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Neues aus der Swaps- und Meinl-Welt

Dr. Alexander von Paleske —3.7. 2008 — In dieser Woche haben wir uns in einem Artikel näher mit dem Finanzderivat „Swaps“ beschäftigt und dargestellt, welche Gefahren von der weiten Verbreitung dieses Zockerpapiers ausgehen. Von dem US-Investor Warren Buffett wurde es gar als „finanzielles Massenvernichtungsmittel“ bezeichnet.

Dieses „Massenvernichtungsmittel“ war Anfang der 90er Jahre von Banken erfunden und eingeführt worden, um ihnen die banktypischen Unternehmerrisiken, nämlich die Risiken der Kreditvergabe, zu nehmen. Ein in der Unternehmenswelt einzigartiger Vorgang, und zwar indem das Kreditrisiko „breit gestreut“ wurde.

Dies hatte die grosszügige Kreditvergabe an zweifelhafte Kunden zur Folge, da eine sogfältige Bonitätsprüfung sich ja erübrigte, man war ja versichert.. Nach Angaben der Ratingagentur Fitch sind jetzt etwa 40% der mit diesen Derivaten abgesicherten Kredite bzw. Anlagen nicht kreditwürdig. Im Jahre 2002, sozusagen in der Swap-Jugendzeit, waren es erst 8%.

Zwar haben die grossen internationalen Banken plus deren Fonds und die Hedge Fonds rund 60% des Kreditrisikos übernommen, aber gerne verteilten auch gerade deutsche Banken das Risiko weiter, z.B. an Kommunen und mittelständische Unternehmer.

Sozialisierung und Kommunalisierung von Unternehmerrisiken
So wurden z.B. nicht gerade wohlhabenden Kommunen wie der Stadt Hagen und der Stadt Neuss Swaps angedreht, der Schaden für Hagen 51 Millionen Euro, für Neuss „nur“ 16 Millionen.
Aber die Liste der bisher bekannten angeblich hereingelegten Kommunen ist wesentlich länger, darunter
– Würzburg
– Flensburg
– Ravensburg
– Göttingen
– Solingen
– Dortmund
– Mülheim
– Pforzheim
– Kreis Borken

sowie kommunale private Unternehmen wie z.B.
– Ulmer Wohnungsbaugesellschaft
– Wasserwerke Südharz.

Man darf vermuten bzw. muss befürchten, dass die Liste der Swap-Opfer weit umfangreicher ist.

Kaffeeröster Meinl und seine Aktionärsfürsorge
Aber wir wollen auch die Meinl-Erlebniswelt im Land der Finanzskandale (Amis, BAWAG, Hypo-Alpe) nicht aus dem Auge verlieren, auch wenn sich das Interesse nach dem Ende der Fussball-Europameistermeisterschaft etwas von Oesterreich abgewandt hat.

Die „erfreulichen Ereignisse“ um die Firmen dieses umtriebigen austrischen Kaffeerösters Julius Meinl V, namens MEL, MIA und MIP deren Zertifikate auf Aktien auch in Deutschland mehr als 10.000 Bezieher unterer und mittlererer Einkommen gekauft haben, steuern nun am 16. bzw. 28. Juli einem neuen Höhepunkt entgegen.

Für die insgesamt mehr als 100.000 Aktionäre, von denen viele an den Hauptversammlungen bzw. ausserordentlichen Hauptversammlungen teilnehmen wollten, um das Management auszuwechseln und ihre Wut loszulassen, hatte sich Julius Meinl V offenbar etwas ausgedacht:

Hauptversammlung am Briefkastensitz
Die Hauptversammlungen von zwei Gesellschaften, Meinl European Land (MEL) und Meinl Airports International (MAI) finden im Juli dort statt, wo die Firmen Briefkästen als Firmensitz unterhalten, nämlich in der zu England gehörenden, der französischen Atlantikküste vorgelagerten Insel Jersey, einem Offshore-Paradies. Er tat dies offenbar aus der Fürsorge heraus, den Aktionären auch Gelegenheit zu geben (auf deren Kosten versteht sich) etwas mehr exotische Destinationen, zu denen man weder unmittelbar mit dem Auto noch per Direktflug gelangen kann, zu besichtigen.

