Sie gehört zu den Organisatorinnen des Camps und freut sich, dass sie den Platz bekommen haben. Wochen vorher hatte es Streit zwischen den Klimacampern und den Hamburger Behörden gegeben. Die Camper hatten sich einen zentraleren Ort gewünscht, die städtischen Behörden waren dagegen. „Der schwarz-grüne Senat will unseren Protest unsichtbar machen“, sagt Koburger. Erst nach der Androhung einer Besetzung hatte die Stadt eingewilligt und sich auf einen Kompromiss eingelassen. Nun haben die Organisator/innen mit der Stadt ein Nutzungsvertrag für die Grünfläche in Hamburg-Lurup geschlossen.


Ines Koburger und Tadzio Müller auf der ersten Pressekonferenz des Klimacamps

Vielleicht mag der städtische Unwillen an den scharfen Tönen liegen, mit denen die Politik der schwarz-grünen Koalitionen kritisiert wird. „Auch die Grünen mutieren zur Kohlepartei“, heißt es im Leitartikel der Mobilisierungszeitung für das Camp. Hintergrund ist der Kampf um das geplante Kohlekraftwerk in Hamburg-Moorburg. Die Grün-Alternative Liste (GAL) hatte im Wahlkampf versprochen, die Pläne des Energieriesens Vattenfall zu durchkreuzen. Aber in den Koalitionsverhandlungen mit den Konservativen wurden Kompromisse eingegangen: Nun soll in den nächsten Wochen die grüne Umweltsenatorin Anja Hajduk über die Rechtmäßigkeit des Neubaus entscheiden. Zu einem grundsätzlichen Verbot konnte sich die Koalition nicht durchringen, nachdem Vattenfall mit Schadensersatzforderungen im Milliarden-Bereich gedroht hatte.

Die Klima-Aktivisten sind daher enttäuscht und zugleich wütend. Und das bekam die GAL zu spüren: Vor dem Büro in Hamburg-Ottensen kippten die Aktivisten einen Sack Kohle aus.

Grüne sind out, Linkspartei ist in
Im besseren Licht steht da die Linkspartei , die inzwischen auch in Fraktionsstärke im Hamburger Parlament sitzt. Fraktionschefin Dora Hayenn besuchte sogar das Camp. Und auch der Parteinachwuchs ist zahlreich vor Ort: Die Linksjugend [’solid] hat ihr eigenes Barrio aufgebaut, so heißt ihr eigener Bereich auf dem Zeltplatz, inklusive Infozelt und Lagerfeuer. Auch Ines Koburger ist bei der Linksjugend aktiv.

Vielleicht liegt die starke Präsenz der parteinahen Jugendorganisation an der inhaltlichen Ausrichtung des Camps: Immer wieder wird auf den engen Zusammenhang von Kapitalismus und Klimawandel hingewiesen. In Arbeitsgruppen wird über öko-sozialistische Alternativen diskutiert, und auch in der Camp-Zeitung heißt es: „Die Erwärmung der Atmosphäre ist kein Betriebsunfall, sondern das Ergebnis einer Wirtschaftsform, die auf Profit und Wachstum beruht.“

In der Szene angekommen
Mit dieser Fokussierung wurde das Klima-Thema in die linke Szene geholt. Verschiedene linke Zeitschriften hatten zuvor Schwerpunkte oder Sonderausgaben zum Klimawandel herausgebracht. Zum Beispiel haben „sul serio“ und „arranca“ dem Thema eine Gemeinschaftsausgabe im Sommer gewidmet. Schon zu dem Klima-Aktionstag im Dezember vergangenen Jahres hatten nicht nur die Klima-Allianz, ein Zusammenschluss von Umwelt- und Entwicklungsorganisationen, sondern auch linke Gruppen aufgerufen. Nun wurde auch noch das Klimacamp nach Deutschland importiert.

Die Idee stammt nämlich aus England. Dort fand vor zwei Jahren das erste Klimacamp statt, in diesem Sommer sind es schon sechs Länder: Neben England und Deutschland wird auch in Australien, Kanada, Neuseeland und den USA für ein besseres Klima gecampt. „Wir versuchen eine internationale Klimacamp-Bewegung aufzubauen“, erklärt Tadzio Müller das Ziel. Er hat fünf Jahre in Großbritannien gelebt und von dort viele Erfahrungen mitgebracht. Die tageszeitung nennt ihn deshalb „Importeur des Klimacamps“ .

