Medizin

Ebola-Epidemie und die Krise im Gesundheitswesen in Westafrika

Dr. Alexander von Paleske —— 8.2. 2015 —- „Überwindung der Ebola-Krise zum Greifen nah“, hiess es Mitte Januar. Davon kann jedoch nach neuesten Daten noch nicht die Rede sein, denn mittlerweile steigen die Erkrankungfälle in Sierra Leone wieder an.


Ebola-Neuerkrankungen in Sierra Leone in den letzten Monaten

Die Ursache könnte in nachlassenden Vorsichtsmassnahmen liegen, verschärft möglicherweise durch Mutationen des Virus mit der Folge einer erhöhten Infektiosität.


Notwendige Schutzmassnahmen bei Bestattungen

Bereits 1 Jahr
Seit Dezember 2013 wütet die Ebola Epidemie in Westafrika, mit mehr als 8000 Toten und mehr als 20.000 Infizierten. Von der Länge der bisherigen Ebola-Epidemien her gesehen ein trauriger Rekord, denn die bisherigen Ebola-Ausbrüche im Länderdreieck Sudan, Kongo und Uganda konnten innerhalb von Wochen unter Kontrolle gebracht werden.

Das lag keineswegs nur an der geringeren Mobilität der betroffenen Bevölkerung, sondern vor allem daran, dass diese Länder sofort auf die Ausbrüche reagiert haben.

Nach mehreren Ebola-Ausbrüchen war die Bevölkerung ohnehin nicht mehr unvorbereitet, sondern akzeptierte und befolgte die von den Gesundheitsbehörden angeordneten Massnahmen und Empfehlungen.

So konnte auch die jüngste Ebola Epidemie im August 2014 in der Demokratischen Republik Kongo vergleichsweise rasch unter Kontrolle gebracht werden.

Ganz anders jedoch bei dem Ausbruch in Westafrika. Er traf die Länder Guinea, Liberia und Sierra Leone erstmals – und damit völlig unvorbereitet.

Fehlende Infrastruktur
Die Epidemie traf auf eine Gesundheitswesen-Infrastruktur, die in Sierra Leone und Liberia nach langen Jahren des Bürgerkriegs völlig zerstört war, und sich erst langsam wieder im Aufbau befand.

Es zeigt mit aller Deutlichkeit, dass der Aufbau einer Gesundheitswesen-Infrastruktur wesentlich ist, um gerade auch erstmals auftretenden Epidemien erfolgreich zu begegnen.

Versagen der WHO
Über das kolossale Versagen der Weltgesundheitsorganisation(WHO), diese Epidemie und ihr Ausmass rechtzeitig zu erkennen und entsprechend zu handeln, haben wir bereits berichtet. Ergänzend erwähnt werden soll aber noch, dass die WHO, ihr Krisenzentrum nicht etwa in einem der betroffenen Staaten einrichtete sondern in dem mehr als 1000 Km entfernten Accra, der Hauptstadt Ghanas. Ein Land, das noch nicht einmal direkt an eines der betroffenen Länder grenzt. Offenbar wollte man sich selbst keiner Gefahr aussetzen. Wie schön.

Milliarden nur für gerettete Millionen
Konnten die milliardenschweren Kampagnen der Melinda und Bill Gates Foundation, des Global Fund zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und Tuberkulose, und der Global Alliance for Vaccines and Immunisation,GAVI nicht bei der Errichtung der Infrastruktur nach den Bürgerkriegen helfen?


Bill und Melinda Gates

Diese Organisationen sind Krankheits-orientiert, nicht aber Gesundheitswesen-orientiert.
Statt der bitter nötigen Verbesserung der Infrastruktur des Gesundheitswesens in vielen armen Ländern, werden Milliarden zur Bekämpfung von bestimmten Krankheiten ausgegeben: was interessiert ist die Messbarkeit des Erfolges. Konkret: Die Zahl der geretteten Menschenleben.

Wer ausserhalb dieser Krankheiten Hilfe braucht, fällt durch das Netz dieser Nichtregierungsorganisationen: das trifft für alle nichtübertragbaren Krankheiten zu, also Krebs, Herz- und Stoffwechselerkrankungen wie Hochdruck und Diabetes. Die Kritik daran wächst.


Sunday Times (Südafrika) 28.12. 2014

So stieg beispielsweise die Hilfe für Liberia durch diese Organisationen nach 2002, also nach dem Ende des Bürgerkriegs, um das Zwanzigfache; 45% davon waren ausschliesslich zur Bekämpfung von Malaria, Aids und Tuberkulose bestimmt. Im Jahre 2002 waren es erst 2%.

Jedoch: nur die Hälfte der dortigen Bevölkerung hat überhaupt Zugang zu Einrichtungen des Gesundheitswesens. Die Zahl der Krankenhausbetten ist – gemessen am Krankenstand vor der Ebola Epidemie – völlig unzureichend ..

10% für die Verbesserung der Infrastruktur
So ist es keine Überraschung, dass auch der Global Fund lediglich 10% der 25 Milliarden US Dollar, die ihm in den letzten 12 Jahren zur Verfügung standen, zur Verbesserung der Infrastruktur bereitgestellt hat.

Organisationen wie Global Fund haben ausserdem oftmals nur eine geringe Koordination mit anderen Nichtregierungsorganisationen.

Workshops – überflüssig wie ein Kropf
Es finden jede Menge gesponserte Workshops statt, an denen die im Gesundheitssektor Beschäftigten nur allzu gerne teilnehmen, weil sie dafür finanzielle Unterstützung und freies Essen bekommen. Wir haben bereits mehrfach auf diesen Unfug hingewiesen.

Schlimmer noch: Der Global Fund versteht sich als Spendensammler und Spendenverteilungsstelle für Projekte, hat aber keine eigenen Leute direkt vor Ort, die nicht nur den Projektbedarf bzw. dessen Sinnhaftigkeit konkret ermitteln, sondern auch strikt die ordnungsgemässe Verwendung der Mittel überprüfen können, und zwar regelmässig..

Keine eigene Kontrolle vor Ort
Die Folge: Verschwendung von Mitteln in einem Netz von aus dem Boden springender lokaler Nichtregierungsorganisationen mit schönen Namen, ggf. sogar Hochglanzbroschüren, die aber wenig oder kaum Effektivität besitzen.

Mehr noch: WHO und gesponserte Nichtregierungsorganisation bieten Gehälter an, die weit über den lokalen Gehältern liegen. Die Folge sind ein Run der lokalen Ärzte auf derartige Positionen, wobei das Gesundheitswesen nicht nur noch mehr ausgedünnt, sondern auch Neid geschürt wird.

Ausnahme MSF
Als Ausnahme muss hier erneut die Organisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) angeführt werden, die nicht nur hocheffektiv arbeitet, sondern keine vergleichsweise exorbitanten Gelder für die Helfer zur Verfügung stellen kann und will.

Die Ebola-Epidemie hat diese Schwächen der Infrastruktur mit aller Brutalität offengelegt. Ob es wirklich Konsequenzen haben wird, das wird sich zeigen.

Ebola in Westafrika – lässt sich die Epidemie überhaupt noch eindämmen?
Ebola – Eine Epidemie ausser Kontrolle
Ebola, Malaria, Medikamentenresistenz und die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Die gute BILD-Zeitung, der gute US-Arzt und das böse Virus
Ebola-Fieber: eine Epidemie gerät ausser Kontrolle
Antibiotikaresistenz – eine Warnung vom „Schnarchverein“ Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Zum Global Fund
Global Fund: Neuer Chef – alte Probleme?
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Zur GAVI und Deutschlands Beitrag
Hungerkatastrophe am Horn von Afrika, „Exportminister“ Dirk Niebel und die deutsche Entwicklungshilfepolitik

Medizin

Rettet ein neues Antibiotikum Kranke – und auch die Massentierhaltung ?

Dr. Alexander von Paleske —– 14.1. 2015 —–
Es war den meisten Medien eine Schlagzeile wert: Eine Forschergruppe aus Boston/USA hat ein Antibiotikum in Bodenproben entdeckt, von Bakterien des Stammes Eleftheria terrae produziert, das die Bildung der Bakterienhülle an mehreren Stellen blockiert und gegen das deshalb Bakterien angeblich keine Resistenz entwickeln können.

