Medizin

Olympia London 2012 – Kurzer Kommentar zur langen Eröffnungsfeier

Dr. Alexander von Paleske 28.7. 2012 —
Es sollte eine Eröffnungsveranstaltung der Superlative werden: London 2012. In Anwesenheit der britischen Königsfamile wurde gestern ein Spektakel aufgeführt, ein historischer Rückblick – verschönt versteht sich..

1948 fanden die ersten olympischen Spiele nach dem Krieg statt – ebenfalls in London.

Zuletzt fanden sie davor 1936 in Berlin statt, eine Show für die Nazis, die der Weltöffentlichkeit das „neue völkische rassenreine Deutschland“ vorführen wollten.

In die Vorstellungswelt der Nazis von der Herrenrasse passten natürlich nicht die schwarzen Athleten, und so war es der Superstar Jesse Owens, der mit mehreren Goldmedaillen den Nazis in die Suppe spuckte, so wie es später Joe Louis im zweiten Boxkampf gegen Max Schmeling machte.


Jesse Owens …spuckte den Nazis in die Herrenrasse-Suppe

Im Jahre 1948 wurde in Grossbritannien auch der nationale Gesundheitsdienst (NHS) ,eingeführt. Ein Meilenstein zur allgemeinen umfassenden Gesundheitsversorgung.

Gesundheitsminister Aneurin Bevan eröffnete offiziell den NHS.
Bevan, Sohn einen Minenarbeiters, hatte in seiner Familie selbst erlebt, was es bedeutet, keine ausreichende Gesundheitsversorgung zu haben, und hatte sich deshalb unermüdlich für eine Verbesserung eingesetzt.


Offizieller Beginn des NHS 1948 mit Gesundheitsminister Aneurin Bevan

Trotz aller Unzulänglichkeiten, insbesondere die oftmals langen Wartezeiten: die Vorzüge des Gesundheitsdienstes NHS wollen die Briten auf gar keinen Fall missen.

Axt angelegt
Die konservativ liberale Regierung Cameron / Clegg hat aber mittlerweile die Axt an den NHS gelegt, wir haben ausführlich darüber berichtet.

Den NHS nun, wie gestern auf der Eröffnungfeier geschehen, zu feiern, mit Dutzenden von Kindern in Krankenbetten, tanzenden Schwestern und Pflegern, das Ganze unter dem Banner des GOSH, des Great Ormond Street Hospitals for Sick Childen, das war angesichts des Angriffs der britischen Regierung auf den NHS schon reichlich makaber.

Offenbar sollte der Weltöffentlichkeit eine Zukunft vorgegaukelt werden, die bereits der Vergangenheit angehört.

Geradezu pervers.

Die Regierung betreibt die Abschaffung des nationalen Gesundheitsdienstes (NHS)
Gesundheitsreform in Großbritannien – oder: Weil Du reich bist sollst Du länger leben
Grossbritannien: Die Zukunft(slosigkeit) im Gesundheitswesen hat schon begonnen

Medizin

Putenlaster-Unfall, kranke Puten und grüne Stellungnahmen zu schwarzer Zukunft

Dr. Alexander von Paleske – 7.7. 2012 —
Gestern verunglückte ein Tiertransporter auf der A7, beladen mit 1000 Puten, auf dem Weg zum Schlachthof. Viele Puten starben. Diejenigen aber, denen der Unfall eine kurze Freiheit beschert hatte, konnten offenbar ohne Probleme eingefangen werden.


Unfallstelle gestern

Das überrascht zunächst, denn man könnte erwarten, dass die Tiere, nach diesem Schockerlebnis und der Aufzucht in Gefangenschaft, sofort das Weite suchen würden.

Ein Video von der Unfallstelle

http://www.shz.de/index.php?id=160&tx_ttnews%5Btt_news%5D=2500718&no_cache=1

zeigt scheinbar geduldig an der Unfallstelle ausharrende Puten.

Das ist jedoch keine Überraschung, denn bei näherem Hinsehen zeigt sich: sie konnten sich – wenn überhaupt – nur mühsam fortbewegen. Einige konnten gar nicht aufstehen. Offenbar nicht nur als Unfallfolge, sondern auch das Resultat der Massentierhaltung.


Laufunfähige Puten an der Unfallstelle

Aus deutschen Landen frisch auf den Tisch
Nach dem Unfall meldeten sich unverzüglich die Tierschützer der Organisation PETA zu Wort:

Die überwiegend gezüchtete Putenrasse BUT 6 ist eine Qualzucht, weil – nach dem Kommentarwerk des Tierschutzgesetzes und nach wissenschaftlichen Ausarbeitungen – bis zu 97 Prozent der Turbomast-Puten am Ende der Mast nicht mehr richtig laufen können.

Dann besorgen die Tiertransporte offenbar weitere Quälschäden:

„Blutende Wunden und Knochenbrüche sind unter anderem die Folgen der todbringenden Tiertransporte.
Nachdem die Puten in qualvoller Enge in Mastbetrieben zusammengepfercht worden waren, geht die Qual auf dem Transport zum Schlachthof weiter. Bei so gut wie allen Fachleuten ist insbesondere die Putenproduktion extrem problematisch und stellt eine systembedingte Tierquälerei dar“.

Diese verkrüppelten, im Prinzip kranken Tiere, die nur mit Antibiotioka-Verabreichung es überhaupt bis zum Schlachthof schaffen, landen schliesslich als „leckeres Putenfleisch“ auf den Tellern der Verbraucher.

Zwei schwere Probleme – nur eine sachgerechte Lösung
Das Problem der Massentierhaltung kann jedoch nicht allein vom Aspekt der Tierquälerei aus gesehen werden, sondern muss mit ebensolcher Nachdrücklichkeit auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Antibiotikaresistenz aus betrachtet werden, auf die wir immer wieder verwiesen haben.

Und die Zeit drängt, denn die alarmierende Zunahme der Antibiotikaresistenz der Bakterien, auch und gerade durch die Massentierhaltung mit ihrer zwangsläufigen Antibiotikaverfütterung, bedeutet eine enorme Bedrohung der erfolgreichen Behandlung von Infektionskrankheiten beim Menschen.
.
Beide zusammen verlangen dringend die Abschaffung der Massentierhaltung.

Was sagen die Politiker
Was die Pläne der Agrarministerin Ilse Aigner betrifft, so lassen diese sich auf die Kurzformel bringen: Wenig muss sich ändern, damit alles beim Alten bleibt. Überraschen kann das kaum.

Da müssten eigentlich die Grünen vom ihrem Anspruch her das Kontrastprogramm bieten.

Werfen wir also einen Blick auf deren Stellungnahmen zur Massentierhaltung und dann zur Antibiotikaresistenz:

Originalton grüne Ex-Bundes-Agrarministerin Renate Künast
Aus dem Munde von Renate Künast hört sich das so an:

Die Pläne von Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) sind gänzlich unambitioniert. . Nötig ist eine ganz neue Zielsetzung. Es muss aufhören damit, dass man Tieren „Schmerzen, Leiden und Schäden zufügen darf.“
Tiere sollten künftig so leben können, dass sie sich ihrer Art entsprechend bewegen und ernähren. Ich denke, das ist uns der Respekt vor den Tieren wert.

Das Problem der Antibiotikaverfütterung und damit der Resistenzentwicklung bleibt völlig aussen vor.

Keine klare Aussage im übrigen, also, dass diese „Ziele“ nur über eine Abschaffung der Massentierhaltung zu erreichen sind. Also ein „Herumgeeiere“ um die Hauptfrage.