Und damit auch der Ehepartner, sofern vorhanden, in den Genuss eines getrennten Urlaubs kommt, hat er eine Versammlung, nämlich die der Meinl International Power (MIP) zeitgleich mit der Versammlung der MAI, allerdings im schönen Wien, dem tatsächlichen Hauptsitz aller Gesellschaften, anberaumt. Wirklich bewundernswert, wie sich Herr Meinl um seine Aktionäre kümmert. Und da soll noch jemand sagen „Röster, bleib bei Deinem Kaffee“.

linkDefault Swaps oder: Die nächste Weltfinanzkrise rückt näher
linkNeues von den Finanzskandalen, BayernLB, Hypo Alpe, Meinl
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Der Fall Hypo-Alpe-Adria- Bank (Skandalpe) – Ein österreichisch-deutsches Schmierenstück.</
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Es war einmal eine Arbeiterbank in Wien
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linkInvestmentbank Luxembourg (IBL) und der Air-Holland-Skandal

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Berlin08 – Festival für junge Politik

Felix Werdermann – Die Jugendlichen sollen sich politisch engagieren. Aber bitte nur so, wie es der Regierung passt. „Nur wer was macht, kann auch verändern“ heißt das Aktionsprogramm für mehr Jugendbeteiligung, das am letzten Wochenende mit dem Politik-Festival Berlin08 den Höhepunkt erreichte. 1,2 Mio. Euro wurden dafür ausgegeben, 11.000 Jugendliche sind nach Angaben des Veranstalters nach Berlin gekommen.


Eröffnungsveranstaltung: Moderator Markus Kavka, Bundesministerin Ursula von der Leyen, DBJR-Vorsitzender Detlef Raabe und bpb-Präsident Thomas Krüger eröffnen das Politik-Festival Berlin08. Foto: Jörgen Camrath

Drei Tage junge Politik – vom 13. bis 15. Juni fanden über 600 Workshops auf dem Gelände des Freizeit- und Erholdungszentrums (FEZ) in Berlin-Wuhlheide statt. Aber auch an Bands wurde nicht gespart um Jugendliche nach Berlin zu holen: Madsen, Culcha Candela und Wir sind Helden standen auf der Bühne, genauso aber auch Nachwuchs-Bands, die sich im Band-Contest durchsetzen konnten. Organisiert wurde das Festival vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), von der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) und vom Deutschen Bundesjugendring (DBJR).

„Niemand ausgegrenzt“
Die Veranstaltungen auf dem Festival kommen aus den unterschiedlichsten politischen Richtungen: Vom „Planspiel Widerstand – wie mache ich eine Revolution?“ über den Umwelt-Workshop der Jungen Liberalen, der Jugendorganisation der FDP, bis hin zum Infostand über „Linksextremismus“. Alles dabei. Und auch Marc Kinert vom Bundesministerium versichert: „Alle Gruppen, die sich als Programmmacher zum Festival angemeldet haben, wurden berücksichtigt; niemand ausgegrenzt oder auch nachträglich des Festivalgeländes verwiesen.“

„Staatstragend“
Das liegt sicherlich auch daran, dass einige der Regierung unliebsame Gruppen erst gar nicht erschienen sind. Der kommunistische Jugendverband REVOLUTION fand das Festival „sehr staatstragend“ und auch die DKP-nahe Sozialistischen Deutschen Arbeiterjugend (SDAJ) war bei Berlin08 nicht dabei. „Unserer Meinung nach war das Festival nicht sehr deutlich auf die Selbstbestimmung von Jugendlichen in diesem Land ausgerichtet. Natürlich rührt diese Herangehensweise daher, dass es durch den Staat und seine Gremien weitgehend finanziert und vorbestimmt wurde“, erklärt Julian Neumann aus dem Bundesvorstand der SDAJ.

„Abgestimmt“
Und tatsächlich war auf dem Festival nicht alles so pluralistisch, wie es auf den ersten Blick schien.

Die Jugendlichen wurden mit der täglich erscheinenden Festival-Zeitung „nullacht“ überschwemmt, die in großen Packen an vielen Stellen kostenlos auslag. Herausgegeben wurde „nullacht“ von den Veranstaltern des Festivals und der Jugendpresse Deutschland. Auflage: 15-20.000 Exemplare, Werbe-Anzeigen ausschließlich von den Herausgebern. Und auch die redaktionellen Beiträge mussten mit dem Bundesministerium „abgestimmt“ werden: Dabei wurden dann unliebsame Artikel wieder herausgenommen, Redakteure sprechen von „Zensur“. Diesem Vorgehen ist unter anderem ein Artikel über die „Safer-Privacy“-Kampagne der JungdemokratInnen / Junge Linke (JD/JL) zum Opfer gefallen. Bei „Safer Privacy“ soll mit Kondomen Überwachung verhütet werden: Die Größe entspricht der einer Überwachungskamera.