Die antibiotische Substanz nannten die Forscher aus Boston Teixobactin.

Superantibiotikum?
Die Nachricht lässt Hoffnung schöpfen. Insbesondere soll das Antibiotikum gegen Methicillin-resistente Staphylokokken wirksam sein, einer der Antibiotika- resistenten Hauptproblemkeime, und besonders in Krankenhäusern gefürchtet.

Patienten, die an Infektionen mit MRSA leiden, müssen bisher isoliert werden. Die antibiotische Behandlung ist nicht nur schwierig, sondern nicht selten erfolglos

Skepsis angesagt
Allerdings begegnet diese Nachricht einiger Skepsis. Zunächst befindet sich dieses Medikament im Stadium der Tierversuche. Toxizität, therapeutische Breite und Nebenwirkungen im Einsatz beim Menschen sind bisher nicht geklärt. Viele Antibiotika haben es schon deshalb nie zum klinischen Einsatz geschafft. Andere endeten mit anderen Indikationen, wie das Krebsmittel Doxorubicin, auch dieses ursprünglich als Antibiotikum entwickelt, wegen seiner Toxizität aber nicht zum Einsatz kam, das sich aber als hocheffektives Zytostatikum fest etablierte.

Absolut resistenzfest?
Noch mehr Skepsis begegnet allerdings die Ankündigung, das neue Wundermittel sei absolut resistenzfest, und zwar wegen der multiplen Angriffspunkte bei der Synthese der Bakterienhülle.

Das widerspricht jedoch aller Erfahrung, die bisher mit herkömmlichen Antibiotika gemacht wurde, beginnend mit dem Penicillin.

Durch Mutationen und Informationstransfer gelang es den Bakterien immer wieder, sich gegen Antibiotika erfolgreich zur Wehr zu setzen. Bestes Beispiel: Die Betalactamase- festen Cephalosporine der 3. Generation. Als sie Ende der 70er Jahre zum Einsatz kamen, an erster Stelle das von der Firma Hoechst entwickelte Cefotaxim (Claforan), galten sie als Wundermedikamente.

Schon damals warnten einige verantwortungsbewusste Infektiologen vor dem ungezügelten Einsatz – vergeblich. So bildeten sich über Jahre Resistenzen auch gegen diese Wundermedizin. Das gleiche Schicksal erfuhren auch die Chinolone und die Peneme.

Ungezügelter Einsatz in der Tiermast
Der ungezügelte Einsatz von Antibiotika findet heute insbesondere in der Tiermast statt, wo mit 1452 Tonnen dieser Medikamente pro Jahr rund 40 mal so viel Antibiotika eingesetzt werden, wie in allen Krankenhäusern zusammen, und immer noch 7 mal so viel, wie in der gesamten Humanmedizin.

Zwar deuten die Zahlen aus dem Jahre 2013 darauf hin, dass der Verbrauch an Antibiotika in der Tiermast leicht zurückgegangen ist, gegenüber 2012 um 167 Tonnen t und gegenüber 2011 um rund 250 Tonnen, , aber das ist alles zu gering und unzureichend, um die Entwicklung multiresistenter Bakterienstämme aufzuhalten.

Mehr noch: Hochpotentere Antibiotika wie die Chinolone wurden nicht weniger, sondern vermehrt in der Tiermast eingesetzt.

Nur begrenztes Einsatzgebiet
Was in den Zeitungsartikeln verschwiegen wird: das Einsatzgebiet des neuen Antibiotikums, sofern es zum Einsatz käme, betrifft nur einen Teil der multiresistenten Bakterien.

Insbesondere Extended Spectrum Beta-Lactamase (ESBL) produzierende Problemkeime wie E.coli und Klebsiellen, gefürchtete Keime gerade bei abwehrgeschwächten Patienten, auf Intensiv- und Neugeborenen Stationen und nach Operationen, können mit dem neuen Teixobactin nicht bekämpft werden.

Es bleibt dabei: Resistenzentwicklung kann nur verhindert werden, wenn der Einsatz von Antibiotika drastisch zurückgefahren wird.

Das beutet aber notwendigerweise neben strenger Indikationsstellung in Krankenhaus und Praxis die Abschaffung der Tierfabriken, eine der Haupt-Brutstätten der Antibiotikaresistenz.
Wir haben kontinuierlich seit 2007 darüber berichtet.

Stichproben liefern alarmierende Ergebnisse

Stichprobenuntersuchungen von Putenfleisch in Supermärkten, vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Auftrag gegeben, haben Erschreckendes – nicht unerwartet – zutage gefördert: Bei knapp 90 Prozent der Fleischstücke von Billig-Putenfleisch konnten multiresistente Keime nachgewiesen werden – ein klares Zeichen für die Folgen des fortgesetzten Missbrauchs der Antibiotika in der Putenmast.

Getestet wurde auf sogenannte MRSA-Keime und nach ESBL (Extended Spectrum Betalactamasen) produzierende Bakterien, also eine Substanz, die praktisch alle Betalaktamase-festen Antibiotika aufknackt . 42 mal wurden MRSA-Stämme gefunden, und 30 mal ESBL nachgewisen. Nur sieben der 57 Proben waren unbelastet.

Zum Vergleich testete der BUND auch vier Proben aus Hofschlachtereien, bei denen die Puten alternativ gehalten worden waren. Dabei wurden keine Belastungen nachgewiesen.

Bestätigung einer früheren Untersuchung
Diese Ergebnisse bestätigen, was bereits eine im November 2014 von der Tierrechtsorganisation PETA in Auftrag gegebenen Untersuchung festgestellt hatte: 65% der untersuchten Fleischstücke waren keimbelastet, davon 76% mit resistenten Bakterien (31% MRSA und 45% ESBL.)

Besonders gravierend: bei Hühner- und Putenfleisch aus der Massentierhaltung lag die Keimbelastung bei 86%.

Bisher keine umfassende bundes- oder landesweite Untersuchung

Es handelte sich um Stichproben wohlgemerkt. Eine flächendeckende Untersuchung können sich weder PETA noch BUND leisten. Sie hätte längst von der Bundesregierung in Auftrag gegeben werden müssen – nichts geschah jedoch. Auch nicht in den Ländern, wo die Grünen mitregieren, die ohnehin diesem Problem bisher nur ungenügend Aufmerksamkeit geschenkt haben.
So forderte der Obergrüne Andreas Hofreiter im Dezember 2014 ein Verbot des Antibiotika-Missbrauchs in der Tierhaltung. Völlig unklar, was hier unter Missbrauch verstanden werden soll.

Da der Antibiotika-Einsatz in der Massentierhaltung überhaupt nur begrenzt zurückgefahren werden kann, weil es sonst die Viecher es gar nicht bis zum Schlachttag schaffen, läuft die Forderung des Hofreiter völlig leer.

Investigativuntersuchung bestätigt Befürchtungen
Immerhin hat jetzt auch die Presse Notiz von der Gefahr genommen, die von resistenten Bakterien ausgeht. Mehr noch: Welche Rolle die Massentierhaltung dabei spielt.

So hat die ZEIT in Zusammenarbeit mit der Funke Mediengruppe und CORRECT!V ein Dossier mit mehreren Folgen zusammengestellt, in dem nicht nur die katastrophalen Zustände in den Tierfabriken beleuchtet werden, sondern auch die menschenverachtende Behandlung vieler dort Beschäftigter.


Lesenswerte Artikelserie in der ZEIT

Mit den Ergebnissen der sorgfältigen Untersuchung konfrontiert erklärte Landwirtschaftsminister Schmidt: Das Thema wird Chefsache. Die letztlich konsequenzlose nebulöse Stellungnahme des Ministers ist hier nachzulesen.

Fazit:

Viel muss sich ändern, und zwar bald, damit nicht alles noch schlimmer wird. Selbst neue Antibiotika sind keine ausreichende Antwort auf die Probleme. Sie können bestenfalls in einem begrenzten Bereich eine Atempause verschaffen, wenn es nicht der Massentierhaltung endlich an den Kragen geht.

