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Zentralafrikanische Republik: Diktatoren, Rohstoffe, Plünderer und Putsche

Dr. Alexander von Paleske — 4.4. 2013 —
Die Zentralafrikanische Republik (CAR) war nur kurzfristig in den Schlagzeilen – in Europa jedenfalls: Wieder ein Putsch in Afrika, da kräht kaum noch ein Hahn danach, es sei denn, es handele sich um Islamisten.


Zentralafrikanische Republik

200 Millonen Dollar für eine „Kaiserkrönung“
Dann auch noch in einem Land, wo 1977 ein gewisser Jean Bedel Bokassa sich zum Kaiser krönte. Eine pompöse Zeremonie, die 20 Millionen US Dollar kostete – nach heutigen Verhältnissen rund 200 Millionen US Dollar – in einem der ärmsten Länder Afrikas.


Bokassas „Kaiserkrönung“

Reichtum und Armut
Ein reiches Land zugleich: reich an Rohstoffen, deren Erlöse aber nicht bei der Bevölkerung ankommen.

Das Land ist reich an Diamanten, Gold, Uran, Kupfer und vermutlich auch Erdöl. Jedoch bettelarm insbesondere an Politikern, deren Hauptinteresse das Wohlergehen der Bevölkerung ist, und nicht das Klammern an die Macht um jeden Preis, verbunden mit dem schamlosen Füllen der eigenen Taschen.

Vom Kolonialismus zum Neokolonialismus
Hauptschürfer der Rohstoffe, allen voran Uran: Die ehemalige Kolonialmacht Frankreich.

Zur Absicherung ihrer Wirtschaftsinteressen, insbesondere der Uranmine Arevia, ist ein Kontingent französischer Truppen in der Hauptstadt Bangui stationiert.

Putschland CAR
Wie überall in Afrika, hatte auch in der Zentralafrikanischen Republik (CAR) die alte Kolonialmächt keine institutionellen Strukturen hinterlassen, die eine Demokratie nicht nur dem Namen nach beinhaltet und perpetuiert. So konnten sich nach der Unabhängigkeit im Jahre 1960, wie in vielen anderen afrikanischen Lländern auch, Diktatoren festsetzen, die nicht aus demokratischen Wahlen hervorgegangen waren, sondern durch Putsche.

Es gibt nur wenige Länder in Afrika, wie beispielsweise Botswana, deren Strukturen demokratisch zu nennen sind, und wo der Reichtum des Landes den Weg zur Bevölkerung nimmt, ohne vorher von gierigen Politikern und Militärs abgegriffen zu werden.

Die Zentralafrikanische Republik (CAR) gehörte noch nie zu diesen Demokratien, und so waren Diktatur, Putsch und Gegenputsch die Folge, gefolgt von der Plünderung des Reichtums durch die jeweiligen Putschisten und deren Gefolgsleute bzw. durch die jeweiligen Rebellen.

Der jetzt verjagte Präsident Francois Bozize war ebenfalls im Jahre 2003 durch einen Putsch mit Unterstützung des Nachbarlandes Tschad an die Macht gekommen.


Francois Bozize ……..in mehrere Putsche verwickelt

In all diesen Putschen und Putschversuchen mischte auch die ehemalige Kolonialmacht Frankreich ordentlich mit.

Ex Präsident Bozize war vor seiner Machtübernahme bereits in den Jahren 1982 und 2001 in Putschversuche verwickelt, landete deswegen auch schon mal im Gefängnis. Bis das Nachbarland Tschad ihn als potentiellen Stabilitätsfaktor ansah, und einen erneuten Putschversuch 2003 militärisch massiv und erfolgreich unterstützte.

Frankreich, Ange-Felix Patasse und andere
Auch Frankreich unterstützte ihn – zunächst – liess ihn, wie auch der Tschad aber schliesslich wieder fallen, als Bozize Zug um Zug die Kontrolle über sein Land verlor.

Dort machten sich die Rebellen unter dem von Bozize 2003 gestürzten Ange-Felix Patasse breit, unterstützt von einem weiteren Rebellen namens Michel Djotodia, dem neuen Präsidenten. Die vereinigten Rebellen firmierten unter dem Namen Seleka.

So überrascht es nicht, dass Frankreichs Fremdenlegion nicht auf der Seite Bozizes in die Kämpfe eingriff. Die Franzosen hatten einen politischen Pferdewechsel vorgenommen, auf die Rebellen gesetzt, die in letzter Zeit grosse Teile des Landes kontrollierten, und die sich von den Diamanten finanzierten, deren Schürfgebiete sie kontrollierten.

Die Hauptstadt Bangui hätten die Rebellen schon wesentlich früher eingenommen, wenn da nicht eine andere, ebenfalls an den Rohstoffen interessierte Mittelmacht auf den Plan getreten wäre: Südafrika.


Ein Kampf um Rohstoffe

In Afrika findet ein Kampf um den Zugang zu Rohstoffen statt. Wir hatten mehrfach darüber im Zusammenhang mit dem Krieg im Ostkongo berichtet.

Bis in die 90er Jahre waren internationale Konzerne aus Grossbritannien, Frankreich, Belgien den USA und Australien im Geschäft. Daneben auch noch Anglo American aus Südafrika.

Aber nun ist mit China in neuer, mächtiger Wettbewerber auf den Plan getreten. Mittlerweile in jedem afrikanischen Land präsent. Nicht nur präsent, sondern als Dienstleister von Entwicklungshilfe in der Form von Infrastrukturmassnahmen, ausgeführt von chinesischen Firmen und chinesischen Arbeitern.

Und natürlich gewinnt Afrika für China als Absatzmarkt für seine Produkte, zunehmend Interesse, bei Textilien oftmals in zerstörerischer Konkurrenz zur lokalen Produktion

Chronologie eines korrupten südafrikanischen Desasters
Aber nun ist auch Südafrika als ein neuer Player in diesem Kampf um Rohstoffe aufgetreten: in der zentralafrikanischen Republik. Ziemlich erfolglos allerdings.

Ein südafrikanischer Geschäftsmann, aus Kongo-Brazzaville stammend, namens Didier Pereira wollte in der CAR ordentlich Geschäfte machen, vorwiegend allerdings ohne grössere eigene Investitionen.

Der Plan: Eine Art Sammelstelle für Diamanten verbunden mit einem Exklusivvertrag über den Export mit der Regierung Bozize. Alleinvermarktung oder Monopol ein anderes Wort dafür.

Für ein derartiges Unternehmen braucht es Connections. Also holt sich Pereira ein paar Spitzenleute der südafrikanischen Regierungspartei ANC ins Boot mit dem Versprechen des grossen Geldes. Geld, nicht nur für diese ANC-Fat Cats, sondern auch für die Regierungspartei ANC.


Pereira (r) seine ANC-Fat Cats v.l.n.r: Billy Masethla, Paul Langa, Joshua Nxumalo ausserdem Ex CAR-Präsident Bozize

Nachdem das geklappt hatte , brauchte Pereira die Zustimmung der korrupten Regierung Bozize.
Ein derartiger Deal, mit dem ein bettelarmes Land seine Exportrechte einfach weggibt, funktioniert nur, wenn etwas Lukratives im Gegenzug angeboten wird.

Bozize kontrollierte immer geringere Teile seines Landes, insbesondere nicht den Teil, wo die Diamanten geschürft wurden, also dort, wo die Rebellen sich eingenistet hatten. Zum Machterhalt brauchte er deshalb dringend Waffen und Soldaten, die seine zerlumpte Armee auf Vordermann bringen könnten, um an der Macht zu bleiben. Und natürlich militärische Hardware.

Südafrika liefert und plündert
All das konnte Südafrika liefern, und lieferte es.
So kam ein dreckiges Geschäft zustande, das jetzt die südafrikanische investigativen Wochenzeitung Mail & Guardian enthüllte.


Mail and Guardian vom 28.3. 2013

Bis dato sah es nämlich so aus, als ob Südafrika uneigennützig Hilfe für einen afrikanischen Bruderstaat leisten würde. Davon kann jedoch keine Rede sein.

Das südafrikanische Kontingent konnte das angestrebte Ziel aber nicht erreichen. Das lag nicht an mangelnder Professionalität der südafrikanischen Truppen, sondern vielmehr an Bozizes verlumptem und korrupten Apparat. So gab es nicht nur keine militärischen Erfolge gegen die Rebellen, vielmehr waren es schliesslich die Südafrikaner alleine, welche die Rebellen bekämpften.

Von der Nachhut zur Vorhut
Die südafrikanische Nachhut wurde zur Vorhut, nachdem die Regierungstruppen, aber auch die afrikanische Friedenstruppe, die dort nach einem Friedensabkommen im Januar 2013 stationiert war, sich vor den Rebellen aus dem Staube gemacht hatte.

Das tat dann auch Bozize selbst in der vergangenen Woche, während die Südafrikaner zurückblieben, und ihre toten Kameraden einsammelten, 13 an der Zahl. Ausserdem etliche Verwundete.

Französische Truppen hielten lediglich den Flughafen der Hauptstadt Bangui offen, griffen aber in die Kämpfe nicht ein.

Der neue Präsident, Michel Djotodia, will alle fremden Truppen aus dem Land jagen, insbesondere natürlich die südafrikanischen – nicht jedoch die Franzosen, versteht sich.

So gibt es zwar eine neue Regierung in der CAR, aber keine neue Politik.

Die Armut der Bevölkerung, die fehlende Infrastruktur, all das dürfte auch die neue Regierung genau so wenig interessieren, wie die alte.

In Südafrika ist die „Akte CAR“ jedoch noch lange nicht abgeschlossen, nachdem sich herausstellte, dass diese Soldaten für korrupte schmutzige Geschäfte ihren Kopf hinhalten mussten.