Die „Chaos-Camper“
Der Import nach Deutschland ist zumindest fürs Erste gelungen: Über tausend Menschen sind in die Hansestadt gekommen. Ständig werden über ein Megafon die neuesten Nachrichten durchgegeben aktuelle Workshops angekündigt oder auf anstehende Aktionen hingewiesen. „In zehn Minuten beginnt der Wokshop zu Uranabbau im Zelt eins!“ Etwas chaotisch ist es schon. Die Hamburger BILD-Zeitung wusste das schon lange vor dem Camp. „Linke planen Chaos-Camp!“ , titelte sie bereits im Juli. Danach schrieb sie immer wieder von den „Chaos-Campern“.

Neben der Stimmungsmache der größten deutschen Boulevardzeitung hat auch ein Farbanschlag auf Häuser von Mitarbeitern der Ausländerbehörde dazu beigetragen, dass das Camp von einigen durchaus kritisch beäugt wird. „In einem Bekennerschreiben wurde ein Zusammenhang mit dem Klimacamp hergestellt“, heißt es im Hamburger Abendblatt . Der Bürgerschaftsabgeordnete Gunnar Eisold (SPD) war betroffen und reagierte prompt mit heftigen Vorwürfen: „Dieses Camp hätte es nicht geben dürfen.“


Die Polizei greift durch: Zwei Demonstranten werden festgenommen.

Spagat der CDU
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Joachim Lenders stieß ins selbe Horn. Er kritisierte, vor „lauter Deeskalationsstrategie“ sei „keine klare innenpolitische Linie des Senats mehr zu erkennen.“ Lenders ist CDU-Mann. Seine Parteigenossen aber zeigen sich von ihrer liberalen Seite – vielleicht auch um ihre Koalitionspartnerin nicht zu vergraulen. Dabei war Hamburg lange Zeit für eine sehr repressive Innenpolitik bekannt. Damals koalierten die Christdemokraten noch mit der rechtsgerichteten Schill-Partei. Heute amüsieren sich die Kommentatoren über den Spagat der CDU: „Gestern Schill, heute Camp – mit der CDU geht alles“.

Gegen das Kohlekraftwerk
Die meisten Aktivist/innen auf dem Camp sind ohnehin friedlich. So war für den Samstag geplant, die Baustelle für das Kohlekraftwerk in Hamburg-Morburg zu besetzen. Felix Pithan von der Kampagne „Gegenstrom08“ sagt: „Wenn Bundes- und Landesregierungen den Profitinteressen der Konzerne Vorrang vor dem Klimaschutz geben, nutzen wir dagegen die Mittel des zivilen Ungehorsams. Wir suchen keine Konfrontation mit der Polizei, aber wir lassen uns auch nicht aufhalten.“


Das Plakat der Kampagne „Gegenstrom08“.

Und tatsächlich: Am Mittwoch gelangt er zusammen mit etwa 40 anderen Aktivist/innen auf das Gelände. Die Polizei hat damit nicht gerechnet. War die Besetzung doch eigentlich für den Samstag erst angekündigt. Pithan stört das wenig, er klettert auf einen Kran. Von dort lassen er und vier seiner Mitstreiter ein Transparent herab: „Energiekonzerne enteignen“ lautet die Forderung und daneben steht „Kapitalismus abschaffen“.

Auf dem Camp verbreitet sich die Meldung in Windeseile. Die Aktivisten wollen sich solidarisch zeigen und versuchen ebenfalls zur Baustelle zu kommen. Dort aber ist die Polizei längst aufgekreuzt und schirmt das Gelände ab. Sie stehen auf dem Damm, der das Gelände für das geplante Kraftwerk umgibt. Einige Polizeihunde sind auch mit dabei. An einer Kreuzung hält die Polizei die Demonstration in Schach, die zuvor durch Hamburg-Wilhelmsburg gezogen war und auf die gesundheitlichen Gefahren der Kohlenutzung wie Atemwegserkrankungen aufmerksam machen wollte.


Die Polizei bewacht die Baustelle. Der Kran ist besetzt.