Haben gespielt: Wir sind Helden

Ein anderer Artikel über den Chaos Computer Club (CCC) musste stark verändert werden, eine Anleitung zum Hacken sollte in der Festivalzeitung nicht zu finden sein. Viel Kritisches blieb nicht übrig: In der Zeitung, dem Hauptinformationsquelle für viele Teilnehmende, wurden hauptsächlich Mainstream-Meinungen reproduziert.

Reserviert
Auch in anderen Bereichen wurden hinter den Kulissen politische Weichenstellungen vorgenommen: Die besten Zelte waren für das Ministerium, die Bundeszentrale für politische Bildung und die Parteijugenden reserviert: Auf der linken Wegseite die Jungsozialisten , die grüne Jugend , die Linksjugend [‚solid] und auch die Jungen Liberalen; auf der rechten Wegseite neben dem Ministerium und der Bundeszentrale die Junge Union, die Jugendorganisation der CDU, der auch Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen angehört.

Unter Druck
Beauftragt mit der Durchführung des Festivals war die private Agentur „Luna Park 64“, die unter anderem in der Vergangenheit schon Aufträge des CDU-geführten Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Europäischen Kommission sowie der grünennahen Heinrich-Böll-Stiftung in Hessen angenommen hat. Die Agentur stand unter Druck: Das Vorgänger-Festival „Berlin05“ war mit etwa 20.000 anwesenden Jugendlichen ein voller Erfolg.

Dieses Jahr waren es weniger: 11.000 „Festivalgäste“ seien vor Ort gewesen, heißt es in der Pressemitteilung zum Abschluss des Events . Viele sind auch nur zu den Live-Auftritten von Madsen oder Wir sind Helden gekommen. Wurde im Jahr 2005 noch unterschieden zwischen 11.200 Teilnehmenden des ganzen Festivals und 20.000 Konzert-Besuchern, so war diesmal auch auf Nachfrage von offizieller Seite nur die Zahl 11.000 in Erfahrung zu bringen. Auf dem Festival waren Zahlen von knapp 6.000 Anmeldungen zu hören.

Die Werbetrommel
Dabei wurde für das Festival ordentlich die Werbetrommel gerührt: Anzeigen waren nicht nur auf Publikationen der Bundeszentrale für politische Bildung zu finden, sondern auch beispielsweise in der Internet-Community „schuelervz“ und im Fernsehen der Berliner U-Bahnen. Und neben den Bands winkte den Jugendlichen auch eine kostengünstige Reise in die Bundes-Hauptstadt. Für 39 Euro gab es Sonder-Tickets der Deutschen Bahn, mit denen man aus jedem beliebigen Ort in Deutschland nach Berlin reisen konnte und zurück.

Kontrolliert
Aber den Veranstaltern war es das anscheinend wert: 1,2 Mio. Euro wurden für das Festival ausgegeben, das politisches Engagement im staatlichen Rahmen fördert. Das Festival gehört zu dem „Aktionsprogramm für mehr Jugendbeteiligung“, für das das Bundesjugendministerium insgesamt 5 Mio. Euro zahlt. Zum Vergleich: Der Ring politischer Jugend (RPJ), in dem fünf politische Jugendverbände zusammengeschlossen sind, erhält vom Ministerium jährlich etwa 1 Mio. Euro. Statt des Festivals hätte also die politische Jugendbildungsarbeit der Jungen Union, der Jungen Liberalen, der Grünen Jugend, der Jungsozialisten und der JungdemokratInnen / Junge Linke ein Jahr lang finanziert werden können.


Mit Live-Konzerten Jugendliche zu Berlin08 geholt. Foto: Christoph Müller

Ein Festival wäre damit nicht ausgeschlossen gewesen. Die Verwendung dieser Gelder zur Förderung kontinuierlicher Jugendbildungsarbeit könnte vom Ministerium aber nicht so stark kontrolliert werden, wie die Gelder, die für einzelne Projekte – beispielsweise im Rahmen des Aktionsprogramm für mehr Jugendbeteiligung – beantragt werden.