NACHTRAG 6.4. 2013
Aus der Mail & Guardian vom 5.4. 2013:

und die Antwort des berühmten südafrikanischen Cartoonisten Zapiro darauf:

Afrika als Rohstoffverkäufer
Afrika – Ein Kontinent wird zum reinen Rohstoffverkäufer

Zum Ostkongo
Rebellenführer Bosco Ntaganda in Den Haag – Das „Bauernopfer“ des ruandischen Präsidenten Paul Kagame
Frieden im Ost-Kongo?
Ostkongo (DRC): Vorübergehende Waffenruhe im langen Krieg
Ruandas Paul Kagame greift nach dem Ost-Kongo – Der Dritte Kongokrieg hat begonnen
Der Krieg im Ost-Kongo, Ruanda und die USA
Der vergessene Krieg im Osten des Kongo
Kampf um Kongos Ostprovinzen
Die Kongo-Plünderer
Reichtum, Armut, Krieg – Demokratische Republik Kongo
Demokratische Republik Kongo – 50 Jahre Unabhängigkeit. Grund zum Feiern?
Im Interview: Sir Ketumile Masire zur Lage im Kongo
Kongo: Warlord Laurent Nkunda benennt „Kriegsziele“
Wohin treibt der Ost-Kongo oder: Krieg ohne Frieden

China und Afrika
Sambia: Präsidentschaftskandidat gewinnt mit antichinesischer Rhetorik
China-Afrika: Nicht nur eitel Sonnenschein
Chinesische Firmen springen auf den MLM-Zug
China und Afrika – wohin geht die Reise?
Der hässliche Chinese – oder: wie China in Afrika neuerdings agiert

Chinesische Scanner und ein Korruptionsskandal in Namibia
Europa Addio? – EU-Afrika-Gipfel in Lissabon

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Rebellenführer Bosco Ntaganda in Den Haag – Das „Bauernopfer“ des ruandischen Präsidenten Paul Kagame

Dr. Alexander von Paleske — 23.3. 2013 —
„Bosco Ntaganda in den Niederlanden eingetroffen“, meldeten die Medien heute. Der Tutsi-Offizier, aus Ruanda stammend, war vor wenigen Tagen in die Botschaft der USA in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, „geflüchtet“. Er soll an unzähligen Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) beteiligt gewesen sein.
Darunter:

– Rekrutierung von Kindersoldaten

– Verschleppung von Frauen zur Sexsklaverei

– Erschiessungen

– Massaker an 150 Menschen im Jahre 2008.

Nun soll ihm vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag der Prozess gemacht werden.


Bosco Ntaganda
Screenshot: Dr. v. Paleske

Im Auftrag Ruandas
Wir haben mehrfach über diesen Rebellenführer berichtet, der im Auftrag der ruandischen Regierung den Rohstofftransport vom Ostkongo nach Ruanda organisierte und die Bevölkerung des Ostkongo terrorisierte.

Im Rahmen eines Friedensabkommens im Jahre 2009 wurde er in die kongolesische Armee mit seinem Tutsi-Rebellen integriert, stand aber nach wie vor auch unter der Direktive der ruandischen Regierung.

Als der Internationale Gerichtshof 2006 einen Haftbefehl erliess, und der Chefankläger die Auslieferung Ntagandas von der kongolesischen Regierung verlangte, kooperierte diese schliesslich und setzte Ntaganda ab. Der rebellierte erneut, und schuf die „Bewegung des 23 März“ (M23) die in Deutschland publizistisch von der Tageszeitung (TAZ) unterstützt wurde.

Bosco Ntaganda hielt sich bei dem im vergangenen Jahr folgenden blutigen Rebellen- Marsch auf die ostkongolesische Provinzhauptstadt Goma, der wieder eine grosse Flüchtlingswelle auslöste, im Hintergrund. Stattdessen rückte sein Stellvertreter Sultani Makenga in den Vordergrund.

Die westlichen Geberländer und afrikanische Nachbarn hatten angesichts der Flüchtlingswelle die Geduld mit Ruandas Präsidenten Kagame verloren: Bereits zugesagte Entwicklunghilfe wurde eingefroren, und auch der treueste Verbündete Ruandas, die USA, machten Druck. Kagame war gezwungen, mit den Anrainerstaaten und Südafrika im Februar 2013 ein Friedensabkommen zu unterzeichnen, das auch ein Ende der Unterstützung der Tutsi-Rebellen durch Ruanda und Uganda vorsieht.

Um offenbar seinen Ruf aufzupolieren, liess Kagame den Rebellenführer jetzt fallen – ein Bauernopfer – obgleich dieser mit ihm bereits 1994 bei der Niederschlagung der massakrierenden Hutus in Ruanda Seite an Seite gekämpft hatte.

Ob Ntaganda dem jetzt abgeschlossenen Friedensvertrag wirklich im Wege stand, wie in den Medien berichtet, darf bezweifelt werden.

Im niederländischen Gefängnis wird Ntanganda einen alten Bekannten wiedertreffen, seinen führeren Tutsi-Rebellen-Vorgesetzten Thomas Lubanga. Der wurde bereits im vergangenen Jahr wegen Kriegsverbrechen verurteilt.

Der neue Kommandeur: ein wegen Kriegsverbrechen Angeschuldigter
Das Kommando über den Tutsi- Rebellenhaufen führt jetzt Sultani Makenga, und der sichert den ungehinderten Rohstofftransport nach Ruanda, während Ruandas Präsident Paul Kagame weiter darauf wartet, die Annexionspläne umzusetzen.

Makenga steht bereits auf einer UN Sanktionsliste wegen der Rekrutierung von Kindersoldaten.
Die UN Menschenrechtsbeauftragte Navanetham Pillay beschuldigt Makenga ebenfalls schwerer Verbrechen gegen die Bevölkerung.


Rebellenführer Oberst Sultani Makenga …beschuldigt, Kriegsverbrechen begangen zu haben Screenshot: Dr. v. Paleske

Der Weltsicherheitsrat und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon begrüßten die Überstellung Ntagandas:

Man werte dies als positiven Schritt sowohl für die internationale Strafjustiz wie auch in Richtung der Wiederherstellung von Frieden und Sicherheit im Osten der Demokratischen Republik Kongo“.

Der Friedensoptimismus ist angesichts der bisherigen Erfahrungen wohl kaum gerechtfertigt.

Zum Ostkongo
Frieden im Ost-Kongo?
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Zu Ruanda
linkDemokratie bleibt ein Fremdwort in Ruanda.

Zu Uganda
linkUgandas Ölfunde: Söldner fördern es, die Amerikaner kaufen es.

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Juju, dead-dead-Träume und die okkulten Ketten der Sexsklaven

Stephan Fuchs – In der Nacht kommt das Entsetzen und Grauen. Zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens liegen die Nerven völlig blank und von Schlaf kann keine Rede sein. Das Licht ist an, die Bibel griffbereit unter dem Kopfkissen. Besser sind zwei oder drei. Eine in Bini, eine in Englisch und die dritte auf Deutsch.

In dieser nächtlichen Zeit, wenn der Körper trotzdem in den Schlaf fällt, kommt er: Eshu! Einer der Gods der westafrikanischen okkulten Welten, des Juju. Der kleine Kerl weiss, dass er in dieser Phase, im Schutze der Dunkelheit und des Schlafes seine Chance hat in den Geist einzudringen. In dieser Zeit ist die mentale Verteidigung ausgeschaltet, die Traumwelt ist offen für das ganze Universum und die gesamte Geisterwelt. Eshu ist ein kleiner, ekelerregender Gnom, der potent an krimineller Energie ist. Er hat alle Tricks auf Lager und vermag jeden zu täuschen. Er ist der Menschenverkäufer und Joker der Unterwelt. Juju ist ein Terminus für den westafrikanischen Spiritualismus, der mit Amuletten, Verwünschungen und bindenden Ritualen Opfer an sich bindet.

Die Angst vor Eshu ist enorm. Gebrechen, Wahn, und selbst den Tod kann er über die Traumwelt zum Opfer tragen. Er bringt Seuche, Armut, Verbitterung, Verstümmelung und Tod über die Familie im fernen Westafrika, über die Freunde und über das Juju Opfer. Folgt man ihm und erfüllt seinen Plan, dann bringt er ungeheuerlichen Reichtum, Respekt und Schutz. Eine gewaltige Hoffnung wird in den God Eshu gelegt, wenn die weite, gefährliche Reise nach Europa unternommen wird. Die Hoffnung liegt zum Teil im ganzen Clan, ja sogar im ganzen Dorf. Eshu und die Gods sind Freund, Beschützer und Vollstrecker in einem.

Über die Indoktrinierungen, die Drohungen, und die Erinnerungen an die Gelübde, die in einem Schrein in Westafrika abgelegt worden sind, finden die Menschenhändler und Madams über den God Eshu die unsichtbaren Ketten um Sklaven zu halten. Die Geisterwelt kennt keine Schranken, keine Grenzen und vor allem keine Gnade. Nicht selten erbrechen die Juju Frauen am Morgen, wenn sie einen Geistertraum erlebt haben. Wird im Traum etwas gegessen, dann ist das ein ganz schlechtes Zeichen. Mit jedem Bissen der durch den Mund in den Magen kommt, wird der Schrecken grösser. Die Dämonen nehmen überhand im Körper und übernehmen die Kontrolle des Geistes. Eshus grauenhafte Warnungen müssen deshalb am Morgen rausgewürgt und rausgekotzt werden, bis der Magen leer gepumpt ist. Die Kolleginnen verstehen das. Es ist eine fast normale, vertraute Situation, und die Macht des Juju ist wieder für lange Zeit gefestigt.

