Medizin

Wie gefährlich ist das neue Corona-Virus NCoV?

Dr. Alexander von Paleske — 14.5. 2013 —- 28 Infizierte, 18 Tote – täglich erscheinen neue Schreckens-Zahlen. Aber wie gefährlich ist das Virus tatsächlich? Wie gross ist insbesondere die Ansteckungsgefahr?

Zunächst zum Virus:
Es handelt sich um ein Coronavirus, benannt nach den Spikes auf seiner Aussenhülle.


Corona-Virus (schematisch)


Corona Virus – EM-Aufnahme

Bei Vögeln und Säugetieren sind Coronaviren als Erreger von schwerer Bronchitis und Gastroenteritis (Magen-Darminfektionen) bekannt.

Bis zum Auftreten der SARS-Epidemie 2002 / 2003, die ebenfalls durch ein bis dahin nicht als humanpathogen bekanntes Coronavirus ausgelöst wurde, waren nur 4 Typen von humanpathogenen Coronaviren bekannt, die bei Menschen die oberen Atemwege befallen, aber vergleichsweise nur milde Erkrankungen hervorrufen.

Diese Corona-Viren werden für 10-25% aller Schnupfenfälle, Enzündungen des Rachens und des Mittelohres verantwortlich gemacht.

Auch der Magen-Darmtrakt kann befallen werden, und ganz selten kann eine schwerst verlaufende sog. nekrotisierende Darmentzündung bei Neugeborenen hervorgerufen werden.

Die neuen humanpathogenen Corona-Viren
Sowohl das SARS-Corona-Virus, als auch das jetzige NCoV waren offenbar bei Fledermäusen verbreitet, die diese Viren offenbar auf eine oder mehrere andere Tierarten übertrugen, und diese dann auf den Menschen.

Zur Übertragung von Fledermäusen auf Tiere, bzw. von befallenen Tieren auf Menschen müssen Mutationen stattgefunden haben, die eine Adaption zunächst an eine andere Tierart und dann an den Menschen ermöglichten.

Bei der SARS-Infektion waren es Zibetkatzen, beim neuen NCoV ist der Übertragungsweg bisher nicht geklärt. Möglicherweise sind es auch hier wieder Haustiere.

Die bisher bekannt gewordenen Zahlen lassen zwei Schlüsse zu:

1. Die Übertragungsrate ist offenbar gering, aber anders, als zuerst angenommen, ist die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch möglich. Dafür ist allerdings eine körperliche Nähe zu der Infizierten Person erforderlich, vermutlich weil eine grössere Menge infektiösen Material erforderlich ist (Tröpfcheninfektion nach Niesen und Husten ). Vermutlich auch, weil das Virus ausserhalb der Körpers nicht überlebensfähig ist.

2. Die Letalität, d.h. der Prozentsatz der Infizierten, der an der Infektion stirbt ist aber sehr hoch, insbesondere wenn der Patient noch an anderen Erkrankungen wie z.B. Diabetes leidet.

Das Virus vermehrt sich erst in den oberen Atemwegen (Nase, Rachen), alsdann findet ein Etagenwechsel in die Lunge statt, mit einer schweren Lungenentzündung bis zum Respiratory Distress Syndrom, dem Lungenversagen.

Bakterielle Superinfektionen können komplizierend hinzukommen.
Auch die Nieren können befallen werden, mit der Folge des Nierenversagens.

Bei der SARS-Epidemie im Jahre 2002 /2003 war es genau umgekehrt: Die Ansteckungsrate war hoch, das Virus war ausserhalb des Körpers für 1-2 Tage überlebensfähig, die Letalität (Todesrate) betrug jedoch „nur“ 10%.

Praktisch bedeutet das, es könnte gelingen, die Ausbreitung der neuen Infektion unter Kontrolle zu bekommen. Von den Kontaktpersonen der Infizierten – insgesamt weit mehr als Hundert -sind bisher nur wenige infiziert worden.

Eine konsequente Isolierung der Patienten und Überwachung der Kontaktpersonen ist jedoch zwingend notwendig.

Allerdings ist die Identifizierung der Tierspezies, die als Überträger wohl verantwortlich ist, nicht weniger dringend. Eine Spezies, die möglicherweise gar nicht an der Infektion verstirbt.

Solange der Übertragungsweg nicht geklärt ist, kann es weiterhin zu vermuteten Tier—Mensch Neuinfektionen kommen.

Die effektive Beherrschung des Ausbruchs setzt auch voraus, dass es bei der gegenwärtigen Infektiosität des Virus bleibt, also nicht zusätzliche Mutationen die Infektiosität steigern.

Die nächsten Wochen werden hoffentlich weitere Aufklärung bringen. Und damit eine effektive Kontrolle.

Vogelgrippe H7N9 in China: Eine neue gefährliche Epidemie?

Welt Aids-Kongress in Wien, die HIV-AIDS-Leugner laden zum Gegentreffen

Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft

Medizin

Vogelgrippe H7N9 in China: Eine neue gefährliche Epidemie?

Dr. Alexander von Paleske — 22.4. 2013 — Ende März wurden in der Volksrepublik China die ersten Fälle einer schweren, oftmals tödlichen Infektionskrankheit bei Menschen bekannt, verursacht durch das bis dahin nur in der Tierwelt, und zwar vorzugsweise bei Vögeln und Geflügel, auftretende Virus A/ H7N9, ein sog. Orthomyxovirus, zur Gruppe der Grippeviren gehörend.

Übereilte Entwarnung
Sofort meldeten sich Virologen, wie Professor Ian Jones von der Universität in Reading (Grossbritannien), zu Wort, die nach Auftreten der ersten Krankheitsfälle vorläufige Entwarnung gaben:

Professor Ian Jones …..vorzeitige Entwarnung-
Screenshot: Dr. v. Paleske

Es handele sich:

– um einen Einzelfall

– keine Übertragung von Mensch zu Mensch, sondern in sehr seltenen Fällen nur von Tier zu Mensch

– auf diese eine Familie beschränkt, von der vermutlich jeder mit der Infektionsquelle in Berührung kam.

Im Detail::

Ian Jones, a professor of virology at Britain’s University of Reading, said at this stage there was no cause for alarm. „At the moment I don’t think it’s anything more than an unusual set of isolated cases.“

He said three types of avian influenza – H5, H7 and H9 – were considered by experts to be a potential threat to humans. Since there was no evidence to date of human-to-human transmission, or of clusters of cases around those few confirmed so far, authorities should be watchful but need not enact emergency measures, Jones said.

„Of course we need to take account of these cases and follow up the contacts and so on, but I think that’s where it rests at the moment,“ he said. „It’s far too soon to assume this is the start of something.“

Ähnlich äusserte sich der Leipziger Professor Bernhard Ruf.

Danach hätte es ja eigentlich keine weiteren Fälle mehr geben dürfen, denn die Infektionsquelle war mittlerweile beseitigt. Und da es eine Übertragung von Mensch zu Mensch ja angeblich nicht gab, wäre der Spuk ja alsbald vorbei.

Spuk nicht vorbei
Der „Spuk“ war aber nicht vorbei, im Gegenteil: Die bisherige Zahl der Infizierten stieg auf über 100, 20 Erkrankte starben.

Das legt einen ganz anderen Schluss nahe: es hat offensichtlich eine Mutation stattgefunden, die das Virus befähigte, sich auch im Menschen festzusetzen und zu vermehren, und zwar nicht nur als absolut rare Ausnahme.

Eine derartige Mutation, entweder als Spontanmutation, oder -viel häufiger- als Mutation, bei der genetisches Material von einem anderen menschenpathogenen Virus übernommen wird, ist natürlich nichts Neues. Insbesondere Schweine, wenn koinfiziert mit einem humanpathogenen und tierpathogenen Virus, fungieren als „Mischgefass“ (Hahn, Kaufmann, Schulz, Sauerbaum, Lehrbuch Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie, 6 Aufl. 2008 S. 490), wo also genetische Bruchstücke ausgetauscht werden können.

Die Massentierhaltung wirkt dabei als Brandbeschleuniger dieser Koinfektion, da sie der generellen Infektionsbereitschaft der auf engem Raum zusammengepferchten und gestressten Schweine deutlich Vorschub leistet.

Neue Bruchstücke, andere Opfer
Mit dem Erwerb neuer Genbruchstücke (Info-Bruchstücke wenn man so will) können die Viren auch andere Opfer finden . Und das geschah offenbar mit dem neuen – alten – Virus H7N9, altbekannt als aviäres Virus- neubekannt als humanpathogenes Virus.