Ausgeschlossen
Die Linksjugend [’solid], die erst im vergangenen Jahr gegründet und von der Linkspartei als Jugendverband anerkannt wurde, ist von Förderung bislang ausgeschlossen. Der Ring politischer Jugend müsste eine Aufnahme einstimmig beschließen, die Junge Union stellte sich dem in den Weg. Und auch die Bundesregierung schreibt in einer Antwort auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion: „Bei wiederholter Nennung eines Trägers, Vereines oder Verbandes im Verfassungsschutzbericht ist eine finanzielle Unterstützung des Bundes nicht möglich.“ Auch im aktuellen Bericht ist die Linksjugend [’solid] als Jugendorganisation der Linkspartei erwähnt. Die Linkspartei währt sich schon seit einiger Zeit gegen die Beobachtung durch den deutsche Geheimdienst , der dem CDU-geführten Innenministerium unterstellt ist.

Und so läuft es nicht nur bei Berlin08: Politisches Engagement von Jugendlichen ist erwünscht. Aber nur, wenn es der Regierung passt.

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Freizeitspaß mit tödlichen Folgen – die Armee braucht neue Soldaten.

Michael Schulze von Glaßer – Wenn sich 1.100 Jugendliche für ein Wochenende treffen um sich in vier verschiedenen Funsportarten zu messen, hört sich das zunächst einmal gut an. Wenn der Veranstalter dann sogar noch die Kosten für Anreise und Verpflegung übernimmt und auch die Schlafplätze gratis zur Verfügung gestellt werden hört sich das – gerade in Zeiten hoher Armut – sogar grandios an. Doch schon hier könnte der eine oder die andere misstrauisch werden. Denn was gibt es heute noch gratis?

Vom 30. Mai bis 1. Juni 2008 fanden im nordrhein-westfälischen Warendorf die „Bw-Olympix ’08“ statt. Die „Bw-Olympix“ sind kein normales Jugendsportevent. Zwischen Beachvolleyballfeld und Streetballhalle reihen sich Panzer, Hubschrauber und andere militärische Gerätschaften. Die „Bundeswehr-Olympix“ sind eine Veranstaltung des Jugendmarketings der deutschen Armee um neue Rekrutinnen und Rekruten für den weltweiten Kriegseinsatz zu werben. Neben dem Sport konnten sich die deutschen Jugendlichen (TeilnehmerInnen mussten die deutsche Staatsangehörigkeit nachweisen) gleich beim Wehrdienstberater über eine „Karriere“ bei der Armee informieren oder gleich in den ausgestellten Kampfpanzer Leopard 2 steigen. Auch ein Spähpanzer vom Typ Fennek war mit voller Ausrüstung – samt Granatwerfer und Aufklärungsdrohne – auf dem Gelände der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf zu finden. Die Panzerbesatzungen standen für Fragen bereit und erklärten den jungen Menschen bereitwillig die komplizierte Technik der Armeefahrzeuge.


Posen auf dem Panzer – für die „Bw-Olympix“ wurde extra Militärgerät aus der ganzen Republik in die Sportschule der Bundeswehr nach Warendorf (NRW) gebracht.


Technik die begeistert – dabei wird jedoch oft vergessen, dass diese Technik Menschen töten kann.

Auch die Eliteeinheit SEK Marine und die Kampfschwimmer stellte auf dem Gelände aus und zeigten bei einer Übung im Schwimmbecken ihr können – das auch Mord zur Durchsetzung deutscher Interessen nicht ausschließt. Bei der Übung in Warendorf planschten Minentaucher der Armee um eine Seemine. Bei den „Bw-Olympix“ wie auch bei anderen öffentlichen Veranstaltungen stellt sich die Armee gerne in einer abwehrenden und beschützenden Position da – aktive Kampfeinsätze bei denen die potentiellen RekrutInnen auf andere Menschen schießen werden nicht thematisiert. Stattdessen sorgte bei dem Jugendevent die Live Band „Funky Craps“ am Freitagabend für Stimmung und gute Laune – am Samstag wurden den Jugendlichen bei der Modenschau „Dance Factory“ die neuesten Tarnanzüge präsentiert. Auch die BigBand der Armee war anwesend. Tagesüber standen zwischen den Wettkämpfen deutsche Spitzensportler die zugleich Armeeangehörige sind – wie beispielsweise die Fußball-Nationalspielerin Kerstin Stegemann – für Gespräche zur Verfügung. Die Armee ließ sich das Propaganda-Wochenende mit zivilem Anstrich einiges kosten, laut Auskunft der Bundesregierung 300.000 Euro – also etwa 270 Euro pro TeilnehmerIn.