Die Madame gibt den Auftrag
Je nachdem welche Form von Aufgabe oder Schutz ein Opfer braucht, werden Sekrete, Kräuter, Menstrationsblut, Menchen- oder Tierblut und Schamhaare gebraucht. Lebende Tiere werden auseinandergerissen, das Blut auf den Körper gegossen, gespritzt, oder getrunken, und anschliessend mit den anderen Utensilien gemixt. Der Körper wird mit Rasierklingen geritzt oder mit glühenden Gegenständen gebrannt und ein weisses Pulver in die Wunde gerieben. Es hinterlässt auffällige Narben. Somit sind die Gods im Körper und kommen mit auf die Reise. Der Juju Priester fühlt in den dunklen Nächten was das Opfer fühlt. Er sieht mit den Augen und hört mit den Ohren des Opfers. Spricht sie mit der Polizei? Mit Sozialarbeitern? Versucht das Opfer gar aus ihrer Situation auszubrechen, zu fliehen?

Für die Frau auf den Strassen von Turin, Rom, Zürich, Hamburg und Amsterdam ist es keine Frage: Juju ist Realität. Die Angst ist gewaltig. Zu viele Geschichten sind bekannt, da die dead-dead Spirits zugeschlagen haben. Zuhause im Dorf brannte ein Haus. Der Cousin erkrankte an einer seltsamen Krankheit. Die Schwester hat den Verstand verloren, die Kühe schlechtes Wasser getrunken, in Biel ist der Priester, dem man Juju Praktiken nachsagt, am Arbeitsplatz in der Fabrik von einem Betonblock erschlagen worden. Es ist klar: die Vorsehung der Geisterwelt zeichnet die Landkarte des Opfers. Gods formen das Leben und ein Ausbrechen wird bitter und hart bestraft. Es wird so zur Realität. Und diese Lebenskarte zeichnet der Jujupriester in Westafrika im Auftrag des Architekten: Der Madame in Italien.

Die Angst vor dem Zauber – dem Juju – ist real. Mädchen und auch Jungs werden von der Mutterbrust weg zum Okkultismus indoktriniert. Jedes Dorf im westlichen Afrika braucht eine Schuldige. Jemanden, dem der Dorfpriester das Elend und die Schuld zuweisen kann. Am besten geht das, wenn man ein Mädchen als Hexe brandmarkt. Dieses kann man dann verprügeln, vergewaltigen und bestrafen wie es gerade gut passt. Beim Wasserritual wird das Mädchen spirituell mit der Geisterwelt, dem Wassergott vermählt. Während dreier Tage wird das Girl unter Drogen vergewaltigt. Es wird ausgetrieben, die Dämonen im Kind werden bestraft, gebrannt, geätzt, ausgehämmert. Wird sie sechzehn tötet man sie, und die Sünden des ganzen Dorfes sind vergessen. Das ist praktisch. Oder man verkauft sie für Geld an Menschenhändler. Das ist auch praktisch. Im Gegensatz zu Kokain und Kalaschnikows, Dingen die man nur einmal verkauft, lässt sich eine Frau in Europa wieder und wieder und wieder verkaufen. Was für ein Geschäft! Immer mehr werden solche Austreibungen auch in London und Bristol bekannt. Selbst in Biel soll es eine Hintertür-Kirche geben, die Hexen erkennt und austreibt.

Am Morgen, wenn die Ängste vor den Geistern vorbei sind, sind die Nigerianerinnen in den Asylzentren und auf der Strasse wieder wie wir sie kennen: Arrogant, aufgedonnert, aggressiv und rotzfrech. Die meisten von ihnen sind bereits seit Jahren in Europa, vor allem in Italien. In Turin ist eine Hochburg. In Palermo, in Milano, in Genua sind sie. Auch in Moskau. Sie sind aber auch in Biel, in Zürich und in Bern. Es sind nicht jene «Sexarbeiterinnen », die in netten, sauberen TÜV-Bordellen arbeiten. Das Wort Arbeiterin suggeriert, dass eine Arbeit nach staatlich- gesellschaftlichen Verträgen funktioniert. Eine Arbeiterin hat Rechte. Sexarbeiterinnen arbeiten in einem ordentlichen, registrierten Bordell und werden anständig bezahlt. Es ist ein Job.

Diese Frauen aber sind Nutten. Sie sind Sklaven. Sie haben weder Rechte noch Hilfe. Westafrikanerinnen erzählen, wenn sie «zur Erholung» in die Asylstruktur kommen, immer wieder von den Konditionen in Italien: Ungeschützter Geschlechtsverkehr, völlig unhygienische Verhältnisse; Sex am Strassenrand, keine Waschmöglichkeiten, extremer Sadismus mit extrem perversen Praktiken, überraschende und nicht ausgemachte Gangbangs, eigentliche Vergewaltigungen. Frauen erzählen von Drogen, von Verstümmelungen, von brachialer physischer Gewalt, von Verätzungen, Verstümmelungen, Nahtodsexspielen und eigentlichen Exekutionen. Erschossen, erstochen und verbrannt. In der Schweiz wird es wohl nicht anders sein.

Sklavinnen prostituieren sich für eine Madame.
Die Madame ist eine Frau, die sich an die Spitze gearbeitet hat. Sie kontrolliert 4-5 Frauen. Sie lässt die Mädchen in Nigeria rekrutieren. Eventuell lässt sich eine Madame über ihre Tatoos zuordnen. In Italien kann es die Rose am linken Oberarm sein. In Russland ist es eventuell eine markante Tattoo oberhalb des Kreuzes. Die in Deutschland arbeitenden Madames zeichnet etwas Ähnliches wie ein Sonnenrad. Dies ist aber nur eine These, die vielleicht genauso falsch ist wie die Annahme, dass Juju, Witchcraft und Hexerei ein Unsinn sei. Ein Märchen, ein Hoax, etwas für Schwachsinnige.

Ein UNICEF-Bericht schreibt, dass über 95% der Kinder auf den Strassen im Akwa Ibom State in Nigeria von Pastoren als Hexe gebrandmarkt worden sind. 40% dieser Kinder werden gehandelt. Als Arbeitskräfte in den Minen und Ölfeldern, als Haussklaven oder Sexsklaven. 90% der Sexsklaven in Europa, aus Delta oder Edo State, aus Ghana oder Togo wurden vor einen Schrein gezerrt.

Zu den psychischen Störungen, die sich nach einem traumatischen Erlebnis oder nach mehreren Traumata in Folge entwickeln können, schreibt mir eine Psychotherapeutin mit langjährigen Erfahrungen in der Behandlung von Patienten mit (komplexen) posttraumatischen Belastungsstörungen auf Anfrage folgendes: «Typische Symptome dieser Störung sind beispielsweise: Allgemeine Schlafprobleme, Angstträume; körperliche Reaktionen wie Herzklopfen, Schwitzen bei Erinnerung an das Trauma – oder die Traumata: Die meisten Opfer erlitten sequentielle (=sich wiederholende) Traumata – sie leiden daher unter einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung; Angstzustände mit Hyperventilation, die bis zu Ohnmachtsanfällen führen können; starkes Misstrauen gegenüber dem sozialen Umfeld; Spannungszustände, oder auch permanente hohe Anspannung, die zu häufigen und unerträglich starken Kopfschmerzen führen können; dissoziative Zustände, in denen sie z.B. plötzlich zu Boden sinken und in starker Verkrampfung liegen bleiben – dieser Zustand kann einige Zeit andauern; während dem andere Opfer in solchen dissoziativen Zuständen schreien, am ganzen Körper zittern, zucken, sich schütteln oder um sich schlagen, zB. mit der Hand auf den Boden, sich in ihrem Körper verkrampfen, zittern. Sie verlieren während dieser Zeit das Bewusstsein … tauchen dann später wieder in der Gegenwart auf und können sich an nichts erinnern. Andere Opfer irren in einem solchen dissoziativen Zustand in der Gegend umher und kommen plötzlich an einem ganz anderen Ort wieder zu Bewusstsein, ohne zu wissen, wie sie an den aktuellen Ort gekommen sind. Dazu Flashbacks: plötzliche Empfindungen, als ob das Ereignis wieder stattfände, sich wie betäubt fühlen, starke emotionale Dämpfung = sogenanntes Numbing. Aktive Vermeidung von Orten, Situationen, Gesprächen, Gedanken, die an das Trauma oder an die Traumata erinnern könnten. Bei emotionaler Belastung vermag eine solche Person Vergangenheit und Gegenwart nicht mehr klar zu trennen. Es ist ein bekanntes Symptom einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung, dass die sequentiellen traumatischen Erlebnisse erst nach und nach in Erinnerung kommen, und dies nicht etwa chronologisch und geordnet, sondern bruchstückhaft und chaotisch, z.T. aufgrund gleicher Gefühle in einem Ereignis zusammengefasst.»

Unter diesen Umständen ist es für Sozialarbeiter, Therapeuten und Ermittelnde Dienste enorm schwierig an Informationen, geschweige denn an die Menschenhändler zu kommen. Es braucht viel Zeit um die Ängste aufzubrechen, das Vertrauen aufzubauen, und das ist nur möglich wenn Witchcraft und Juju ernst genommen werden. Für den Menschenhändler ist es ein gutes Geschäft. Die paar Neiras (nigerianische Franken), die für ein Mädchen an den Stamm bezahlt werden, werfen auf dem Markt einige zehntausend Dollar ab. Eine Frau hat, wenn sie denn Europa lebend erreicht, einen Wert von 60-80’000 Euro: dieses Geld muss sie zurückbezahlen. Das ist der Teil des Deals mit Eshu, und jede Juju Frau wird ihren Part der Abmachung einhalten. Auch wenn es Jahre dauert, der Körper kaputt geht und die Seele in der Hölle der Freier verbrannt ist.

Dieser Artikel erschien erstmalig im ensuite Kulturmagazin

Weiterführende Informationen: www.trafficking.ch

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Frieden im Ost-Kongo?