Grüner Minister mit Kenntnisstand von gestern
Sehen wir uns nun an, was der grüne NRW-Verbraucherschutzminister Johannes Remmel am 3.7. 2012 von sich gab, als er eine Studie seines Ministeriums vorstellte, die nachwies, dass auch Rückstände von Antibiotika sich im Trinkwasser der Massentierzuchtbetriebe fanden, selbst wenn akut gar keine Antibiotika verfüttert wurden:

„Um es vorwegzuschicken: Auch die neue Studie des Verbraucherschutzministeriums besagt nicht, dass vom Geflügelfleisch in NRW eine Gesundheitsgefahr ausgeht.
Antibiotika an sich sind nicht das Problem. Wenn sie aber zu häufig und auch noch falsch eingesetzt werden, begünstigt das das Entstehen von multiresistenten Keimen. Das sind Krankheitserreger, die immun geworden sind gegen die gängigen Arzneimittel. Es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Nachweis, dass resistente Keime aus der Tierhaltung auf den Menschen überspringen und in der Humanmedizin Probleme bereiten. Allerdings kann man auch nicht ausschließen, dass es eines Tages genau dazu kommt. „Wir müssen alles tun, um das zu verhindern“,

Wenn diese Stellungnahme vor 15 Jahren abgegeben worden wäre, dann hätte man dafür vielleicht noch Verständnis aufbringen können.

Lächerlich, aber hochgefährlich
So aber ist diese Stellungnahme einfach nur noch lächerlich, aber gleichwohl hochgefährlich:

– Lächerlich, weil sie nicht den Stand der Wissenschaft reflektiert

– Hochgefährlich, weil sie ein bereits akutes Riesenproblem in die Zukunft projiziert und damit verharmlost

Längst hat der anhaltende massive Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung zur Resistenzentwicklung der Bakterien gegen Antibiotika geführt. Antibiotika, die ebenfalls beim Menschen zum Einsatz kommen, denn es handelt sich ja um die gleichen Substanzkaklassen. Keimfreies Geflügel zum Verzehr gibt es nicht..

Dies zeigen Untersuchungen in Grossbritannien zur Resistenzentwicklung bei Campylobacter.

Ebenso Untersuchungen in Australien, wo der Einsatz von Chinolonen in der Massentierhaltung verboten war, mit der Folge, dass eine erhebliche niedrigere Resistenzentwicklung insgesamt, also auch bei der Behandlung von Infektionskrankheiten beim Menschen mit dieser Substanzgruppe zu beobachten war, wir berichteten mehrfach darüber.

Immer mit Bakterien
Zum Verzehr bestimmtes Geflügel wird also immer einige Bakterien enthalten – mittlerweile resistente Bakterien.

Erst jüngst wurde nachgewiesen, dass im Supermarkt angebotenes Geflügel aus der Massentierhaltung zu einem erheblichen Prozentsatz multiresistente Keime enthielt..

Diese Resistenz kann alsdann auf andere Bakterienarten im Menschen übertragen werden, z. B. durch Plasmid-Transfer.

Erbärmlich versagt
Mit anderen Worten: Es ist erstaunlich, um nicht zu sagen erbärmlich, dass grüne Spitzenpolitiker in so kläglicher Weise thematisch versagen.

Aber auch in einem jüngsten Artikel in der ZEIT vom 6.6. 2012 „Die ewige Sehnsucht nach der Idylle“ werden die Probleme der Massentierhaltung eher mystifiziert als vernünftig angepackt.


ZEIT vom 6.6. 2012, Seite 35

Parallel dazu findet sich dann eine Anzeige im ZEIT Magazin der gleichen Ausgabe mit folgendem Text:

Jeder der rund 6500 deutschen Geflügelhalter kümmert sich Tag für Tag um die Aufzucht des eigenen Geflügels und achtet dabei konsequent auf Tier-, Umwelt-, und Verbraucherschutz………


…Wo angeblich Verantwortung Qualität erzeugt: Die Geflügelwirtschaft

Mittlerweile läuft die Zeit davon, noch rechtzeitig umzukehren.

Neue schlechte Nachrichten zur bakteriellen Resistenz gegen Antibiotika
Erst Bremen, jetzt Leipzig – Die Antibiotikaresistenz breitet sich aus

Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung
Frühchentod und Antibiotikaresistenz

Antibiotikaresistenz: Nach Pest, Tripper, MRSA, NDM-1, TB, Campylobacter nun die Salmonellen
Bleibt die Gonorrhoe (Tripper) behandelbar?
Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz – eine Nachbemerkung
Pest-Seuche und Antibiotika-Resistenz

Antibiotika oder Massentierhaltung?

Der Dioxin-Skandal flaut ab, die Probleme der Massentierhaltung bleiben
Hilflos bei Infektionen – Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft
Bittere Pillen für die Dritte Welt

Mehr zur Ministerin Ilse Aigner
Verband zur Förderung der Massentierhaltung Deutschlands (VEFMAD) dankt der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner

Mehr zu Ex Ministerin Renate Künast
Granate-Renate Künast an alle Grünen: So bekämpfen wir die Piraten

Medizin

Neue schlechte Nachrichten zur bakteriellen Resistenz gegen Antibiotika

Dr. Alexander von Paleske — 9.6. 2012 —
In immer kürzeren Abständen kommen Nachrichten über multiresistente Bakterien. Die letzte kam gestern aus Jena: Wiederum von einer Neugeborenen-Station und wieder war ein Todesfall zu beklagen.

Wiederum handelte es sich um Darm-Bakterien, die normalerweise keine Probleme machen, aber bei Abwehrgeschwächten oder Patienten, bei denen das Immunsystem noch nicht ausgereift ist – wie bei den Frühchen – schwere Infektionen hervorrufen können.

Es war einmal
Bisher waren diese Infektionen gut behandelbar, aber nun gibt es auch hier Resistenzen dieser Bakterien gegen das bisher hochaktive Vancomycin. So genannte Vancomycin-resistente Enterokokken (VRE).

Das gleiche Multiresistenz-Trauerspiel wie bei den in Leipzig und Bremen gefundenen Klebsiellen.

Alarm von der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
Ebenfalls in dieser Woche kamen alarmierende Nachrichten von der WHO: Die medikamentenresistente Gonorrhoe (Tripper) ist weltweit auf dem Vormarsch.

Eine Geschlechtskrankheit, an der jedes Jahr weltweit rund 100 Millionen Menschen neu erkranken.


Zahlreiche Gonokokken (Bildmitte) – Erreger der Gonorrhoe – unter dem Mikroskop

Die Erkrankungszahlen sind im Steigen begriffen. Das gilt auch für Deutschland, wo mit rund 25.000 neuen Kranheitsfällen pro Jahr gerechnet wird. Tendenz: Deutlich ansteigend.

In Sachsen, wo – anders als in den anderen Bundesländern – noch eine Meldepflicht für diese Infektionskrankheit besteht, hat sich die Inzidenz von 6,8 Krankheitsfällen pro 100.000 Einwohner im Jahre 2003 auf 14,3 Infektionen per 100.000 im Jahre 2010 glatt verdoppelt.

Keineswegs eine harmlose Krankheit
Die Erreger der Gonorrhoe dringen in die Schleimhaut der Harnröhre, bei Frauen auch noch in die Schleimhaut des Gebärmutterhalses ein, und verursachen eine eitrige Entzündung.

Bei oralem oder analem Geschlechtsverkehr können auch die Schleimhäute des Rachens bzw. des Rektums betroffen sein.

Bei Frauen kann die Entzündung weiter aufsteigen, die Eileiter befallen und in Einzelfällen schliesslich zu einer Bauchfellentzündung (Peritonitis) führen.

Beim Mann kann die Entzündung die Prostata befallen aber auch die Nebenhoden.

Unbehandelt mit Spätfolgen
Die unbehandelte lokalisierte Krankheit verursacht insbesondere bei Männern häufig ausserordentlich starke Schmerzen und heilt unbehandelt keineswegs komplikationslos ab.

Häufigste Spätfolgen sind eine Striktur der Harnröhre bei männlichen Patienten und Sterilität wegen Verklebung der Eileiter und ein erhöhtes Risiko für eine Bauchhöhlenschwangerschaft bei weiblichen Patienten.

Wenn die Erreger in die Blutbahn eindringen, können sie zu Gelenkentzündungen aber auch zu einer Entzündung der Herzklappen mit deren konsekutiver Funktionseinbusse führen.