Die „Bw-Olympix“ stehen stellvertretend für die heutige Rekrutierungsstrategie der deutschen Armee – nach US-Amerikanischem Vorbild. Die Jugendlichen wurden gezielt in Schulen und über ein attraktives Internetangebot angeworben. „Wir wollen mit den Jugendlichen über den Sport ins Gespräch kommen“ erklärte dazu passend der Pressesprecher der Armee bei den „Bw-Olympix ’08“. In Zukunft wird es wohl noch mehr Werbeveranstaltungen der Bundeswehr mit zivilem Anstrich geben – noch mehr „KarriereTreffs“ und „Bw-Olympix“.

Weitere Artikel zum Thema:
Bundeswehr-Karriere mit Zukunft – April, April?
Sahnige braucht die Bundeswehr
Die neue (Un)Sicherheitspolitik Deutschlands

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Probleme bei der Urenco

Michael Schulze von Glaßer – Atommülltransport erneut verschoben. Erweiterung der Urananreicherungsanlage immer noch nicht in Betrieb gegangen.

Die Probleme der Betreiberfirma der einzigen Urananreicherungsanlage Deutschlands häufen sich. Nachdem ein Atommülltransport von der Gronauer Atomanlage nach Russland schon am 16. Mai nicht fuhr, ist der Transport auch am vergangenen Mittwoch ausgefallen – obwohl der Zug samt Lokomotive bereitstand. Auch die Polizei zeigte sich aufgrund des nun schon zum zweiten Mal verschobenen Transports sichtlich verwirrt. Auch das für den Transport nahe dem Rotterdamer Hafen bereitstehendes Schiff wurde wieder wegbeordert. Urenco äußert sich grundsätzlich nicht zu den misslungenen Atommülltransporten. Wann die Güterwaggons – die noch immer voll beladen auf dem Gelände der Anreicherungsanlage stehen – nach Russland aufbrechen ist unbekannt. Laut Urenco endet der Atommüllexport aber definitiv am 1.Januar 2009.

Auch beim Ausbau der Anlage ist es zu unerwarteten Verzögerungen gekommen. Schon im vergangenen Sommer kündigte die Urenco an, den Erweiterungsbau im Oktober 2007 in Betrieb zu nehmen. Dies ist noch immer nicht geschehen. Laut Pressestelle soll die Inbetriebnahme aber in den nächsten Wochen erfolgen – wann genau wird die Urenco erst kurz zuvor bekannt geben um sich weitere Peinlichkeiten zu ersparen. Angeblich sollen technische Probleme der Grund für die Verzögerung sein.

Dem Ziel ihren Marktanteil, der heute bei 23 Prozent liegt, zu erhöhen und dem erklärten Ziel Weltmarktführer bei der Urananreicherung zu werden kommt die Urenco so nicht näher.

Anti-Atom-Initiativen aus dem Münsterland rufen für den 4. Juni zur Demonstration unter dem Motto „Uranmülltransporte stoppen – Urananreicherungsanlagen sofort stilllegen“ auf. Beginn ist um 18 Uhr vorm Münsteraner Hauptbahnhof. Da die letzten Urantransporte meist an einem Mittwoch stattfanden, wird der Atommüllzug für diesen Tag erwartet.

Weitere Information:
Sofa-ms
Urntransport

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Und demnächst: Die Mineralölsteuer-Erhöhung?

Henrik C. Sassen – Ein Sprecher des Bundesfinanzministerium soll erklärt haben: „Wenn weniger verbraucht wird, sinken auch die Einnahmen des Staates aus der Energiesteuer.“

Das ist richtig, aber sollte das nicht zu denken geben, denn je niedriger der Preis einer Ware, desto eher wird sie auch gekauft. Also müsste besonders das Ministerium mit gutem Beispiel vorangehen und die Steuer senken. Aber nein, die Schreibtischtäter dort sehen es anders. Diese Steuer sei ein fester Betrag, der seit 2003 nicht mehr erhöht wurde.

Oh, klingt das nicht nach einer bevorstehenden Anhebung der Steuer?

mehr:

http://www.newsbattery.eu

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Simbabwe – Mugabe am Ende

Dr. Alexander von Paleske – Das ist die Bilanz des gestrigen Tages: Mugabes Minister haben ihre Wahlkreise verloren, dagegen dürfte der Oppositionsführer Morgan Tsvangirai die absolute Mehrheit der Stimmen erzielt haben. Selbst in seinem Geburtsort Zvimba konnte Mugabe nur wenige Wähler bewegen für ihn zu stimmen. Obgleich die Wahlergebnisse noch nicht amtlich verkündet sind, kennt die Regierung die Zahlen natürlich ebenso gut wie die Opposition.