Dr. Alexander von Paleske — 11.3. 2013 —
Vor zwei Wochen schlossen 11 afrikanische Staaten ein Abkommen, das dem Ostteil der Demokratischen Republik Kongo (DRC) einen dauerhaften Frieden bringen soll.


DRC

Dort,

– wo seit dem Beginn des ersten Kongokrieges im Jahre 1996 immer wieder Kämpfe ausbrachen,

– wo Hunderttausende zu Flüchtlingen gemacht, und

– wo unfassbare Grausamkeiten an der Zivilbevölkerung begangen wurden.

– wo alle Friedensabkommen, auch das von Sun City / Südafrika 2003, das den zweiten Kongokrieg beendete, der mehr als 4 Millionen Menschen direkt und indirekt das Leben kostete, nicht zu einem dauerhaften Frieden führten.

Ethnische Konflikte und Rohstoffe
Der Hintergrund:

– Ethnische Konflikte, die 1994 zum Genozid von 800.000 Tutsis und moderaten Hutus durch radikalisierte Hutus in Ruanda führten

– Nach der Beendigung der Grausamkeiten die Flucht von Hunderttausenden Hutus in den Ostkongo

– Die Reorganisierung einer bewaffneten Hutu-Miliz

– Die latente Bedrohung Ruandas dadurch

– Die Plünderung der Rohstoffe des ausserordentlich rohstoffreichen Ostkongos durch das extrem rohstoffarme Ruanda aber auch Uganda im zweiten Kongokrieg (1998 -2003)
,
– Die Fortsetzung der Plünderung – trotz des Friedensschlusses 2003 – durch Ruandas Proxy-Armeen im Ost-Kongo: erst die CNDP unter Laurent Nkunda und jetzt die M23 unter Bosco Ntaganda.

Exporteur ohne eigene Rohstoffe
Ruanda ist mittlerweile zum Gross-Exporteur von Coltan aufgestiegen, obgleich es selbst kaum bzw. gar kein Coltan fördert.

Coltan – in Deutschland von der Goslarer Firma H.C. Starck verarbeitet – wird zur Herstellung von Mobiltelefonen und Laptops benötigt.

Weiter im Ostkongo gefördert: Gold und Diamanten. Vermutet werden auch Erdölvorkommen.

Wohlwollen endete
Bisher konnte Ruandas Kagame sich bei seinen militärischen Eskapaden und seiner Destabilisierungspolitik im Ost-Kongo der wohlwollenden Tolerierung westlicher Länder sicher sein.


Paul Kagame …will die Annexion des Ostkongo. Screenshot: Dr. v. Paleske

Kagame, der auf einer US Militärakademie seinen letzten soldatischen Schliff bekam, verstand es immer wieder, das schlechte Gewissen der westlichen Länder wegen des Nichteingreifens in den Völkermord in Ruanda 1994 für sich zu nutzen.

Hinzu kam, dass er mit seiner Regierung, und gefördert durch massive Entwicklungsgelder und unterstützt die Rohstoffplünderei im Ost-Kongo, es schaffte, einen effektiven Staatsapparat aufzubauen und die Infrastruktur Ruandas auf Vordermann zu bringen, ebenso wie das Gesundheitswesen. Ein krasser Gegensatz zu dem desolaten Zustand im benachbarten Kongo, insbesondere in dessen Ostprovinzen.

Nun aber ist, mit ausgelöst durch einen UN-Bericht, der Ruanda als die treibende Kraft hinter der Rebellengruppe M23 anschuldigte, die vor allem neues Flüchtlingselend schuf, westlichen Ländern der Geduldsfaden mit Kagame gerissen. Zugesagte Entwicklungshilfegelder wurden eingefroren..

Der Konflikt war dabei, in einen neuen Kongokrieg zu münden Nachbarstaaten, vor allem Angola mit seinen bürgerkriegserprobten Kampftruppen, von Kagame nach den Erfahrungen im zweiten Kongokrieg gefürchtet, waren dabei, auf Seiten der DRC in den Konflikt einzugreifen.

Einen neuen Kongokrieg wollten sowohl die anderen Anrainer-Staaten, aber auch die Regionalmacht Südafrika unter allen Umständen verhindern, und endlich ein Ende dieses scheinbar nie enden wollenden Konflikts sehen.

So stimmte Ruandas Präsident Paul Kagame, von mehreren Seiten politisch unter Druck gesetzt, schliesslich dem Abkommen zu, und so setzten nicht nur die Präsidenten der kriegführenden Staaten, sondern insgesamt 11 afrikanische Staatsmänner ihre Unterschrift unter das Abkommen, darunter neben der vom Krieg am schwersten betroffenen Demokratischen Republik Kongo, und den beiden Nachbarstaaten Ruanda und Uganda, auch Tansania, Südafrika, Angola, Burundi, Süd-Sudan, Sambia, die Zentralafrikanische Republik und Kongo-Brazzaville.


Paul Kagame bei der Unterschrift . …….wie lange gültig?
Screenshot: Dr. v. Paleske

Milizunterstützung soll enden
Zentraler Punkt des Abkommens ist die Verpflichtung insbesondere Ruandas, aber auch Ugandas, die Tutsi Milizen, zuletzt unter der Firmenbezeichnung M23 – de facto unter dem Oberkommando der ruandischen Armee – nicht weiter zu unterstützen.
Das Abkommen verpflichtete gleichzeitig die Regierung der DRC, die staatliche Autorität durch Armee und Polizei im Ost-Kongo wiederherzustellen, und die marodierenden Milizen, insbesondere der Hutu Rebellen, aber auch die Mai Mai, und andere wie die Lord Resistance Army (LRA), welche auch den Kongo immer wieder als Rückzugsgebiet benutzt, zu entwaffnen.

Ausserdem verpflichtet das Abkommen die Regierung des Kongo unter Joseph Kabila, demokratische Reformen durchzuführen.
Eine Zeitplan und überprüfbare Meilensteine wurden jedoch nicht vereinbart.


Joseph Kabila bei der Unterschrift …..kann und will er die Bedingungen erfüllen? Screenshot: Dr. v. Paleske

Dauerhafter Frieden?
Wird es nun Frieden im Ost-Kongo geben?
Kurzfristig vermutlich, mittel bis längerfristig unter den gegenwärtigen Umständen vermutlich nicht, da es trotz des Abkommens zu keiner wirklich endgültigen Lösung der bestehenden Konflikte gekommen ist.

Paul Kagame wird weiterhin sein Ziel verfolgen, mittel- bzw. langfristig grosse Teile des Ost-Kongo zu annektieren, in der Zwischenzeit die Rohstoffplünderei durch seine Proxy-Milizen sicherstellen. Milizen, die sich vorübergehend darauf beschränken werden, die Rohstoff-Transportwege nach Ruanda offen- und die Hutu-Milizen im Zaum zu halten, statt Provinzhauptstädte wie Goma unter ihre Kontrolle zu bringen – vorerst.

Der kongolesische Präsident Joseph Kabila wiederum hat in mehr als 10 Jahren Regierungszeit eine staatliche Ordnung im Ost-Kongo nicht herstellen können oder wollen.

Die dort im Einsatz befindlichen UN Truppen haben kein wirklich handfestes Mandat, um die Rebellen in Schach zu halten.

Und so ist es wohl nur eine Frage der Zeit, bis die Kämpfe erneut ausbrechen, und das Leiden der Zivilbevölkerung sich fortsetzt..

Zum Ostkongo
Ostkongo (DRC): Vorübergehende Waffenruhe im langen Krieg
Ruandas Paul Kagame greift nach dem Ost-Kongo – Der Dritte Kongokrieg hat begonnen
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Zu Ruanda
linkDemokratie bleibt ein Fremdwort in Ruanda.

Zu Uganda
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Der Fall des Sportlers Oscar Pistorius – jetzt mit rassistischer Schlagseite?

Dr. Alexander von Paleske —- 7.3. 2013 —- Der Fall des südafrikanischen Sportlers Oscar Pistorius hat weltweit die Medien beschäftigt. Auch wenn bisher keine Gerichtsverhandlung zur Sache selbst, sondern nur über die Aussetzung der Untersuchungshaft gegen Kaution, stattgefunden hat: Die Behauptung des Angeschuldigten, er habe seine Freundin Reeva Steenkamp versehentlich getötet, sie mit einem Einbrecher verwechselt, ist offensichtlich durch die Obduktion der Leiche widerlegt.

Das Opfer wurde mit einem Baseballschläger entweder schwer verletzt oder getötet, bevor dann die Schüsse abgegeben wurden..
Damit dürfte die Anklage auf Mord oder Totschlag hinauslaufen.
.
Das würde uns hier jedoch weiter gar nicht interessieren: Familiendramen mit tödlichem Ausgang werden mehr als ausgiebig in den Massenmedien thematisiert.

Uns interessiert der Fall jetzt, weil er offenbar um eine rassistische Variante „bereichert“ wurde, und zwar durch ein Interview, das der Vater des Angeschuldigten, Henke Pistorius, der britischen Presse, genauer gesagt: dem britischen Blatt Telegraph, in der letzten Woche gab.

Tenor: Die südafrikanische ANC-Regierung habe bei der Kriminalitätsbekämpfung versagt, und das Resultat sei, dass dann die Weissen sich mit Schusswaffen versorgen müssten, wodurch Unglücksfälle, wie der seines Sohnes vorprogrammiert seien.


Südafrikas Tageszeitung STAR vom 5.3. 2013 Foto: Dr. v.Paleske

Die Familie Pistorius hatte sich angeblich mit insgesamt 55 Schusswaffen eingedeckt.

Tatsachen sprechen andere Sprache
Tatsache ist jedoch:

– die Mordstatistik in Südafrika ist zweifellos erschreckend: rund 15.000 Morde pro Jahr, wir haben mehrfach darüber berichtet.