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Medizin

Welt AIDS-Tag – Ein Tag wie jeder andere

Dr. Alexander von Paleske —– 3.12. 2014 —— Vorgestern war Welt-AIDS–Tag. Im Mpilo-Krankenhaus in Bulawayo/Simbabwe, meiner Arbeitsstelle ein Tag mit vielen HIV-positiven Patienten in der Ambulanz – wie an jedem anderen Tag.

Wenig Notiz genommen
Vom Welt AIDS-Tag wird mittlerweile hier nur noch wenig Notiz genommen. Die Information über die HIV-Krankheit ist inzwischen weit verbreitet. In praktisch jeder Familie ist bereits jemand an der Krankheit verstorben, bzw. wird mit antiretroviralen Medikamenten behandelt..

Die Behandlung der HIV-Kranken mit antiretroviralen Medikamenten ist etabliert, auch wenn insgesamt in Afrika nur rund 37% der HIV-Patienten die erforderlichen Medikamente bekommen.

Auch die Testung der Schwangeren ist Routine, sofern sie eine Klinik aufsuchen, gefolgt von der Verabreichung antiretroviraler Medikamente an HIV-positive Schwangere, unabhängig vom Immunstatus, um die Transmission des HIV-Virus an das Neugeborene während des Geburtsvorgangs zu verhindern.

So gelang es, die Transmissionsraten, durch die „Prevention of Mother to Child Transmission (PMTCT)“, die ohne diese Massnahme bei rund 40% liegen, auf unter 10% zu drücken.

Verbesserung der Diagnostik
Auch die Diagnostik hat sich in den letzten Jahren deutlich verbessert, insbesondere die Bestimmung nicht nur der Zahl der CD4-positiven Lymphozyten, wichtiger Teil der Immunabwehr, die im Laufe der HIV-Krankheit kontinuierlich abnimmt, ist mittlerweile in den grossen Provinzkrankenhäusern möglich, sondern ebenfalls die Viruslast-Bestimmung.

Allerdings hapert weiter die Behandlung von Patienten weitab der Städte. Hinzu kommt der Diebstahl von antiretroviralen Medikamenten durch Krankenhauspersonal, was jüngst in einem auf Al-Jazeera ausgestrahlten investigativen Bericht dokumentiert wurde.

Afrika am stärksten betroffen
Nach wie vor leben 2/3 aller HIV-Infizierten in im Afrika südlich der Sahara. Hier ist – auf hohem Niveau – ein Rückgang der Zahl der Neuinfektionen zu verzeichnen.

Anderswo steigen jedoch die Zahlen deutlich: so in Russland, wo täglich 200 Menschen neu infiziert werden..

Aber auch in Deutschland steigen die Zahlen – auf niedrigem Niveau – kontinuierlich an. Zwar wird den HIV-AIDS-Leugnern, angeführt von dem Kieler Internisten Claus Köhnlein kaum noch Beachtung bei dem Versuch der Verbreitung ihres Unsinn geschenkt.

Gleichwohl hat die Möglichkeit, die Krankheit medikamentös für lange Jahre unter Kontrolle halten zu können zu einer gewissen Sorglosigkeit geführt insbesondere dort, wo Drogen wie Crystal Meth konsumiert werden, wir berichteten darüber.

Das gilt im übrigen mittlerweile auch für China, wie das chinesische Fernsehen heute berichtete.

Aggressivität abgenommen
Interessante Nachrichten gab es: so hat die Aggressivität de Virus durch Mutationen offenbar um 10% abgenommen mit der Folge, dass die Zeit zwischen Infektion und dem Vollbild von AIDS – unbehandelt – von 10 auf 12 Jahre angestiegen ist, wie eine Studie aus Botswana in Zusammenarbeit mit der Universität Oxford zeigen konnte.


Tuberkulose und Krebs

Jedoch: Im Gefolge der HIV Krankheit hat sich die Tuberkulose drastisch ausgebreitet und mit ihr die medikamentenresistente Tuberkulose, deren Behandlung wesentlich teurer ist, und wesentlich länger dauert, 12-18 Monate, statt der sonst erforderlichen 6 Monate.


Lymphknotentuberkulose. Zusammengebrochene Immunabwehr. Statt käsigem Material werden grosse Mengen an Eiter aspiriert, unter dem Mikroskop übersät mit Tuberkelbakterien (rot)
Fotos: Dr. v. Paleske

Was oft vergessen wird, auch die Zahl der Krebspatienten nimmt im Gefolge der HIV-Krankheit zu, insbesondere das Kaposi-Sarkom und das hochgradig maligne Lymphom.


Kaposi-Sarkom, Hautbefall


Hochgradig malignes Lymphom, Halsbefall

Vielfach scheitert die Behandlung daran, dass die Patienten nicht das Geld für die Krebsmedikamente aufbringen können.

Ein Tag wie jeder andere – In einem Krankenhaus in Simbabwe
Dumela Ngaka – 8 Jahre als Krebsarzt in Botswana – Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Diagnose: Krebs
Cancer surge overwhelms AIDS-struck Botswana

Zur Tuberkulose
Tuberkulose, Südafrika und deutscher Journalismus
Tuberkulose – nicht nur am 24.3., dem Welt-Tuberkulosetag
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Medizin

Aussitzen, Ausschwitzen, kein Drang zur Aufklärung: die Skandal-Uniklinik Freiburg/Breisgau

Dr. Alexander von Paleske —- 13.11. 2014 —
Die Universitätsklinik Freiburg/Breisgau braucht sich über etwas nicht zu beklagen: Einen Mangel an Skandalen. Was aber noch viel schwerer wiegt: Die Unwilligkeit oder Unfähigkeit, diese Skandale angemessen aufzuarbeiten, vor allem die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.

Wie sich zeigt, sitzen die Verantwortlichen für die Aufarbeitung, besser gesagt: die fehlende Aufarbeitung offenbar nicht allein in der Verwaltung der Uniklinik Freiburg selbst.

Siegel der Skandal-Uniklinik

Die Chronique scandaleuse – soweit Skandale dort überhaupt das Licht der Öffentlichkeit erblickten – ist lang, und sie spielten sich fast alle während der letzten 15 Jahre ab:

Der Skandal in der Hämatologie/Onkologie
Die umfangreichen Wissenschaftsfälschungen in der Abteilung Hämatologie / Onkologie durch den Oberarzt und Professor Friedhelm Herrmann. Es handelte sich um den bis dato grössten bekannt gewordenen Wissenschafts-Betrugs-Skandal in Deutschland.

Damaliger Chef der Abteilung: Professor Dr. med. Roland Mertelsmann.

Eine Untersuchungskommission unter dem Juristen Prof. Albin Eser kam zu dem Ergebnis:

„schwere Versäumnisse, Leichtfertigkeit, grob fahrlässige Verletzung von Regeln guter wissenschaftlicher Praxis, fehlende Glaubwürdigkeit“.

,Ein Disziplinarverfahren gegen Mertelsmann wurde gar nicht erst eingeleitet. Trotz dieser unglaublichen Wissenschaftsbetrügereien in seiner Abteilung durfte er bis zu seiner Pensionierung unbehelligt im Amt bleiben.

Der Friedl-Skandal
Der Skandal um den Unfallchirurgen Professor Hans Peter Friedl, Inhaber einer extrem langen Publikationsliste, die mit offenbar dünner klinischer und operativer Erfahrung korrelierte.

Der Uniklinik Hamburg kam diese lange Publikationsliste verdächtig vor, und sie lehnte deshalb seine Berufung auf einen Lehrstuhl für Unfallchirurgie ab. Die Uni-Klinik Freiburg empfing ihn jedoch mit offenen Armen, eine krasse Fehlentscheidung, wie sich alsbald zeigen sollte.

Zu der langen Publikationsliste gesellte sich nach Amtsantritt dann eine lange Liste von angeblichen und nachgewiesenen Behandlungsfehlern, bis schliesslich die Klinik ihn vom Operationstisch verbannte und ein Rattenschwanz von Prozessen folgte.

Im Strafprozess zur Last gelegt wurden ihm rund 90 angebliche Verfehlungen, dazu auch noch angebliche Anweisungen an Mitarbeiter, Operationsberichte zu fälschen.