Insofern ist es völlig unsinnig, hier von einem statischen Zustand zu sprechen.

Was dieses Virus, so es sich weiter ausbreitet, gefährlich macht, ist zweierlei:

– Einmal die offenbar nichttödlich verlaufende Infektion bei Vögeln und Geflügel – anders als bei der Infektion mit dem Vogelgrippe-Virus H5N1, wo tote Vögel und Geflügel den Verdacht auf Vogelgrippe lenken, und zu virologischen Untersuchungen führen. Die Erkennung von mit H7N9 Viren infizierten Vögeln und Geflügel wird dadurch ausserordentlich erschwert.

– dann die hohe Todesrate (Letalität) der daran erkrankten Menschen, die zur Zeit bei über 20% liegt.

Die Betroffenen leiden an einer schweren Grippepneumonie, wobei das Virus teils direkt Todesursache ist, teils als Schrittmacher für folgende bakterielle Infektionen dient, die dann die unmittelbare Todesursache sind..

Direktübertragung von Mensch zu Mensch?
Mittlerweile ist aber nicht nur eine erhöhte Übertragung von Vögeln / Geflügel auf den Menschen nachgewiesen, sondern es wird die Möglichkeit der Übertragung von Mensch zu Mensch ernsthaft in Erwägung gezogen: sowohl seitens der Weltgesundheitsorganisation (WHO), als auch von den Gesundheitsbehörden Chinas.

-……….hält Mensch zu Mensch Übertragung für möglich
Screenshot: Dr. v. Paleske

Das ist anders als bei der Vogelgrippe H5N1, wo bisher eine Übertragung von Mensch zu Mensch (noch) nicht nachgewiesen ist, sondern „nur“ von Tier zu Mensch, das Virus aber im Labor bereits „scharf“ gemacht werden konnte.

Zeit für Alarmisten und Virusleugner?
Die Virusleugner wollen wir rasch abhandeln, weil sie unwissenschaftlichen Quark verbreiten, unter anderem leugnen sie sowohl die Gefährlichkeit der Vogelgrippe, als auch die Existenz und /oder die Gefährlichkeit des HIV-AIDS-Virus.

Alarmisten sind allerdings auch nicht dienlich, die sofort wieder nach einem Impfstoff rufen, wie beim Schweingrippe-Virus H1N1.

Mittlerweile haben epidemiologische Untersuchungen in Schweden und Finnland ergeben, dass dieser Impfstoff gegen die Schweinegrippe für die signifikant erhöhte Zahl von an Narkolepsie Erkrankten verantwortlich ist. Zwar ist die Rate der davon Betroffenen klein: 1 Fall pro 55.000 Impfungen. Aber für die Betroffenen ist das kaum ein Trost, denn Narkolepsie ist keine Bagatelle. Details zu diesem Krankheitsbild siehe hier.

Rasche Klärung vonnöten
Erforderlich ist jetzt eine rasche Aufklärung:

– Welche Tiere und Tierarten sind betroffen?

– In welchem Umfang infiziert?

– sowohl innerhalb als auch ausserhalb Chinas?

– Wie hoch ist die Übertragungswahrscheinlichkeit von Tier zu Mensch, und ggf von Mensch zu Mensch?.

Die Ergebnisse dürften in ein paar Wochen vorliegen. Bis dahin gibt es weiterhin keinen Grund zur Entwarnung..

Welt Aids-Kongress in Wien, die HIV-AIDS-Leugner laden zum Gegentreffen

Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft

Medizin

Der ARZNEIMITTELBRIEF zur Krise der Antibiotikaresistenz

Dr. Alexander von Paleske —– 9.4. 2013 —-
Der Arzneimittelbrief (AMB) ist eine medizinische Fachzeitschrift, die sich vor allem mit Wirkungen und unerwünschten Nebenwirkungen von Arzneimitteln beschäftigt. Der AMB erscheint monatlich, enthält keinerlei Werbung, und wird seit 1967 von klinisch und pharmakologisch erfahrenen Ärzten herausgegeben, die sich dem Ziel verpflichtet fühlen, Arzneimittel rational einzusetzen, und deren Einsatz kritisch zu hinterfragen.

Rarität im medizinischen Blätterwald
Eher eine Rarität angesichts der Fülle von medizinischen
Zeitschriften, die oftmals nicht nur von Werbumg strotzen sondern deren Artkel nicht selten nach der Devise redigiert werden: „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“

Herausgeber des AMB sind:

– der Berliner Nephrologe Dr. Dietrich von Herrath, Mitglied des Fortbildungsausschusses der Ärztekammer Berlin

– der Berliner Hämatologe und Onkologe Prof. Wolf-Dieter Ludwig, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft

Ich habe den AMB seit 1979 abonniert, und viele nützliche Informationen daraus gewonnen.

In der neuesten Ausgabe des AMB (März 2013) findet sich ein Leitartikel, der sich ausführlich mit der zunehmenden Antibiotikaresistenz von Bakterien und deren Ursachen beschäftigt:

Infektionen mit Antibiotika-resistenten Gram-negativen Bakterien nehmen zu – die Rolle der Umwelt.


AMB März 2013

In der Zusammenfassung heisst es:

– Der übermässige Gebrauch von Antibiotika in der Medizin und in der Massentierhaltung hat besonders bei gram-negativen Bakterien zu komplexen Resistenzen geführt, die sich rasch verbreiten.

– Hierbei spielt der Austausch mobiler, Resistenzinformationen tragender Gene von Bakterium zu Bakterium (hotizontaler Austausch) eine entscheidende Rolle.

– Diese spezielle Form der Resistenzentwicklung findet in unserer Umwelt zunehmend dort statt, wo Bakterien aus medizinischen Einrichtungen und aus der Massentierhaltung mit anderen Bakterien zusammentreffen, z.B. in Kläranlagen und Gewässern.

– Insbesondere die ESBL (Extended Spectrum Betalactamases ) und die Carbapenem-Resistenzen sind auf diesem Weg entstanden. Infektionen mit diesen Erregern nehmen zu und sind zum Teil schwer zu behandeln.

– Immer wieder neue (und teure) Antibiotika zu entwickeln wird diese Probleme letztlich nicht verringern. Es muss auch Einfluss auf die ökologische Gesamtsituation genommen werden.

Selbst World Economic Forum warnt
Vom World Economic Forum – nicht zu verwechseln mit dem World Health Summit, den wir gerade einer massiven Kritik unterzogen haben – werden die durch resistente Bakterien verursachten Infektionen mittlerweile als eines der grössten Gesundheitsrisiken der Zukunft eingestuft.

Von da an ging’s bergab
Seit 2004 kommt es zu einem dramatischen Anstieg dieser Infektionen.
Infektionen durch ESBL-enthaltende E-Coli-Bakterien sind von deutlich unter 10% im Jahre 2004 auf 11,6% im Jahre 2008 angestiegen, ESBL enthaltende Klebsiellen gar auf 17%.
Tendenz: Weiter zügig aufwärts. Siehe hier und hier.

Reistente Klebsiellen waren auch für Infektionen und Todesfälle auf Neugeborenen-Stationen in Bremen, Berlin und Leipzig verantwortlich.

Zurück in die Nahrungskette
Antibiotika, insbesondere wenn sie nur langsam abgebaut werden, gelangen über die Abwässer und die Düngung von Feldern wieder in die Nahrungskette.

Nicht besser sieht es bei Fischen aus, die mit Abwässern in Berührung kamen, oder – häufiger – in Fischfarmen mit Antibiotika gefüttert werden.

Jährlich tonnenweise Antibiotika
In Grossbritannien wurden in den Jahren 2006 bis 2011 jährlich bis zu 400 Tonnen Antibiotika in der Tierzucht verbraucht (in Deutschland sind es 1760 Tonnen insgesamt in der Veterinärmedizin pro Jahr, der grösste Teil in der Massentierhaltung) .

Davon tauchen rund 15% als Dünger oder durch Beregnung mit Abwässern wieder auf den Feldern auf, und gelangen so in die Nahrungskette.