– Opfer der Gewalttaten sind der überwiegenden Mehrzahl Schwarze in den Townships, und nicht etwa Weisse

– Morde an Weissen erhalten jedoch regelhaft mehr Aufmerksamkeit in den Medien

– die nachwirkende jahrzehntelange Apartheidpolitik trägt für diesen Zustand ein gerüttelt Mass an Mitverantwortung – noch immer.

– die hohe Arbeitslosigkeit und Armut in vielen Townships tut das Ihrige, um die Kriminalität – auch die Gewaltkriminalität – zu fördern.

Dass jetzt der Vater des berühmten „Blade Runners“ die Rassismus-Karte gezogen hat, wird seinem Sohn allerdings wenig helfen.
Ein Beziehungsdrama mit tödlichem Ausgang hat mit Rassismus nichts zu tun.

Der Waffenbesitz als solcher erleichtert ohne Zweifel den tödlichen Schusswaffengebrauch bei solchen Auseinandersetzungen, auch aus diesem Grunde sind Waffenverbote erforderlich, aber sie betreffen wohl nicht Baseballschläger.

Der Fall Oscar Pistorius eignet sich daher kaum dafür, die Verantwortung letztlich der Regierung Südafrikas in die Schuhe zu schieben. Dieser untaugliche Versuch ist bestenfalls geeignet, den fragilen Aussöhnungsprozess, zwischen Schwarz und Weiss zu behindern.

afrika

Wahlen in Kenia am 5.3. 2013 – die ersten 100 Toten bereits jetzt

Dr. Alexander von Paleske — 13.02. 2013 —
Am 5. März 2013 sind Wahlen in Kenia. Bis jetzt haben gewaltsame Auseinandersetzungen und Chaos bei den Vorwahlen bereits rund 100 Menschenleben gefordert.


Kenia

Offen werden Befürchtungen geäussert, dass es zu einer Wiederholung der Ereignisse wie bei den letzten Präsidentschaftswahlen im Jahre 2007 kommen könnte.

Erst friedlich, dann betrügerisch, schliesslich gewalttätig
Am 27. Dezember 2007 fanden zunächst friedliche Wahlen statt. Es gibt genügend Hinweise dafür, dass die Ergebnisse dann aber gefälscht wurden.

In grosser Eile wurde unmittelbar nach Bekanntgabe der Ergebnisse am 30.Dezember 2007 der alte und nun zum Gewinner erklärte Präsident Mwai Kibaki vereidigt. Ein Politiker, der auch die Unterstützung der Bush-Regierung genoss.

Sein Herausforderer, Raila Odinga, der unter Kibakis Vorgänger Daniel Arap Moi jahrelang aus politischen Gründen im Gefängnis einsass, fühlte sich um seinen Wahlsieg betrogen.


Raila Odinga

Sofort brachen, angesichts des vermuteten Wahlbetrugs, gewaltsame Proteste aus, in deren Folge 1300 Menschen getötet und 500.000 vor dem mordenden und plündernden Mob fliehen mussten.

Um die gewaltsamen Unruhen zu beenden, vermittelte der ehemalige UN-Generalseäkreatär Kofi Annan ein Friedensabkommen, das eine Regierung der nationalen Einheit unter Einschluss der Opposition vorsah.

Raila Odinga erhielt das Amt des in der Verfassung nicht vorgesehenen Premiers, Mwai Kibaki blieb Präsident.

Zwei Untersuchungskommissionen
Zwei Kommissionen untersuchten den angeblichen Wahlbetrug und die dann folgenden gewaltsamen Ausschreitungen:

– Zunächst die Kriegler Kommission unter Leitung des pensionierten südafrikanischen Richter Johann Kriegler die als Ergebnis ihrer Arbeit Vorschläge für eine Wahlrechtsreform machte.

– Eine zweite Untersuchungskommission, die sogenannte Waki-Kommission, sollte untersuchen, wer die Gewalttätigkeiten letztlich zu verantworten hatte, und diese stellte als Ergebnis ihrer Zeugenvernehmungen eine Namensliste der angeblich Verantwortlichen zusammen.
Ausserdem empfahl sie die Einrichtung eines Tribunals.

Kein kenianisches Tribunal
Das Einrichtung eines Tribunals wurde jedoch immer wieder hinausgezögert, und so gab Kofi Annan schliesslich dem internationalen Gerichtshof in den Haag einen verschlossenen Umschlag mit der Liste der angeblichen Hauptverantwortlichen. Darunter befindet sich auch der jetzige Präsidentschaftskandidat Uhuru Kenyatta, Sohn des ersten kenianischen Präsidenten nach der Unabhängigkeit Kenias, Yomo Kenyatta.


Uhuru Kenyatta

Ebenfalls unter den Angeschuldigten: Uhuru Kenyatta’s Vizepräsidentschaftskandidat, William Ruto, der bei den Wahlen 2007 noch an der Seite von Raila Odinga angetreten war, und mittlerweile das Lager gewechselt hat.


William Ruto

Einmischung in innere Angelegenheiten?
Dass ein internationaler Gerichtshof über Schuld oder Unschuld von Kenianern urteilen soll, stösst in Kenia keineswegs nur auf Zustimmung, sondern wird unter Teilen der Bevölkerung und der politischen Elite als Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates angesehen.

Zeugen verschwinden
Zahlreiche wichtige Belastungszeugen, insbesondere aus den seinerzeit von Politikern angeheuerten Privatarmeen, die zur Aussage bereit waren, sind mittlerweile verschwunden, und wurden von „interessierte Seite“ vermutlich umgebracht.

Weitere 50 Zeugen werden durch ein Zeugenschutzprogramm notdürftig geschützt.

Der Termin für den Strafprozess vor dem internationalen Gerichtshof ist für Anfang April angesetzt – einen Monat nach den Wahlen. So drohen die Wahlen auch zu einer Abstimmung über die Zuständigkeit des Internationalen Gerichtshofs zu werden.

Seit 2010 hat Kenia eine neue per Volksabstimmung gebilligte Verfassung, welche auch mithelfen soll, eine Wiederholung der gewaltsamen Auseinandersetzungen vom Dezember 20007 zu verhindern.

Statt Programmwahl der Stamm
Jedoch: nach wie vor bestimmt sich die Support-Basis der Politiker nach der Stammeszugehörigkeit: Sowohl Raila Odinga wie auch Uhuru Kenyatta kommen aus Politiker-Stammes-Dynastien, die seit Jahren das Land regieren, oder eben auch nicht.

Wer den Riesenslum Kibera in Nairobi sieht, und weiss, wie sich die Politiker daran mästen – Geld von den Ärmsten der Armen eintreiben – der erkennt, dass diese Politiker mit dem Wohl und Wehe der Masse der Bevölkerung wenig am Hut haben, vielmehr damit beschäftigt sind, ihren eigenen Reichtum zu vermehren.

Insofern ist der Ausgang der anstehenden Wahlen für die soziale Lage der Bevölkerung ohne grossen Einfluss.

Krasse soziale Gegensätze
Der Gegensatz zwischen Arm und Reich, zwischen einer dünnen Oberschicht und der Masse der Bevökerung, wie er besonders krass in der Hauptstadt Nairobi zu besichtigen ist, wird weiterbestehen: mit oder ohne Raila Odinga, mit oder ohne Uhuru Kenyatta.
.
Darüber hinaus ist das Land mittlerweile knietief in den Somalia-Konflikt verwickelt. Die Armee Kenias marschierte mit finanzieller Unterstützung und logistischer Hilfe der USA und Grossbritanniens in Somalia ein, nachdem Islamisten der somalischen Al Shabab-Miliz gewaltsame Ausflüge nach Kenia unternommen hatten.

Friedliche Wahlen am 5.3.? –Time will tell. Die bisherigen Vorzeichen lassen allerdings wenig Gutes erwarten.

linkKenia: Friedliche Wahlen nächstes Jahr? – Eindrücke von einem Kurzbesuch

afrika

Südafrika: Staatspräsident Zuma besiegt politische Widersacher, Cyril Ramaphosa kehrt auf die politische Bühne zurück

Dr. Alexander von Paleske —- 27.12. 2012 ——
Vergangene Woche fand die 53. nationale Konferenz der Regierungspartei Südafrikas, des Afrikanischen Nationalkongress (ANC) statt.

Bereits im Vorfeld war darüber spekuliert worden, ob die Konferenz, die in Mangaung stattfand, mit einer Niederlage des Staatspräsidenten Jacob Zuma enden würde, wie die seines Vor-Vorgängers im Amt des Staatspräsidenten, Thabo Mbeki, auf der ANC-Konferenz 2007 in Polokwane.

Keine Wiederholung
Aber ein derartiges Spektakel wiederholte sich auf der diesjährigen ANC-Konferenz nicht..

Trotz der Bestechungsvorwürfe gegen Zuma, über welche der „SPIEGEL“ Südafrikas, die Wochenzeitschrift Mail & Guardian einen investigativen Artikel nach dem anderen publizierte, ebenso über das opulente Anwesen in dessen Heimatort in der Provinz KwaZulu-Natal, spöttisch „Zumaville“ genannt samt dessen fragwürdige Finanzierung, brachte Zuma mehr als 70% der Delegierten hinter sich.

Saftige Niederlage
Seine offenen und versteckten Widersacher, allen voran der Vizepräsident Kgalema Motlanthe mussten eine dicke Niederlage einstecken.

Damit zerschlugen sich auch die Hoffnungen des ehemaligen ANC-Jugendliga-Vorsitzenden Julius Malema, auf die politische Bühne zurückzukehren. Sein Wiederaufnahmeantrag wurde gar nicht erst behandelt. Stattdessen schaffte ein alter ANC-Kader namens Cyril Ramaphosa den Wiederaufstieg.