Mildes Urteil auch dank verschwundener Akten
Im Februar 2003 verurteilte ihn das Landgericht Freiburg wegen einer vorsätzlichen und drei fahrlässigen Körperverletzungen zu einer Geldstrafe von 24.300 Euro (270 Tagessätze). Die Staatsanwaltschaft hatte ein dreijähriges Berufsverbot und zwei Jahre Haft, ausgesetzt zur Bewährung, gefordert. Strafmildernd hatten die Richter unter anderem gewertet, dass wesentliche Akten der Klinik zu den gravierendsten Anschuldigungen verschwunden waren.

Es sollten nicht die letzten Akten sein, die in der Uni auf „unerklärliche Weise“ verschwanden, sei es dauernd, sei es vorübergehend.

Statt Disziplinarverfahren: Goldener Handschlag
Zwar wurde gegen Friedl nun die Einleitung eines Disziplinarverfahrens geprüft, das seine zwangsweise Entfernung aus dem Beamtendienst ohne Bezüge zum Ziel haben sollte. Ein hierzu als Untersuchungsführer eingesetzter Richter eines anderen Gerichts kam aber nach sechsjährigen (!) Ermittlungen zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass, aufgrund des milden Landgerichtsurteils, und der hohen Hürden des baden-württembergischen Disziplinarrechts, es der angestrebten disziplinarischen Entlassung an Erfolgsaussicht mangele.

Anfang 2009 schloss die Landesregierung als Dienstherr einen Vergleich: Dem zufolge schied Friedl auf eigenen Antrag gegen Zahlung einer Abfindung von 1,98 Millionen Euro und Einstellung aller anhängigen Verfahren aus dem Beamtenverhältnis aus. Mit der Abfindung durch die Uniklinik seien entgangene Einkünfte aus der Behandlung von Privatpatienten und Pensionsansprüche abgegolten.

Bei so vielen angeblichen Verfehlungen schliesslich ein „goldener Handschlag“ – ein disziplinarrechtlicher Handkantenschlag hätte wohl eher angestanden. Um die Auszahlung des Geldes wird immer noch vor den Gerichten gerungen.

Plagiat-Dickhuth
Aber auch gegen den prominenten Freiburger Sportmediziner Professor Hans-Hermann Dickhuth hagelte es Plagiatsvorwürfe.
Die Plagiatsvorwürfe, die schliesslich zur Aberkennung der Habilitation Dickhuths führten, wurden von einer Dame namens Letizia Paoli erhoben, die in einem weit grösseren Skandal ermittelte, dem sogenannten Doping-Skandal, auch der – wie sollte es anders sein – in der Uniklinik Freiburg angesiedelt.

Der Doping Skandal
Angefangen hatte es mit dem Skandal um das Doping rund um das Team Telekom/T-mobile, .
Nachdem dieser Skandal durch Recherchen des SPIEGEL im Jahre 2007 aufflog, versuchte die Uni ihren eigenen Augiasstall mit zwei Kommissionen zu säubern, aber, wie aus bisherigen Erfahrungen nicht anders zu erwarten, legte diese einen ersten, absolut dürftigen Abschlussbericht vor, der alle Verantwortlichen an der Klinik exkulpierte.
.
Eine Mafia-Spezialistin ermittelt
Das änderte sich jedoch, als ein krankheitsbedingter Wechsel des Kommissionsvorsitzes anstand: nunmehr übernahm die Kriminologin an der Universität Leuven und Mafia-Spezialistin Prof. Letizia Paoli den Vorsitz, und ermittelte sofort und gründlich in alle Richtungen.

Das war bitter nötig, denn die Abteilung Sportmedizin der Uniklinik Freiburg war unter dem Professor Joseph Keul offenbar zu einem Doping-Eldorado degeneriert.

Keul spielte den Doping- Ideologen, den Doping-Verharmloser, den Herold gegen schärfere Anti-Doping Gesetze, und den ärztlichen Betreuer deutscher Olympiamannschaften. So war er bestens mit dem NOK vernetzt, und mit vielen Politikern des Landes und des Bundes..


Joseph Keul ……..Doping Ideologe und Verharmloser des Dopings

Ein Doping-Duo infernale
Alles in trauter Zusammenarbeit mit dem Freiburger Professor Armin Klümper, seines Zeichens Sport-Traumatologe.

Was im Sport Rang und Namen hatte, kam zu ihm in die Sprechstunde .
Beide zusammen Keul und Klümper, spielten offenbar die Rolle eines Doping-Duo-Infernale.
Das Aushändigen dieses Doping Teufelszeugs besorgten offenbar deren „Büttel“, die Klinikärzte Schmidt, Heinrich und Huber.

Joseph Keul, der Grossmeister der Doping-Verharmlosung, verstarb hochgeehrt im Jahre 2000.

Auch nach der Pensionierung Keuls, dopte Klümper in Freiburg weiter. Die auch von ihm „betreute“ Spitzensportlerin Birgit Dressel , vollgepumpt mit Medikamenten, (101 Medikamente, 400 Injektionen) verstarb 1987, aber auch das hinderte Klümper nicht daran, weiterzumachen.


Spitzensportlerin Birgit Dressel …. „betreut“ von Prof. Klümper. Tod nach 101 Medikamenten und 400 Injektionen.


SPIEGEL 37/1987

Auch der Kugelstosser Ralf Reichenbach war gedopt und starb vermutlich an den Spätfolgen


Erst 1997 war Schluss , nachdem die Spitzensportlerin Birgit Hamann mit ihren Enthüllungen, sie sei von Klümper ohne ihr Wissen vollgedopt worden, Klümper als rücksichtslosen Doper entlarvte.

Kommentar des Sprinters Manfred Ommer: Klümper war der grösste Doper dieses Planeten.

Klümper verliess die Skandalklinik, und zog sich – unbehelligt versteht sich – nach Südafrika zurück, wo er sich dem Bücherschreiben widmete. Wie schön.

Die Aufarbeitung
Weit gewichtiger allerdings: Wie gingen die Universität, die Universitätsklinik und das Ministerium in Stuttgart mit den Skandalen um?

Und da zeigt sich mit erschreckender Deutlichkeit – wie auch in den anderen beschriebenen Fällen – die Tendenz: Offenbar kein Interesse an umfassender Aufklärung. Motto offenbar: Augen zu und durch.

Paoli will das Handtuch werfen
Die Kriminologin Paoli als Leiterin der Kommission war dabei, in mühevoller Kleinarbeit ein ganzes Mediziner-„Rattennest“, einen „Doping-Saustall“ auszumisten, wobei einige der angeblichen Übeltäter aber nicht mehr leben, bzw. schon die Uniklinik verlassen hatten. Jedoch: Die Querverbindungen der Freiburger Doping-Crew sollen nicht nur bis in die seinerzeitige Landesregierung gereicht haben, sondern auch weit hinein in den Deutschen Sport und dessen Verbände.


Prof. Letizia Paoli ……..mit Rücktritt gedroht

Wie nicht anders zu erwarten, ging das alles offenbar der Uniklinik Freiburg viel zu weit, jedenfalls hatte die Justiziarin der Uni, eine Ursula Seelhorst, kartonweise wichtige Akten für mehrere Jahre bei sich zu Hause „gebunkert“, Schreiben der hartnäckigen Aufklärerin Paoli an die Klinikleitung bzw. das Rektorat der Universität wurden offenbar entweder gar nicht, oder erst mit deutlicher Verzögerung beantwortet.

Und nun verlangte der Rektor der Uni Freiburg, Hans-Jochen Schiewer, auch noch unverzüglich einen Abschlussbericht, während Paoli mitten in der „Ausmistung“ steckte. Entnervt drohte sie mit Rücktritt.

Nachdem SPIEGEL, ZEIT und Badische Zeitung erneut über diesen nicht enden wollenden Skandal berichtet hatten, griff die Landesregierung in Stuttgart ein. Paoli bleibt – vorerst jedenfalls.

Pikanterweise wurde auch von Dritter Seite gegen den ebenfalls drängelnden Medizin-Dekan Prof. Jörg Rüdiger Siewert der Verdacht geäussert, er habe ebenfalls in seiner Habilitationsschrift „plagiatiert“.