Auch unter dem Selektionsdruck resistent gewordene Bakterien tauchen in den Nahrungsmitteln auf, die diese Resistenz-Info im Darmtrakt der Konsumenten dann an dort befindliche fakultativ pathogene Keime weiterreichen.
Dies gilt insbesondere für Geflügel aus der Massentierhaltung

Vorschläge zur Schadensminderung
Der Artikel im Arzneimittelbrief beschränkt sich jedoch nicht nur darauf, dieses Horrorszenario aufzuzeigen, sondern macht gleichzeitig Vorschläge, wie diese Umweltbelastung deutlich vermindert werden kann.

Bei der Abwasserbehandlung:

– durch besondere Entsorgung der Krankenhausabwässer

– Reduktion der mikrobiellen Kontamination durch neue Technologien. z.B. UV-Behandlung

– durch Membran und Ozontechnologie zur Entfernung von Arzneimitteln aus dem Abwasser

In der Landwirtschaft

– durch Reduktion des Antibiotikaverbrauchs in der Nutztierhaltung

– durch Vermeidung von Massentierhaltung

– durch eine Viehhaltung in genügendem Abstand zu Fliessgewässern

– durch Vermeidung bzw. Verminderung der Düngung der Felder mit Fäkalien von Mensch und Tier

– durch besondere Behandlung des Abwassers aus der Viehhaltung

In der Medizin und Veterinärmedizin:

– durch zielgerichteten und reduzierten Einsatz von Antibiotika

– durch Verwendung von leicht abbaubaren Antibiotika

– durch Entwicklung von Alternativen zur Antibiotikatherapie.

Dieser AMB-Artikel ist wesentlich präziser als der Bericht Professor Ansgar Lohses vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Sprecher der Arbeitsgruppe „Infektionsforschung und Gesellschaft“.

Mehr noch, er fordert mit Vorschlägen zum unverzüglichen Handeln auf, da die Zeit drängt-

linkGrossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Neue schlechte Nachrichten zur bakteriellen Resistenz gegen Antibiotika
Putenlaster-Unfall, kranke Puten und grüne Stellungnahmen zu schwarzer Zukunft
Erst Bremen, jetzt Leipzig – Die Antibiotikaresistenz breitet sich aus

Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung
Frühchentod und Antibiotikaresistenz

Antibiotikaresistenz: Nach Pest, Tripper, MRSA, NDM-1, TB, Campylobacter nun die Salmonellen
Bleibt die Gonorrhoe (Tripper) behandelbar?
Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz – eine Nachbemerkung
Pest-Seuche und Antibiotika-Resistenz

Antibiotika oder Massentierhaltung?

Der Dioxin-Skandal flaut ab, die Probleme der Massentierhaltung bleiben
Hilflos bei Infektionen – Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft
Bittere Pillen für die Dritte Welt
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Zur Ministerin Aigner
Will Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner uns für dumm verkaufen? – Ein Kommentar zur geplanten Reform des Tierarzneirechts
Verband zur Förderung der Massentierhaltung Deutschlands (VEFMAD) dankt der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner

Medizin

Regional World Health Summit Asia – Nichts als ein Etikettenschwindel

Dr. Alexander von Paleske — 7.4. 2013 —-
Morgen beginnt in Singapur eine Konferenz, die sich „Regional World Health Summit Asia nennt.

Angesichts

– der neu ausgebrochenen Erkrankungen in China mit dem Virus H7N9, das erstmalig beim Menschen nachgewiesen wurde und bereits mehrere Todesopfer gefordert hat

– der sich weiter ausbreitenden Dengue-Epidemie, gerade auch in Südost-Asien

– einer neu aufgetretenen Corona Virus Krankheit, die bereits mehrere Todesopfer forderte

– der zunehmenden Resistenz der Malaria-Erreger gegen herkömmliche Anti-Malaria-Medikamente, insbesondere an der kambodschanisch-thailändischen Grenze

– der zunehmenden Ausbreitung und wachsenden Resistenz der Tuberkulose-Bakterien (MDR, XDR, TDR) gegen die herkömmlichen Tuberkulostatika

– der zunehmenden Resistenz der Bakterien gegen Antibiotika auch und gerade dank der Massentierhaltung

– der immer noch ungenügenden Versorgung HIV-Infizierter mit antiretroviralen Medikamenten

– der weiten Verbreitung der Fake Drugs, Scheinmedikamenten, (gerade wurden in China 20.000 Personen verhaftet, die diese Counterfeit Drugs herstellten oder verbreiteten, im Gesamtwert von 2,6 Milliarden US Dollar, LANCET vom 2.3. 2013)

– der insbesondere angesichts der globalen Krise spärlicher fliessenden Mittel für den Global Fund zur Bekämpfung von AIDS, TB und Malaria

könnte man einiges von der Konferenz an Antworten auf die bzw. Vorschlägen zur Lösung von den schweren Probleme(n) im Gesundheitswesen erwarten, angesichts des hochtrabenden Namens – könnte man….

Wo der Hase langläuft
Ein kurzer Blick auf das Tagungsprogramm zeigt jedoch gleich, wo der Hase langläuft:
Begonnen wird – nach zwei Begrüssungsvorträgen, die zu den drängenen Fragen nichts Wesentliches beitragen , mit einer „ Industry Leaders‘ Roundtable Discussion“ über 1 ¼ Stunden. Thema:

Sustainable Innovations for Healthcare in Asia – An Industry Perspective”

Teilnehmer sind:

– Osamu Nagayama | Chief Executive Officer | Chugai Pharmaceutical Co., Ltd. | Japan

– Vladimir Makatsaria | Chairman Asia Pacific | Johnson & Johnson | Singapore

– Andreas Busch | Head of Global Drug Discovery and Member of the Executive Committee | Bayer HealthCare | Germany

– Ferry Soetikno | President Director | Dexa Medica | Indonesia

– Alex Chang | Head of Asia Cluster | Novartis | Singapore

Die hier genannten Hauptprobleme, werden, wie dem Tagungsprogramm zu entnehmen ist, auf dieser Konferenz – wenn überhaupt – bestenfalls als Nebenthemen abgehandelt..

Keine Überraschung
Das ist allerdings keine Überraschung: Es handelt sich hier um eine Art Regionalveranstaltung des in ungeheurer Anmassung so genannten World Health Summit, der erstmals im Jahre 2009 in Berlin stattfand, organisiert von dem ehemaligen Chef der Berliner Charite, Prof. Detlev Ganten, und der seitdem die gastronomischen Betriebe in Berlin erfreut.

Bei der ersten Veranstaltung im Jahre 2009 hatte dieser „Summit“ sofort eine Gegenveranstaltung der Gewerkschaften und verschiedener im Gesundheitswesen arbeitender Nichtregierungsorganisationen (NGO’s) zur Folge, wir berichteten darüber.
Die folgenden Konferenzen in Berlin fanden dann in den Medien – zu Recht – kaum noch Widerhall.

Die Ähnlichkeit der Veranstaltungen mit dem World Economic Forum sind kaum zufällig, sondern offenbar durchaus beabsichtigt.

World Health Summit – ob regional, wie jetzt in Singapur, oder zentral in Berlin: nichts als ein Etikettenschwindel, ein ärgerlicher noch dazu. Zur Lösung der drängenden Probleme in Gesundheitswesen tragen sie nichts bei.

World Health Summit in Berlin: Heisse Luft als Antwort auf weltweite Herausforderungen
2. World Health Summit – Ein weiterer Heißluftballon steigt in den Berliner Kongress-Himmel

Medikamente ohne Wirkstoffe – ein hochlukratives Geschäft mit tödlichen Folgen
Weltgesundheitsorganisation (WHO) – ein teurer, bisher zahnloser Tiger im Kampf gegen gefälschte Medikamente

Zur Tuberkulose
Tuberkulose – nicht nur am 24.3., dem Welt-Tuberkulosetag
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
linkGrossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit

Medizin

Tuberkulose – nicht nur am 24.3., dem Welt-Tuberkulosetag

Dr. Alexander von Paleske — 30.3. 2013 —
Am 24.3. 1882 machte Robert Koch die Entdeckung des Tuberkelbazillus bekannt. In Erinnerung daran wurde der 24.3. zum Welttuberkulosetag. Damals grassierte die Tuberkulose in Europa und den USA, jeder 7. Mensch starb daran.

Nach dem Welttuberkulosetag 2013
Montag, 25.3. 2013, am Tage nach dem Welttuberkulosetag in der Laborambulanz des Mpilo-Krankenhauses in Bulawayo: 15 Patienten warten auf Punktionen, die meisten sind wegen geschwollener Lymphknoten zur Abklärung hierher überwiesen worden.