Einige Gonokokkenstämme können auch eine Hirnhautentzündung auslösen. Todesfälle kommen vor.

Auch kann die Gonorrhoe während des Geburtsvorgangs von der Mutter auf das Neugeborene übertragen werden, insbesondere durch Befall der Augen.
Im 19. Jahrhundert war diese Entzündung die häufigste Ursache für Blindheit. Dem wurde dann durch die sog. Crede-Augentropfenprophylaxe der Schrecken genommen.

Schrecken verloren – vorübergehend
Mit der Einführung des Penicillins in den 40er Jahren verlor der Tripper seinen Schrecken. Aber nicht für immer. Noch in den Haut-Heilkundebüchern aus den 80er Jahren findet sich die Penicillin-Therapiempfehlung (Nasemann, Sauerbrey – Lehrbuch der Haukrankheiten und venerischen Infektionen – 5. Aufl. 1987)

Nach 40 Jahren Therapieerfolg sind die Gonokokken aber mittlerweile resistent gegen diese Behandlung geworden.

Das war zunächst kein Problem, denn als Ausweichmedikamente boten sich Mitte der 80er Jahre die neuentwickelten Chinolone (Norfloxacin, Ciprofloxacin) an, die zudem den Vorteil der oralen Einnahme hatten, während das Penicillin injiziert werden musste.

Weit schneller als gegen das Penicillin bildeten sich nach 20 Jahren auch gegen diese Arzneien Resistenzen.

Ende der Fahnenstange
Aber noch gab es ein Ausweichmedikament: die hochpotenten Breitspektrum-Antibiotika vom Typ der Cefalosporine der 3. Generation (Ceftriaxon, Cefotaxim etc).
Nach nur 10 Jahren nun auch dagegen die ersten Resistenzen. Ende der Fahnenstange.

Allerdings tauchten bereits vor einem Jahr die ersten Berichte über derartige Resistenzen in Japan auf. Wir berichteten darüber.

Von der WHO kam damals keine Reaktion. Mittlerweile werden aber Resistenzen auch aus Australien, Frankreich, Norwegen und Schweden berichtet.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Resistenzen auch in Deutschland auftauchen und sich breit machen.

Kein unabwendbarer Schicksalsschlag
Viele Resistenzen sind kein unerwarteter Schicksalsschlag, sie waren und sind die Folge der systematischen und verantwortungslosen Verabreichung von Antibiotika in der Massentierhaltung, aber auch durch den nicht indizierten Einsatz bei Patienten.

400 Millionen Hühner pro Jahr allein in Niedersachen bekommen während ihres kurzen Lebens statistisch gesehen 2,5 mal Antibiotika. Anders schaffen sie es gar nicht bis zum Schlachttag.

Die Zeit drängt, den verantwortungslosen Einsatz der Antibiotika schleunigst zu beenden. Das bedeutet zwangsläufig auch das Ende der Massentierhaltung, insbesondere von Geflügel.

Aber dieses Problem lässt die WHO aus. Und die Politiker nehmen das Problem entweder nicht recht wahr, oder wollen es nicht wahrhaben. Währenddessen läuft die Zeit davon

Willy Brandt sagte einst:

„Beeilt Euch zu handeln, bevor es zu spät ist, zu bereuen“.

Es waren Worte Fridtjof Nansens – in einem ganz anderen Zusammenhang. Aber sie passen auf die Situation hier und heute.

Erst Bremen, jetzt Leipzig – Die Antibiotikaresistenz breitet sich aus

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Antibiotika oder Massentierhaltung?

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Medizin

Erst Bremen, jetzt Leipzig – Die Antibiotikaresistenz breitet sich aus

Dr. Alexander von Paleske — 30.5. 2012 —
Vor vier Tagen wurde in der Presse über einen Ausbruch von Infektionen mit Antibiotika-resistenten Klebsiellen-Keimen in der Universitätsklinik Leipzig berichtet.

Klebsiellen gehören zur Gruppe der Enterobakterien, also Darmbakterien, und kommen in Pflanzen, im Wasser und bei 30% der Bevölkerung vor, in noch höherem Prozentsatz bei Krankenhauspersonal. Neben dem Darm finden sie sich auch in den oberen Atemwegen.

Keineswegs harmlos
Klebsiellen sind keineswegs nur harmlose Darmbewohner, sie sind vielmehr für bestimmte Personengruppen gefürchtete Krankheitserreger, insbesondere für Neugeborene und abwehrgeschwächte Patienten.

Ihr Vorkommen auf Neugeborenen- und Intensivstationen zwingt zur äussersten Hygiene, ggf. zur Schliessung der Station, wenn die Infektionsquelle, wie oft genug, nicht lokalisiert werden kann.

Klebsiellen können selbst bei Gesunden unter bestimmten Umständen eine Lungenentzündung auslösen.
Bei abwehrgeschwächten Patienten kann es ausserdem zu Harnwegsinfektionen, Weichteilinfektionen, und – besonders gefürchtet weil mit einer hohen Sterblichkeit verbunden – zur Sepsis, also Eindringen der Erreger in den Blutstrom kommen.

Der Schrecken kehrt zurück
Mit der Einführung der hocheffektiven Breitspektrum-Antibiotika in den 70er und 80er Jahren, genannt seien hier die Cefalosporine der 3. Generation, wie das Cefotaxim oder aber die Carbapeneme wie das Imipenem, verloren auch die Klebsiellen und viele andere Keime als Krankheitserrger teilweise ihren Schrecken.

Nun aber kehrt der Schrecken zurück: mittlerweile sind Stämme aufgetaucht, die entweder den Beta-Laktamring der bisher Betalaktamase-festen Antibiotika aufknacken (Extended Spectrum Betalactamasen (ESBL), oder aber Carbapenemasen, wie jetzt in Leipzig, welche die Carbapeneme wirkungslos machen.

Hinzugetreten ist die erstmals in Indien festgestellte, von Bakterien erzeugte New Delhi Metallo-Betalaktamase (NDM-1), welche fast alle vorhandenen Breitspektrum-Antibiotika wirkungslos macht.


Antibiotika ……bald wirkungslose Pillchen?

Grösster Ausbruch bisher
Insgesamt gab es in den letzten zwei Jahren 58 Krankheitsfälle in Leipzig mit dem multiresistenten Klebsiellen-Keim KPC (Klebsiella Pneumoniae Carbapenemasen) . Die betroffene Klinik spricht nun vom bundesweit bisher grössten Ausbruch mit diesen multiresistenten Klebsiellen . Und diese Schreckensmeldung ist nicht die erste: die Neugeborenen- Station in einer Bremer Klinik sorgte wochenlang für Schlagzeilen. Dort starben mehrere Frühgeborene ebenfalls an (ESBL-) multiresistenten Klebsiellen. Die Station musste schliesslich geschlossen werden.

Kein Unglücksfall sondern Verantwortungslosigkeit
Es sind nicht irgendwelche unglückliche Entwicklungen, welche drohen, die Errungenschaften der modernen Medizin im Bereich der Infektionsbekämpfung zunichte zu machen.

Es ist vielmehr zu einem erheblichen Teil der verantwortungslose Einsatz der lebensrettenden Antiinfektiva in Krankenhaus und Praxis.

So sind 50% der verschriebenen Antibiotika in der Humanmedizin nicht indiziert, also überflüssig. Das zeigt sich, wenn man den z.B. den Verbrauch in Australien in Relation zu einem Land setzt, in dem die Menschen trotz halb so großem Verbrauchs auch nicht kürzer leben: In den Niederlanden.

Ebenso, wenn nicht noch mehr, trägt die Massentierhaltung zur Resistenzentwicklung bei, denn diese ist ohne den ständigen und massenhaften Einsatz von Antibiotika nicht durchführbar, wir berichteten mehrfach darüber.