Ein paar Stunden Aufschub haben sich Mugabe und seine Lakaien noch erzwungen, indem sie die Polizei und die Armee in die Städte schickten. In Marondera trieben sie eine Freudenkundgebung mit Tränengas auseinander. Aber auch die Polizei und die Armee sind von der katastrophalen Lage nicht weniger betroffen als der Rest der Bevölkerung und es steht heute eine Meuterei ins Haus, sollten die Ergebnisse frisiert sein.

Für Mugabe bleibt nur noch ein Ausweg: Ins Exil zu gehen, vermutlich nach Malaysia. Dort hat er sich bereits in einem Touristenparadies einen kleinen Palast errichten lassen. Und schon halten sich Gerüchte, demnach er das Land bereits verlassen hat.

Es wird lange dauern, die Schäden, die Mugabe mit seiner katastrophalen Politik angerichtet hat, zu beseitigen. Vieles wird irreparabel sein, der Exodus der Fachkräfte zum Beispiel, die gerade jetzt dringend gebraucht würden.

Hochachtung für die geschundene Bevölkerung, die sich nicht hat einschüchtern lassen. Sie ist die wahre Heldin in dieser afrikanischen Tragödie.

Wahlen in Simbabwe – Robert Mugabes letztes Gefecht, Makoni kandidiert unter Lebensgefahr
Simbabwe – Simba Makoni tritt gegen Mugabe an

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Landung in Anjouan – Thabo Mbekis Einfluss in Afrika schwindet

Dr. Alexander von Paleske – Heute Morgen landeten Truppen der komorischen Armee zusammen mit einem Kontingent der Afrikanischen Union (AU) mit Amphibienfahrzeugen auf der abtrünnigen Insel Anjouon und brachten den Hauptort der Insel unter ihre Kontrolle. Der Sezessionist Mohamed Bacir hatte sich mit einigen Hundert ihm ergebener Polizisten aus dem Hauptort zurückgezogen.

Die Landung sollte ursprünglich schon vor zehn Tagen stattfinden, aber Südafrikas Präsident Thabo Mbeki hatte alles versucht, um das zu verhindern, „Nachrichten Heute“ berichtete ausführlich darüber.

Dass sich die AU letztlich darüber hinweg setzte, dokumentiert einmal mehr, wie Mbekis Einfluss in Afrika sich in einem steilen Sinkflug befindet.

ANC-Präsident Jacob Zuma besucht Angola
Aber auch in Südafrika schreitet der Machtverfall Mbekis unaufhörlich weiter. Am vergangenen Osterwochenende reiste der neue ANC-Präsident Jacob Zuma nach Angola. Er wurde mit der Privatmaschine von Angolas Präsidenten befördert und wie ein Staatspräsident behandelt. Offiziell ging es um die Teilnahme an den Feierlichkeiten zum Gedenken an die Schlacht von Cuito Cunavale vor 20 Jahren, eine Schlacht, bei der zum ersten Mal die massiv eingesetzten südafrikanischen Truppen keinen Sieg mehr erringen konnten, sondern gegenüber den kubanisch-angolanischen Truppen ins Hintertreffen gerieten.

Der Ausgang der Schlacht markierte gleichzeitig einen Wendepunkt im strategischen Denken des Apartheidstaates und führte zu dem Beginn der ernsthaften Verhandlungen über die Unabhängigkeit Namibias, die zwei Jahre später folgte.

Zuma verhandelte in Angola, wie ein Staatspräsident über die Intensivierung der bilateralen Beziehungen und Teilnahme südafrikanischer Firmen bei dem Aufbau der Infrastruktur des durch 30 Jahre Krieg verwüsteten Landes, das dank der Erdöl- und Diamantenvorkommen zu den potentiell reichsten Ländern Afrikas zählt.

Militärische Invasion gestoppt – Südafrikas Präsident Thabo Mbeki und die Komoren

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Mordlüstern – Beckstein will Flugzeug-Schießen

onlineredaktion – Was nur treiben die deutschen Politiker den ganzen Tag über? Entweder sie streiten sich untereinander, sogar in der eigenen Partei oder sie lechzen nach Diätenerhöhung. So könnte man meinen, wenn man deren steinzeitliche Geifer-Manien verfolgt, die sie den Medien bieten. Zwischen den Extremen scheint es offensichtlich nichts mehr zu geben, eine Leistung vielleicht, mit der sie Wähler an die Wahlurne locken könnten. Die Parteien sind inhaltsleer geworden, deren Programme austauschbar. Es geht wahrscheinlich nur noch darum eine Wahl zu gewinnen, um dann mehr Geld einheimsen zu können. Regieren? Nein danke! Da könnte man wütend werden.