Vier Patienten leiden, wie sich nach der Punktion herausstellt an Tuberkulose, genauer gesagt an Lymphknoten-Tuberkulose, die zwar nicht in Europa, aber dafür in Afrika ausserordentlich verbreitet ist. Es wird geschätzt, dass rund 20-30% aller Tuberkulosekranken einen ausserhalb der Lunge gelegenen Lymphknotenbefall haben.


Einer der Patienten vom 25.3.: Lymphknoten-Tuberkulose, Eiter aspiriert


…unter dem Mikroskop: übersät mit Tuberkelbakterien (rot). Zusammengebrochene Immunabwehr, Vollbild AIDS – Fotos: Dr. v. Paleske

Ein Tag wie jeder andere
Ein Tag wie jeder andere also. Aber eben doch nicht ganz, denn in den letzten Jahren gab es deutliche Veränderungen, keineswegs zum Besseren.

Ein Blick zurück
Die Tuberkulose war hier im südlichen Afrika in dem Zeitraum von 1960-1985 im deutlichen Abklingen begriffen, dank der hocheffektiven Kombinationstherapie mit Tuberkulostatika, die in den 50er Jahren, beginnend mit dem Streptomycin, entwickelt worden waren, und dann zum Einsatz kamen. Eine der schlimmsten Infektionskrankheiten verlor mit den Tuberkulostatika ihren Schrecken.

Vorher halfen, wenn überhaupt, nur die Liegekuren, Verbesserung der Ernährung, und notfalls chirurgische Eingriffe..
Die Architektur des Lungekrankenhauses hier erinnert noch heute an die Zeit der Liegekuren.

HIV und Tuberkulose
Tuberkelbakterien können auch nach durchgemachter Infektion über lange Jahre im Körper „überwintern“, vom Immunsystem in Schach gehalten. Wenn dieses zusammenbricht können die Tuberkelbakterien sich wieder ausbreiten, oder es kommt erleichtert zu einer Neuinfektion von aussen.

Parallel zur Ausbreitung der HIV-Krankheit, in deren Folge es zum sukzessiven Verlustes der Immunabwehr kommt breitet sich deshalb die Tuberkulose wieder rasant aus: entweder mit einer Reaktivierung einer durchgemachten Infektion, oder aber es kommt zu einer Neuansteckung von einer anderen, an offener Lungen-Tuberkulose erkrankten Person.

Zunahme der Resistenz
Zunächst reichte es, die Diagnose TB zu stellen, und dann die Behandlung zu beginnen. Die Bakterien-Kulturen, die auch hier im Referenzlabor seit Jahrzehnten angelegt wurden – eine Kultur nimmt rund 5-6 Wochen in Anspruch – dienten in erster Linie zur Bestätigung der Diagnose, insbesondere dann, wenn die Bakterien im Lungenauswurf nicht unter dem Mikroskop nachgewiesen werden konnten.

Resistenzen gegen die Erstlinienmedikamente INH, Rifampicin und Ethambutol gab nur sehr selten.

Das hat sich mit dem Beginn der 90er Jahre, parallel zur explosionsartig sich wieder ausbreitenden Tuberkulose, grundlegend geändert: Die bakteriellen Resistenzen gegen Tuberkulostatika sind auf dem Vormarsch

Eine Hauptursache – nicht die einzige – der Resistenz ist die inkonsequente (unregelmässige) Einnahme, oder der Therapieabbruch seitens des Patienten.So können sich dann resistente Tuberkelbakterien unter der Therapie bilden.

Dieser Resistenzbildung kann effektiv nur mit einer täglich überwachten Therapie, Directly Observed Treatment, (DOT) begegnet werden, was ein engmaschiges System der Gesundheitsversorgung voraussetzt, und das ist gerade in vielen ärmeren Ländern nicht vorhanden.

Mittlerweile kommen aber bereits eine ganze Reihe von Patienten erstmalig mit resistenter Tuberkulose zur Behandlung, die sich also bei Patienten angesteckt haben müssen, welche bereits an Medikamenten-resistenter Tuberkulose litten.

Kontinuierliche Resistenzausbreitung
In den vergangenen Jahren hat sich die medikamentenresistente Tuberkulose kontinuierlich weiter ausgebreitet. Hier liegt sie im Augenblick bei 4%, vor acht Jahren waren es noch 0,6% wobei es eine erhebliche Dunkelziffer gibt: Nur ein Teil der Proben wird in dazu eingerichteten Laborartorien auf Medikamentenresistenz gezielt nach Anzüchtung getestet. Stattdessen wird oftmals die Diagnose „Resistenz“ klinisch, also aus den Krankheitssymptomen gestellt. Bei klinischem Nichtansprechen wird eine medikamentenresistente Tuberkulose unterstellt, was durchaus nicht immer zutreffend ist.

Teuer und aufwendig
Teilweise-medikamentenresistente Fälle (MDR-TB) können nur mit einer Zweitlinientherapie behandelt werden, die statt 100 Dollar pro Patient, dann schon das Zehnfache kostet, und für viele arme Länder aus eigener Tasche nicht mehr finanzierbar ist. Ausserdem dauert die Behandlung erheblich länger, bis zu einem Jahr und mehr, statt der 6 Monate mit der Erstlinientherapie.

XDR auf dem Vormarsch
Ebenfalls auf dem Vormarsch ist die extrem medikamenten-resistente TB (XDR-TB), die mittlerweile aus 58 Ländern gemeldet wird; zwei Jahre zuvor waren es „erst“48.

Die grosse Mehrzahl der Patienten, die an XDR leidet, verstirbt – trotz aufwändiger Therapie – innerhalb eines Jahres daran. Eine Therapie, die pro Patient rund 7000 US Dollar kostet.

Erstmalig TDR gesichtet
Mittlerweile wurden im Jahre 2012 aus Indien erstmals Fälle von total Medikamenten-resistenter Tuberkulose (TDR-TB) gemeldet, verursacht von Tuberkelbakterien, die gegen alle verfügbaren, gegen Tuberkulose wirksamen Medikamente, resistent sind.

Erschreckende Zahlen
Die Tuberkulosezahlen weltweit sind erschreckend: Jedes Jahr erkranken rund 9 Millionen Menschen neu an TB, rund 1 Million sterben an der Erkrankung.

Auch in Deutschland bleibt die Tuberkulose als Krankheit präsent, wenngleich die Krankenzahlen kaum vergleichbar mit denen in anderen Ländern sind: 4317 Fälle im Jahre 2011 mit 162 daran Verstorbenen.

Zwei Entwicklungen geben dennoch genügend Anlass zur Sorge:

1. Die Krankenzahlen fallen nicht weiter ab, sondern haben in Deutschland ein Plateau erreicht, bei Kindern und Jugendlichen unter 15 Jahren steigen sie bereits wieder an:(2009: 142, 2010: 160, 2011: 179).

2. Auch in Deutschland breitet sich die medikamenten- teilresistente Tuberkulose (MDR-TB) aus, z.Zt. bei 2% aller TB-Fälle, wobei in Deutschland regelhaft die Erreger auf Resistenz getestet werden, die Dunkelziffer demzufolge vernachlässigbar klein ist.

Grassierende TB in Osteuropa
Viel schlimmer sieht es in Osteuropa aus:

– In der WHO-Region Europa, die unter anderem auch die Türkei und Russland umfasst, wurden 300.000 Erkrankungen registriert, mit 44.000 Todesfällen.

– 78.000 Patienten, also bereits rund 25% litten an teilresistenter MDR-TB.

Todesfalle russische Gefängnisse
Noch schlimmer sieht es in russischen Gefängnissen aus: Dort grassiert mittlerweile die MDR-TB mit einem Anteil von 50% aller TB Fälle, 7% sind bereits XDR-TB. So werden die russischen Gefängnisse für manchen Insassen zu Todesfallen.

Auch in bestimmten Regionen Südafrikas liegt der Anteil der XDR-TB mittlerweile bei über 10%.

Isolierung der Kranken und wo?
Bisher gibt es darüberhinaus keinerlei erkennbares ernsthaftes Nachdenken darüber, ob und wie Patienten mit MDR / XDR/ TDR- TB isoliert werden können und müssen, solange sie an offener Lungentuberkulose leiden, also für ihre Umgebung infektiös sind, um weitere hochgefährliche Ansteckungen zu verhindern.

Hier wird eine Vogel-Strauss-Politik betrieben – überall.