Rechtsaufsicht statt Schlichtung
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer hat die Kriminologin Paoli und Uni-Rektor Hans-Jochen Schiewer zu einem erneuten Schlichtungsgespräch eingeladen. Zur Debatte stehen Termine am 1. oder 15. Dezember. Für die Ressortchefin sei „zielführend, dass dieses Gespräch ohne Vorbedingungen und mit allen Beteiligten gemeinsam stattfindet“.

Hier gibt es wohl nichts zu schlichten, sondern die Landesregierung sollte im Rahmen der Rechtsaufsicht endlich hart durchgreifen, und dafür sorgen, dass dort die Mafiaexpertin Paoli ihre Arbeit ungestört zu Ende führen kann.

Mehr noch: dass aus dem Bericht die nötigen Konsequenzen gezogen werden, ohne Ansehen von Personen, und nicht wieder alles ausgesessen und ausgeschwitzt wird.

Der Verfasser ist Internist/Hämatologe und leitender Arzt, ausserdem ehemaliger Rechtsanwalt beim Landgericht Frankfurt (M).

Sinkende Bereitschaft zur Organspende und Vertrauensverlust: Die Folgen der Ärzteskandale in Deutschland

Zur Lage im deutschen Gesundheitswesen:

Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen

Arzt zu Schmerzensgeld wegen Verletzung der Aufklärungspflicht verurteilt – richtiges Urteil?
Ärzte und Medizinzeitschriften als „Prostituierte“ der Pharmaindustrie?

Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:

Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32

Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012

Medizin

Die Antibiotikaresistenz nimmt zu, die Ignoranz deutscher Politiker jedoch nicht ab

Dr. Alexander von Paleske —- 27.10. 2014 —-
Heute hat der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sich erstmals zu einem der grössten Probleme der Medizin geäussert: der dramatischen Zunahme der Resistenz von Bakterien gegen herkömmliche Antibiotika.

Zitat aus der Rheinischen Post-online vom 27.10.2014:

„Wenn Antibiotika nicht mehr wirken, können schon Infektionen, die heute gut heilbar sind, zu schweren Gesundheitsschäden führen. Ziel müsse eine weltweite Verschreibungspflicht von Antibiotika sein. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sei beauftragt worden, 2015 einen globalen Aktionsplan zur Bekämpfung der Resistenzen zu erarbeiten“

Hauptverursacher unterschlagen.
Natürlich unterschlägt Gröhe einen der Hauptverursacher der Antibiotikaresistenz: die ungezügelte Verabreichung dieser wertvollen Medikamente in der Massentierhaltung.


Hermann Gröhe ……..warten auf die WHO

In Zahlen für Deutschland: In der Tiermast werden in Deutschland rund 1700 Tonnen Antibiotika pro Jahr verfüttert.

Die in der Tiermedizin verbrauchte Menge ist damit 40 mal so hoch, wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und immer noch 7 mal so hoch, wie in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.

Die WHO soll’s richten
Nun soll also die WHO einen Aktionsplan erstellen, eine Organisation, der wir in diesem Zusammenhang bereits Schlafmützigkeit vorgeworfen haben.

Hinzu kommt das jämmerliche Versagen der Organisation in der Ebola Krise, das wir ebenfalls anprangerten. Die WHO ist in ihrer gegenwärtigen Struktur nicht in der Lage, sich auf die Hauptgefahren im Gesundheitswesen weltweit und deren Bekämpfung zu konzentrieren.

Stattdessen hält sie sich auch noch auf Nebenfeldern auf, wo sie nichts zu suchen hat. Bestes Beispiel: die Lymphom-Klassifizierung, international von führenden Pathologen, darunter dem Berliner Harald Stein vorzüglich vorangebracht, die ihren Niederschlag in der international dann akzeptierten REAL-Klassifizierung fand.

Prompt meinte die WHO, die keinerlei Anteil an diesem Zustandekommen hatte, sie müsse jetzt daraus eine WHO-Klassifizierung machen, sozusagen als Nachweis ihrer Tätigkeit.

Jetzt soll es weitergehen mit Transplantationsregistern, die längst eingerichtet sind, wie die der EBMT.

Durch Abschieben des Problems auf die WHO wird Bundesgesundheitsminister Gröhe jedenfalls die zunehmende Antibiotikaresistenz der Bakterien in Deutschland nicht unter Kontrolle bringen können.

Anderswo längst weiter
Andere Länder sind da längst weiter – ohne auf die WHO zu warten:
So hat der britische Gesundheitsminister Greg Clark nicht nur der Antibiotikaresistenz den Krieg erklärt, sondern eine grössere Initiative gestartet, koordiniert vom britischen Medical Research Council (MRC) und bestehend aus Mitgliedern von weiteren sechs Research Councils, die er „Kriegskabinett“ nannte.

Zusammen haben sie das „Antimicrobial Resistance Funders Forum (ARFF)“, gegründet, das dem Informationsaustausch und der Koordinierung von Aktivitäten dienen soll.

Der Leiter der Abteilung Infektion und Immunität des MRC, Desmond Walsh, erklärte:

The threat of antimicrobial resistance is more than a threat, it’s turning into reality. We want to bring together in a coordinated manner the expertise of a range if different disciplines.

Grossbritannien denkt also gar nicht daran, darauf zu warten, bis die WHO irgendeinen Aktionsplan vorstellt. Den können sie selbst entwickeln.

Initiative auch in den USA
In den USA hat das Wissenschaftliche Beratergremium des Präsidenten (US President‘s Council of Advisers on Science and Technology (PCAST) sich zu Aufgabe gemacht, in den nächsten Wochen Vorschläge zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz zu machen, die in den USA jährlich rund 23.000 Menschenleben fordert.

In den USA werden sage und schreibe 80% aller hergestellten Antibiotika in der Tiermast verfüttert. Deshalb fordert die Mikrobiologin und Kongressabgeordnete Louise Slaughter eine drastische Einschränkung des Einsatzes dort.

Fazit:
Die Zeit drängt. Das Gesundheitsministerium sollte daher sofort ebenfalls eine Task Force einsetzen, die Vorschläge macht, wie der Antibiotikaverbrauch drastisch eingeschränkt werden kann, ohne Rücksicht auf irgendwelche Lobbyisten der Massentierhaltung und Tiermast.

Immerhin sterben bereits jetzt in Deutschland pro Jahr 15.000 Menschen an Infektionen, im Krankenhaus erworben, meistens durch multiresistente Bakterien verursacht.

Ebola in Westafrika – lässt sich die Epidemie überhaupt noch eindämmen?
Ebola – Eine Epidemie ausser Kontrolle
Ebola, Malaria, Medikamentenresistenz und die Weltgesundheitsorganisation (WHO)
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Medizin

Ebola in Westafrika, die EU und ein Gesundheitsgipfel in Berlin

Dr. Alexander von Paleske —– 20.10. 2014 —–
Die Ebola-Epidemie wütet weiter in den drei westafrikanischen Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia.

Verdoppelung jede Woche
Jede Woche verdoppeln sich die Krankheitsfälle.
Die zu erwartenden Todeszahlen – 70 % erliegen zur Zeit der Krankheit – werden ständig nach oben korrigiert. Pessimistische Schätzungen gehen mittlerweile von bis zu 1 Million Toten aus, wenn nicht energisch, unverzüglich und umfassend Hilfe geleistet wird.

– Grossbritannien hat Soldaten und ein Lazarettschiff dorthin geschickt, die USA ebenfalls Soldaten, die Behelfskliniken errichten sollen, um die Kranken zu isolieren und zu behandeln.

– Kuba hat bereits 165 Ärzte dorthin geschickt, weitere 300 Ärzte und Pflegepersonal sollen demnächst folgen.
.
– China hat mobile Labore samt Personal in die Krisenregion geschickt.

Reiche Länder, wenig Hilfe
Gestern attackierte der britische Premier Cameron die bisher ausbleibende Hilfe aus anderen reichen Ländern, gemeint war natürlich auch Deutschland.