Für den normalen Konsumenten bietet die Spiele-Industrie allerlei, womit sich angeblich Aggressionen abhauen lassen, wie Marktstrategen versichern. Doch wer mit dem fiesen Moorhuhn-Schießen einst begann, findet sich bald bei Kriegsspielen wieder, die geeignet sind, um Aggressionen aufzubauen. Leicht kann es zu einer gefährlichen Verschmelzung von Spiel und Wirklichkeit kommen, wie Amok-Läufe durchgeknallter Killer-Spiel-Konsumenten zeigten.

Indes gibt es einige deutsche Politiker, denen das Daddeln am Computer mutmaßlich nicht mehr ausreicht. Die Herren Schäuble, Jung und nun auch Beckstein wollen offenbar das „unverkennbare Echte“, das „wahre Erleben“ des Abschießens: Das Flugzeug-Schießen. Um dieses Ziel zu erreichen, unternehmen sie alles, um es zu erreichen. Und um für die Mordtaten nicht strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen zu werden, fordern sie „gesetzliche Regelungen“. Entscheidungen höchster deutscher Richter werden respektlos zugrunde geredet. So hält Bayerns Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Luftsicherheitsgesetz für falsch. Er will es nicht einem Bundeswehr-Piloten überlassen, ein entführtes Flugzeug abzuschießen zu dürfen. Er will selbst der Herr über Leben und Tod unschuldiger Passagiere sein. Deshalb fordert er eine Grundgesetzänderung; schließlich ist im Grundgesetz der Schutz des Lebens enthalten. Diese Stelle soll wohl gestrichen werden.

Über die Frage, wen die Trümmer abgeschossener Flugzeuge treffen, darüber haben sich jene mordlüsternen Herren mutmaßlich keine oder nur sehr wenige Gedanken gemacht. Keck behaupten sie, wie Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) vor einigen Monaten, der Abschuss eines Passagierflugzeuges schütze die Bevölkerung und rette Menschenleben. Das mag zutreffen, wenn sich an Bord abgeschossener Flugzeuge nur tobende Ochsen oder wild gewordene Sauen befinden und wenn eine solche Maschine über unbewohntes Gebiet abgeknallt wird.


Passagierflieger über bewohntes Gebiet: Tobende Ochsen und wild gewordene Sauen an Bord? Na denn: Eins, zwei, drei – Beckstein! Alles muss versteckt sein! Wenn nicht, wird ab-ge-schos-sen…!
© Foto-Copyright: TrueMedia

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Neuer Uranmülltransport verstrahlt die Umwelt

Michael Schulze von Glaßer – Am vergangenen Donnerstag fuhr ein Güterzug mit Uranmüll durch das Münsterland. Der Müll – abgereichertes Uran (UF6) – entsteht bei der Anreicherung von Uranerz in der einzigen Urananreicherungsanlage (UAA) Deutschlands im nordrhein-westfälischen Gronau.

Nur angereichertes Uran kann in Atomkraftwerken oder Bomben gespalten werden. Einem kleinen – angereicherten – Uranteil steht ein großer Teil von abgereichertem Uran gegenüber. Dieser gefährliche Müll könnte und müsste in Deutschland lagern. Kosten für die UAA-Betreiberfirma Urenco: Rund 200 Millionen Euro und ein schlechtes Image, weil sie die Region mit ihrem Atommüll verseuchen würde. Daher greift Urenco seit den 90er Jahren zu einem Trick: Das Abfallprodukt wird nicht als solches, also nicht als „Müll“ deklariert, sondern als Wertstoff. Für einen „Wertstoff“ gelten nämlich andere Regeln und Gesetze als für atomaren Müll.

Doch wie funktioniert der Trick genau?

UF6 lässt sich immer noch anreichern. Dies ist aber nicht wirtschaftlich. Dennoch „verkauft“ die Urenco den „Wertstoff“ UF6 nach Russland. Wie das Unternehmen behauptet, soll UF6 angereichert und dann wieder zurückgenommen werden – das aber passiert mutmaßlich zu über 90 Prozent nicht. Die Transportkosten bezahlt die Firma Urenco – ein Millionenbetrag, aber immer noch lukrativer als 200 Millionen Euro zur Lagerung in Deutschland zu bezahlen.