Unangenehm wird es für die Demonstranten am Samstag. Die Polizei ist mit Wasserwerfern hochgerüstet, hinter dem Zaun, der das Kraftwerk schützen soll, stehen Polizisten in Kampfmontur. Die Kraftwerksgegner kommen nicht durch. Die Medien berichten dennoch, der Konflikt zwischen dem Neubau in Moorburg und den klimapolitischen Zielen der Bundesregierung erfährt öffentliche Aufmerksamkeit.

Flughafen geflutet
Was dem Klimacamp die Besetzung von Moorburg ist, ist dem Antirassismus-Camp die Blockade des Flughafens. Von hier aus werden Menschen in alle Welt abgeschoben. Weil Passagiere sich immer öfters querstellen, in dem sie sich beispielsweise weigern, ihren Platz einzunehmen, werden nun zunehmend Sammelabschiebungen organisiert. Ein Grund mehr, den Flughafen zu „fluten“ , wie es die Aktivisten nennen. Da machen auch die Leute vom Klimacamp mit.


Die Demonstration auf dem Weg zum Flughafen.

Etwa tausend ziehen auf der angemeldeten Demonstration zum Flughafen, während Kleingruppen in das Terminal 1 gelangen. Dort spielen sie Abschiebeszenen nach. „Achtung, alle Passagiere des Abschiebefluges Lufthansa 707 nach Togo, Guinea und Benin. Bitte kommen Sie umgehend mit den Begleitern der Bundespolizei zum Ausgang A 14“, schallt es durch ein mitgebrachtes Megafon. Andere verteilen Flugblätter, hängen Transparente auf oder rufen Slogans gegen die Abschiebepolitik.

„Ihr Ticket, bitte!“
Draußen warten die Demonstranten. Aktivisten vom Antirassismuscamp, aber auch Migranten, denen eine Abschiebung droht. Auch die Demonstranten würden gern in den Flughafen, werden von der Polizei aber nicht durchgelassen. Einige Aktivisten haben sich von vornherein darauf konzentriert, wichtige Zufahrtsstraßen zum Flughafen zu blockieren. Einer berichtet: „Nach etwa fünfzehn Minuten hat uns die Polizei geräumt.“ Nun ist er noch zu der Demo gestoßen. Dort ist aber nicht viel los.


Die Demonstranten fordern Papiere für alle.

Die meisten versuchen über andere Zugänge zum Flughafen zu gelangen. Bei der Demo bleiben nur noch ein paar Leute, um die Anwesenden ohne Pass vor dem Zugriff der Polizei zu schützen. Sie wissen genau: Werden diese Menschen kontrolliert, kann das ihre Abschiebung bedeuten.

Einige Aktivisten versuchen es mit Tarnung: In schicker Kleidung und mit Roll-Koffer wollen sie durch die Polizeikette. Aber der Plan geht nicht auf. Die Polizei möchte die Flugtickets sehen. Und so muss auch der Herr im Anzug seinen silbernen Rollkoffer öffnen und sein Ticket vorzeigen, damit er durchgelassen wird.

Zur Seite des Klimacamps
Zur Seite des Antirassismuscamps

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Wurden deutsche Waffen durch die CIA nach Georgien geschmuggelt?

World Content News – Nach dem Aufsehen erregenden Beitrag des ARD-Magazins „Report Mainz“ über deutsche Sturmgewehre in Georgien haben Rüstungsexperten bestätigt, dass diese Waffen trotz Exportverbot schon seit Jahren in Georgien im Einsatz sind. Auf welchem Wege aber gelangten sie dort hin? World.Content.News hat entsprechende Flugspuren der CIA nach Tiflis von der Firma „Devon Holding“ aus dem Jahr 2005 entdeckt.

Unter den tausenden Flügen, die im Zuge der Entführungen von Terrorverdächtigen durch die CIA von investigativen Journalisten recherchiert wurden, befinden sich nur sehr wenige, deren Ziel Georgien war. Dass längst nicht alle dieser Flüge Gefangenentransporte waren, dürfte kein Thema sein. Und dass die CIA auch Waffen und Drogen im großen Stil schmuggelt, wissen wir spätestens seit der Iran-Contra-Affäre.