Die Hilfe der EU, von Frankreich und Grossbritannien einmal abgesehen, kann nur als völlig unzureichend, unangemessen und angesichts der Katastrophe, die sich in Westafrika abspielt als lächerlich bezeichnet werden.

Eine Eröffnungsrede
Gestern eröffnete der deutsche Aussenminister Frank Walter Steinmeier den zum 6. Mal in Berlin stattfindenden World Health Summit, den Welt-Gesundheitsgipfel.

In seiner Rede bemerkte der Aussenminister zur Ebola-Katastrophe:

„Die Europäische Union muss künftig – ähnlich wie bei Wahlbeobachtern – einen Pool an medizinischen Experten aufbauen, die bei Bedarf in Krisenländer geschickt werden können
Die internationale Gemeinschaft sei auf Ausmaß und Dynamik der Ebola-Epidemie wohl nicht ausreichend vorbereitet gewesen. Auch die EU müsse schneller und schlagkräftiger werden.“

Von konkreten Massnahmen keine Rede.

Ein Flugzeug muss her
Aber immerhin: Um Ebola-Helfer, die selbst erkrankt sind, im Notfall nach Europa ausfliegen zu können, lässt die Bundesregierung jetzt ein Spezialflugzeug entwickeln.

Die Beschaffung des Flugzeuges ist Teil eines Bündels neuer Hilfsmaßnahmen, die die Bundesregierung für die Bekämpfung der Ebola-Epidemie plant.

Bis Mitte November soll demnach das erste Flugzeug zur Verfügung stehen. Den Auftrag, eine solche Maschine bereitzustellen, habe die Lufthansa erhalten. Bisher verfügen nur die USA über Jets, in denen Ebola-Kranke sicher transportiert werden können. Die Maschinen wurden auch für bisherige Flüge hochansteckender Patienten nach Deutschland gemietet.

Offenbar kann oder will der Aussenminister nicht zur Kenntnis nehmen, wie dramatisch die Lage dort ist.

Es werden – und zwar sofort – Hunderte von Ärzten und Pflegepersonal benötigt, und hinsichtlich der Evakuierung von erkrankten Pflegern hätte man sich längst mit anderen Ländern wie Grossbritannien absprechen können.

Ein fragwürdiger Gipfel
Diese fragwürdige Veranstaltung namens World Health Summit, die seit 2009 jährlich in Berlin regierungsnah im Auswärtigen Amt stattfindet, hatten wir mehrfach einer scharfen Kritik unterzogen.


World Health Summit …..überflüssig wie ein Kropf

Letztes Jahr waren Big Data an der Reihe, ein Thema, angesichts der weltweiten Probleme in der Gesundheitsversorgung, von durchschlagender Irrelevanz.

Nach der Kritik auch des Herausgebers der führenden Medizinzeitung LANCET, Richard Horton haben sich die Veranstalter offenbar kundig gemacht, was es denn so an Problemen in Sachen Gesundheit in der Welt gibt. Und da sind sie, auf ihrem 6. Gipfel , nun auf die Klimaveränderung, Antibiotikaresistenz – und natürlich, aus aktuellem Anlass, auf Ebola gestossen.

So kann letzteres Thema den Veranstaltern einige Aufmerksamkeit sichern, die sie anderweitig schon lange nicht mehr bekamen..

Ganten und Ebola
Zu Ebola bemerkte der Erfinder der Veranstaltung, Detlev Ganten in einem Interview:

Natürlich geht es besonders auch um Ebola. Das ist derzeit eines der wichtigsten Themen und spielt für uns natürlich eine große Rolle. Welche Strategien sind nötig? Wie können und müssen Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammenarbeiten? Da werden wir ganz klare Aussagen treffen.“

MSF und die WHO
Die Nichtregierungsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) hat längst gezeigt, wie man auf eine solche Epidemie antwortet.

Ihre Warnungen wurden von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Regierungen jedoch nicht ernst genommen, was die WHO angesichts der massiven Kritik auch zögerlich eingesteht.

Die WHO braucht eine komplette Neuausrichtung und Restrukturierung. Die Ebola Epidemie hat deren Schwächen nur allzu deutlich gemacht und gezeigt, wie wenig diese Organisation diesen Herausforderungen gerecht wird.

Und: Die Welt braucht diesen Berliner Gesundheitsgipfel ganz gewiss nicht.

World Health Summit in Berlin – ein Kongress schafft sich ab
World Health Summit in Berlin: viel heisse Luft – ohne Bedeutung für die Lösung der globalen Gesundheitsprobleme
Regional World Health Summit Asia – Nichts als ein Etikettenschwindel
World Health Summit in Berlin: Heisse Luft als Antwort auf weltweite Herausforderungen
2. World Health Summit – Ein weiterer Heißluftballon steigt in den Berliner Kongress-Himmel

Zur Ebola Epidemie
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Medizin

Ein Ende der Transplantationsskandale in Deutschland?

Dr. Alexander von Paleske —- 12.10. 2014 — Nun also auch das Herzzentrum in Berlin, wo offenbar die Warteliste manipuliert wurde: Patienten rutschten unberechtigt auf der Warteliste nach oben, während andere weiter warten, hoffen und bangen mussten, oder gar verstarben.

Ob diese Manipulationen das Resultat von Bestechungen waren, wird zur Zeit untersucht.

Tausende auf Warteliste
Rund 10.000 Menschen warten in Deutschland auf ein lebensrettendes Spenderorgan. Nach Angaben der Deutschen Stiftung für Organtransplantation (DSO) verstirbt alle acht Stunden ein Patient, weil er ein lebensrettendes Spenderorgan nicht erhalten kann.

Nach dem Skandal um Organspenden, ausgehend von dem Klinikum Göttingen, hat die Bereitschaft zur Organspende in Deutschland weiter rapide abgenommen.

Bereits zuvor war sie im Sinken begriffen. Die diversen Skandale haben diesen Trend allerdings beschleunigt. In einer Mitteilung der DSO heisst es dazu:

„Nach dem starken Rückgang der Organspenden in 2012 hat sich diese dramatische Entwicklung in 2013 noch weiter verschärft. Die Zahl der Organspender ist bundesweit um 16,3 Prozent von 1.046 Spender in 2012 auf lediglich 876 gesunken. Dies entspricht einem Durchschnitt von 10,9 Spendern pro eine Million Einwohner, in 2012 waren es noch 12,8 Spender pro eine Million Einwohner. Die Summe der gespendeten Organe sank von 3.511 im Jahr 2012 auf 3.034* in 2013 (-13,6 Prozent). Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 3.247 Spenderorgane aus dem Eurotransplant-Verbund in Deutschland transplantiert, im Jahr 2012 waren es noch 3.706“.

Transplantationsgesetz unzureichend
Der Mangel an Spenderorganen ist zum nicht geringen Teil allerdings auf das im Jahre 1997 verabschiedete Transplantationsgesetz zurückzuführen.

Anders als in anderen europäischen Ländern hält das Transplantationsgesetz – auch nach der letzten Novellierung im Jahre 2012 – am Zustimmungserfordernis fest. Der Patient bzw. seine Angehörigen müssen ihre Zustimmung zur Organentnahme erteilen. Das stellt gerade die behandelnden Ärzte oft vor enorme Schwierigkeiten: Sie müssen den Angehörigen nicht nur den eingetretenen bzw. bevorstehenden Tod mitteilen, sondern auch um die Organentnahme bitten. Insbesondere bei Angehörigen von Unfallopfern eine menschlich sehr schwierige Aufgabe.

Bei der Widerspruchslösung wird die Zustimmung fingiert, es sei denn, der Patient oder dessen Angehörige haben ausdrücklich widersprochen. Damit würde schlagartig der Mangel an Spenderorganen beseitigt bzw. drastisch vermindert werden und die behandelnden Ärzte von der Aufgabe, eine Einwilligung einzuholen, entbinden.

Novellierung abgelehnt
Die Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, in bester Erinnerung wegen ihres Dienstwagenskandals, nunmehr Vizepräsidentin des deutschen Bundestages, lehnte 2007 die Vorschläge des Ethikrates jedoch ab, und weigerte sich, eine entsprechende Novelle zum Transplantationsgesetz einzubringen.