Abgereichertes Uran wird wegen seiner hohen Dichte übrigens auch für panzerbrechende Munition,so genannte Uranmunition, verwendet.

Deutscher Uranmüll in russischen Granaten?

Der erste Urantransport im Jahr 2008 wurde durch eine französische Anti-Atom-Aktivistin, die sich zwischen zwei Bäume über die Gleise hing, für rund sieben Stunden gestoppt. Über diesen Zwischenfall wurde bundesweit in den Medien berichtet. Die Sicherheitsvorkehrungen für den Transport am vergangenen Donnerstag waren daher umso größer. Ganze Polizei-Hundertschaften waren im Einsatz. Mit Hilfe zweier Hubschrauber suchte die Polizei die Bahnstrecke nach Blockaden ab.

Eine der größten Protestaktionen fand am Münsteraner Hauptbahnhof statt. Kurzzeitig fanden sich einige Anti-Atom-AktivistInnen am Bahnhof zusammen – der Transport wurde erst 2 Stunden vor Abfahrt aus der UAA-Gronau bekannt.


Protestaktion in Münster gegen Urananreicherung und die gefährlichen Urantransporte. Foto: © Michael Schulze von Glaßer

Mit Flyern machten die Aktivistinnen und Aktivisten auf den gefährlichen Transport aufmerksam; beäugt von einer Horde Polizisten. Neben lokalen Polizeieinheiten kam auch die Bundespolizei zum Zuge. Hinzu kam auch eine Hundestaffel mit zwei Hunden und Zivilpolizisten. Letztere versuchten sich unter PassantInnen zu mischen (sie taten so, als wollen sie in einen Zug einsteigen) und standen dann doch betont unauffällig neben den AtomkraftgegnerInnen. Als von der Protestaktion Fotos gemacht wurden, packte einer der Zivilpolizisten den Fotografen am Arm und drohte, wenn er auf einem der Fotos zu sehen sei „passiert was“. Danach stellten sich die zwei erzürnten Herren in etwas Entfernung hinter einen Pfeiler.

Auch bei Protestaktionen in anderen Städten neben der Bahnlinie kam es zu Repressionen und Schikanen gegen DemonstrantInnen und JournalistInnen.

Vor und während der Durchfahrt des Uranmüllzugs durch den Münsteraner Hauptbahnhof wurde die Strahlung gemessen: 0,12 Mikrosievert zeigte das Gerät an, bevor der Zug durchfuhr – als der Zug in etwa drei Metern Abstand zum Messgerät vorbeirollte, betrug die Strahlung das 13-Fache: 1,64 Mikrosievert.


Mit einem Geigerzähler wurde die Strahlung vor der Durchfahrt des Urantransportes durch den Münsteraner Hauptbahnhof (links) und während der Durchfahrt des Zuges (recht) gemessen – die Strahlung war 13-Mal höher als zuvor! Der Abstand des Messgerätes zum Zug betrug etwa 3 Meter. Die Strahlenbelastung entspricht etwa der von CASTOR-Transporten. Foto: © Michael Schulze von Glaßer

Nicht nur die Strahlung ist bei den Urantransporten gefährlich – kommt es zu einem Unfall, bei dem die mit UF6 gefüllten Fässer beschädigt würden, müsste unverzüglich im Umkreis von 10 Kilometern evakuiert werden. UF6 reagiert mit (Luft-) Feuchtigkeit zu stark ätzender Flusssäure. Schon ein paar Tropfen oder das Einatmen (Flusssäure kommt sowohl flüssig als auch gasförmig vor) führen zum Tod.


Sieht aus wie ein ganz normaler Güterzug – enthält jedoch Atommüll: der Urantransport von Münster nach Russland. Foto: © Michael Schulze von Glaßer


Nur eine kleine Warntafel macht auf die strahlende Fracht aufmerksam. Foto: © Michael Schulze von Glaßer


Der Transport am Donnerstag bestand aus 19 Waggons – also 75 UF6-Fässer à 12,5 Tonnen UF6. Foto: © Michael Schulze von Glaßer

Der Uranmülltransport wird Russland voraussichtlich am 12. März erreichen – weitere Proteste wurden angekündigt.

Weitere Artikel zu dem Thema:
Urantransporte – mit Sicherheit unsicher
Geheime Fracht für Russland
Bombige Urananreicherungsanlage in Gronau

Weiterführende Links:
www.urantransport.de
www.sofa-ms.de