Bekannte CIA-Flüge nach Georgien:

19.10.01 N379P Premier Executive Transport Frankfurt Tiflis
09.05.02 N221SG Path Corporation Kairo Tiflis
10.05.02 N8183J Tepper Aviaition Luxor Tiflis
31.07.02 N379P Premier Executive Transport Athen Tiflis
26.08.03 N313P Premier Executive Transport Tiflis Frankfurt
08.04.05 N168D Devon Holding Prag Tiflis

Otfried Nassauer, der Leiter des gemeinnützigen Berliner Informationszentrums für Transatlantische Sicherheit (BITS) hat offenbar Fotonachweise, dass georgische Militärs schon mindestens seit 2005 über deutsche Sturmgewehre des Typs G36 von der schwäbischen Firma Heckler & Koch verfügen, die auch im jüngsten Krieg eingesetzt wurden. Dies meldete die Tageszeitung „Junge Welt„. Nassauer kommt zu dem Schluss: Entweder Heckler & Koch hat illegal geliefert, oder die USA haben die Waffen weiterverkauft. Die letztere Option hält er allerdings für wahrscheinlicher. 2005?

In den Flugaufzeichnungen europäischer Behörden ist festgehalten, dass am 07.04.05 eine Casa CN-235-300 mit der Registriernummer N168D (Serien-Nr. 135) von Keflavik in Island kommend in Prag einschwebte, um am nächsten Tag nach Tiflis in Georgien weiterzufliegen. Wo die Maschine sich zuvor aufgehalten hatte, ist nicht bekannt, da deren Flugdaten von Behörden in den USA gesperrt wurden. (Daten-Quelle: Untersuchung Europa-Parlament, S.47)

Der Besitzer des 40-sitzigen Flugzeug aus dem Jahr 2002 ist die Firma Devon Holding, die wiederum Teil der Firma Aero-Contractors aus Smithfield, NC ist, welche nach dem 11. September für zahlreiche Kidnappings mit Flugzeugen verantwortlich gemacht wurde. Die Firma, die nur von einem Rechtsanwalt vertreten wird, ist eindeutig der CIA zuzuordnen, wie auch das Europaparlament in einem Arbeitspapier beschreibt. Sie steht in enger Beziehung zu der CIA-Firma Stevens Express Leasing, die Maschinen von Devon Holding des öfteren als Operator geflogen haben soll.

Neben der N168D besitzt Devon Holding noch drei weitere Flugzeuge der gleichen Bauart, die N187D, N196D und N219D. Bis auf die N219D haben die Flugzeuge von Devon Holding zusammen mindestens neun Landungen in Deutschland aufzuweisen. Im Jahr 2005 war die sonst eher selten genutzte N168D häufig in Europa unterwegs.

Und noch ein besonders pikanter Fall, der verdeutlichen soll, dass es hier sehr wohl auch um Schmuggelgeschichten der CIA geht: Am 26. November 2004 landete eine Beechcraft King Air 200 in einem Baumwollfeld in Nicaragua. Sie hatte ca. 1,1 Tonnen Kokain an Bord, das von bewaffneten Kräften auf einen Lastwagen verladen wurde. Wenige Tage später wurde der LKW auf dem Weg nach Honduras gestoppt, die Fahrer brachten die Behörden auf die Spur des Flugzeugs, das bald darauf in Guatemala beschlagnahmt wurde.

Deren aufgemalte Registriernummer N168D stellte sich als gefälscht heraus, anhand der Seriennummer BC-37 konnte ermittelt werden, dass die Maschine in Wirklichkeit unter der Nummer N391SA geführt wurde. Damaliger Besitzer: Die Firma Sky Way Aircraft Inc. aus Florida.


Gefälschte Reg.-Nummer: N391SA unter CIA-Flagge
(Quelle: rescate.com)

War es nur ein dummer Zufall, dass man sich ausgerechnet ein Nümmerchen der CIA für diesen Gig ausgeliehen hat? Wohl kaum. Zu diesem Zeitpunkt gab es noch keine öffentlichen Erkenntnisse, dass diese Registrierung der CIA zuzurechnen wäre.

Und die Geschichte ist noch keineswegs zu Ende: Am 10. April 2006 stellte die mexikanische Polizei in Ciudad del Carmen eine DC-9 mit der Registriernummer N900SA sicher und fand darin 5,5 Tonnen Kokain, das in 128 Koffern verpackt war. Besitzer: Die Firma Royal Sons Inc. aus Clearwater, Florida. Kurz zuvor ausgeschiedener Teilhaber: Wiederum die Firma Sky Way Aircraft Inc. aus Florida.