Cyril Ramaphosa (l.) und Jacob Zuma (r.) auf der Konferenz in Mangaung

Ein Kader namens Cyril Ramaphosa
Cyril Ramaphosa gehörte zu den einflussreichsten und zweifellos intelligentesten ANC Funktionären zur Zeit der Freilassung Nelson Mandelas aus dem Gefängnis.

Der studierte Jurist

– gründete 1982 die Minenarbeitergewerkschaft National Union of Mineworkers (NUM) und war lange Jahre deren Vorsitzender.

– Leitete das Empfangskomitee bei der Entlassung Nelson Mandelas

– War der Verhandlungsführer des ANC als der Übergang Südafrikas in eine Demokratie ausgehandelt wurde (CODESA), und schaffte es mit seinem Verhandlungsgeschick, die Voraussetzungen für ersten freien Wahlen in Südafrika 1994 auszuhandeln, aus denen Nelson Mandela und der ANC als klare Sieger hervorgingen.

– War massgeblich an der Ausarbeitung einer neuen Verfassung Südafrikas beteiligt, die 1996 zum erfolgreichen Abschluss gebracht wurde.

– War der Wunschkandidat Nelson Mandelas für das Amt des Vizepräsidenten und damit seines Nachfolgers

– Wurde durch Thabo Mbeki ausmanövriert und anschliessend mit Intrigen so frustriert, sodass er sich aus der Politik schliesslich zurückzog und in die Privatwirtschaft abwanderte.

Nur vorübergehend
Dass ein Mann, der ohne weiteres hätte auch der Nachfolger Nelson Mandelas im Amt des Staatspräsidenten werden können, den Rest seines beruflichen Lebens auf dem Chefsessel eines Minenkonglomerats zu verbringen wünscht, das glaubten weder seine politischen Feinde, noch seine Freunde, und zuletzt auch er selbst nicht.

Aber Cyril Ramaphosa tritt nur an, wenn er absolut sicher sein kann, eine Wahl auch mit grosser Mehrheit zu gewinnen.

Politische Niederlagen sind nicht nach seinem Geschmack.
Und so warf er seinen Hut für die Vizepräsidentschaft auf der ANC-Konferenz in Mangaung erst in der 11. Stunde in den Ring, und gewann absolut überzeugend mit 3018 Stimmen gegenüber 463 Stimmen für Tokyo Sexwale.

Weg frei
Damit ist für ihn der Weg frei, für den Posten des Vizepräsidenten Südafrikas, und damit auch für die Nachfolge Jacob Zumas im Amt des Staatspräsidenten.

Auch eine sicherlich ungeheure Genugtuung nach der Niederlage gegen Thabo Mbeki seinerzeit.

Wird Ramaphosa als Gewerkschafter oder als Unternehmer in die Regierung zurückkehren?

Welcher Ramaphosa?
Die Ereignisse in Marikana, wo Dutzende Minenarbeiter erschossen wurden, deuten eher auf letzteres hin. Ramaphosa, wir berichteten darüber, ist an der Minengesellschaft Lonmin beteiligt, der Betreiber der Platinmine in Marikana.

Er stellte für die Familien den getöteten Minenarbeiter aber lediglich einen Betrag von umgerechnet 30.000 Euro bereit.

Auf einer Viehauktion zwei Wochen später bot er jedoch für einen kapitalen Bullen umgerechnet 1,7 Millionen Euro. Das spricht für sich.

Zimbabwes Präsident Robert Mugabe bezeichnete ihn gar als einen „Weissen in schwarzer Haut“. Das bezog sich allerdings nicht auf die Ereignisse in Marikana, sondern auf kritische Kommentare Ramaphosas über den Zustand der Wirtschaft Zimbabwes im Jahre 1999. Und auf negative Kommentare in südafrikanischen Zeitungen über die Verhaftung von zwei Journalisten in Zimbabwe. Zeitungen an denen Ramaphosa wirtschaftlich beteiligt war.

Die nächsten Wochen und Monate werden mehr Aufschluss über eine Persönlichkeit geben, die sich selbst als „Enigma“ als undurchsichtig und geheimnisvoll bezeichnet.


Ausgezeichnmete Biografie Ramaphosas von Anthony Butler

Zu Marikana
Der Minenarbeiter-Streik in Südafrika – ein politisches Erdbeben mit Folgen
Südafrika: Das Massaker an Minenarbeitern und seine Hintergründe

Zu Julius Malema
Südafrika: Jugendliga Chef Julius Malema verliert Machtkampf gegen Präsident Jacob Zuma – vorläufig
Machtkampf in Südafrika: Präsident Jacob Zuma gegen Jugendliga-Boss Julius Malema
Südafrika: Jugendführer Julius Malema “ Die ich rief die Geister, werd ich nun nicht los“

afrika

Ostkongo (DRC): Vorübergehende Waffenruhe im langen Krieg

Dr. Alexander von Paleske — 7.12. 2012 —
Die Tutsi M-23 Rebellen haben – nach massivem internationalen Druck – sich vorübergehend aus der ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma zurückgezogen. Jetzt sollen Gespräche mit der Regierung der Demokratischen Republik Kongo (DRC) über eine Konfliktlösung im Nachbarland Uganda stattfinden.

Paul Kagame, Präsident Ruandas, unter dessen Kommando praktisch diese Tutsi Rebellen im Ostkongo stehen, hatte offenbar den Zeitpunkt des Angriffs Israel auf Gaza genutzt, um die Provinzhauptstadt Goma einzunehmen.


M-23 Rebellen ….. Paul Kagame hat das Sagen


Eimarsch in Goma Screenshots: Dr. v. Paleske

Kagame hatte sich allerdings verrechnet: israels Krieg gegen Gaza dauerte kürzer als er erwartet hatte, stattdessen rückte der Konflikt im Ostkongo wieder in die Berichterstattung der Medien.

Am Dienstag dieser Woche kündigte die britische Regierung an, Ruanda gemachte Entwicklungshilfezusagen in Höhe von 40 Millionen Dollar vorläufig einzufrieren.

Hinter den Kulissen hat vermutlich auch die Obama-Administration, Kagames wichtigster Verbündeter, Druck ausgeübt.

Hilfszusage erneuert
Währenddessen hat Angola sein 1998 der Regierung der DRC gegebenes, seinerzeit kriegsentscheidendes Beistandsversprechen, angeblich erneuert. Damals hatten angolanische Truppen die 20 km vor den Toren der kongolesischen Hauptstadt Kinshasa stehenden Truppen Ruandas und Ugandas zurückgeschlagen. Jetzt standen angolanische Truppen offenbar kurz davor, wieder in das Kriegsgeschehen einzugreifen.
Diese Cracktruppen, kriegserfahren aus dem angolanischen Bürgerkrieg, sind von Kagame gefürchtet, und so trat er den vorübergehenden taktischen Rückzug an.

In der Zwischenzeit sind Angola und die DRC offenbar dabei, ihren Streit um die Offshore Öl-Fördergrenzen beizulegen.

Angola wurden seitens der Regierung des Kongo ausserdem ungehinderte Durchgangrechte zu der seiner ölreichen Enklave Cabinda eingeräumt, wie die südafrikanische Wochenzeitung Mail & Guardian berichtete.

Keine Konfliktlösung
Ruandas Präsident Kagame verfolgt jedoch nach wie vor den Plan, grosse Teile des rohstoffreichen Ostkongo zu annektieren.

Bereits jetzt plündern seine Tutsi-Rebellen der M-23 die dort geförderten Rohstoffe, und schaffen sie zum Weitertransport nach Ruanda.

Nach der Einnahme von Goma kassierten offenbar die M-23-Tutsis auch gleich auch noch die Barreserven der dortigen Zweigstelle der Banque Centrale du Congo, kongolesischen Zentralbank:, umgerechnet 17 Millionen US Dollar sollen ihnen dabei in die Hände gefallen sein, wie die Wochenzeitung Mail & Guardian zu berichten wusste.

Die Krankenhäuser Gomas sind überfüllt mit Verletzten und das Flüchtlingselend findet kein Ende.

Bestenfalls taktischer Rückzug
Der Rückzug der M-23 aus Goma ist jedoch bestenfalls taktischer Natur. Die Rebellen stehen wenige Kilometer vor der Stadt und können jederzeit wieder zurückkehren. Die in Goma befindlichen UN- Soldaten haben kein Mandat, die Rebellen zu verjagen, und die kongolesischen Regierungssoldaten, miserabel bezahlt und disziplinlos, ergreifen schleunigst die Flucht wenn der Feind sich nähert..

Warten auf geeigneten Zeitpunkt
So wird der Konflikt weitergehen. Paul Kagame wartet auf den nächsten geeigneten Zeitpunkt, um dann auch die südlich gelegene Provinzhauptstadt Bukavu einzunehmen.

Das alles spielt sich vor dem Hintergrund des zunehmenden Verteilungskampfes um Schürfrechte zwischen den USA und anderen westlichen Ländern einerseits, und China, das sich bereits grosse Schürfrechte in der kongolesischen Provinz Katanga gesichert hat, andererseits ab.

Die Unterstützung, die DRC-Präsident Kabila im Westen noch geniesst, trotz des Vorwurf massiven Wahlbetrugs bei den letzten Wahlen, leitet sich aus der Befürchtung noch grösseren Einflusses Chinas unter einem potentiellen Nachfolger ab.

Paul Kagame, der Scheindemokrat
Ruandas Präsident Kagame hat mit Demokratie so wenig am Hut, wie der Teufel mit dem Weihwasser…

Ruandische Oppositionspolitiker wie der General Nyamwasa wurden selbst im südafrikanischen Exil Ziel eines von Ruanda in Auftrag gegebenen Mordanschlags.

Bei den letzten Wahlen im Jahre 2010, wurden gleich mehrere Oppositionsparteien von den Wahlen ausgeschlossen und ein regierungskritischer Journalist ermordet, wir berichteten darüber.