Damals wäre dies sicherlich einfacher in Gesetzesform zu giessen gewesen als heute, wo es nach den Transplantationsskandalen zu einem dramatischen Vertrauensverlust in die Ärzteschaft gekommen ist.

Zwar geht es bei dem jetzigen Skandal um gezinkte Wartelisten, aber dieser Vertrauensverlust wirkt sich natürlich dann auch auf die Feststellung des Todeszeitpunkts aus, wann also eine Organentnahme durchgeführt werden darf. Bisher war dies in Deutschland kein ernsthaftes Problem, obgleich es offenbar auch hier einige Fehler gab.

Die Transplantationsskandale verhindern so auch eine dringend notwendige Änderung des Transplantationsgesetzes.

Es wird also vorläufig dabei bleiben: Zu wenige Spenderorgane, viele verzweifelte Patienten – und ein Rest-Risiko für weitere Manipulationen an der Warteliste.

Sinkende Bereitschaft zur Organspende und Vertrauensverlust: Die Folgen der Ärzteskandale in Deutschland

Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen

Arzt zu Schmerzensgeld wegen Verletzung der Aufklärungspflicht verurteilt – richtiges Urteil?
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Zu Ulla Schmidt
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Medizin

Ebola, Malaria, Medikamentenresistenz und die Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Dr. Alexander von Paleske —– 9.8.2014 —- Seit Anfang des Jahres wütet die Ebola-Epidemie in Westafrika. Mittlerweile sind mehr als 900 Menschen daran gestorben.


……Möglichst rasch beerdigen

Nach der Unterschätzung die blanke Angst
Nachdem zunächst die Menschen in den betroffenen Ländern die Gefährlichkeit unterschätzt, oder sogar dem Vorhandensein der Epidemie keinen Glauben schenkten, greift nunmehr die blanke Angst um sich: Krankenhauspersonal, das prozentual die meisten Toten zu beklagen hatte, verlässt in Scharen die Krankenhäuser. Verstorbene werden bei Nacht von Angehörigen auf der Strasse „entsorgt“, aus der Furcht, dass Angehörige in Quarantäne gesteckt werden.


Auf der Strasse von Monrovia kollabiert – niemand hilft aus Furcht vor Ansteckung. Screenshot: Dr. v. Paleske

WHO und Ebola: Johnny come lately
Obwohl die Epidemie Anfang des Jahres ausbrach, ist erst in den vergangenen Wochen die WHO sichtbar in Aktion getreten – viel zu spät. Bei rechtzeitigem Eingreifen hätte die Epidemie sich vermutlich, wie auch in den vorangehenden Ausbrüchen im Osten Afrikas, begrenzen lassen.

Die WHO hatte aber offenbar gehofft, die Epidemie würde genau so verlaufen, wie die letzten im Länderdreieck Kongo/Uganda und Sudan. Ein naiver Irrglaube.

Es hätte eigentlich ziemlich rasch klar sein müssen, dass in einem Gebiet, wie jetzt in den Ländern Guinea, Sierra Leone und Liberia, in dem die Ebola Epidemie erstmals ausbricht, noch dazu in Ländern wie Sierra Leone und Liberia, die jahrelangen Bürgerkrieg hinter sich haben, eine weitaus grössere Gefahr der Weiterverbreitung besteht, deshalb wesentlich umfassende Anstrengungen erforderlich sind, um des Ausbruchs Herr zu werden.

Immer wieder Ärzte ohne Grenzen
Und so war es wieder einmal die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF), die sofort einsprang, und vorbildliche Arbeit leistete, aber auch rechtzeitig realisierte, dass sie allein der Epidemie nicht Herr werden könne, sie an ihre Grenzen gestossen sei, und um grössere internationale Hilfe bat, wir berichteten darüber.

Unbeweglich und unfähig
Mehrfach haben wir die WHO kritisiert, nicht nur wegen ihrer Unbeweglichkeit, sondern auch der Unfähigkeit die ihr gestellten Aufgaben angemessen zu bewältigen.
Dazu tragen auch die Seilschaften bei, die sich im Hauptquartier und in den Regionalquartieren gebildet haben. Oftmals sind es Gesundheitspolitiker, die sich hier einen lukrativen Sesseljob sichern, „Man kennt sich ja“.

Augenfällig insbesondere auch das Versagen in der zeitigen Warnung vor der Antibiotikaresistenz, und das Fehlen der Forderung nach Abschaffung des Einsatzes von Antibiotika in der Tiermast als Schrittmacher.



WHO-Hauptquartier in Genf ….zahnloser, teurer Tiger.
Screenshot: Dr. v. Paleske

Dann die Unfähigkeit in der Choleraepidemie im südlichen Afrika im Jahre 2008 rechtzeitig tätig zu werden

Zunehmende Malariaresistenz und gefälschte Medikamente
Ebenfalls nicht rechtzeitig vor der Zunahme der Resistenz der Malariaerreger gegen Medikamente gewarnt, und den Kampf gegen gefälschte Medikamente organisiert zu haben.

Jährlich sterben an der Malaria weltweit rund 800.000 Menschen.
Die Erreger der Malaria sind mittlerweile gegen die meisten der einst wirksamen Medikamente wie Chloroquin resistent, wir berichteten darüber. Eine der Ursachen: Gefälschte Medikamente.
Weltweit sind 15% aller Medikamente gefälscht in einigen Ländern wie Nigeria sind es geschätzt über 70%.

Forscher der Universität Oxford untersuchten im Zeitraum von 2002 bis 2010 in Asien und Afrika eindeutig gefälschte Anti-Malaria-Medikamente auf ihre Zusammensetzung. Die gefälschten Medikamente stammten unter anderem auch aus Nigeria, Südafrika und China.

Immer wieder fanden die Forscher in den gefälschten Medikamenten in geringen Mengen die heute noch hochwirksame Anti-Malaria Arznei Artemisinin. Die Unterdosierung könnte auch dieses Medikament längerfristig vollständig oder teilweise wirkungslos machen.

Das New England Journal of Medicine veröffentlichte jüngst eine Studie, die belegt, wie hoch der Anteil gegen Artemisinin resistenter Erreger im Grenzgebiert Thailand/Kambodscha bereits ist. Das Gebiet ist ebenfalls ein Eldorado für gefälschte Medikamente.

Eine schleichende Katastrophe, da Alternativ-Medikamente bisher und in der nahen Zukunft nicht verfügbar sind.

Fazit:
Viel muss sich bei der WHO ändern, damit nicht alles beim alten bleibt.

Die gute BILD-Zeitung, der gute US-Arzt und das böse Virus
Ebola-Fieber: eine Epidemie gerät ausser Kontrolle

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Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit

Im Profil: Chinesische Pharmazie-Forscherin Tu Youyou

Medizin

Die gute BILD-Zeitung, der gute US-Arzt und das böse Virus

Dr. Alexander von Paleske —– 27.7. 2014 —–
Er wollte denen helfen, die von einer der schlimmsten Seuchen dieser Welt betroffen sind: Jetzt hat sich der Arzt Kent Brantly bei seinem Hilfseinsatz in Liberia selbst mit dem gefährlichen Ebola-Virus infiziert

– so heisst es heute in der BILD.

Zutreffend, aber ….
Die Geschichte stimmt. Der US-Arzt hatte die nötige Schutzkleidung, und hat sich trotzdem infiziert, möglicherweise über eine Nadelstichverletzung, das geht aus dem Bericht nicht hervor. Eine Tragödie allemal.

In der Sunday Times (Südafrika) findet sich heute ein Artikel etwas anderer Art. Dort wird berichtet, dass sich auch der Arzt Dr. Sheik Umar Khan mit dem Virus infiziert hat.


Sunday Times 27.7. 2014

Dr. Khan aus Sierra Leone leitete die Massnahmen zur Eindämmung der Seuche. Mittlerweile haben sich 1093 Menschen angesteckt, 632 sind daran verstorben.

Die Krankenschwestern und Pfleger im Krankenhaus Kenema in Sierra Leone, einem Hotspot des Ebola Ausbruchs, traten in den Streik, nachdem bereits drei ihrer KollegInnen an der Ebola-Krankheit verstorben sind. Sie haben offenbar nicht die nötige Schutzkleidung und nicht genügend Personal, sodass sie einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind.