Royal Sons Inc. wiederum benutzte den gleichen Flugzeughangar wie Huffman Aviation, wo die Attentäter des 11. September das Fliegen trainierten. Und die graue Eminenz im Hintergrund soll bei beiden Firmen der legendäre Mehrzweckschmuggler Adnan Kashoggi gewesen sein. Verdammt klein ist doch die Welt.


Kokain-Gulfstream N987SA: Wohl zuviel des Guten geladen …

Da war da noch der Guantanamo-Flieger N987SA, der am 24.09.2007 mit 4 Tonnen Kokain an Bord in den Dschungel Yukatans stürzte. Einer der letzten Besitzer, so stellte sich heraus, der Brasilianer Joao Luiz Malago von der Firma Donna Blue Aircraft Inc. hatte wiederum einen Teilhaber namens Larry Peters bei einer Bio-Sprit-Firma namens Atlantic Alcohol, der wiederum Chef der Tochterfirma „Skyway Aircraft“ war. Wenige Tage vor dem Absturz wurde die Gulfstream an einen DEA-Piloten namens Gregory Smith verkauft. (Gaanz viele Details dieser „Verwandtschaft“ mit Nachweisen hier).

Und wo bitte geht’s nun zum Waffenschmuggel? Die DC-9 mit der Registriernummer N900SA hatte ein Schwesterflugzeug, das in den Skandal von Ciudad del Carmen involviert war: Die DC-9 „Graubünden„, ursprünglich aus Schweizer Bestand mit der Reg. N911SY (ehemals N120NE). Der investigative Journalist Daniel Hopsicker („Welcome to Terrorland“) weiß zu berichten, dass damit in der Iran-Contra-Affäre Raketenteile in den Iran geschmuggelt worden sein sollen.

Aber stimmt das auch? Ein Blick in die Flugzeughistorie der DC-9 zeigt: Im September 1989 wurde als Eigentümer der N120NE eine Stiftung namens ALG Aeroleasing SA aufgeführt, die in der Schweiz ansässig war. Kurator war der gebürtige Iraner Farhad Azima, ein besonders in Afrika tätiger Luftfrachtunternehmer, der sich bis vor kurzem dort den Markt mit dem Anfang des Jahres wegen Schmuggelverdachts verhafteten Viktor Bout aufteilte. Azima hat sich nicht nur mit diversen Betrugsskandalen (z.B. BCCI Bank) einen Namen gemacht, sondern war über seine Firma Race Aviation auch im Besitz einer Boeing 707 mit der Registriernummer N345FA. Von der weiß der Journalist Pete Brewton wiederum:

In the first week of July [1986], a Boeing 707 owned by Azima and his wife, Lynda, was used to ship 23 tons of arms to Iran as part of the secret Reagan Administration arms-for-hostages deal. The 707, which had previously been owned by Global, was leased to Race Aviation, owned by Azima’s brother, Farzin….

Noch mehr Zufälle: Farhad Azima und der Besitzer der Huffman Aviation Wally Hilliard waren wiederum Hauptaktionäre der im letzten Jahr pleite gegangenen Firma Spatialight Inc., die hochauflösende LCD-Mikrodisplays produzierte. Eigentümer: unbekannt, möglicherweise Verwandte von Kashoggi, die in Beverly Hills leben.

Farhad Azima stand auch in enger Geschäfts-Beziehung zur CIA-Firma Tepper Aviation, deren Hercules C-130 Flüge in Europa für Aufsehen sorgten. Es gibt nicht nur Vermutungen, was die oft über Frankfurt nach Baku fliegenden Maschinen wohl an Bord hatten. Für die CIA eingekauft wurden zwei dieser Flugzeuge (N8183J, N2189M) damals von Kamyar Pahlavi, einem Neffen des früheren persischen Schah, er wird auch als Drahtzieher im Hintergrund der Iran-Contra-Affäre vermutet.