Drastische Konsequenzen nötig
Meldungen, wie die aus Bremen und jetzt Leipzig, sollten alsbald drastische Konsequenzen nach sich ziehen, weil bei der Bekämpfung der Resistenzentwicklung Eile geboten ist.
Zwar gibt es seit Juni 2011 ein neues Hygienegesetz, aber das ist in vielen Kliniken noch gar nicht umgesetzt.

In Sachen Massentierhaltung will die Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,. Ilse Aigner, sowohl den Tierschutz verbessern, als auch den Antibiotikaverbrauch in der Massentierhaltung etwas einschränken.

Aber hier gilt das Entweder-oder-Prinzip: Massentierhaltung geht nicht ohne den massenhaften Einsatz von Antibiotika. Das haben schon die bisherigen Regelungen gezeigt: seit 2006 ist der prophylaktische Einsatz von Antibiotika , damit zur Tiermast, nicht mehr zulässig ist. Gleichwohl ist der Antibiotikaverbrauch weiter deutlich angestiegen, weil es kein Tier ohne Antibiotika bis zum Schlachttag schafft.


Massentierhaltung …entweder oder …..

Besonders ärgerlich: Die Schreckensmeldungen aus Leipzig wurden offenbar verharmlost:
So äusserte sich ein Klaus Dieter Zastrow von der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene zum Ausbruch in Leipzig so:

„Für sich genommen sind solche multiresistenten Keime nicht gefährlich. Die Gefahr bestehe vielmehr darin, dass es oft sehr lange dauere, bis ein wirksames Antibiotikum gefunden wurde

Tatsache ist aber, dass es KPC- Keime und andere multiresistente Klebsiellen, die bereits in 3-5% der Bevölkerung nachgewiesen werden können, vor einigen Jahren noch gar nicht vorhanden waren, wobei die Resistenz das Ergebnis einer Spontanmutation ist, die sich durch einen Selektionsvorteil dank umfangreichen Antibiotikaeinsatzes dann rasch weiter ausbreiten kann, gefördert durch Infoaustausch zwischen Bakterienstämmen .

Keine wirksameren Antibiotika in Sicht
Neuere Antibiotika mit besserer Wirksamkeit gegen diese Problemkeime sind nicht in Sicht, zumal das Interesse der Pharmafirmen, neue innovative Antibiotika zu erforschen und zu produzieren, eher gegen Null tendiert, weil sich damit nicht genügend Gewinne erzielen lassen.

Stichwort: Nur kurzdauernder Einsatz beim jeweiligen Patienten. Stattdessen gehen Milliardenbeträge in die Erforschung neuer Arzneien zur Behandlung von chronischen Krankheiten, wo also Patienten dauernd, oder zumindest eine längere Zeit, Medikamente einnehmen müssen (Diabetes, Krebs, Herzerkrankungen, Hochdruck, Rheuma etc.).

Zur Resistezentwicklung
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung
Frühchentod und Antibiotikaresistenz

Antibiotikaresistenz: Nach Pest, Tripper, MRSA, NDM-1, TB, Campylobacter nun die Salmonellen
Bleibt die Gonorrhoe (Tripper) behandelbar?
Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz – eine Nachbemerkung
Pest-Seuche und Antibiotika-Resistenz

Antibiotika oder Massentierhaltung?

Der Dioxin-Skandal flaut ab, die Probleme der Massentierhaltung bleiben
Hilflos bei Infektionen – Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft
Bittere Pillen für die Dritte Welt

Medizin

Grossbritannien: Die Regierung betreibt die Abschaffung des nationalen Gesundheitsdienstes (NHS)

Dr. Alexander von Paleske — 3.4. 2012 — Die konservativ-liberale Regierung Cameron / Clegg in England hat einen Gesetzentwurf zur Gesundheitsreform eingebracht, der eine erhebliche Beeinträchtigung der umfassenden allgemeinen und gleichen Gesundheitsversorgung befürchten lässt.

Die Gesundheitsversorgung wird im Vereinigten Königreich – anders als in Deutschland – direkt aus Steuergeldern finanziert und über den National Health Service (NHS) sichergestellt.

Ein Blick zurück
Der NHS wurde nach dem 2. Weltkrieg gegründet, nachdem Grossbritannien Schulter an Schulter zusammenstehend Hitler-Deutschland zunächst allein, und später als Teil der Alliierten bekämpft und schliesslich besiegt hatte.
In den kritischen Jahren 1941/1942, als Grossbritannien in grösster Gefahr war, wurde das Konzept einer umfassenden solidarischen Gesundheitsversorgung ausgearbeitet, und 1942 der Öffentlichkeit vorgestellt . Es sollte sicherstellen, dass ärztliche Behandlung und die Versorgung mit Medikamenten nicht länger eine Frage des Geldes war, und Krankheit nicht zur Verarmung führt.

Das Konzept wurde nach Kriegsende von der Labour-Regierung unter Premier Clement Attlee Gesetz und 1948 entstand der NHS.


Offizieller Beginn des NHS 1948 mit Gesundheitsminister Aneurin Bevan

Trotz aller Probleme mit dem NHS in der Folgezeit, insbesondere die nicht selten langen Wartezeiten: Die Briten wollen auf gar keinen Fall darauf verzichten. Der NHS geniesst hohe Wertschätzung.

Skandale als Vorwand
Jüngste Skandale im Zusammenhang mit der Krankenversorgung , von der Boulevardpresse ordentlich aufgebauscht, haben als vorzüglicher Vorwand gedient, um das Projekt „Drastische Kostensenkung im Gesundheitswesen“ mit aller Macht voranzutreiben.

Natürlich kann die Regierung dieses Ziel der Öffentlichkeit nicht direkt „verkaufen“, gerade auch angesichts der Milliardenbeträge, die in den Krieg in Afghanistan gepumpt und durch die Banken vor dem Kollaps gerettet wurden. Stattdessen wird nebulös von „notwendigen Verbesserungsreformen“ gesprochen.


Premier David Cameron ….mit irreführenden Parolen zum Ziel der Abschaffung des NHS

Eckpunkte eines unsozialen Reformwerks
Eckpunkte dieses unsozialen Reformwerks sind:

– Die Krankenhauseinweisungen drastisch zu vermindern

– Den niedergelassenen Ärzten (sog. Consortia-Konsortien) – oftmals ohne ausreichende Sachkenntnis auf Spezialgebieten – ein erhebliches Mitspracherecht bei der Ausstattung und den zu unterhaltenden Fachabteilungen der jeweiligen Krankenhäuser einzuräumen

– Krankenhäuser zu privatisieren

– Verbleibende staatliche Krankenhäuser in Zukunft bis zu 40% ihrer Mittel durch Einnahmen von Privatpatienten verdienen müssen

– Den Krankenhäusern bzw. dem Konsortien von niedergelassenen Ärzten die Freiheit einzuräumen, selbst zu bestimmen, für welche Bezirke die Krankenhäuser jeweils zuständig sein sollen.

– Die unmittelbare Verantwortung des Gesundheitsministers für den nationalen Gesundheitsdienst abzuschaffen

Unbewisener Reformzwang
Bis heute hat es die Cameron/Clegg Regierung vermieden wirklich den Reformbedarf, der diese Änderungen angeblich notwendig macht, substantiell zu erklären. Denn das hiesse, die Katze der drastischen Mittelkürzungen aus dem Sack zu lassen.

Durch den Zwang, 40% der laufenden Kosten durch Einnahmen von Privatpatienten zu decken, werden die Krankenhäuser sich auf lukrative Fachabteilungen konzentrieren, wie Orthopädie, Herz-und Gefässchirurgie, während Abteilungen wie Psychiatrie und Geriatrie das Nachsehen haben werden.

Von universaler Krankenversorgung kann dann keine Rede mehr sein.

Hinzu kommt, dass Krankenhäuser in sozial schwächeren Stadtteilen weit weniger Privatpatienten anlocken werden, sodass die Krankenversorgung dort – dank der Knappheit der Mittel – sich deutlich verschlechtern wird.

Das liegt allerdings ganz auf der Linie des Klimas, das zur Zeit gerade auch in bestimmten Medien geschürt wird: Nicht alle Personen „verdienen“ gute Gesundheitsversorgung, also das sogenannte „Schmarotzer“-Denken.