Neue TB-Medikamente? – weitgehend Fehlanzeige
Wichtig bleibt jedoch die Entwicklung neuer Medikamente. Grössere Anstrengungen seitens der pharmazeutischen Industrie in dieser Richtung sind bisher nicht erkennbar.

Hinzu kommt, dass Medikamente der Zweitlinientherapie gegen TB, wie das Streptomycin, in der Obstbaumzucht (gegen Feuerbrand) missbraucht werden. Das Medikament wurde im Bienenhonig nachgewiesen. Aber auch der Einsatz von Gyrase-Hemmern (Chinolonen) bei banalen bakteriellen Infektionen in der Humanmedizin, und der Missbrauch in der Massentierhaltung führen dazu, dass sie mittlerweile bei der Behandlung der Tuberkulose unwirksam geworden sind, bzw. drohen, unwirksam zu werden.

Entschiedene Schritte in der Bekämpfung der TB, und gegen den Missbrauch von Anti-TB Medikamenten, sind erforderlich, aber bisher nicht erkennbar. Daran werden auch gelegentliche Artikel in der Presse zum Welttuberkulosetag, welche oft genug die Schwere des Problems gar nicht richtig beschreiben wollen – oder können – nichts ändern.

Wenn nichts geschieht, dann wird bald etwas geschehen, wegen Unwirksamkeit aller verfügbaren Medikamente: die Rückkehr zu Liegekuren und Operationen.

Thomas Manns gossartiges Werk Der Zauberberg könnte dann plötzlich ein Ausblick in die Zukunft sein, statt eines Rückblicks auf die relative Hilflosigkeit gegenüber der Tuberkulose in der Vergangenheit, die endgültig vorüber zu sein schien.

Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Eigene Beiträge zur Verbesserung der TB-Diagnose
linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a study of 156 patients

linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates

Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
linkGrossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung

Medizin

Grossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung

Dr. Alexander von Paleske — 12.3. 2013 —-
Der Chief Medical Officer der britischen Regierung, Dame Sally Davies, warnte in ihrem ersten Jahresbericht, der gestern veröffentlicht wurde, vor der drohenden Katastrophe der Antibiotikaresistenz von Bakterien, die das Gesundheitswesen auf den Stand von vor 100 Jahren zurückwerfen könnte.


Antibiotika ……von der Wunderwaffe zum wirkungslosen Plunder?

Banale Infektionen als Todesurteil
Sie verglich die Gefahren der Antibiotikaresistenz mit der Terrorismusgefahr und der Gefahr der Klimaveränderung. In zwanzig Jahren könnten Infektionen z.B. nach selbst kleineren Operationen ein Todesurteil bedeuten.

Wörtlich sagte sie:

This is a growing problem, and if we don’t get it right, we will find ourselves in a health system not dissimilar from the early 19th Century.

Und weiter sagte die Ärztin:

I knew about antimicrobial resistance as a doctor, but I hadn’t realized how bad it was, or how fast it is growing….Antimicrobial resistance is a ticking bomb not only for the UK, but also for the world. We need to work with everyone …..The threat is arguably as important as climate change.

5000 Tote pro Jahr
Rund 5000 Patienten sterben jedes Jahr in Grossbritannien an bakterieller Sepsis, die Hälfte davon durch multiresistente Keime.

Zwar gelang es in den letzten Jahren durch verbesserte Hygiene die Rate von resistenten Staphylokokken (MRSA) und Clostridium difficile Infektionen in den Krankenhäusern drastisch zu senken, aber mittlerweile sind resistente E.Coli-Bakterien und Klebsiellen die häufigsten der im Krankenhaus erworbenen Infektions-Keime.

Auch in Deutschland waren sie für Todesfälle auf Neugeborenen-Stationen verantwortlich.

Untermauerung durch Daten
Die Darstellung des britischen Chief Medical Officers wurde anderweitig bestätigt und durch die britische Health Protection Agency (HPA) mit Daten untermauert:

Während im Jahre 2003 nur drei Proben totale Antibiotikaresistenz zeigten, waren es im Jahre 2012 bereits 800.

Hauptverursacher nicht benannt
Allerdings wird einer der Hauptverursacher für die massive Zunahme der Resistenz nicht genannt: Die Massentierhaltung, insbesondere die von Geflügel, wo die Verabreichung von Antibiotika nicht wegzudenken ist, sollen die Tiere nicht vor dem Schlachttag verenden. Gleiches gilt auch für Fischfarmen.

So wurden in den Jahren 2006-2011 in Grossbritannien jährlich 350 – 400 Tonnen Antibiotika in der Tierzucht verbraucht. Es wird geschätzt, dass davon 70 Tonnen über Abwässer wieder zur Düngung auf die Felder gelangen (Arzneimittelbrief 2013 S. 17).

Kein Interesse
Statt hier anzusetzen, was in ein Verbot der Massentierhaltung zwangsläufig münden muss, wird die Entwicklung neuer Antibiotika seitens der pharmazeutischen Industrie verlangt. Aber die zeigt kein Interesse, denn anders als noch in den 80er Jahren bei wesentlich geringeren Entwicklungskosten, lassen sich heute mit Antibiotika keine märchenhaften Gewinne mehr einfahren.
Die gibt es eher bei Mitteln gegen chronische Erkrankungen, wie Rheuma, Diabetes und und Krebs, wo der Patient nicht nur ein paar Tage, sondern längere Zeit bzw. dauernd auf die Einnahme angewiesen ist.

Staat soll Forschung bezahlen
So wird jetzt die staatliche Unterstützung ins Spiel gebracht, damit die „Forschung sich wieder lohnt“. Die Firmen sollen also mit Staatsknete zum Forschen getragen werden, vornehm ausgedrückt als Public Private Partnership (PPP)“ .

In Deutschland ist, anders als in Grossbritannien, der Umfang des Problems und sein Bezug zur Massentierhaltung in seiner ganzen Schärfe bei der Bundesregierung noch nicht angekommen, oder wird bewusst ignoriert.

Auch nicht bei der Opposition und auch da nicht, wo sie bereits in Landesregierungen wie z.B. in Niedersachen (400 Millionen Hühner pro Jahr in der Massentierhaltung) oder NRW die Regierung stellen.

Selbst nicht in voller Schärfe bei den Grünen, die, wie der Jürgen Trittin, von Zurückdrängen aber nicht Abschaffung der Massentierhaltung faseln. Grüne, deren ergraute bzw. frömmelnde Führungsgarnitur im Wesentlichen mit anderen Problemen beschäftigt ist, einschliesslich des Problems, wie mit – oder trotz – Steinbrück im September an die Berliner Fleischtöpfe zu kommen.

Währenddessen läuft die Zeit davon.

Der Verfasser ist Internist, Hämatologe und leitender Arzt

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Medizin

Neue Partydrogen treiben HIV-Infektionen in London hoch

Dr. Alexander von Paleske —- 25.2. 2013 —-
Eine neue (alte) Droge ( früher schon als Pervitin bekannt) erobert die Londoner Party-Szene insbesondere die „All Weekend-Partys“ im Sturm: N-Methylamphetamin (Metamphetamine), in kristallisierter Form. (Zu den Wirkungen und vor allem den Nebenwirkungen siehe hier)

Alarmierende Zunahme sexuell übertragbarer Erkrankungen
Insbesondere in Teilen der Schwulenszene, aber nicht nur dort, führt der Rausch der neuen Droge zu zunehmend sorglosem, ungeschützten Sex mit katastrophalen Folgen: Die Infektionszahlen für HIV und Hepatitis C steigen dramatisch an.

Ebenfalls nimmt die Zahl der klassischen Geschlechtskrankheiten wie Gonorrhoe, Syphilis und Lymphogranuloma venereum zu. Wobei die Behandlung der Gonorrhoe immer schwieriger wird, dank zunehmender Antibiotikaresistenz der Erreger.

In den vergangenen Jahren waren als Partydrogen vor allem Ecstasy und Kokain, sowie Ketamin, y-Butyrolacton (GBL) und Amphetamin (Speed) verbreitet.

Im Jahre 2009 kam Mephedrone dazu, und nun ist Methamphetamin (in kristallisierter Form ) der Renner. Es treibt die User auf nie gekannte Kicks, ohne Schlafbedürfnis für Tage. Die neue „Speed Highway“ Droge wird geschnupft, geraucht oder injiziert. Letzteres auch als Slamming bezeichnet. Ein unmittelbarer und unvergleichlicher Kick wird erlebt, bis es dann zum Absturz kommt.