Hercules C-130 N8183J
Rapid Air Trans Inc.
Tepper Aviation
Alaska World Trade Inc.
The Pegasus Aviation Company Inc.
Scibe Airlift
Enzymase International SA
Rene Benbassat
Mobutu Sese Seko

Das Rad dreht sich munter weiter: In seiner bis 2004 existierenden Investment-Firma B.C. Holdings findet man auch einen Schweizer Rechtsanwalt namens Jacques Merkt, der wiederum als einer der Hauptdrahtzieher des BAE Systems-Skandals vermutet wird. Auch da war Waffenschmuggel im Spiel. Der im kalifornischen La Jolla lebende ehemalige F-4 Phantom-Pilot Pahlavi (und nun Vizepräsident eines lokalen Golfklubs) hat in San Diego eine neue Firma namens Lionheart International Inc. eröffnet und ist auch weiterhin mit der CIA im Bett (N3867X, T3d&h Llc >= Tepper Aviation).

Und um den Kreis zu schließen: Der in den sechziger Jahren in die USA emigrierte Farhad Azima hatte vor der iranischen Revolution (und vermutlich auch im Exil) wiederum enge Beziehungen zur Schah-Familie.

Doch zum Schluss zurück zu der doch im Grunde genommen popeligen Affäre um die Heckler & Koch Schusswaffen, einen Beweis, dass Devon Holding den krawattenverzehrenden Saakaschwili damit beschert hat, gibt es natürlich nicht. Zunächst müssen recherchierfreudige Journalisten erstmal an einige Seriennummern der Gewehre rankommen, damit die Tranche rückverfolgt werden kann. Aber als ein kleiner Anhalts- und Prüfpunkt für die Nachforschungen ist der besagte Flug der N168D nach Tiflis doch allemal wert.

Quellen:
Heckler & Koch auf Seitenwegen
(Junge Welt, 19.08.2008)
Deutsche Gewehre illegal nach Georgien exportiert
(russland.ru, 18.08.2008)
„Immenser politischer Sprengstoff“
(Süddeutsche Zeitung, 18.08.2008)
Saakaschwilis Blitzkrieg: Deutsche Waffen eingesetzt, israelische Militärberater und US-Soldaten im Land
(Radio Utopie, 09.08.2008)
Tepper Aviation: Waffen für den Dschihad, Folter an Dschihadisten (juergen-elsaesser.de, 12.05.2006)

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linkDieser Artikel erschien erstmalig bei World Content News

deutschland

„Wir wollen keine Verhältnisse á la Berlusconi“

Michael Schulze von Glaßer im Gespräch mit Ulla Jelpke. Sie ist die innenpolitischen Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag.

Michael Schulze von Glaßer: Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hält Anschläge, die denen vom 11. September 2001 in den USA ähneln, in Deutschland für möglich. Auch die Geheimdienste warnen vor islamistischen Terroranschlägen in Deutschland. Wie schätzen Sie die Sicherheitslage in Deutschland ein?

Ulla Jelpke: Ich bin einerseits fest davon überzeugt, dass sehr viel Angst-Mache dabei ist. Andererseits muss man bedenken, dass die Bundeswehr heute im Ausland eingesetzt wird – beispielsweise in Afghanistan. Möglicherweise war auch der deutsche Geheimdienst BND am Irak-Krieg beteiligt und hat dort zu bombardierende Objekte ausgekundschaftet. Daher kann es nicht ausgeschlossen werden, dass es in Deutschland zu Anschlägen kommt. Das was gegenwärtig betrieben wird ist meiner Meinung nach eine routinemäßige Angst-Macherei. Es gibt keine neuen Fakten. Auch interne Quellen aus dem Innenministerium bestätigen das. Im Grunde liegen keine Erkenntnisse über geplante Terroranschläge vor.

Eine oft hervorgebrachte Forderung von Innenminister Wolfgang Schäuble und Verteidigungsminister Franz Josef Jung ist der Einsatz der Bundeswehr im Inland zum Schutz vor Terroranschlägen…

Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass die Bundeswehr im Inland nichts zu suchen hat – das ist auch verfassungsmäßig so festgelegt. Wir haben ja schon den Bundeswehreinsatz beim G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm miterlebt. Mittlerweile wird versucht die Bevölkerung systematisch an die Bundeswehr in der Öffentlichkeit zu gewöhnen. Der Einsatz beim G8-Gipfel war aber nur ein Testballon. Ein Jahr zuvor war die Bundeswehr auch schon bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland im Großeinsatz – allerdings nur in der zweiten Reihe. Während des G8-Gipfels hat sie de facto Polizeiaufgaben übernommen und sich sehr präsent gezeigt. Wir sind grundsätzlich gegen die Pläne von Innenminister Schäuble und Verteidigungsminister Jung, die Bundeswehr im Inland einzusetzen. Wir stellen auch permanent Kleine Anfragen im Bundestag dazu, um deutlich zu machen, dass ein System hinter den Einsätzen steckt, um die Militarisierung nach Innen weiterhin zu betreiben. Das gilt auch für die sogenannte Amtshilfe, die Regierungsantworten auf unsere Anfragen lassen klar erkennen, dass es eine Zunahme der Amtshilfeersuchen von Kommunen und Ländern gibt. Diese Militarisierung lehnen wir ab.

Im Januar 2008 haben Sie die „vorläufige Bilanz“ des Bundeswehr-Einsatzes während des G8-Gipfels veröffentlicht. Der Gipfel war bereits im Juni 2007 – warum ist diese Bilanz dennoch nur „vorläufig“?

Weil wir noch weiter am Thema arbeiten und es noch neue Nachfragen geben muss um aufzuklären, was dort tatsächlich stattgefunden hat und wer beispielsweise die illegalen Einsätze von Tornado-Kampfflugzeugen zu verantworten hat. Dort versteckt sich das Verteidigungsministerium immer hinter dem Land Mecklenburg-Vorpommern und andersrum. Außerdem hält die Bundesregierung die Tages- und Abschlussberichte der beteiligten Militärdienststellen unter Verschluss. Es sind noch viele Fragen offen.

Zum Einsatz der Tornado-Kampfflugzeuge: selbst der Bericht des Verteidigungsministeriums weist den Einsatz als teilweise illegal aus. Haben Ministerium und Regierung daraus Konsequenzen gezogen?

Nicht wirklich… Sie räumt zwar ein, dass die Flugzeuge viel häufiger geflogen sind als genehmigt war, erklärt das aber zum Kavaliersdelikt, weil der Geschwaderchef in guter Absicht gehandelt habe. Dabei ging es um nicht weniger als darum, Militärflugzeuge gegen Demonstranten einzusetzen. Die Presse hat über den Einsatz recht kritisch berichtet, die Bundesregierung behauptet aber, das sei alles „Amtshilfe“ gewesen. Diese Form der Polizeiarbeit, die die Bundeswehr da übernommen hat, hat aber mit „Amtshilfe“ nichts mehr zu tun; weil es ein Unterschied ist, ob ich Sandsäcke schleppe oder Fotos für spätere polizeiliche Ermittlungen mache. Es ist deswegen wichtig, dass die antimilitaristische und Friedensbewegung weiterhin ein Auge auf die Inlandseinsätze haben und genau beobachten, wenn Flugzeuge, Hubschrauber oder Spähpanzer bei Demos auftauchen.

Nicht nur während des G8-Gipfel 2007 in Heiligendamm kam die Bundeswehr zum Inlandseinsatz. Wo wurde die Armee sonst noch eingesetzt?

Bei der Fußball Weltmeisterschaft im Jahr 2006 war die Bundeswehr mit vielen Soldaten im Einsatz. Aber beispielsweise auch bei der NATO Sicherheitskonferenz in München. Der Einsatz dort wurde de facto damit begründet, dass die Polizei nicht in der Lage sei, den Kongress zu schützen. Hier wurden bewaffnete Feldjäger zu Ordnern im Tagungshotel gemacht, denn auf jedem Parteitag und jeder Demonstration gibt es Ordner – es geht also auch mit zivilen Kräften. In dem Fall der NATO-Konferenz wurde eine Grenze durchbrochen, indem man tatsächlich sagt, dass Feldjäger Ordner sein sollen.

Wie sieht das rechtlich aus?

Wir sind der Meinung, dass es verfassungswidrig ist – das ist allerdings umstritten. Die Bundesregierung behaart darauf, dass die NATO-Sicherheitskonferenz eine private Veranstaltung ist und dass Privatleute das Recht hätten die Bundeswehr anzufordern.

Sie haben auch schon kurz den Bundeswehr Einsatz bei der Fußball Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland angesprochen – wie genau sah der Einsatz dort aus?