Durch die abzusehenden Streitereien um die Aufteilung der zugewiesenen Mittel zwischen Consortia und Krankenhäusern, werden die Ärzte vermutlich gegeneinander antreten, statt miteinander für höhere Zuweisungen sich einzusetzen.

Zusammengefasst
Unter dem Deckmantel der Reform wird de facto die Abschaffung des NHS als umfassende Solidareinrichtung betrieben.


Wohl zutreffend……Aufmacher des Massenblattes „Daily Mirror“Screenshot: Dr. v. Paleske

Proteste allenthalben
Die Proteste gegen diese Reform sind nicht ausgeblieben. Weniger allerdings seitens der Allgemeinheit, der, insbesondere von der Sensationspresse aus dem Stalle Murdoch, ständig eingebleut wird, wie „notwendig“ die Reformen seien, sondern vorwiegend von Seiten der Ärzteschaft und von den Medizinstudenten.


Protestdemonstration in London – Screenshot: Dr. v. Paleske

Die Ärzteschaft in den Krankenhäusern und die Medizinstudenten haben in verschiedenen Stellungnahmen darauf hingewiesen, welche katastrophalen Auswirkungen diese Reform auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung haben wird.

Jüngst protestierte die Gesellschaft der Internisten „College of Physicians of London“, wo 79% der Teilnehmer einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung die sofortige Zurücknahme des Gesetzes forderten.

Dem angeschlossen hat sich die die Vereinigung MEDSIN, welche die Interessen von rund 3000 Medizinstudenten vertritt, und die insbesondere darauf hinweist, dass mit der angestrebten Privatisierung und Fragmentierung die Qualität der Medizinerausbildung erheblich in Mitleidenschaft gezogen wird.

Bis zu vergangenen Woche sah es so aus, als könne die Regierung dieses Programm trotz aller Widerstände durchziehen.

Skandal schwächt Regierung
Nun aber hat ein neuer Skandal die konservative Partei erschüttert: Investigative Reporter der Sunday Times filmten heimlich ein Gespräch mit Peter Cruddas dem Schatzmeister der Tories, der konservativen Partei, in welchem dieser Privatgespräche bzw. gemeinsame Dinners mit dem Premier Cameron gegen Bares zu vermitteln anbot: Bares in Höhe bis zu 250.000 Pfund, wo dann die grosszügigen Spender ihre „Sorgen“ und Anregungen dem britischen Premier – höchstpersönlich – nahebringen konnten.

Die Opposition schäumt und der Premier geriet in die Defensive.

Es ist denkbar, dass er jetzt den Protestierern gegen die NHS-Reform mehr Gehör schenkt – ohne dass diese zuvor Bares dem Schatzmeister über den Tresen reichen müssen.

Gesundheitsreform in Großbritannien – oder: Weil Du reich bist sollst Du länger leben
Grossbritannien: Die Zukunft(slosigkeit) im Gesundheitswesen hat schon begonnen

Medizin

Welt-Tuberkulose-Tag 2012 – Gibt es Fortschritte in der Diagnose und Therapie?

Dr. Alexander von Paleske — 24.3. 2012 —
Heute ist Welt-Tuberkulose-Tag, um das Augenmerk auf eine Seuche zu richten, die einstmals gute Chancen hatte, ausgerottet zu werden, die aber mittlerweile weltweit nicht nur dramatisch im Steigen begriffen ist, sondern deren Erreger in zunehmenden Masse resistent geworden sind, und deren Ausbreitung durch die Immunschwächekrankheit AIDS massiv gefördert wird.

Eindeutiger Trend
Der Trend ist eindeutig:

-Die Erkrankungen nicht nur an Tuberkulose, sondern gerade auch an medikamentenresistenter Tuberkulose nehmen weltweit – auch hier in Simbabwe – weiter zu.

-Auch in Deutschland erkranken wieder mehr Kinder an TB

-Durchschlagende neue diagnostische Möglichkeiten, die auch für Länder der Dritten Welt erschwinglich sind, gibt es vorläufig nicht, trotz gegenteiliger Stellungnahmen der Weltgesundheitsorganisation (WHO).

-Neuartige Impfungen, die wesentlich besser schützen sollen, als die bisherige unzureichende BCG Impfung, befinden sich in der Entwicklung. Ob sie tatsächlich eines Tages zu einem drastischen Rückgang der Neuinfektionen führen werden, ist noch völlig unklar.

– Ebenso ungewiss ist, ob sie bei Immunsupprimierten und HIV-Kranken ihre Wirksamkeit nicht einbüssen.

Wenig neue Medikamente
Nur wenige wirkliche Neuentwicklungen von Medikamenten, die nicht nur Abwandlungen von bisher bereits eingesetzten Medikamentenklassen sind, gibt es bisher. Völlig unzureichend, um dem Problem der Multi-Drug-resistenten Tuberkulose (MDR-TB) bzw. der extensiv resistenten TB (XDR-TB), und schliesslich der neu aufgetretenen total resistenten TB (TDR) wirksam zu Leibe zu rücken.

Zahlen sprechen für sich
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation

– sind 1,3 Milliarden Menschen mit Tuberkelbakterien infiziert (was nicht mit aktiver Erkrankung gleichzusetzen ist)

– Erkranken pro Jahr weltweit rund 9 Millionen Menschen neu an aktiver Tuberkulose

– Sterben pro Jahr rund 2 Millionen Menschen an dieser Krankheit.

– leiden 40% Prozent der TB-Patienten in Dritte Welt Ländern mit hoher Inzidenz von HIV-AIDS ebenfalls an der immunschwächekrankheit.

– Verläuft die TB bei HIV-Patienten in der Regel wesentlich schwerer, als bei Patienten mit intaktem Immunsystem.


TB-Aufklärungsplakat in Simbabwe

Bedrohliche Zunahme der Medikamenten-resistenten TB
Am bedrohlichsten ist ohne Zweifel die Resistenzzunahme der Tuberkelbakterien weltweit.
Rund 3% aller Krankheitsfälle weltweit sind MDR-TB mit weiter steigender Tendenz.


Zunahme der MDR-TB in Simbabwe von 2007-2011

Noch schlimmer: nur 7% der weltweit 500.000 MDR-TB Kranken werden aufgrund von Laboruntersuchungen rechtzeitig entdeckt. 93% – wenn überhaupt – nur mit grosser Verspätung klinisch.

Selbst die Tuberkulose insgesamt wird nur in 63% der Fälle mangels Zugang zu entsprechenden Laboren korrekt diagnostiziert.

Ursachen der Resistenzentwicklung
Die Resistenzentwicklung wird oftmals hervorgerufen durch die ungenügende Einnahme von TB- Medikamenten, insbesondere durch den vorzeitige Abbruch der Behandlung durch den Patienten.

Dann durch die Weiterverbreitung dieser multiresistenter TB-Bakterien in der Umgebung.

Trotzdem Grund zur Hoffnung?
Besteht trotz allem berechtigter Grund zur Hoffnung?
Ja und nein. Die Neuentwicklung von gegen TB wirksamen Medikamenten ist völlig unzureichend, und müsste deswegen massiv gefördert werden.

Nur zwei neue Medikamente, Bedaquiline und Delamanid, befinden sich in klinischer Erprobung.

Aber eine weltweite Anstrengung zur Entwicklung neuer Medikamente fehlt völlig.

Mehr noch: der Global Fund zur Bekämpfung von AIDS, Malaria und TB, ist durch millionenschwere Zweckentwendungen in Sambia, Mauretanien, Simbabwe und anderswo in die Kritik geraten, was einige Geberländer, allen voran die Bunderepublik Deutschland mit Entwicklungshilfe-Aussenhandelsminister Dirk Niebel, nutzten, um flugs die Gelder für den Global Fund zu sperren.