Während bis dato die Mehrheit der „Party-Raver“ immer noch Kombinationen aus Mephedron, Kokain und GBL sich reinhaute, und von der Hardcore Droge Methamphetamine, auch „Tina“ genannt, sich fernhielt, geht der neueste Trend deutlich in Richtung: Höherer Kick, höheres Risiko, und in der Folge mehr ungeschützter Sex.

Folge einer Trendwende
Im Jahre 2011 kam es als Resultat der Trendwende zu einem neuen Höchststand mit insgesamt 3010 neuen HIV-Infektionen, vorwiegend – aber nicht ausschliesslich – in der Schwulenszene, davon allein 1296 Fälle allein in London, wie die hochangesehene Medizinzeitung LANCET im Januar 2013 berichtet.

In der 56 Dean Street Clinic im Londoner Stadtteil Soho, wurden alleine 511 neue HIV Fälle registriert, wovon 482 in der Gruppe MSM (Men Sex with Men).

Der Prozentsatz von Metamphetamin-Usern, die sich diese neue Droge wegen des unmittelbaren und höheren Kicks injizieren, stieg in der Klinik von 30% in 2011 auf 80% im Jahre 2012 , wobei 70% die Nadeln anderer User mitbenutzen, der beste Weg zur Übertragung von HIV und Hepatitis.

Treibsatz Internet
Als Treibsatz für diesen steigenden Konsum fungiert das Internet, wo zum einen die Ankündigungen der Partys zu finden sind, und dann Tipps zur Herstellung von Methamphetamin.

Schliesslich auch noch die Leichtigkeit der Beschaffung.

Die Injektions-Zubereitung findet entweder mit Wasser oder mit Eigenblut statt, das dann auch noch weiteren Konsumenten weitergereicht wird.

Die Gruppe der User von Metamphetamin sind nicht die typischen Junkies, sondern auch und gerade Professionals, darunter, man glaubt es kaum, auch Ärzte.

HIV-Infizierte nehmen oftmals während der tagelangen Ekstase ihre antiretroviralen Medikamente nicht ein, was das Infektionsrisiko zusätzlich erhöht und ausserdem der Medikamentenresistenz Vorschub leistet.

Über eine Zunahme der Infektionen mit Hepatitis C wird auch aus der Schweiz berichtet, wo die Zahl der neu Infizierten im Vergleich zu vor 15 Jahren nun 18 mal so hoch ist.

Auch in Deutschland
Auch in Deutschland breitet sich die Droge Methamphetamin mittlerweile mit rasender Geschwindigkeit aus, wie die ZEIT vom 24.1. 2013 berichtete: „Der Seelen Fresser“


ZEIT vom 24.1. 2013

Hergestellt wird die Droge teils in Nigeria, teils bereits auch in Hintertreppen-Labors in Deutschland.

Inwieweit die Droge auch, wie in Grossbritannien, zu sorglosem ungeschützten Sex, und damit höheren HIV- und Hepatitic C-Infektionen führt, darüber gibt bisher keine Zahlen. Auch nicht über die Zunahme des Needle-Sharing.

Während sich die Droge weiter ausbreitet, und offenbar auch in Deutschland zu einem echten Problem wird, nehmen die Politiker das Problem kaum zur Kenntnis. Ein schwerer Fehler.

Opioide – eine weitere „legale“ Sucht in den USA

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Anmerkungen zum Welt-AIDS-Tag

Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Neue schlechte Nachrichten zur bakteriellen Resistenz gegen Antibiotika

Medizin

Weltkrebstag 2013 – Die Hälfte der Krebspatienten kann auf Heilung hoffen?

Dr. Alexander von Paleske — 4.2. 2013 —
Heute ist Weltkrebstag 2013 – in der deutschen Presse ist zu lesen, die Hälfte der Krebspatienten kann auf Heilung hoffen.

Die Welt insgesamt ist jedoch weit davon entfernt, dass die Hälfte der Krebspatienten auf Heilung hoffen kann.

Während in den letzten 30 Jahren in Deutschland der Prozentsatz der geheilten Krebspatienten von einem Drittel auf rund die Hälfte angestiegen ist, liegt er in Ländern der Dritten Welt und selbst in einem Schwellenland wie Indien unter 15%, China einmal ausgenommen..

Dabei sollte nicht vergessen werden, dass mehr als 2/3 der weltweiten Krebsfälle in Ländern der Dritten Welt zu finden sind und nicht etwa in Europa, den USA und japan.

Eine Tag wie jeder andere
Heute morgen in meiner Ambulanz: Eine Patientin, 55 Jahre alt, kommt, begleitet von ihren zwei Schwestern. Sie hat einen 7 cm grossen Tumor in der linken Brust entdeckt. Ich habe es mir abgewöhnt zu fragen, wann sie ihn entdeckt habe, weil dann aus Angst immer die 14-Tage Geschichte erzählt wird, sondern Frage, wie gross der Tumor vor einem Jahr war. Die korrekte Beantwortung dieser Frage lässt dann wieder Rückschlüsse auf die Wachstumsdynamik zu.

Die Antwort der Patientin: Vor einem Jahr, da habe sie ihn entdeckt und er sei wesentlich kleiner gewesen. Bei der Untersuchung zeigt sich: Der Brusttumor ist nicht frei beweglich, vielmehr mit der darüber liegenden Haut verwachsen, und in der Achselhöhle finden sich miteinander verbackene, eindeutig vergrösserte Lymphknoten.

Diagnose: fortgeschrittener Krebs
Die klinische Diagnose: Weit fortgeschrittener metastasierter Brustkrebs. Die Feinnadelpunktion bestätigt die Diagnose.

Bei der Patientin hat die Angst vor den Konsequenzen die frühzeitige Entdeckung verhindert. Angst, dass dann die Brustamputation folgt. In der Bevölkerung hält sich hartnäckig das Gerücht, dass die Brustoperation ein Todesurteil darstelle. Das ist in gewisser Weise zutreffend, denn nach Späterkennung ist oftmals die Brustoperation kein heilender Eingriff mehr, sondern dient lediglich dazu, den ulzerierenden und nekrotisierenden Zerfall des Tumors, der dann unweigerlich folgt, zu vermeiden, während der metastasierte Krebs anderswo weiterwächst.

Angst der Frauen auch davor, den Ehemann oder Partner zu verlieren, denn nicht wenige Männer verlassen die Frauen nach der Brustamputation, und eine junge Frau ohne Partner hat grösste Schwierigkeiten nach einer Brustamputation noch einen Partner zu finden. Nach der Krebsdiagnose folgt so die Stigmatisierung auf dem Fusse.

Die umfassende Aufklärung ist ein enorm wichtiger erster Schritt zu einer erfolgreichen Krebsbehandlung, aber sie findet oftmals gar nicht statt.

Ende der Bezahlbarkeit
Und während die Entfernung eine Tumors kostenmässig für viele Länder gerade bezahlbar ist, wird die weitere Behandlung , die auch Chemotherapie und Bestrahlung einschliesst, bereits vielfach unbezahlbar. Gerade in den Ländern, die auch noch von der HIV-Seuche heimgesucht sind und wo die Behandlung dieser Patienten erst einmal Priorität hat.

Nicht nur das: Die HIV-Seuche hat die Krebskrankheiten drastisch ansteigen lassen und zwar anders als in Europa in den mittleren Altersgruppen von 20-40, allen voran das Kaposi-Sarkom, ein Hautkrebs, der auch innere Organe wie die Lunge befallen kann.

Dann der Gebärmutterhalskrebs bei Frauen, der bei HIV-positiven Patientinnen früher und aggressiver in Erscheinung tritt, und bei beiden Geschlechtern die hochgradig malignen Non Hodgkin Lymphome, ebenfalls oftmals als Folge der HIV-Krankheit.

Der erste Schritt ist auch der letzte
Die Diagnosestellung ist bei vielen Krebserkrankungen in den ärmeren und armen Ländern nicht nur der erste Schritt, er ist auch oftmals der letzte.
Insbesondere die Behandlung mit teuren Zytostatika, einstmals hier von der Regierung finanziert, muss längst von den Patienten getragen werden.

Nur wer zu den 10 Prozent der Bevölkerung gehört, die sich eine Krankenversicherung leisten können, kann eine zumindest ausreichende Behandlung erwarten.

Impfung gegen Krebs – keine Utopie mehr
Die häufigsten Krebserkrankungen, soweit sie viral bedingt sind, können aber mittlerweile durch Impfung vermieden werden.