Dort waren erstmalig rund 2.000 Soldaten eingesetzt. Die Bundeswehr war aber eher im sanitären Bereich tätig, sprich in der zweiten Reihe – es wurden beispielsweise keine Kontrollen von den Soldaten durchgeführt. Einige Soldaten sollen auch in ziviler Kleidung eingesetzt worden sein. Der Einsatz hielt sich aber in einem Rahmen, der juristisch kaum angreifbar war.

Der Bundeswehr-Einsatz während der Fußball Weltmeisterschaft fand in den Medien anders als der Einsatz beim G8-Gipfel kaum Beachtung. Wie argumentieren Sie gegen diese Einsätze in zweiter Reihe?

Hier gibt es ja ganz massive Steigerungsraten. Wir fragen jetzt regelmäßig diese Einsätze ab, und sehen ganz klar, dass der Bereich der „Amtshilfe“ ausufert. Mittlerweile spielt die Bundeswehr eine führende Rolle bei der Ausbildung der bayerischen Bergwacht, sie wird angefordert bei Denkmalsanierungen und bei Regatten. Auch das muss kritisiert werden, denn das sind ja die schleichenden Anfänge, um zu sagen: „Wir brauchen die Bundeswehr – die zivilen Kräfte reichen nicht aus“’. Wir sind davon überzeugt, dass es zivile Organisationen gibt die das machen können und man dazu nicht die Bundeswehr braucht – auch nicht zur Fußball-Weltmeisterschaft. So etwas dient nur dazu, die Öffentlichkeit an das Bild scheinbar hilfreicher Soldaten im Inland zu gewöhnen.

Die Behörden kommen mit den Amtshilfe-Anträgen ja auf die Bundeswehr zu – dennoch kann man den Eindruck gewinnen, die Bundeswehr begrüße die fortwährenden Anfragen…

Mit Sicherheit ist es ein Zusammenspiel zwischen Innen- und Verteidigungs-, bzw. militärischer Politik und natürlich kann man nicht sagen, dass sich die Bundeswehr bei jeder kleinen Amtshilfe angeboten hat. Aber die Tatsache, dass immer häufiger Amtshilfe Ersuchen gestellt werden – von Kommunen, von den Ländern – zeigt, dass hier auch vorweg irgendwelche Deals oder Gespräche laufen und die Bundeswehr so etwas auch gerne macht. Beispielsweise wenn es irgendwelche Feste auf städtischer Ebene gibt. Hinzu kommen natürlich auf Länderebene nachvollziehbare Kostenerwägungen: Warum sollte man für teures Geld eigene Kräfte einsetzen, wenn es die Bundeswehr macht? Deswegen haben wir auch den Vorschlag, dass der Einsatz der Bundeswehr in den Kommunalparlamenten oder Stadträten beantragt werden muss – das es nicht über den Amtsweg läuft sondern von Politikern darüber entschieden werden muss und man diese politisch in Haftung nehmen kann.

Zum Schluss noch ein Blick in Richtung Zukunft: Ist diese Militarisierung überhaupt noch zu stoppen?

Dass wird sehr stark davon abhängen, wie wir es schaffen, die Friedens- und antimilitaristische Bewegung zu mobilisieren – damit es zu einer sehr starken Bewegung kommt. Gerade auf der Ebene von Kommunen und deren Parlamenten gibt es da ja gute Ansatzmöglichkeiten: Wenn die Bundeswehr vor Ort tätig werden will, beispielsweise mit einem öffentlichen Gelöbnis oder einer Reklameaktion, muss die Gemeindeverwaltung entscheiden, und da kann man sich einmischen.

Das Beispiel Italien zeigt, wohin sonst die Reise gehen kann: Berlusconi setzt Militär ein mit der Begründung, es gebe so viele illegale Flüchtlinge im Land. Auch solche Beispiele müssen wir heranziehen und zeigen, wie die Militarisierung nach Innen nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen EU-Staaten voranschreitet. Zu diesem Thema, also Inlandseinsätzen in den EU-Staaten, haben wir auch eine Studie beim Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages in Auftrag gegeben. Wir wollen keine Verhältnisse à la Berlusconi. Vor allem braucht es Aufklärung über den Zusammenhang der europäischen Politik nach Außen und Innen. Das sollten wir auch am Beispiel Italien diskutieren.

Ulla Jelpke, vielen Dank für dieses Interview!

Webseite von Frau Ulla Jelpke