Der damalige südafrikanische Geheimdienstchef Moe Shaik reiste mehrfach im Jahre 2011 zu Kagame, um ihn von weiteren Mordanschlägen in Südafrika abzuhalten.


Dokument des Verfolgungsterrors durch Kagame.
Mail & Guardian (Südafrika) 30.11. 2012 Seite 17

Nun hat Kagame zu einem weiteren Schlag ausgeholt, und allen im Exil lebenden Oppositionspolitikern einschliesslich deren Familien die Pässe annuliert und sie damit de facto staatenlos gemacht.

Für die Bevölkerung des Ostkongo wird das Leid vorläufig kein Ende nehmen, und die Bevölkerung Ruandas wird weiter auf die Einführung der Demokratie warten müssen. Gleiches gilt für die DRC .

NACHTRAG
Wer Freude an einseitiger, teilweise geradezu chauvinistischer Kriegsberichterstattung zugunsten der M23-Rebellen hat, dem seien die Artikel des Dominic Johnson in der Tageszeitung TAZ zum Thema empfohlen.

Zum Ostkongo
Ruandas Paul Kagame greift nach dem Ost-Kongo – Der Dritte Kongokrieg hat begonnen
Der Krieg im Ost-Kongo, Ruanda und die USA
Der vergessene Krieg im Osten des Kongo
Kampf um Kongos Ostprovinzen
Die Kongo-Plünderer
Reichtum, Armut, Krieg – Demokratische Republik Kongo
Demokratische Republik Kongo – 50 Jahre Unabhängigkeit. Grund zum Feiern?
Im Interview: Sir Ketumile Masire zur Lage im Kongo
Kongo: Warlord Laurent Nkunda benennt „Kriegsziele“
Wohin treibt der Ost-Kongo oder: Krieg ohne Frieden

Zu Ruanda
linkDemokratie bleibt ein Fremdwort in Ruanda.

Zu Uganda
linkUgandas Ölfunde: Söldner fördern es, die Amerikaner kaufen es.

afrika

Ruandas Paul Kagame greift nach dem Ost-Kongo – Der Dritte Kongokrieg hat begonnen

Dr. Alexander von Paleske 24.11. 2012 —
Im Ostkongo bahnt sich eine neue humanitäre Tragödie an: Der Dritte Kongokrieg hat begonnen, erneut mit Hunderttausenden von Flüchtlingen.

Selbst in der Zeit zwischen den Kongokriegen kam die Zivilbevölkerung im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRC) nicht zur Ruhe: marodierende Milizen terrorisierten die Zivilbevölkerung, und auch die disziplinlose, und nur gelegentlich entlohnte kongolesische Armee, konnte kaum als wahre Schutztruppe der Bevölkerung bezeichnet werden

Ein Blick zurück
Um den Konflikt zu verstehen, müssen wir einen Blick zurück werfen: Es geht bei dem Angriff der von Ruanda gesteuerten und von Uganda unterstützten Tutsi-Miliz M-23 nicht um ein paar verrückte Warlords mit ihrer Armee, sondern um handfeste politische und wirtschaftliche Interessen der Nachbarländer Ruanda und Uganda..

Und es ist nicht ein Konflikt zwischen den M-23-Meuterern, von offenbaren Kriegsverbrechern angeführt, wie dem Tutsi-Obersten Sultani Makenga, und den vom internationalen Gerichtshof in den Haag per Haftbefehl gesuchten Tutsi-General Bosco Ntaganda, einerseits, und der Zentralregierung des Kongo in Kinshasa andererseits.


General Bosco Ntaganda ….gesucht wegen Kriegsverbrechen, Statthalter Ruandas.


Rebellenführer Oberst Sultani Makenga …beschuldigt, Kriegsverbrechen begangen zu haben Screenshots: Dr. v. Paleske

Konflikt zwischen Ruanda, Uganda und der Demokratischen Republik Kongo (DRC)
Es handelt sich vielmehr vornehmlich um einen Konflikt zwischen Ruanda unter dem diktatorisch regierenden Präsidenten Paul Kagame, und der kongolesischen Zentralregierung in Kinshasa unter ihrem Präsidenten Joseph Kabila.


Paul Kagame. Screenshot: Dr. v. Paleske

Also um einen Konflikt zwischen Ruanda und der Demokratischen Republik Kongo (DRC). Vor allem aber um einen Konflikt um den Zugang zu Rohstoffen im Kongo, dem rohstoffreichsten Land Afrikas, mit geschätzten Bodenschätzen im Wert von 27 Billionen (27.000.000.000.000) US Dollar.


DRC


Provinzen der DRC. 9: Nord Kivu, 11: Süd Kivu, 10 Orientale

Ein Genozid und seine Folgen
In Ruanda hatten im Jahre 1994 Extremisten des Mehrheitsstammes der Hutus etwa 800.000 Tutsis und moderate Hutus umgebracht, bis sie schliesslich von Paul Kagame und seiner Rebellenarmee in den Kongo vertrieben wurden.

Paul Kagame, in Uganda geboren, der früher an der Seite des jetzigen Präsidenten Ugandas, Yoweri Museweni – auch er ein Tutsi – gekämpft hatte, und später eine soldatische Elite-Ausbildung in den USA erhielt, übernahm die Macht in Ruanda. Die vertriebenen Hutus stellten aber weiter eine potentielle Gefahr für die neue Regierung in Ruanda dar.

Expansionsbestreben Ruandas
Ruandas Bestreben war es deshalb, sein Territorialgebiet in die Provinz Nord Kivu der DRC auszudehnen. Aus militärischen Gründen, um die Hutus dort zu entwaffnen und ggf. zu vertreiben, aber auch aus wirtschaftlichen Gründen: In der kongolesischen Provinz Kivu gibt es Gold, Columbo-Tantalite (Niob), Diamanten und möglicherweise Erdöl.


DRC und Ruanda

Coltan (Columbo-Tantalite) und jetzt Niob wird bei der Herstellung von Laptops, Playstations und Mobiltelefonen benötigt.

In Ruanda gibt es hingegen – ausser Tee-und Kaffeeplantagen – nichts. Das weckt Begehrlichkeiten.
In Nord Kivu leben zwar ebenfalls Tutsis, die Banyamulenge, jedoch eine klare Minderheit.

Zerschlagung des Kongo auf der Tagesordnung
Ruanda strebt deshalb die Zerschlagung und Neuaufteilung des Kongo an. Es ist der mittlerweile dritte Versuch, nach dem ersten Kongokrieg 1996, der mit der Vertreibung des kongolesischen Diktators Mobutu Sese Seko endete und Laurent Kabila, den Vater des jetzigen Präsidenten an die Macht brachte.

Laurent Kabila, im Jahre 2001 ermordet, dessen Sohn Joseph sein Nachfolger im Amte des Staatspräsidenten wurde, soll vor seiner Machtübernahme versprochen haben, die Grenzen im Osten des Kongo neu zu ziehen.
Davon wollte er natürlich nach seiner Machtübernahme nichts mehr wissen, er wäre sonst zum nationalen Verräter abgestempelt worden.

Und so warf er die Truppen Ruandas und Ugandas, die ihn bei seinem Vormarsch auf Kinshasa massiv unterstützt hatten, hinaus und verbündete sich mit den Hutus, die nach ihrem Massakern an den Tutsis aus Ruanda in den Kongo geflohen waren. Kabila benutzte sie also als Waffe gegen die Expansionsgelüste des Paul Kagame.

Der Zweite Kongokrieg
Im Jahre 1998 marschierten daraufhin Ruanda und Uganda in den Kongo ein, der zweite Kongokrieg begann, der mehr als 4 Millionen Menschen direkt bzw. indirekt das Leben kosten sollte, und in den auf Seiten Laurent Kabilas auch Angola, Simbabwe, Namibia und die Zentralafrikanische Republik eingriffen.

Der Krieg dauerte 5 Jahre, und kam erst zum Ende, nachdem klar war, dass weder Uganda noch Ruanda ihre ursprünglichen Kriegsziele, die Zerschlagung des Kongo, erreichen konnten, und von den USA keine weitere Unterstützung mehr bekommen würden.

Unter Vermittlung des ehemaligen Präsidenten Botswanas, Sir Ketumile Masire kam es 2003 zum Friedensschluss von Sun City / Südafrika .

Uganda und Ruanda hatten in der Zwischenzeit die Rohstoffe des Ost-Kongo geplündert: Ruanda fiel eine 5-Jahresproduktion von Coltan im Wert von 250 Millionen US Dollar in die Hände, während Uganda Gold und Edelhölzer plünderte.

Statt regulärer Truppen nun Milizen
Alle fremden Truppen zogen nach dem Friedensabkommen aus der DRC ab, die Plünderungen, insbesondere von Coltan im Ost-Kongo, gingen jedoch ungehindert weiter.

Ruanda, das keinerlei nennenswerte Coltan-Vorkommen besitzt, stieg zum grössten Coltanexporteur der Region auf. Verkauft wurde der Rohstoff auch an die deutsche Firma H.C. Starck in Goslar.
Kurz nach dem Abzug der ruandischen Truppen tauchte eine neue Gruppe im Osten des Kongo auf unter Führung des Tutsi-Generals Nkunda, der sich geweigert hatte, in der neugeformten kongolesischen Armee den Posten eines Generals zu übernehmen.

Die von ihm geleitete Gruppe nannte sich zunächst FLEC und dann National Congress for the Defense of the People (CNDP).

Er kommandierte etwa 5000 Tutsi Soldaten, von denen etliche aus der ruandischen Armee stammen oder von ihr augebildet sein dürften, und die über die Hauptstadt Ruandas, Kigali, auch mit Waffen versorgt wurden.

Die Plünderung des Coltans und anderer Rohstoffe über Kigali konnte unvermindert weitergehen.