Keinen Bericht wert
Von diesem Pflegepersonal und dem Arzt Dr. Khan berichtete nur die britische BBC. Es handelt sich ja auch „nur“ um lokales medizinisches Personal, nicht um US-Bürger.

Gegen das „böse“ hochgefährliche Virus hätte bei nötiger Anstrengung längst ein Impfstoff entwickelt werden können – hätte. Aber da die Epidemie bisher immer nur in den ärmsten afrikanischen Ländern auftrat, und recht schnell unter Kontrolle gebracht werden konnte, bestand kein Handlungsbedarf , auch nicht für die Pharma-Industrie, denn zu verdienen gab es hier ohnehin nichts

So breitet sich die Seuche weiter aus, in Nigeria wurde jetzt der erste Krankheitsfall diagnostiziert.

Mehr Hilfe nötig
Mehr internationale Hilfe ist dringend erforderlich, um die Seuche einzudämmen. Bereits im Juni hatte die Organisation Ärzte ohne Grenzen, die sofort nach dem Ausbruch Hilfe leistete, in einem Appell um Unterstützung gebeten, sie sei an die Grenze ihrer Kapazitäten gelangt.

NACHTRAG 30.7. 2014
Dr. Sheik Umar Khan, der zur Behandlung nach Hamburg ausgeflogen werden sollte, ist gestern seiner Krankheit erlegen. Er starb in einer Klinik im Norden Sierra Leones.

Ebola-Fieber: eine Epidemie gerät ausser Kontrolle

Medizin

Ebola-Fieber: eine Epidemie gerät ausser Kontrolle

Dr. Alexander von Paleske — 26.6. 2014 — Der Hilferuf der Organisation Ärzte ohne Grenzen, keine Kapazitäten mehr zur Verfügung zu haben, um die weitere Ausbreitung der Ebola-Epidemie in Westafrika erfolgreich einzudämmen, hat international breiten Widerhall gefunden. Selbst das „Revolverblättchen“ BILD berichtete darüber.

Grössere internationale Hilfe ist aber bisher nicht eingetroffen.

Mehrere Länder betroffen
Anders als in früheren Epidemien, die sich vorwiegend im Länderdreieck Uganda, Demokratische Republik Kongo und Süd-Sudan abspielten, und sehr schnell eingedämmt werden konnten, hat sich diese Ebola-Epidemie vom westafrikanischen Guinea aus in mehrere Nachbarländer ausgebreitet: Sierre Leone, Liberia und Elfenbeinküste meldeten Erkrankungsfälle, und die Zahl der Infizierten und Toten steigt scheinbar unaufhaltsam weiter.


Guinea mit dem Ort Gueckedou, von wo die Epidemie ihren Ausgang nahm


Sierra Leone – wohin sie sich ausbreitete


Liberia, die nächste Station. Screenshots: Dr. v. Paleske

Leichte Übertragbarkeit, hohe Todesrate
Ebola gehört zu den viralen Infektionskrankheiten mit leichter Übertragbarkeit, also hoher Ansteckungsrate, in der Regel durch direkten Kontakt mit schon sehr geringen Mengen von Körperflüssigkeiten der Erkrankten.

Die Erkrankung verläuft bei den in Afrika vorherrschenden Ebola Subtypen in 70-90 % der Fälle tödlich, nur bei dem auf den Philippinen beheimateten Ebola-Virusstamm verläuft sie wesentlich milder, kann offenbar sogar inapparent verlaufen.

Die afrikanischen Ebola-Viren führen zum Multiorgan-Versagen mit ausgedehnten Blutungen. Ebola-Fieber gehört damit in die Gruppe der sog. hämorrhagischen Fiebererkrankungen, wozu auch Viruserkrankungen wie Marburg-Fieber, Dengue-Fieber, Gelbfieber, Chikungunya-Fieber, Krim-Kongo-Fieber und andere gehören.

Fledermäuse als Virusreservoir
Das Virusreservoir sind offenbar bestimmte Fledermausarten, bei denen Bruchstücke des Virus nachgewiesen werden konnten. Der genaue Übertragungsweg ist nach wie vor nicht bekannt.

Wirksame Medikamente zur Behandlung der Erkrankung gibt es bisher nicht, auch wenn das Infertilitätsmedikament Clomiphen offenbar das Andocken ähnlicher Viren im Mäuseversuch verhindern konnte.

Das Virus, sofern die Erkrankung überstanden wurde, hinterlässt eine dauerhafte Immunität. Das Rekonvaleszenzserum derartiger Patienten kann offenbar zur Krankheitsbehandlung verwendet werden, allerdings gibt es auch darüber keine gesicherten Daten.

Impfung wäre vielversprechend
Die Tatsache, dass eine geringe Anzahl von Patienten überlebt, also das Virus mit Hilfe körpereigner, nach Viruskontakt gebildeter Antikörper eliminiert, macht eine Impfung vielversprechend.

Einige Ansätze dazu gibt es bereits, aber keines der bisher entwickelten impfseren hat es bisher in die klinische Prüfung geschafft.

Wenig lukrativ
Das ist kaum überraschend: Die Ebola-Krankheit, die selbst in den medizinischen Mikrobiologie-Lehrbüchern keine Erwähnung findet, und natürlich weder zum Unterrichtsstoff des Medizinstudiums, noch zum Prüfungsstoff der ärztlichen Prüfungen gehört, hat bisher auch nicht das Interesse der pharmazeutischen Industrie zu wecken vermocht.


Standard Lehrbuch – Ebola kein Thema

Der Grund: Von Ebola-Epidemien sind ausschliesslich arme Länder betroffen. Bisher ist keine der Epidemien nach Europa oder die USA übergeschwappt.

Mit einem Impfstoff liesse sich also kein Geld verdienen.

Ausserdem waren die bisherigen Epidemien durch sofort angelaufene strikte Isolierungs- und Hygienemassnahmen, insbesondere auch bei der Bestattung von Verstorbenen, in den Griff gebracht worden: siehe dazu die Liste der bisherigen Ausbrüche und Todesfälle.

Bisher nicht vorgekommen
Eine derartige Epidemie wie die jetzige, die sich sukzessive über mehrere Länder ausbreitet, gab es bisher nicht. Und vor allem nicht in einigen Ländern Westafrikas, wo sie jetzt erstmalig auftritt.

Länder wie Uganda und die DRC (früher: Zaire), welche schon mehrere Ausbrüche von Ebola Fieber hatten, sind einigermassen gut ausgerüstet für das sofortige Erkennen, und die notwendigen Isolierungsmassnahmen.

Auch hat sich in der dortigen Bevölkerung ein gewisser Erkenntnisstand verbreitet, mit der Akzeptanz von strikten Isolierungs- und Hygiene-Massnahmen, darunter auch die an Ebola-Fieber Verstorbenen entgegen der Tradition nicht zu waschen, oder auch nur anzufassen, sondern unverzüglich zu bestatten.

Völlig unvorbereitet
Insoweit trifft die neue Epidemie die westafrikanischen Länder völlig unvorbereitet, und ohne wenigstens Minimalkennnisse in der Bevölkerung über diese Erkrankung.

Deshalb fallen die Forderungen nach strikter Isolierung und strikter Hygiene bei vielen Betroffenen und deren Familien auf taube Ohren, zumal das notwendigerweise in Schutzanzügen auftretende medizinische Personal nicht gerade als Vertrauen einflössend wahrgenommen wird.


Medizinisches Personal in Schutzanzügen. – Screenshot: Dr. v. Paleske

So ist die weitere Krankheitsausbreitung kaum überraschend.

Der Hilferuf der Organisation Ärzte ohne Grenzen, die wieder mal als Erste tatkräftige Hilfe leistete, sollte unmittelbare internationale Hilfsleistungen zur Folge haben.

Ausserdem sollte die Entwicklung eines Impfstoffes endlich energisch genug vorangetrieben werden. Auf die Pharmaindustrie, die schon die Produktion von bereits voll entwickelten Impfstoffen gegen Hepatitis E einstellte, weil sich damit kein Geld verdienen liess, wir berichteten darüber, sollte sicher nicht gesetzt werden.