Ohnehin war ihm diese Mittelzuweisung längst ein Dorn im Auge, weil im Gefolge es nicht zur lukrativen Auftragsvergaben an Deutsche Firmen kam.
.
Mit weiteren massiven Kürzungen ist angesichts der globalen Finanzkrise zu rechnen.

Mehr noch: Länder der Dritten Welt sind nicht in der Lage, die Behandlung der MDR-TB (1200 US Dollar pro Patient und Jahr) zu finanzieren, von der Behandlung der XDR-TB (7000 US Dollar pro Patient und Jahr) ganz zu schweigen.

Sobald sich aber die MDR und XDR in der Bevölkerung fest etabliert haben, werden sie über kurz oder lang zur vorherrschenden Form der Tuberkulose. Ein Schreckensszenario.

Unzureichender und teurer Test
In dieser Situation knapper Mittel propagiert nun die WHO einen Test, der angeblich diagnostische Sicherheit verspricht, und darüber hinaus auch noch die schnelle Resistenzbeurteilung statt der zeitaufwendigen Kultur der Bakterien ermöglicht: Der sog. GeneXpert MTB/RIF Test.

Aber:
-Der Test kostet das 10-fache pro Patient wie der herkömmliche TB-Test.

-nur 9 von 10 HIV-negativen TB-patienten werden korrekt diagnostiziert

-noch erheblich ungenauer ist der Test bei HIV-positiven Patienten

-die Resistenztestung für MDR-TB ist völlig unzureichend, weil der Test nur Resistenz gegen eines der Medikamente -Rifampicin- testet, und selbst dort eine Fehlerquote von rund 30% besteht: sowohl falsch positive wie falsch negative Resultate mit der Folge, dass Patienten entweder mit unwirksamen Medikamenten behandelt werden, oder aber unnötigerweise mit sehr teuren Medikamenten zweiter Wahl.

Gleichwohl wird der Test mit Geldern des Global Fund durch massive Propagierung seitens der WHO in Dritte Welt Länder gepresst, und als grosser Fortschritt gepriesen.

Kritik daran wird sehr ungern gehört, wie ich selbst gestern bei einem Tuberkulosemeeting hier in Bulawayo feststellen musste. Und dies, obgleich selbst die hochangesehene Medizinzeitung Lancet vor einem Jahr ebenfalls massive Kritik an diesem Test äusserte, (Lancet (Vol 377 , 30.4. 2011 p. 1467).

Diese Kritik wurde dann von anderen Forscherteams in Briefen an den Lancet mit harten Daten untermauert (Lancet 6. August 2011 Vol 378 p. 481) sowohl hier, wie auch hier und hier

Fazit:
Erhebliche Anstrengungen aller Regierungen weltweit sind erforderlich, um diese Seuche in den Griff zu bekommen, nicht jedoch Mittelkürzungen. Ansonsten drohen uns Verhältnisse, wie sie </iThomas Mann in seinem hervorragenden Werk „Der Zauberberg>“ beschrieben hat: Liegekuren und chirurgische Eingriffe, und damit für viele Patienten der sichere Tod.

Der Siegeszug der Medikamente gegen Tuberkulose droht nach 50 Jahren nun in einer Niederlage zu enden.

Die Bombe tickt.

Wissenschaftliche Veröffentlichungen des Verfassers zur Tuberkulose
linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a study of 156 patients

linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates

Zur Resistezentwicklung
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung
Frühchentod und Antibiotikaresistenz

Antibiotikaresistenz: Nach Pest, Tripper, MRSA, NDM-1, TB, Campylobacter nun die Salmonellen
Bleibt die Gonorrhoe (Tripper) behandelbar?
Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz – eine Nachbemerkung
Pest-Seuche und Antibiotika-Resistenz

Antibiotika oder Massentierhaltung?

Der Dioxin-Skandal flaut ab, die Probleme der Massentierhaltung bleiben
Hilflos bei Infektionen – Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft
Bittere Pillen für die Dritte Welt

Medizin

Krankenkassen im Goldrausch, Neurodermitiskranke im Bezahldrama

Dr. Alexander von Paleske — 8.3. 2012 —
Es sind zwei Meldungen, die auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun haben:

Meldung 1: Krankenkassen im Goldrausch. Seit Wochen wurde diskutiert, nun ist es amtlich: Die Krankenkassen haben im vergangenen Jahr Überschüsse von vier Milliarden Euro erwirtschaftet – und das trotz gestiegener Ausgaben. Nun geht die Diskussion um die Mittel in die heiße Phase.

Meldung 2:. Neurodermitis-Kranke müssen ihre rezeptfreien Medikamente nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts weiter selbst bezahlen.
Die Krankenversicherung habe es zu Recht abgelehnt, die Kosten für Fettsalben oder Ölbäder wie „Linola“ oder „Balneum Hermal F“ zu übernehmen, teilte das Gericht am Dienstag in Kassel mit.

Eine Krankheit namens Neurodermitis
Neurodermitis ist eine Krankheit, eine Hautkrankheit, eine entzündliche Krankheit, nicht lediglich eine banale Gesundheitsstörung, das ist unbestritten.

Die Krankheit geht mit quälendem Juckreiz einher, der erheblich die Lebensqualität beeinträchtigt., Oftmals treten nach dem Kratzen der Haut Sekundärinfektionen auf.

Die Krankheit, gerade bei Erwachsenen, ist durch Sebostase gekennzeichnet, also ungenügende Talgabsonderung , und gerade da setzt die Therapie mit Fettsalben und fettenden Badeölen an. In schweren Fällen müssen Kortikoidsalben aufgetragen werden oder Kortikoide eingenommen werden.
(Die Kalzineurinantagonisten – Tacrolimus und Pimecrolimus – in Salbenform sind hinsichtlich der Langzeitfolgen völlig ungeklärt).

Unbestritten wirksame Therapie
Dass diese Badezusätze und fettenden Salben eine Therapie darstellen, eine Therapie, die das Leiden nicht heilt – das tun auch die rezeptpflichtigen Kortikoide nicht – aber deutlich die Krankheitssymptome mildert, ist nach dem Erkenntnissen der Wissenschaft ebenfalls völlig unbestritten.

Dass für Geringverdiener der notwendige tägliche Gebrauch dieser Mittel schnell ein Ausmass erreicht, das die Finanzkraft der Patienten übersteigt, leuchtet ebenfalls ein.

Kasse sollte zahlen
Es sollte eigentlich kein Zweifel daran bestehen, dass derartige Heilmittel von der Krankenkasse bezahlt werden müssen.

Dem steht nun das „Modernisierungsgesetz“ für die gesetzliche Krankenkassen aus dem Jahre 2004 entgegen, also aus der Zeit der rot-grünen Regierung mit der SPD-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt, wonach rezeptfreie Arzneimittel von der Kassenerstattung ausgeschlossen sind.

Eine Patientin mit geringem Einkommen, die an schwerer Neurodermitis leidet, hatte nun auf Kostenerstattung geklagt. Die Klage wurde jedoch in allen drei Instanzen der Sozialgerichtsbarkeit, also nun auch vom Bundessozialgericht abgewiesen.

Zutreffend ist, dass einer Kostenerstattung das Gesetz entgegensteht.. Allerdings begegnet dieses Gesetz erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken.

Verstoss gegen Verfassungsgrundsätze
Einmal verstösst diese Vorschrift gegen das Sozialstaatsprinzip, und zum anderen gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Die Abgrenzung zwischen rezeptfreien und rezeptpflichtigen Arzneien und Heilmitteln ist willkürlich.

Der Sinn der Regelung war es, banale Heil-und Hilfsmittel von der Kostenerstattungspflicht auszuschliessen, weil diese zwar insgesamt die Kassen belasten, aber unter dem Strich keine Dauerbelastung des Patienten darstellen.

Hinzu kommt noch, dass bei vielen dieser rezeptfreien Mittel oftmals mehr der Glaube als die angepriesene Wirksamkeit hilft.

Davon kann aber gerade hier im Fall der Neurodermitis keine Rede sein. Der Gesetzgeber hat somit völlig ungleiche Fallgestaltungen gleich behandelt. Ein glatter Verstoss gegen das Gleichheitsprinzip (Artikel 3 Grundgesetz). Er hätte sachgerechte Ausnahmen zulassen müssen.

Es ist zu hoffen, dass die Entscheidung vor dem Bundesverfassungsgericht angefochten wird.

Allerdings haben es sich die Sozialgerichte aller Instanzen leicht gemacht: Anstatt das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, haben sie einfach auf die Gesetzeslage verwiesen. Wie schön.

Geradezu erbärmlich ist das alles vor dem Hintergrund der Milliarden, welche die Kassen, gerade auch dank solcher Entlastungsgesetze wie dem „Modernisierungsgesetz“ jetzt auf die hohe Kante legen können. Und Patienten wie die Klägerin nicht wissen, woher sie das Geld für ihre notwendige Behandlung nehmen sollen.

Ein schöner Sozialstaat ist das

Der Verfasser ist leitender Arzt und ehemaliger Rechtsanwalt

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Zur merkwürdigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
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Medizin

Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Dr. Alexander von Paleske — 23.2. 2012 —-
Fangen wir mit der Tuberkulose an, eine einst dank hochpotenter Medikamente besiegt geglaubte Seuche die weltweit wieder auf dem Vormarsch ist.

Schreckensmeldung aus Indien
Die neueste Schreckensmeldung kommt aus Indien.
Forscher in Mumbai haben bei 10 Patienten Tuberkelbakterien gefunden, die total resistent sind gegen sämtliche Tuberkulose bekämpfende Medikamente.

Einer der indischen Patienten hatte sich nachweislich bei einem anderen Patienten mit dieser resistenten Variante angesteckt. Bei den anderen ist unklar, ob sich die Resistenz aufgrund unzureichender oder vom Patienten abgebrochener Behandlung entwickelt hat.

Bereits in Italien und im Iran wurden in den vergangenen Jahren einzelne Fälle von total resistenter Tuberkulose (TDR-TB) nachgewiesen. Es handelte sich aber bisher um Einzelfälle.
Nach den bisher gemachten Erfahrungen ist davon auszugehen, dass diese Resistenz alsbald auch in anderen Ländern auftreten wird – auch in Deutschland.

Während vor 15 Jahren die medikamentenresistente Tuberkulose so gut wie keine Rolle spielte, gibt es mittlerweile die Multidrug-resistant Tuberkulose (MDR), die gegen zwei der Erstlinienmedikamente resistent ist.

Die MDR-TB ist ständig in Ausbreitung begriffen. Weltweit sind es bereits 3% aller pro Jahr neudiagnostizierten 9 Millionen TB-Fälle. Die Behandlungskosten liegen pro Patient und Jahr bei 1200 US Dollar.

Parallel dazu breitet sich die extensiv resistente Tuberkulose (XDR-TB) ebenfalls aus, die im Gegensatz zur MDR auch eine zusätzliche Resistenz zu zwei der Zweitlinienmedikamente zeigt und mit einer hohen Letalität behaftet ist.
Abgesehen von den Behandlungskosten, die bei rund 7000 US Dollar pro Patient und Jahr liegen – unbezahlbar für Länder der Dritten Welt, die am stärksten von der Tuberkulose heimgesucht werden.

Nun TDR-TB
Und nun eben die TDR-TB, die medikamentös nicht behandelbar ist.
Parallel dazu stellen sich mit immer grösserer Dringlichkeit die bisher ungelösten Fragen nach Isolierung derartiger, oftmals hochinfektiöser Patienten.

WHO kämpft mit eigenen Problemen
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die an vorderster Front im Kampf gegen diese und andere Erkrankungen stehen sollte, kämpft zur Zeit vorwiegend mit eigenen Problemen.

In einem Brief der britischen Entwicklungshilfeorganisation OXFAM im Januar 2012 an die internationale Medizinzeitung LANCET wird nun Alarm geschlagen.

Neben den Querelen zwischen Seilschaften, die wir bereits erwähnt hatten, muss die WHO:

– Strukturveränderungen vornehmen, die durch Budgetkürzungen in Höhe von 300 Millionen US Dollar erzwungen werden. Budgetkürzungen, die aus geringeren Mitgliederbeiträgen und einem Anstieg des Schweizer Franken gegenüber dem US Dollar resultieren (Die Zentrale der WHO befindet sich in Genf)

– einen Exodus von qualifizierten Mitarbeitern verkraften, die aus finanziellen Gründen nicht ersetzt werden können

– Budgetlöcher durch Mittelabzug aus anderen Projekten stopfen

Dadurch wird das Funktionieren der WHO in einer Reihe von Bereichen völlig in Frage gestellt.

Wir hatten bereits scharf kritisiert, dass die WHO sich völlig unfähig zeigte, auf das Problem gefälschter und damit gefährlicher Arzneien, die weltweit bereits 15% aller vertriebenen Medikamenten ausmachen, wirksam zu reagieren.

Und dies angesichts immer neuer Probleme, insbesondere des Neuauftretens von Krankheiten oder schwere Verlaufsformen bekannter Erkrankungen:

Genannt seinen

– Der chronische Botulismus

– Die aggressivere Verlaufsform der EHEC, zuletzt vergangene Woche in Hamburg beobachtet (Hämolytisch urämisches Syndrom)

– Das SFT-Syndrom (Severe fever with thrombocytopenia), ausgelöst durch ein Bunyavirus

Vor allem aber die durch Massentierhaltung massiv geförderte allgemeine Antibiotikaresistenz, auf welche die WHO bisher völlig unzureichend reagiert hat.
Globale Anstrengungen sind erforderlich, um adäquate Antworten für neue Herausforderungen im Gesundheitsbereich zu finden.

Stattdessen sehen wir Mittelkürzungen und enorme Probleme bei der WHO.

Weltgesundheitsorganisation (WHO) – ein teurer, bisher zahnloser Tiger im Kampf gegen gefälschte Medikamente

Medikamente ohne Wirkstoffe – ein hochlukratives Geschäft mit tödlichen Folgen
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit

Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung
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Medizin

Weltgesundheitsorganisation (WHO) – ein teurer, bisher zahnloser Tiger im Kampf gegen gefälschte Medikamente

Dr. Alexander von Paleske 19.1. 2012 — Das Mahosot Hospital in Vientiane / Laos in Zusammenarbeit mit der einer Forschungsgruppe der Universität Oxford – University Tropical Medicine Research Collaboration –brachten es ans Tageslicht: Millionen Menschen sind durch gefälschte unwirksame Anti-Malaria Medikamente gefährdet: da diese Medikamente oftmals niedrige, allerdings zum Therapieerfolg unwirksame Mengen der Wirkstoffe gegen die Krankheit enthalten, die sie bekämpfen sollen, leisten sie so der Resistenzentwicklung Vorschub.

Jährlich sterben an der Malaria weltweit rund 800.000 Menschen.

Die Erreger der Malaria sind mittlerweile gegen die meisten der einst wirksamen Medikamente wie Chloroquin resistent, wir berichteten darüber. Umso wichtiger ist es, die Wirksamkeit der noch verbliebenen Medikamente zu erhalten.

Gefälschte Anti-Malaria Medikamente in 11 afrikanischen Ländern
Die Forscher der Universität Oxford untersuchten im Zeitraum von 2002 bis 2010 in Asien und Afrika eindeutig gefälschte Anti-Malaria-Medikamente auf ihre Zusammensetzung.


NewsDaily, Zimbabwe, vom 18.1. 2012

Die gefälschten Medikamente stammen unter anderem auch aus Nigeria, Südafrika und China.

Immer wieder fanden die Forscher in den gefälschten Medikamenten in geringen Mengen die heute noch hochwirksame Anti-Malaria Arznei Artemisinin. Die Unterdosierung könnte auch dieses Medikament längerfristig vollständig oder teilweise wirkungslos machen, eine Katastrophe, da Alternativmedikamente bisher und in der nahen Zukunft nicht verfügbar sind.

Der Leiter der Forschungsgruppe, Dr. Paul Newton berichtete, dass einige der gefälschten Medikamente auch noch andere Substanzen enthielten, die den Patienten sich kurzfristig besserfühlen lassen, wie fiebersenkende Wirkstoffe.

Die Verpackungen derartiger Scheinpräparate ähneln den Originalpackungen mittlerweile so stark, dass selbst Pharmazeuten Schwierigkeiten haben, Fälschungen von Originalmedikamenten zu unterscheiden. Oftmals kann nur die Seriennummer auf der Packung letztlich Klarheit bringen.


Kaum zu unterscheiden: Originalpackung links, gefälschtes wirkungsloses Präparat rechts

Die Fälschung und das Inverkehrbringen derartiger Medikamente ist mittlerweile ein kriminelles Milliardengeschäft, und damit ein weltweites Riesenproblem geworden. Es wird geschätzt wird, dass bereits rund 15% aller Medikamente weltweit gefälscht sind, vorwiegend in Afrika, Lateinamerika und Asien.

Auch in Deutschland hat sich die Zahl der sichergestellten Plagiate zwischen 2009 und 2010 von 5 auf 10 Millionen glatt verdoppelt. Allerdings handelt es sich hier vor allem Lifestyle-Medikamente, z.B. potenzfördernde Mittel wie Viagra, oftmals über das Internet vertrieben.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte eigentlich an vorderster Front in der Bekämpfung dieser zum Teil nicht nur wirkungslosen, sondern hochgefährlichen Fälschungen stehen.

Obgleich die WHO finanziell keineswegs am Hungertuche nagt, hat sie auf diesem bedeutenden Feld bisher nur allzu kläglich versagt.

Erst auf Anforderung der WHO-Mitgliedsstaaten in der Mitgliederversammlung 2010 bequemte sich die WHO, eine Arbeitsgruppe einzurichten, die konkrete Vorstellungen und zu ergreifende Massnahmen der Mitgliederversammlung im Mai 2011 vorlegen sollte.

Obwohl das Problem nur als äusserst dringend lösungsbedürftig beschrieben werden kann, traf sich diese Arbeitsgruppe ein einziges Mal, und das war im Februar 2011, nur um festzustellen, dass man mehr Zeit brauche, um Empfehlungen auszusprechen. Geradezu lächerlich.

Wer allerdings mit den Verhältnissen in der WHO etwas vertrauter ist, die Seilschaften kennt, die sich nicht selten gegenseitig behindern um nicht zu sagen bekämpfen, der dürfte kaum überrascht sein.

Es wird allerhöchste Zeit für die WHO, endlich hier ihrer Verantwortung gerecht zu werden.

Medikamente ohne Wirkstoffe – ein hochlukratives Geschäft mit tödlichen Folgen
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit

Im Profil: Chinesische Pharmazie-Forscherin Tu Youyou

Medizin

Zwei Schreckensmeldungen zur Antibiotika-Verfütterung in der Massentierhaltung

Dr. Alexander von Paleske — 9.1. 2012—

Meldung 1
Jedes zweite geschlachtete Hähnchen aus der Massentierhaltung hat Antibiotika-resistente Keime.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat Stichproben von Hähnchenfleisch aus Supermärkten genommen. und auf Bakterien untersuchen lassen. Das erschreckende Ergebnis des Tests: Jede zweite Probe enthielt Keime, die multiresistent sind gegen Antibiotika.

„Jede zweite Hähnchenfleisch-Probe aus deutschen Supermärkten ist mit antibiotikaresistenten Keimen belastet“,

sagte der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Weiger, am Montag in Berlin.

Dies ist die erschreckende Folge des fortgesetzten Antibiotika-Missbrauchs.“

BUND Vorsitzender Weiger sagte weiter:

„In der Intensivhaltung werden 22 bis 24 Masthähnchen pro Quadratmeter gehalten.


Zusammengepfercht in der Tierfabrik. Screenshot: Dr. v. Paleske:

Eine immer größere Zahl von Nutztieren auf zu wenig Platz zu halten, sei nur unter Einsatz großer Mengen von Antibiotika möglich. Aigner muss endlich handeln. Die industrielle Tierhaltung muss endlich zurückgedrängt werden“

Wr haben mehrfach auf diese Problematik hingewiesen. Die jetzt festgestellten Häufungen von multiresistenten Keimen in Geflügelfleisch aus der industriellen Massentierhaltung, sog. Tierfabriken, stellen nur für den Uneingeweihten eine Überraschung dar. Es war vielmehr zu erwarten.


Brutstätten der Antibiotikaresistenz: Tierfabriken – Screenshot: Dr. v. Paleske

Gleichwohl haben die Politiker aller Parteien quer durch die Länder und den Bund diesem Thema völlig unzureichend Aufmerksamkeit geschenkt.

Hinzu kommen noch die Lobbyisten der mächtigen Farbrikfarmer, die den gegenwärtigen Zustand, koste was es wolle, aufrechterhalten wollen.

Schreckensmeldung 2
Hühner sollen nach Plänen der Bundesregierung deutlich weniger Antibiotika bekommen. Ministerin Ilse Aigner (CSU) will deshalb das Arzneimittelgesetz ändern.

Um diesen Unfug zu verstehen muss man sich vergegenwärtigen dass:

– bereits jetzt die prophylaktische Verabreichung von Antibiotika in Tierfabriken – erst muss man ergänzend hinzufügen – seit dem Jahre 2006 in der EU untersagt ist.

Geändert hat sich seitdem jedoch prinzipiell nichts, wenn man davon absieht, dass feste Beimischung von Antibiotika im Futter nicht mehr zulässig ist, sondern diese getrennt gefüttert werden müssen. Konnte sich auch nichts ändern, da ständig kranke Hühner zu beobachten sind.
Der Antibiotikaverbrauch ist im Gegenteil vielmehr kontinuierlich weiter angestiegen .Das ist keine Überraschung, denn:

– ein Küken, das normalerweise in Monaten zum Huhn heranreift, wird nunmehr in vier Wochen schlachtfertig gemacht

– Die Tiere werden unter Dauerbeleuchtung im permanenten Stresszustand zwecks Dauerfütterung gehalten

– Die weitere Stressbelastung kommt durch das Zusammenpferchen auf engsten Raum

– die Ställe werden aus Kostengründen in der jeweiligen Aufzuchtzeit nicht gereinigt, die Tiere stehen oder sitzen vielmehr in ihrem Kot.

Die regelhaften Infektionen sind die logische Konsequenz, gefolgt von der Verfütterung von Antibiotika.

Es ist nachgerade lachhaft, anzunehmen, dass die Änderung des Arzneimittelgesetzes auch nur irgend etwas bezüglich des Antibiotikaverbrauchs, und damit der bedrohlichen Zunahme multiresistenter Keime, bewirken kann.

Es bleibt dabei: nicht das Arzneimittelgesetz muss geändert werden, sondern die Aufzuchtbedingungen.

Mit anderen Worten: Die Massentierhaltung muss abgeschafft werden

Wie wir bereits vor Monaten schrieben:

dass die Massentierhaltung einschliesslich Fischfarmen – insbesondere aber von Geflügel – ohne Antibiotikaverfütterung nicht darstellbar ist, weil es sonst die Tiere nicht bis zum Schlachttag schaffen.

dass – trotz des Verbots der prophylaktischen Verfütterung – der Antibiotikaverbrauch bei der Tiermast deshalb rasant weiter ansteigt.

dass die an Tiere verfütterten Antibiotika zu den gleichen Substanzklassen gehören, wie die an Menschen verabreichten

dass die massenhafte Dauerverabreichung an Tiere der Resistenzentwicklung noch mehr Vorschub leistet, als wenn es vorübergehend einem Patienten für ein paar Tage gegeben wird

dass dieses Problem nur durch Abschaffung der Massentierhaltung gelöst werden kann.

……nur durch Abschaffung der Massentierhaltung

Frühchentod und Antibiotikaresistenz

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