Das gilt für den Gebärmutterhalskrebs, das Vulvakarzinom, das Analkarzinom und das Karzinom des Penis, die – beim Gebärmuttehalskrebs immer, bei den anderen genannten Krebsformen oftmals – durch Papillomaviren verursacht sind-

Aber die mittlerweile verfügbare Impfung liegt wiederum weit jenseits der Bezahlbarkeit, gerade für die stärksten von diesen Krebsarten betroffenen Länder.

Auch der Leberkrebs, vielfach die Folge einer nicht ausgeheilten Hepatitis, könnte, soweit er durch das B-Hepatitis-Virus verursacht ist, durch systematische und umfassende Impfung weitgehend verhindert werden.

Andere Krebse, wie das hochgradig maligne Non Hodgkin Lymphom, das Nasopharynxkarzinom, die Hodgkin-Erkrankung, und die meisten der hier vorkommenden Krebse im Kindesalter, wie der Wilms-Tumor (nach einer Operation) könnten durch Chemo-Strahlentherapie behandelt und geheilt werden. Gleiches gilt für die Chemotherapie der akuten Leukämien.
Könnten…. Wenn…..
.
Und so erinnert der Weltkrebstag uns vor allem daran, was sein könnte, aber nicht ist, und was eben ein Todesurteil für die betroffenen Patienten bedeutet.

Improvising Medicine: An African Oncology Ward in an Emerging Cancer Epidemic – eine Buchbesprechung

Ein Tag wie jeder andere – In einem Krankenhaus in Simbabwe
Dumela Ngaka – 8 Jahre als Krebsarzt in Botswana – Ein persönlicher Erfahrungsbericht
Diagnose: Krebs
Cancer surge overwhelms AIDS-struck Botswana</b

Medizin

Global Fund: Neuer Chef – alte Probleme?

Dr. Alexander von Paleske — 27.1. 2013 —
Der Global Fund ist ein Finanzierungsinstrument zur Bekämpfung der drei großen Infektionskrankheiten Aids, Malaria und Tuberkulose. Der weltweit in 140 Ländern tätige Fonds ist eines der wichtigsten Instrumente zur Bekämpfung dieser Krankheiten.


Website: http://www.theglobalfund.org/en/

Seit dem Beginn der Arbeit des Global Fund im Jahre 2000 haben Geberländer und private Organisationen, wie die Bill und Melinda Gates Foundation, insgesamt 22.9 Milliarden US Dollar eingezahlt.

Die Spendenfreude hatte jedoch beginnend mit dem Jahre 2010 erheblich nachgelassen.

Die Gründe waren dreifach:

1. Die Globale Wirtschaftskrise: Spanien, Irland und Italien stellten sämtliche Zahlungen ein

2. Fehlgeleite Leistungen

3. Korruption, Betrug und Unterschlagung von Spendengeldern wie im Falle Sambias, Mauretaniens und anderer Länder

Kommission macht Vorschläge
Eine daraufhin einberufene Kommission, die von dem früheren Präsidenten Botswanas, Festus Mogae, und dem früheren US-Gesundheitsminister Michael Leavitt geleitet wurde, machte eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen, insbesondere die Überprüfung der Mittelverwendung.

Ein General-Manager wurde daraufhin bestellt: der kolumbianische Banker Gabriel Jamarillo, der sogleich 100 Stellen strich, die Landes-Vergabeabteilung jedoch personell aufstockte

Die Geber kamen zurück, erstmals nach zwei vergabelosen Jahren können 1,5 Milliarden US Dollar für Projekte neu vergeben werde.

Resultate einer Überprüfung
Im Juli 2012 teilte der Global Fund nach interner Überprüfung mit, insgesamt 3% der Mittel von 3,8 Milliarden US Dollar, die einer Prüfung unterzogen wurden, also 114 Millionen US Dollar, seien gestohlen, unterschlagen oder zweckentfremdet worden.

Das dürfte allerdings nur die Spitze des Eisbergs sein, denn hier handelte es sich um offenbare Zweckentfremdung. Kaum dürfte in diesen Fällen untersucht worden sein, was von den vergebenen Mittel prozentual tatsächlich voll dem beabsichtigten Zweck zugekommen ist.

Abzweigungs-Erfindungsreichtum
Der Abzweigungs-Erfindungsreichtum in einigen Empfängerländern ist enorm.

-Durch überhöhte Rechnungen (entweder wird deutlich über dem Marktpreis eingekauft, Rabatte nicht weitergegeben, falsche Rechnungen ausgestellt, oder Ausschreibungen umgangen oder im Ausschreibungsverfahren seitens der Anbieter Absprachen über erhöhte Preise getroffen).

-Medikamente, die wegen Nähe zum Verfallsdatum billiger angeboten wurden, aber voll in Rechnung gestellt werden, der Differenzbetrag dann eingestrichen.

-Projekte gefördert, deren Erfolg zweifelhaft bzw. überhaupt nicht messbar ist, (Theatergruppen zur HIV-Aufklärung).

-Veranstaltung von Workshops, die auf dem Papier gut aussehen, jedoch oftmals nur Bekanntes wiederkauen, und bestenfalls die Hotelindustrie mästen.

-Anschaffen von Fahrzeugen, die auch extensiv für private Zwecke genutzt werden

Ansporn durch lasche Kontrolle
Der Erfindungsreichtum wird noch angespornt durch lasche Kontrolle, die beim Global Fund systemimmanent war und immer noch sein dürfte.

Es reicht einfach nicht, Gelder wie ein Weihnachtsmann auszuteilen, und zu hoffen, dass die Verteiler und Zwischenempfänger verantwortungsvoll damit umgehen.

Derartiges Verantwortungsbewusstsein trifft auf Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) durchaus zu, nicht selten jedoch auf staatliche und nichtstaatliche Organisationen in den Empfängerländern gerade nicht.

Sofern andere Organisationen ohne eine derartige Reputation sich bewerben, hilft nur die engmaschige Überprüfung. Zu gross ist die Versuchung abzuzweigen, insbesondere für Personen, die mit einem schmalen Gehalt ganze Grossfamilien miternähren müssen.

In der TB-Behandlung ist Geld drin
Ich erinnere mich an die Worte eines Arztes: „In der TB-Behandlung ist Geld drin“, wobei klar war, was er meinte. Ein Arzt, der pro Monat 300 US Dollar verdient bei vergleichsweise hohen Lebenshaltungskosten.

Umgekehrt sind die Mittel des Global Fund für viele Länder und Behandlungsprogramme unersetzlich. Auch das hiesige TB-Labor braucht die finanzielle Unterstützung des Global Fund, um die dringend notwendigen diagnostischen Untersuchungen fortzuführen, neben den Kulturen vor allem die Resistenztestung.


Labore, wie dieses hier in Bulawayo/Simbabwe, sind zur effektiven Diagnose und Behandlung der TB unverzichtbar. Dieses Labor wird mit Global Fund Geldern unterstützt. Foto: Dr. v. Paleske

Neuer Direktor, alte Probleme
Mittlerweile hat der Global Fund einen neuen Exekutiv-Direktor, Mark Dybul, der einige Erfahrung aus dem US President’s Emergency Plan for AIDS Relief Relief (PEPFAR) mitbringt, und zuletzt an der Georgetown University im O‘Neill Institute for Health Law arbeitete.

Aber um drastisch sicherzustellen, dass die Gelder, und zwar ohne nennenswerte Abzweigungen, dort ankommen, wo sie hin sollen, braucht es weit mehr als nur einen neuen Mann an der Spitze.

Gerade weil wir die Gelder hier so dringend brauchen, um den grossen Seuchen AIDS, Malaria und vor allem der immer weiter sich ausbreitenden und zunehmend behandlungsresistenten Tuberkulose Herr zu werden, kann und darf ein Abzweigen nicht geduldet werden, weil nur das effektive Ankommen sicherstellt, dass auch weiter grosszügig in den Global Fund eingezahlt wird.

Zum Global Fund
Global Fund – oder: Warum Aushändigen von Geld nicht reicht

Global Fund: Erreichen alle Gelder der Geldgeber die richtigen Empfänger?

Zu AIDS
Anmerkungen zum Welt-AIDS-Tag

Zur Tuberkulose
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Medizin

Anmerkungen zum Welt-AIDS-Tag

Dr. Alexander von Paleske — 30.11. 2012 —-
Morgen (1.12.) ist Welt AIDS Tag. Für uns Ärzte in Afrika ein Tag wie jeder andere, denn tagtäglich haben wir in der Mehrzahl mit Patienten zu tun, die an HIV-Aids erkrankt sind.