Als Waffen-und Rohstofftransporteur fungierte bis zu seiner Verhaftung der Russe Viktor Bout, der in Afrika auch als „Merchant of Death“ bezeichnet wurde.

Nkunda geht, Ntaganda kommt
Nkunda, der 2006 bereits mit seiner Tutsi-Miliz auf Goma marschiert war, es aber nicht einnehmen konnte, verschwand 2008 in der Versenkung, die Tutsi Milizen blieben. Anführer wurde nun der Tutsi-General Bosco Ntanganda, international gesuchter Kriegsverbrecher seines Zeichens, über den Ruanda mit der Regierung der DRC am 23.3. 2009 einen Deal abschloss: Eingliederung der Tutsi-Miliz in die kongolesische Armee und
Bekämpfung der Hutu-Milizen.

Diese Armeeeinheit sorgte aber auch dafür, dass der Rohstofftransport – neben Coltan auch Gold – nach Ruanda ungehindert weiterlief. Bis dann Bosco Ntaganda wegen des gegen ihn vorliegenden Haftbefehls des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag, von der kongolesischen Zentralregierung abgesetzt wurde.

Eine Meuterei in Kivu-Nord
Ruandas Paul Kagame fürchtete um seinen Einfluss und die Einkommensquelle aus den Rohstoffen. Es sah die Zeit für gekommen, den dritten Kongokrieg zu starten, der nun endlich mit der Neuaufteilung des Kongo ein für allemal die Grenzen neu ziehen soll.

Aus der kongolesischen Provinz Nord-Kivu und Teilen der Provinz Orientale soll die ruandische Provinz Volcano werden.
Und so marschieren die Tutsi-Meuterer, die am Dienstag die Provinzhauptstadt Goma ainnahmen, weiter in Richtung nächste Provinzhauptstadt Bukavu. Die kongolesischen Regierungstruppen befinden sich auf der Flucht, und die UNO-Friedenstruppe zeigt sich unfähig, den Vormarsch aufzuhalten.

Derweil bemüht sich der Präsident der DRC, Joseph Kabila, um fremde Truppen.
Zimbabwe hat offenbar bereits abgewinkt, wie die lokale Presse gestern berichtete.


Zimbabwe Independent vom 23.11. 2012

Der zweite Kongokrieg hatte das Land finanziell in Bedrängnis gebracht. Die Kosten für das militärische Eingreifen auf Seiten Kabilas wurden nie beglichen.

Bleibt Angola
Dessen Truppen hatten 1998 den Angriff Ugandas und Ruandas 20 Kilometer vor den Toren Kinshasas gestoppt.

Nun haben die M-23 Tutsi Rebellen erklärt, es solle wieder nach Kinshasa gehen.

Sollte Angola wieder in den Konflikt eingreifen, was zu erwarten ist, dann wird ein neuer langer Kongokrieg die Folge sein. Wieder mit Millionen Toten.

Wie lange wird die Weltgemeinschaft dem Treiben Ruandas und auch Ugandas noch zusehen?

Zum Ostkongo
Der Krieg im Ost-Kongo, Ruanda und die USA
Der vergessene Krieg im Osten des Kongo
Kampf um Kongos Ostprovinzen
Die Kongo-Plünderer
Reichtum, Armut, Krieg – Demokratische Republik Kongo
Demokratische Republik Kongo – 50 Jahre Unabhängigkeit. Grund zum Feiern?
Im Interview: Sir Ketumile Masire zur Lage im Kongo
Kongo: Warlord Laurent Nkunda benennt „Kriegsziele“
Wohin treibt der Ost-Kongo oder: Krieg ohne Frieden

Zu Ruanda
linkDemokratie bleibt ein Fremdwort in Ruanda.

Zu Uganda
linkUgandas Ölfunde: Söldner fördern es, die Amerikaner kaufen es.

afrika

Afrika – Ein Kontinent wird zum reinen Rohstoffverkäufer

Dr. Alexander von Paleske — 20.10. 2012 —
Vor vier Wochen kaufte ich zum wohl letzten Mal im Fabrik-Shop der Firma Archer ein. Eine Textilfabrik in Bulawayo, die seit Jahrzehnten hochwertige Textilien herstellt, meist aus Baumwolle heimischer Produktion.

Die Firma musste Insolvenz anmelden und ging damit den Weg fast aller Textilfabriken in Bulawayo, dem einstigen industriellen Herz Simbabwes.

Dort gab es nicht nur eine blühende Textilindustrie, sondern auch andere weiterverarbeitende Gewerbe, wie z.B. Schuhfabriken und Fleischverarbeitung. Vorbei.

Die Fabrikhallen stehen jetzt entweder leer und wurden in Lagerräume für Supermärkte umgewandelt, wo nur noch wenige Menschen Beschäftigung finden. Die Arbeitslosigkeit ist entsprechend hoch, und weiter im Steigen begriffen, trotz der ökonomischen Teilerholung.

Gründe für Misere
Die Gründe für diese Misere sind leicht zu finden: Zum einen wird Simbabwe, wie viele andere Länder der Dritten Welt, mit gebrauchten Textilien überschwemmt, die aus Altkleidersammlungen in Europa und den USA stammen.


Verkauf gebrauchter Textilien in Bulawayo. Fotos: Dr. v. Paleske

Zum anderen sind die Textilgeschäfte der Stadt voll mit chinesischen Billigprodukten, gegen welche die lokale Industrie – trotz ihrer weit höherwertigen Qualität, aber auch höherem Preis – nicht mithalten kann: Niedriger Preis schlägt höhere Qualität.

Textilfabriken wie David Whitehead, Security Mills, Merlin, Cotton Printers, Ascot Clothing, einstmals Glanzstücke einheimischer Produktion, haben dichtgemacht.

Die heimische Baumwolle wird jetzt unverarbeitet nach China und in andere Länder exportiert, die Exporterlöse sind nur ein Bruchteil verglichen mit den einstmaligen Textilprodukten.

Dieser Trend lässt sich in vielen afrikanischen Ländern beobachten, auch in Südafrika.

Nur Rohstoffexporte
Gleichzeitig steigt der Export von Rohstoffen an, sofern die Länder diese besitzen. Aber die Rohstoffförderung, hier in Simbabwe vor allem Kohle, Gold, Kupfer und jetzt auch Diamanten, und im landwirtschaftlichen Bereich Tabak und Baumwolle, schafft vergleichsweise nur wenige Arbeitsplätze.

Andere Industrieinvestitionen: Fehlanzeige.

Die Folge: Die Rohstoffe des Kontinents Afrika, der zum weltweit grössten Rohstofferzeuger aufsteigen wird, werden zum unverarbeiteten einzigen Exportartikel. Die Staaten Afrikas umgekehrt zu Importnationen von Fertigprodukten, mit zunehmend negativer Handelsbilanz. Und sie werden von den oftmals starken Schwankungen der Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt extrem abhängig.

Für die lokale Bevölkerung gibt es mangels Industrie keine ausreichende Beschäftigung.

Gewaltsame Auseinandersetzungen nehmen zu
Mehr noch: da die Rohstoffe zum einzigen Exportartikel werden, steigen die gewaltsamen Auseinandersetzungen um den Zugang zu ihnen. Das lässt sich exemplarisch am Konflikt zwischen Sudan und Südsudan (Erdöl) beobachten.

Das war auch der Hintergrund kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen Eritrea und Äthiopien. Das war und ist aber vor allem auch der Hintergrund der Destabilisierung des rohstoffreichen Ostkongo (Rohstoffe: Coltan Gold und Edelhölzer) mit Hilfe von Proxy-Armeen (M 23) durch das rohstoffarme Ruanda, das eine Annexion der ostkongolesischen Provinz Kivu anstrebt.
Publizistisch dabei auch noch unterstützt – man glaubt es kaum – von der TAZ und ihrem Chef der Auslandsredaktion Dominic Johnson.

Hinzu kommen innerstaatliche Konflikte wie in Nigeria (Nigerdelta) und Angola (Cabinda), wo die lokale Bevölkerung entweder gar nicht, oder nur sehr, sehr wenig von den Rohstoffexporten profitiert, aber die volle Wucht der oftmals schweren Umweltverschmutzung zu spüren bekommt und tragen muss. Aufstände waren und sind die logische Folge.


Umweltschäden in der ölreichen, bettelarmen Angola-Enklave Cabinda. Mail & Guardian Südafrika vom 28.9. 2012


Klage gegen Ölmulti Shell wegen Umweltverschmutzung im Nigerdelta vor einem Gericht in den Niederlanden. Kläger: Fischer aus dem Nigerdelta. Screenshot: Dr. v. Paleske

Die betreffenden Regierungen reagieren auf diese Entwicklungen entweder hilflos, oder gar interesselos, zumal, wie in Angola und Nigeria, korrupte Eliten sich die Taschen mit den Deviseneinnahmen aus den Rohstoffverkäufen vollstopfen, und dann im Ausland investieren, das haben wir jüngst am Beispiel Angolas aufgezeigt.

Ex Präsident Thabo Mbeki warnt
In einem Interview mit der südafrikanischen Wochenzeitung „Sunday Independent“ vor zwei Wochen warnte der ehemalige Staatspräsident Südafrikas, Thabo Mbeki dann auch die afrikanischen Staatschefs vor Aufständen nach dem Muster des arabischen Frühlings, wenn sie weiter nur damit beschäftigt sind, ihren persönlichen Reichtum zu vermehren, statt die Interessen der Bevölkerung zu den ihrigen zu machen.


Sunday Independent (Südafrika) vom 7.10. 2012

You will see in many parts of the (African) continent where people assume positions of leadership as an opportunity to accumulate (personal) wealth. The patience of the youth and ordinary Africans is waning and their frustrations could explode.”

Wohl wahr.

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