Ein Tag wie jder andere
Heute z.B. warteten in der hämatologischen Ambulanz des Mpilo-Zentralkrankenhaus in Bulawayo/Simbabwe 15 Patienten darauf, von mir punktiert zu werden. Sie sind von Kliniken und Krankenhäusern zur Diagnostik von vergrösserten Lymphknoten überwiesen worden, oder zur Knochenmarkpunktion bei Verdacht auf disseminierte Tuberkulose..

Die Mehrzahl dieser Patienten leidet an Lymphknotentuberkulose, fast alle befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium der HIV-Krankheit mit zusammengebrochenem Immunsystem.


Lymphknotentuberkulose. Zusammengebrochene Immunabwehr. Statt käsigem Material werden grosse Mengen an Eiter aspiriert, unter dem Mikroskop übersät mit Tuberkelbakterien (rot)
Fotos: Dr. v. Paleske

Einige leiden an einem hochgradig malignen Non Hodgkin Lymphom, eine Krebserkrankung, die – neben dem Kaposi-Sarkom – mit dem Aufkommen der HIV-Epidemie ebenfalls dramatisch zugenommen hat.


Kaposi-Sarkom, Hautbefall


Kaposi-Sarkom – exzessiver tumoröser Befall des linken Beins


Kaposi-Sarkom, Lungenbefall im Röntgenbild dargestellt


Kaposi-Sarkom, Befall des harten Gaumens


Hochgradig malignes Lymphom, Halsbefall


Hochgradig malignes Lymphom mit Befall des harten Gaumens Fotos: Dr. v. Paleske

Ungesicherte Versorgung mit Medikamenten
Noch immer ist die rechtzeitige und ausreichende Versorgung mit antiretroviralen (Anti-HIV) Medikamenten (ARV’s) unzureichend, und daran wird sich angesichts der Mittelkürzungen für Hilfsprojekte wie den Global Fund wenig ändern, ganz im Gegenteil!

Abgesehen davon, dass antiretrovirale Medikamente der zweiten, dritten oder vierten Wahl aus Kostengründen meist nicht verfügbar sind. Medikamente die dann zum Einsatz kommen sollten, wenn das HIV-Virus Resistenz gegen Medikamente der ersten Wahl entwickelt hat.

Kaum zur Kenntnis genommen
In Europa kaum zur Kenntnis genommen: die Tuberkulose breitet sich – gerade auch dank der HIV-Krankheit – in den vergangenen 20 Jahren wieder dramatisch aus, nachdem in den Jahren von 1964-1985 dank der Tuberkulostatika ein stetiger Rückgang zu verzeichnen war. Und es breitet sich die medikamentenresistente Tuberkulose aus, sowohl die teilresistente (Multidrug ResistantTB, MDR), als auch extensiv-medikamentenresistente Tuberkulose, XDR, deren Behandlung sehr teuer, schwierig und meistens erfolglos ist. Wir berichteten mehrfach darüber.

HIV-AIDS-Leugner und die Folgen
Im Nachbarstaat Südafrika ist die Ausbreitung sowohl der HIV-Krankheit, als auch der resistenten Tuberkulose besonders alarmierend. Dort sind rund 5 Millionen Menschen mit dem HIV Virus infiziert, das sind 10% der Bevölkerung.

In einigen Ortschaften der Provinz KwaZulu-Natal liegt der Anteil von XDR an den Tuberkulosefallen bereits bei über 20%.

Beides, sowohl die Ausbreitung der HIV-Seuche und die parallel damit einhergehende Zunahme der Tuberkulose wurden, das sollte gerade am Welt-AIDS-Tag nicht vergessen werden, in Südafrika massiv erleichtert durch eine Politik der Verharmlosung und Verleugnung in der Regierungszeit des Präsidenten Thabo Mbeki (1999 – 2008).

Nach seiner Auffassung verursacht das HIV-Virus nicht AIDS sondern andere Faktoren wie Mangelernährung etc. Derartige Patienten brauchen demnach besseres Essen aber keine Medikamente.

Diese absurde, allen serösen wissenschaftlichen Erkenntnissen ins Gesicht schlagende Quacksalber- Theorie, kam jedoch nicht von ungefähr. Dieser Unfug wurde ihm vielmehr von einigen Ärzten aus Europa und den USA, Ärzten wie dem deutschen Internisten Claus Köhnlein, aber auch vom österreichischen Gynäkologen Christian Fiala „ins Ohr geträufelt“, die zu seinem „Beraterteam“ gehörten.

Die Folgen können nur als katastrophal bezeichnet werden, denn rund 300.000 Südafrikaner wurden die notwendigen antiretroviralen Medikamente verweigert und die Seuche verharmlost, mit tödlichen Folgen. Näheres siehe hier.

Um die HIV-AIDS-Leugner ist es in den vergangenen Jahren – glücklicherweise – still geworden, ihre gefährlich-absurden und total unwissenschaftlichen Theorien finden keine nennenswerte Beachtung mehr.

Anstieg der Infizierten in Deutschland
In Deutschland ist die Zahl der HIV-Infektionen angestiegen, während die Zahl der Neuinfektionen konstant blieb. Die Zunahme ist bedingt durch die erheblich gestiegene Lebenserwartung der HIV-AIDS-Patienten dank der antiretroviralen Medikamente.

Trotz der Stagnation der Neuerkrankungen: Kein Grund zur Entwarnung, und schon gar nicht hier in Afrika mit im Wesentlichen unverändert hohen Infektionsraten.

Eine medikamentöse Heilung der HIV-Krankheit, oder eine hocheffektive Impfung, ist weiter nicht in Sicht. So bleibt es bei der deutlichen Lebensverlängerung dank ARV’s – Medikamente, die keineswegs ohne jegliche Nebenwirkungen sind.

NACHTRAG
HIV-AIDS-Leugner Fiala ist weiterhin aktiv. Nicht nur organisierte er 2010 ein Gegentreffen von HIV-AIDS-Leugnern aus Anlass des internationalen AIDS-Kongresses in Wien.
Auch die angesehene österreichische Tageszeitung „Der STANDARD“ gab ihm mehrfach Gelegenheit, Kommentare zu schreiben, so jüngst zum Schwangerschaftsabbruch, offensichtlich in Ignorierung seiner moralischen Mit-Verantwortlichkeit für den vorzeitigen Tod von 300.000 Südafrikanern.

Ich habe daraufhin folgendes Schreiben an die Redaktion verfasst:

Sehr geehrte Damen und Herren

Betr: Ihr Artikel – Gastkommentar – von Dr. Christian Fiala: „Katholische Moral kann ihr Leben gefährden!“ vom 23.11. 2012

Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Autor Fiala um einen notorischen HIV-AIDS-Leugner handelt, dessen absurde und unwissenschaftliche Theorien seinerzeit (zusammen mit anderen HIV-AIDS-Leugnern) den Präsidenten Südafrikas überzeugten, den HIV-Infizierten keine antiretroviralen Medikamente zur Verfügung zu stellen.
Das hat mindestens 300.000 Südafrikanern den vorzeitigen Tod beschert.
Ich halte es für verwerflich, einem derartigen Zeitgenossen zu erlauben, Kommentare irgendwelcher Art in seriösen Medien abzugeben.

Als Antwort erhielt ich die Anregung, einen diesbezüglichen Artikel zu schreiben, den ich dann verfasste und übersandte..

Hier die gestrige Antwort:

Sehr geehrter Herr Paleske,

danke für Ihre Mails, bitte um Verständnis, dass wir Ihren Beitrag nicht veröffentlichen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Gundi Mayrhofer

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Mag.a Gundi Mayrhofer
Redakteurin Meinung

derStandard.at
derStandard.at GmbH
Wallnerstraße 8, A – 1010 Wien

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Mehr zum Thema
Mehr zum Thema AIDS in Afrika: das ausgezeichnete Buch der botswanischen Menschenrechtsanwältin Unity Dow und des Harvard Professors Max Essex „Saturday is for Funerals“ (Samstage sind Beerdigungstage).

Mehr zu den HIV / AIDS Leugnern
Welt Aids-Kongress in Wien, die HIV-AIDS-Leugner laden zum Gegentreffen

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linkSüdafrika, 46664, Boris Becker und ein Kampf gegen AIDS

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linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a study of 156 patients

linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates