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Ober-Grüner und „Steuerspar-Fachmann“ Anton Hofreiter, Blackwater (Academi)-Söldner in der Ukraine, Günter Wallraff und ein Nachrichtenmagazin namens SPIEGEL

Dr. Alexander von Paleske — 11.5. 2014 — Es gab in Deutschland eine Zeit, in welcher der SPIEGEL von seinem damaligen Herausgeber Rudolf Augstein zu Recht als das Sturmgeschütz der Demokratie bezeichnet wurde: Enthüllungen in Hülle und Fülle, nicht nur über Franz Josef Strauss, die Neue Heimat, die rechtswidrige Parteien-Finanzierung, der Ministerpräsidenten-Skandal in Kiel, sondern auch viele kleine Skandale wurden durch SPIEGEL-Recherchen aufgedeckt.

Zeiten längst vorbei
Die Zeiten sind längst vorbei. Unter seinem damaligen Chefredakteur Stefan Aust entwickelte sich das Nachrichtenmagazin zu einem Lifestyle-Magazin, seine Nachfolger Blumencron / Mascolo setzten das fort, und bereicherten zusätzlich die Redaktion mit gegenseitigem „Schiffe versenken“, Hahnenkämpfe auf der Chefredakteursetage.

Handfeste Enthüllungen sind heute, man möchte es kaum glauben, eher in der BILD-Zeitung, auch gelegentlich „Drecksblatt“ genannt, zu finden.

Ebenfalls hat die Wochenzeitung DIE ZEIT den Enthüllungsjournalismus für sich als auflagefördernd entdeckt, und berichtete jüngst über Betrug mit Bio-Hähnchen.

Ein obergrüner Steuersparer namens Hofreiter
So ist dann auch der jetzt aufgedeckte Skandal um den grünen Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, Anton Hofreiter, dem die Steuerlast offenbar zu gross erschien von BILD und nicht vom SPIEGEL aufgedeckt worden.


Obergrüner „Steuerspar-Fachmann“ Anton „Toni“ Hofreiter

Hofreiter hatte es offenbar vorgezogen, zwar gegen die Erhöhung der Diäten zu stimmen, aber trotzdem nicht zu darben, bewerkstelligt über eine rechtswidrige „Steuererleichterung“, auch Steuerhinterziehung genannt. Alice Schwarzer und Spekulant Uli Hoeness lassen grüssen. Noch vor wenigen Wochen hatte Hofreiter im Fall Hoeneß verlangt, dass einer, der „wie Hoeneß das Gemeinwesen bestiehlt“, aus seinem Job „rausfliegen“ müsse.

Erfreulich immerhin, dass die berufslose Obergrünin Katrin Göring-Eckardt, Flug-Bonusmeilen-Spezialist Cem Özdemir, sowie Parteichefin Simone Peter ihm sofort verharmlosend zur Seite standen.

Weiter mit Söldnern in der Ukraine
Gleich darauf dann der Bericht der BILD am Sonntag über den Einsatz von US-Blackwater-Söldnern in der Ukraine, der recht anschaulich belegt zu welch erbärmlichen Mitteln diese von Ultras, Faschisten und Klepto-Oligarchen mit kontrollierte Regierung der Ukraine greift, um dem Aufbegehren im Osten des Landes Herr zu werden.

Offenbar gibt es bei den eigenen Truppen Widerstände, mit Gewalt gegen die eigenen Landsleute vorzugehen. Die Söldner hingegen schiessen auf alles, was als Angriffsziel vorgeben ist, und noch darüber hinaus auf Zivilisten – gegen Bares..

Diese Söldner haben bereits im Irak und Afghanistan eine blutige Schleifspur von Verbrechen hinterlassen, wir berichteten mehrfach darüber.

Wie die Herrscher am Golf
Auch die Herrscher der Emirate am Persischen Golf bedienen sich dieser Schiessprügel, um, angesichts einer grossen Zahl schamlos ausgebeuteter Arbeiter aus Indien, Pakistan, Bangladesch und dem Nepal, jeglichen Aufstandsversuch oder Arbeitskampf mit brutaler Gewalt sofort im Keim zu ersticken.

Einstmals wurde diese Firma von dem US-Radikalchristen Erik Prince geführt , der offenbar das biblische Gebot „Du sollst nicht töten“ für seinen blutigen Geschäftsbetrieb kurzerhand ausser Kraft gesetzt hatte.

Nachdem Prince, der auch mit den Republikanern in den USA fest verbandelt ist, die Firma verkauft hatte, wurde aus Blackwater dann XE, und nun läuft sie unter dem Namen Academi, was eher an Akademie denken lässt als an brutales Totschiessen.

Was das Söldner-Personal betrifft: No change, oder: Alter Wein in neuen Schläuchen.

Wieder nicht vom SPIEGEL
Aber auch diese Skandalgeschichte wurde nicht etwa vom SPIEGEL aufgedeckt, sondern von der BILD am Sonntag, man glaubt es kaum. Möglicherweise über eine undichte Stelle beim Bundesnachrichtendienst (BND).

Wo ermittelt der SPIEGEL?
Da stellt sich die Frage: Wo ermittelt denn der SPEGEL? Die Antwort lautet: bei Günter Wallraff, Deutschlands Enthüllungsjournalisten Nr. 1.

Das Ziel: Enthüllungen über einen Enthüllungsjournalisten – nicht zu ersten Mal.

Als Wallraff die Machenschaften bei dem Paketzusteller GLS aufdeckte, da druckte der SPIEGEL einen ansatzweise eher hämischen Artikel mit dem Titel“ Einer trage des anderen Päckchen“, um dann mit einer Enthüllungsgeschichte über Wallraff nachzuziehen. Angeblich soll der Sozialbeiträge für einen Mitarbeiter nicht abgeführt haben.


Günter Wallraff

Wir haben die Vorgänge seinerzeit kommentiert. Die ganze SPIEGEL-Enthüllungsgeschichte verlief schliesslich – nicht unerwartet – im Sande.

Burger King, Wallraff und die Folgen
Wallraff enthüllte weiter. Diesmal waren es die Zustände bei Burger King, sowohl die hygienischen wie die arbeitsrechtlichen.

Das liess offenbar den SPIEGEL nicht ruhen. Zunächst wieder ein vorsichtig- hämischer Artikel über die Enthüllungsgeschichte Wallraffs, „Das darf nicht sein, das darf nicht sein“ und wieder gefolgt von einer „Enthüllung“ über den Enthüllungsjournalisten.

Wallraff, der früher die Zustände bei McDonalds angeprangert hatte, war zwei Mal zu bezahlten Vorträgen bei McDonalds eingeladen worden, das liegt mittlerweile vier Jahre zurück. Die Honorare steckte er auch nicht in die eigene Tasche, wie weiland der Sozialdemokrat und vergebliche Kanzlerkandidat Peer Steinbrück, sondern liess sie einer Stiftung bzw. einer in finanzieller Not befindlichen Person zukommen.

Bei einer kürzlichen Kundgebung gegen Burger King äusserte er, die Zustände bei McDonalds seien mittlerweile erheblich besser.

Die „Enthüllungen“ des SPIEGEL erwecken den Eindruck, die Enthüllung Wallraffs über Burger King sei eine vom Konkurrenten McDonalds „gekaufte“ Aktion – beabsichtigt oder nicht sei dahingestellt.

Vielleicht besinnt sich der SPIEGEL endlich wieder darauf, wirklich investigativ tätig zu werden. Skandale gibt es, man muss sie nur sehen wollen.

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Ex-Premier Tony Blair, Medien-Tycoon Rupert Murdoch und der radikale Islam.

Dr. Alexander von Paleske —- 28.4. 2014 —– In den vergangenen Wochen sorgte der britische Ex -Premier Tony Blair mal wieder für Schlagzeilen.

Ein gehörnter Medien-Tycoon beklagt sich

Zunächst beklagte sich der bitter enttäuschte ehemalige Freund Blairs, der Zeitungszar Rupert Murdoch, über Blairs Techtelmechtel mit seiner nun von ihm getrennten Ehefrau Wendi Deng..

Die hatte sich in einer fehlgeleiteten E-Mail lobend über Blairs Körper geäussert, insbesondere über seine Beine (really, really good legs).

Offenbar hatte sie reichlich Gelegenheit diese zu begutachten, zuletzt in ihrem Schlafzimmer, wohin Blair bei seinem letzten Besuch in Murdochs Anwesen sogleich hineinmarschierte. Greis Murdoch war da gerade abwesend.


Deng & Murdoch …..es war einmal.

Aber nicht das allein erbitterte den Zeitungszaren, sondern die Undankbarkeit dieses Blair, den er für einen Freund hielt – auch noch Patenonkel seiner Tochter Grace – und dem er seinerzeit den Weg in die Nummer 10, Downing Street, den Sitz der britischen Premiers, durch seine Medien geebnet hatte.

Nicht nur dass Blair seinerzeit in seinem Massenblatt Sun auf Seite drei, direkt neben dem täglichen Nackedei, vor der Wahl 1997 seine Ansichten über Gott, die Welt und britische Politik in einer Kolumne verbreiten durfte. Murdoch sorgte auch in seinen anderen Medien dafür, dass Blair vor den britischen Unterhauswahlen als der richtige, als der einzig richtige Kandidat herausgestellt wurde.

Als Gegenleistung hatte er dann nach Blairs Wahl zum Premier jederzeit Zugang zu 10, Downing Street, allerdings aus Publizitätsgründen durch die Hintertür..
Dass dies alles eine Verhöhnung der Demokratie war und ist, störte weder Blair noch Murdoch.

Mit Lügen in den Krieg, Trommelfeuer auf die Kriegsgegner
Vor dem Irakkrieg eröffnete Murdoch das Medien-Trommelfeuer auf die Kriegsgegner, insbesondere den französischen Präsidenten Jacques Chirac. Den bezeichnete er in der Sun als einen „Wurm“.

Den Kriegseintritt hatte Blair gegenüber Parlament und Öffentlichkeit mit Saddam Husseins angeblichen Besitz von Massenvernichtungswaffen begründet – wider besseres Wissen versteht sich.

Täglich telefonierten Murdoch und Blair unmittelbar vor und nach Beginn des Irakkrieges miteinander, wie seinerzeit der Guardian herausfand.

Blairs neue Weisheiten
Nun also glaubte Blair in der vergangenen Woche erneut seine politischen Weisheiten der breiten Öffentlichkeit unterjubeln zu müsssen: diesmal in einem Interview mit dem Wirtschafts-Nachrichtensender Bloomberg. Thema: Der radikale Islam und was tun.


Tony Blair …..neue Weisheiten – Screenshot: Dr.v.Paleske

Dazu muss vorweg geschickt werden, dass es im Irak unter Saddam Hussein keine Al Qaida Terrortruppe gab. Die nistete sich erst nach dem Einmarsch der US- und britischen Truppen dort ein, und sorgt bis heute mit täglichen Bombenattentaten für menschliches Leid und Destabilisierung. Da hätte eine selbstkritische Rückschau ja eigentlich nahe gelegen.

Davon ist Blair natürlich weit entfernt. Stattdessen begrüsst er den Putsch in Ägypten, der die demokratisch gewählte Regierung Mursi beseitigte, und dies, obgleich durch diesen Putsch gerade den Radikalislamisten Zulauf verschafft wird.

Eine Putschistenregierung, die gerade heute mehrere Hundert Todesurteile gegen gegen angebliche Muslimbrüder und Terroristen verhängen liess.

Die Strafverfahren ähneln Standgerichten. Entlastungsbeweise sind nicht zugelassen. Das alles hat mit rechtsstaatlichen Gerichtsverfahren nichts gemein.


Verzweifelte Angehörige nach Verkündung der Todesurteilsempfehlungen – Screenshot: Dr. v. Paleske

Aber das hindert die USA nicht, die Militärhilfe für Ägypten wieder aufzunehmen.

Saudi-Arabien als Terror-Brutstätte
Saudi-Arabien muss als die die Brutstätte für den Radikalislamismus angesehen werden: Ein Land, das seinen mittelalterterlichen Radikal-Islamismus mit Hilfe von Petro-Dollars in alle Erdteile verbreitet.

Da hätte es für Blair ja eigentlich naheliegen müssen gegen diesen sunnitischen Radikalislamismus, der sich Wahabismus nennt, den argumentativen Hauptangriff zu landen – jedoch weit gefehlt: Saudi Arabien ist Grossabnehmer westlicher Konsumgüter, und schwerer sowie leichter Waffen. Und so beschränkte sich Blair darauf, zu kritisieren, dass in deren Schulen radikaler Islam gepredigt wird.

Ansichten einen Verrückten
Man könnte Blairs Ansichten als die eines Verrückten bezeichnen, so nennt ihn die britische Zeitung Independent denn auch „demented“, schwachsinnig.

Erfreulich nur, dass dieser Schwachsinn in den britischen Medien zwar Widerhall, aber keine Zustimmung mehr findet, auch nicht mehr in den Murdoch-Medien. Da müsste man ja fast Murdochs Verflossener Wendi Deng dankbar sein.

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Der SPIEGEL: Vom Aufdecker zum Abdecker?

Dr. Alexander von Paleske —- 26.8. 2013 —
Seit geraumer Zeit ist der SPIEGEL, einstmals von seinem Gründer und Herausgeber Rudolf Augstein als das „Sturmgeschütz der Demokratie“, bezeichnet, der jahrzehntelang aufdeckte, was andere gerne zudecken wollten, stark mit sich selbst beschäftigt.

Nachdem der Lifestyle unter dem seinerzeitigen Chefredakteur, dem „Kampfzwerg“ Stefan Aust, triumphierte, der investigative Journalismus verkümmerte, und seitdem eher bei der Süddeutschen Zeitung zu finden ist, liefert der SPIEGEL mit seinen Personalentscheidungen weiter Schlagzeilen – unerfreuliche versteht sich, selbstgedrehte Scoops sozusagen.

Erst waren es die Auseinandersetzungen um Stefan Aust, dann um das uneinige Gespann Blumencron / Mascolo, die in einer Art Nacht- und Nebelaktion wegen anhaltender Querelen schliesslich rausgeworfen wurden.

Wolfgang Büchners Wahl für den Vize
Nun hat deren Nachfolger, Wolfgang Büchner, mit der Wahl seines Stellvertreters – spöttisch so zu umschreiben – die BILD-Zeitung, Deutschlands führendes „Revolverblättchen“ beim SPIEGEL einquartiert: Mit der Ernennung des stellvertretenden BILD-Chefredakteurs Nikolaus Blome.


Wolfgang Büchner …….BILD einquartiert

Rudolf Augstein bemerkte einst über die BILD-Zeitung, als diese noch eine 5-Millionen-Auflage hatte:

„Eine Zeitung, die von 5 Millionen Deutschen gelesen wird, muss widerwärtig sein“.

Da das Gedruckte der BILD ja nicht vom Teufel höchstpersönlich angefertigt wird, sondern diese „Widerwärtigkeiten“ von leibhaftigen Journalisten zusammengeschrieben werden, oftmals nach der Devise:

Forget the facts, push the story,

gehört zu dieser „Pusherei“ natürlich auch, die journalistische Ethik – nicht nur gelegentlich – voll über Bord zu werfen.

Zweifel angesagt
Zweifel bestehen, ob derartige Widerwärtigkeiten abfassende „Qualitätsjournalisten“ dieses Hetz- Kampf– und Revolverblättchens die Stelle eines stellvertretenden Chefredakteurs beim SPIEGEL übernehmen sollten, um nicht nur Ruhe beim SPIEGEL einkehren zu lassen, sondern dieses Nachrichtenmagazin zu den alten investigativen Glanzzeiten auch nur ansatzweise zurückzulotsen.


Nikolaus Blome …….vom Revolverblättchen zum SPIEGEL.

Dass sich mit der Wahl Nikolaus Blomes unter diesen Umstanden bei den Mitarbeitern des SPIEGEL Unruhe breitmachte, ist nur allzu verständlich
.
Offenbar hegen die Befürworter Blomes, zu denen auch der Augstein-Sohn Jakob gehört – nicht aber dessen Schwester Franziska – die Hoffnung, er könne nicht nur BILD- Stories pushen, sondern auch die fallende Auflage des SPIEGEL, und zwar nach oben, egal wie, entsprechend dem Motto: Die Auflage ist alles, der Inhalt nichts.

Böses Omen
Schon der Umzug des SPIEGEL in sein neues Domizil in der Hamburger Hafen-City, wir nannten dieses Monstrum Palazzo Prozzi, liess nicht viel Gutes ahnen. Die jetzigen Personalquerelen bestätigen das nur.


„Palazzo Prozzi“, das neue SPIEGEL Domizil in der Hafencity

Zur Revitalisierung des Magazins gehört gewiss kein Verlagspalast, und schon gar nicht selbst fabrizierte hauseigene Scoops.

Die alle Printmedien erfassende Absatz- und Anzeigenkrise, geht auch am SPIEGEL nicht vorbei, sie verlangt innovative Lösungen.

Bereits für SPIEGEL-Gründer und jahrzehntelangen Herausgeber Rudolf Augstein stellte sich seinerzeit die Herausforderung, Anzeigenkunden zu ködern ohne deshalb den Anspruch des Magazins zu verraten. Ein Balanceakt.

Den Nachfolgern gelingt offenbar weder dies, noch die Attraktivität des Printmediums für die Käufer sicherzustellen.

Die Berufung des Nikolaus Blome liegt insoweit allerdings voll im Trend – im negativen Trend versteht sich.

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Zum Axel Springer-Verlag und BILD
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Post für BILD-Diekmann

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Axel Springer Konzern: Teil-Rückzug vom Printmarkt – Weniger Meinungsmache?

Dr. Alexander von Paleske —- 26.7. 2013 —— Mit drei Printerzeugnissen Hamburger Abendblatt, Hör Zu und BILD hatte sich der Hamburg-Altonaer Kleinverlegersohn Axel Springer im Nachkriegsdeutschland zum grössten Verleger Europas aufgeschwungen.


Axel Springer …..Blattmacher, Plattmacher und Meinungsmacher Nachkriegsdeutschlands.

Marktmacht für Meinungsmache
Diese Marktmacht nutzte er auch, um gegen alles was links war, oder nach links aussah, anzudrucken: Zuerst gegen die Sowjetunion und die DDR, in den 60er Jahren dann gegen die Studentenbewegung , und schliesslich die Verständigungspolitik Willy Brandts mit dem Osten, dem „Wandel durch Annäherung.
Da galt sein Leitspruch „seid nett zueinander“ natürlich nicht.

Hetz-und Kampfblatt BILD
Am schlimmsten trieb es Axel Springer mit seinem „Kettenhund“ BILD, den in den 60er Jahren sein Lieblings-Chefredakteur, der „schöne Pepe“ Peter Boenisch ausführen durfte, und dessen Schlagzeilen oft genug hart am Straftatbestand der Volksverhetzung vorbeischrammten.

Von den unzähligen Geschichten, marktschreierisch hart bzw. voll an der Wahrheit vorbei, ganz zu schweigen.

Printmedien-Glanzzeiten vorbei
Die Glanzzeiten der Printmedien, deren Markt Axel Springer einst in Westdeutschland zu fast 30%, und in Berlin fast vollständig beherrschte, sind längst vorbei.

Die Auflagen der meisten Printmedien fallen und fallen, ein Ende der Abwärtsfahrt ist nicht in Sicht..

Abwärtsfahrt ohne Ende


Auflage von BILD und BILD am Sonntag


Computerbild-Auflage

Das Internet mit seiner Schnelligkeit und seiner Vielfalt hat ihnen das Wasser abgegraben. Neben die Online-Auftritte der Printmedien sind eine Vielfalt von anderen Anbietern, Online-Magazinen und Bloggern getreten.

Die Verlage reagierten auf den Auflagenrückgang mit Entlassungen von Redakteuren, und der Auslagerung ganzer Redaktionen, was den Absturz nicht aufhielt, sondern wegen des damit einhergehenden Qualitätsverlustes oft nur noch beschleunigte.

Die kostenlosen Internetauftritte der Traditionsmedien spielten wegen der drastisch gefallenen Werbeinnahmen keinen mit den Printmedien vergleichbaren Gewinn ein.

Bezahlauftritte sollen es bringen
Nun sollen es die Bezahlauftritte im Internet bringen. Ob dieses Kostenmodell sich neben den zahllosen kostenlosen Internetauftritten behaupten kann, bleibt abzuwarten, erhebliche Skepsis ist angesagt.

Springer hat sich unter seinem Chef Mathias Döpfner umorientiert: Im Vordergrund stehen jetzt Internetauftritte, die keine Zeitung mehr darstellen, sondern Märkte bedienen, von Immobilienangeboten, Jobbörsen bis zum Automarkt (Stepstone, Immonet, Kaufda ), autohaus24, finanzen.net . Hierfür werden keine Redakteure gebraucht, sondern Leute, die Internetseiten ansprechend und gefällig herstellen können und Content-Manager.

Mit diesen Auftritten verdient Springer bereits Geld, aus dem Medienhaus wird ein Internet-Auftrittshaus, das von Firmen bis Kleininserenten alles bedient.

Keine Überraschung
So stellt dann die Meldung des heutigen Tages keine Überraschung mehr dar:

Axel Springer Verlag verkauft Traditionstitel wie Hör Zu.

Springer verkauft nicht nur Traditionstitel, die ihn gross und reich gemacht hatten, allen voran die Hör Zu unter dem damaligen Chefredakteur Eduard Rhein, sondern gleich auch einen erheblichen Teil seiner Palette von Printerzeugnissen: Hamburger Abendblatt, Berliner Morgenpost, TV- digital, Funk Uhr, Bildwoche, Bild der Frau, Frau von heute.

Weg mit allen Frauen- und Programmzeitschriften heisst die Devise.

„Kettenhund“ BILD bleibt
Bei Springer bleiben jedoch „Kettenhund“ BILD und BILD-Ableger wie Auto-Bild, Computer- Bild und Sport-Bild, aber auch der einstige Axel Springer „Meinungslappen“ und deshalb seinerzeitige Verlustbringer Welt, die über Jahrzehnte von den Bombenerlösen der anderen Printerzeugnisse mit durchgefüttert wurde – auf Anordnung des Hausherrn Axel.

Abladeplatz: Medienhaus Funke
Verlagshaus Springer lädt diese von ihm erfundenen und nun zum Verkauf gestellten Produkte für schlappe 920 Millionen Euro bei jemandem ab, der offensichtlich den Glauben an Printerzeugnisse noch nicht verloren hat, zumindest nicht wenn diese neuen Medien eine knallharte Schlankheitskur mit entsprechenden Entlassungen hinter sich gebracht haben.

Jemand, der auch auf eigene „positive“ Schlankheitskuren bei bereits aufgekauften Medien stolz zurückblicken kann: Das Medienhaus um die Westdeutsche Allgemeine Zeitung, auch „WAZ-Männer“ genannt. Mittlerweile als Funke-Medienhaus das drittgrösste Medienhaus Deutschlands.

Einige Springer-Titel dürften – falls das Bundeskartellamt die Übernahme genehmigt – dann wohl zusammengelegt werden. Für viele Redakteure dürfte dieser Verkauf auch das endgültige „Aus“ bedeuten, denn es gibt schon zu viele von ihnen, die bereits auf der Strasse gelandet sind, ohne jegliche Perspektive auf eine erneute Einstellung.

Zwei WAZ-Männer
Die „WAZ-Männer“, das waren einstmals Jakob Funke und Erich Brost, denen die Alliierten nach dem 2. Weltkrieg die Lizenz zur Herausgabe einer Tageszeitung im damaligen Herzen der deutschen Industrie, der Krupp-Stadt Essen, gemeinsam erteilten.

Der eine Herausgeber (Funke) eher rechts von der Mitte, der andere (Brost) eher links als SPD Mitglied angesiedelt. Dadurch sollte eine ausgewogene Meinung sichergestellt werden-

Lizenzen zur Herausgabe einer Tageszeitung waren damals wie eine Lizenz zum Gelddrucken. Und mit diesem Geld wurden die beiden Eigentümerfamilien nicht nur reich, sondern kauften sich weitere Zeitungen dazu, zunächst regional, dann national, später international, und stiegen zur drittgrössten Medien-Verlagsgruppe Deutschlands auf.

Die beiden Eigentümer sind mittlerweile verstorben, die Familie Brost verkaufte Anteile an die Familie Funke, und so wurde aus Brost & Funke nun Funke.

Besonders guten journalistischen Ruf genoss dieses Medienhaus noch nie: nach bzw. bei der Übernahme von Zeitungen wie der NRZ
der Westfalenpost, der Westfälischen Rundschau und Anzeigenblättern nicht gerade zimperlich, wurde ihnen grösseres Interesse an der Deutschen Mark und Euro als an einem guten Zeitungsartikel nachgesagt. Entsprechend sollen sie mit Redakteuren umgegangen sein.

Funke will weiter drucken, Springer im Internet sich verbreitern, und mit seinem neuen Funke-Geldsack, 920 Millionen Euro schwer, im Internet expandieren.

Weiter präsent
Ohne meinungsbeeinflussende Medienpräsenz ist Springer natürlich auch nach dem Verkauf nicht, dank Welt und BILD .

Genug, um Verlegerwitwe Elfriede Springers Freundin Angela Merkel ordentlich Rückenwind zu machen, auch wenn gelegentlich einer ihrer Spezis mal an- bzw. abgeschossen wird, wie seinerzeit der Bundespräsident Wulff – Spass muss sein.


Ein Herz und eine Seele – Elfriede Springer (li) und Angela Merkel

Den „Kettenhund“ BILD darf natürlich weiter der Chefredakteur Kai Diekmann ausführen, just zurück von einem Sabbatical im Silicon Valley, wo er zu Füssen des Internet- Gurus und Propheten Jeff Jarvis sicherlich ein paar Weisheiten und Zukunftsperspektiven aufschnappen konnte, ohne gleichwohl am Konzept der BILD zu rütteln. Ein „Drecksblatt“, wie einige missgünstige Redakteure der Süddeutschen Zeitung sie nannten.


Kai Diekmann …….viel gelernt im Sabbatical

Also noch genügend Geschütze für den Luftraum über Deutschlands Stammtischen, einschliesslich des Boulevard-Mix von Sex und Crime, und Geschichtchen über Prominente, die mit dem BILD-Fahrstuhl mal hoch, und mal runtergefahren werden.
.
Was die Studentenbewegung einst mit der Forderung „Enteignet Springer“, um dessen Meinungsmacht zu brechen, nicht geschafft hatte, haben das nun Internet und Döpfner bewerkstelligt? – Teilweise. Auch wenn BILD weiter für rechten Wind sorgen wird: Nichts ist mehr so, wie es einst war.

Dem ist wohl kaum eine Träne nachzuweinen.

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Zur WAZ
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„Raabsteigerung“ im US-Fernsehen

Dr. Alexander von Paleske —- 30.5.2013 ——-
Können Unterschichten-Schadenfreude-Klamauksendungen wie die des Stefan Raab, qualitätsmässig noch unterboten werden?
Diese Frage beantwortete sich für mich, als ich in einem Kabelkanal auf die Serie

„1000 Ways to die“

stiess.

Es handelt sich um kurze Clips, in denen dargestellt wird, wie ein Mensch auf etwas ungewöhnliche Weise zu Tode kam.

In der Regel handelt es sich um Unfälle. Das allein würde nicht genügend Zuschauer anlocken, also muss etwas dazugemixt werden:

Die Aktion mit tödlichem Ausgang graphisch drastisch dargestellt (mit fliessendem Blut)

Mobilisierung von Schadenfreude, die wir schon als festen Bestandteil der Raabschlägersendung TV Total kennen, unter den Themenbereichen:

– das geschieht ihm / ihr ganz recht

– oder: so ein Trottel / Dummkopf

was die Zuschauer dann zu Lachsalven animieren soll. Statt des normalerweise zu erwartenden Mitleids, angesichts eines solchen Unglücks: Schadenfreude.

Gefolgt dann von einem „wissenschaftlichen Epilog“, der dem Ganzen einen pseudo-ernsthaften Anstrich geben soll: Ein Mediziner erklärt, warum der Tod so zwangsläufig eintreten musste, ebenfalls mit graphischen Darstellungen.


Mediziner vermittelt pseudoernsthaften Anstrich


…….…….mit graphischer skeletaler Darstellung

Der Vertreiber dieser Serien, zur Sony-Entertainmentgruppe gehörend, versucht niedere menschliche Instinkte zu mobilisieren, und beschreibt sein Produkt so:

Most of us would opt to slip away from this earthly life gently, but there are some poor souls who go out with a bang – literally. From explosions and suffocations to decapitations and electrocutions, this offbeat docu-fiction series details the science behind all manner of bizarre ways to die.

Never mind “real-life” re-enactments – these are “real-death” accounts of those who have met with an extraordinary end, through chance or just plain stupidity. Darkly humorous, the series makes its subject matter palatable by taking a tongue-in-cheek yet eloquent approach to mortality.

It uses interviews with experts and state-of-the-art 3D graphics and animations to explore a particular type of death’s impact on the human body. We’ll also find out the stories behind the unfortunate souls who have found fame – or infamy – in death. Macabre entertainment!

Makaber bis auf die Knochen
In der Tat, makaber. In der Sendung gibt es nur einen Hintergrundkommentator, ein Raab-ähnlicher Presenter, mit Metzgerslachen – oder gar mit Bestattungsunternehmermiene – fehlt.

Es dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein, bis Unterschichten-Kanäle in Deutschland sich für diesen Dreck interessieren.

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medien

Wissenschaftliche Veröffentlichungen: Wer verdient daran, was sollte sich ändern?

Dr. Alexander von Paleske — 3.5. 2013 —-
„Publish or perish“- Veröffentliche oder geh unter – so lautet die zutreffende Beschreibung des akademischen Ausleseprozesses, der Ochsentour auf dem Wege zum Universitätsprofessor.

Nur wer genügend Publikationen vorweisen kann, kommt überhaupt in die engere Wahl, aber zumindest in der Medizin besteht dann immer noch – wenn schon kein Uni-Professor dann wenigstens die Chance auf eine Chefarztstelle, denn selbst mittlere Krankenhäuser verlangen mittlerweile von einem Bewerber zumindest die Habilitation, besser noch den Professorentitel.

150 Publikationen mindestens in der Medizin, vorzugsweise in „Peer reviewed“ Journals, also Fachzeitschriften, die eingereichte wissenschaftliche Arbeiten erst einmal einer rigorosen Überprüfung durch externe Prüfer (Peers) unterziehen, und die dann entweder akzeptiert – gelegentlich erst nach einer angeforderten Nachbesserung – oder abgelehnt werden.

Hohe Ablehnungsrate
Bei international hoch angesehenen Fachzeitschriften liegt die Ablehnungsquote nicht selten deutlich über 60% – Bei den führenden internationalen Medizinzeitschriften wie dem LANCET und dem New England Journal of Medicine werden mehr als 85% der eingereichten Arbeiten zurückgewiesen – entsprechend angesehen dann eine Arbeit, die es zur Publikation schafft.

Als Ausweg nach einer Ablehnung blieben dann die Fachzeitschriften der zweiten oder dritten Reihe (Wahl), auch diese oftmals „Peer reviewed“. So schaffen es dann einige der abgelehnten Arbeiten doch noch zur Veröffentlichung.

Für diese in einem Fachjournal publizierten Veröffentlichungen bekommen die Autoren kein Honorar. Die Ehre der Veröffentlichung ist das Honorar. Das Geld machen einzig und allein die Verlage dieser Fachzeitschriften, wie z. B. der Elsevier Verlag, der unter anderem auch die hochangesehene Medizinzeitschrift LANCET herausgibt.

Hohe Abo-Preise
Diese Journale sind nur über Abonnement erhältlich. Die Einzelbezieher bzw. Bibliotheken müssen knackige Abonnementgebühren berappen: Für den LANCET sind es beispielsweise 269 Euro pro Einzel-Abo pro Jahr.

Keine Überraschung, dass ein grosser Verlag wie Elsevier, mit seinen Publikationen Milliardenumsätze macht.
Mehr noch: Nicht nur, dass für derartige Veröffentlichungen wissenschaftlicher Arbeiten die Autoren keinen Pfennig bekommen, auch die Peers, welche die Arbeit beurteilen, bekommen dafür nichts.
Es wird vielmehr als Ehre und Auszeichnung angesehen, zum Kreis der Peers zu gehören: in der Regel Professoren mit Forschungs- Schwerpunkt auf dem Gebiet, in dem auch die eingereichte Arbeit liegt

So weit o.k.
So schön so gut, die Wissenschaftler und die Peers werden ja von ihren Instituten bezahlt, und die Veröffentlichung ihrer Forschungsergebnisse gehört ja naturgemäss zu ihrem Aufgabenbereich.

Der Zorn der Gerechten
Was aber jetzt den Zorn von Wissenschaftlern – und nicht nur von ihnen – provoziert hat: Ihre kostenlos angelieferten Arbeiten können nicht im Internet kostenfrei heruntergeladen werden, und damit eine weitestmögliche Verbreitung finden, sondern nur gegen Bezahlung. Und dies, obgleich die wissenschaftlichen Arbeiten ja in der Regel das Resultat eines staatlich unterhaltenen bzw. geförderten Wissenschaftsbetriebes, also mit Steuergeldern finanziert sind. Warum sollten also Bürger noch ein weiteres Mal bezahlen?

Das ganze bisherige System kam durch das Internet in die Kritik, denn vor dessen Einführung gab es ja keine Möglichkeit, in anderer Weise zu publizieren, als über diese gedruckten Fachjournale. Von den Autoren konnten dann kostenlose Artikel-Sonderdrucke angefordert werden. Das beansprucht jedoch Zeit und Kosten, beim Autor wie beim Petenten.

Das Internet hat jedoch mittlerweile neue Publikationswege geschaffen, und damit ist gleichzeitig der Druck auf die Verlage gewachsen, diese Artikel online kostenlos verfügbar zu machen.

Mehr noch: das Internet hat die Möglichkeit eröffnet, Plattformen zu kreieren, auf denen derartige Artikel abgeladen werden können. Die gibt es bereits, das Herunterladen ist kostenlos, nicht aber das Abladen der Artikel, sondern nur gegen eine Gebühr. Peer Review wird ebenfalls angeboten..

Derartige Plattformen ermöglichen ausserdem die Veröffentlichung einer wesentlich grösseren Zahl von Publikationen, damit sinkt selbst bei Peer Review automatisch die Ablehnungsrate.

Fehlende Reputation
Gleichwohl: Diese Plattformen haben bisher noch lange nicht die Reputation der Fachjournale erreicht – noch nicht. Somit sind Wissenschaftler gezwungen, weiterhin in den etablierten Printjournalen zu publizieren.

Der Druck wächst
Nun aber wächst der Druck auf diese Journale – und auf den Gesetzgeber.
In Deutschland sammelte der Wissenschaftsjournalist Lars Fischer im Jahre 2009 tausende Unterschriften für eine Petition, wonach der Bundestag beschliessen möge:

Wissenschaftliche Publikationen, die aus öffentlich geförderter Forschung hervorgehen, müssen allen Bürgern (kosten)frei zugänglich sein.

Open Access ein anderes Wort dafür.

Der Journalist ist studierter Chemiker und als Wissenschaftsjournalist für die Blogplattform SciLogs.de tätig.

Ähnliches forderte der Finch-Report in Grossbritannien .im Jahre 2011-
Dort heisst es:

The UK should embrace the transition to open access, while recognizing,that the researchers have high quality channels through which they can publish and disseminate their findings.

Scheinbare Nachgiebigkeit
Während so der der Druck auf die Wissenschafts-Verlage zunimmt, versuchen diese, dem Druck – scheinbar – nachzugeben. In Wirklichkeit aber, unter Aufrechterhaltung ihrer Gewinnspannen, eine Kostenumverteilung vorzunehmen: indem beispielsweise der LANCET dem Autor einen „Bearbeitungsbetrag“ von bis zu 5000 Dollar aufbrummen will, wenn der Artikel sofort frei zugänglich sein soll – oder ohne Bearbeitungsgebühr nach einer Sperrfrist von 6 Monaten.

Viele Artikel leben aber gerade auch von der Aktualität.

Geld machen auch mit Open Access
Der Elsevier Verlag hat mittlerweile auch erkannt, dass selbst mit beschränktem „Open Access“ sich auch noch Geld verdienen lässt, und hat für das Leukämie-Lymphom-Gebiet das Online-Journal Leukaemia Research Reports kreiert.

Dort werden Artikel „abgeladen“, die es in der Regel nicht in eines der grossen Printmedien wie „Blood“ schaffen, also vor allem Case Reports – Fallberichte. Für die muss der Autor natürlich eine Bearbeitungsgebühr von mehreren Hundert Euro hinblättern.

Dies dürfte wohl kaum als Ausweg angesehen werden. Weit besser wären weitgehend kostenfreie verlagsunabhängige Open Access Plattformen, betrieben beispielsweise von Universitäten oder Fachgesellschaften, die dann auch den Peer Review organisieren könnten.

Eigene Erfahrungen des Autors
Als kostenfreie, aber wenig reputationsfördernde Alternative in bestimmten Fällen bleibt die Online Publizierung „auf eigene Faust“, also eigener Arbeiten auf einem Blog. So hat es der Verfasser mit insgesamt vier Artikeln über eine verbesserte Tuberkulose-Diagnostik gemacht. Die vorgeschlagenen Verbesserungen lassen sich in jeder Krankenstation mit erreichbarem TB-Labor nachvollziehen, ein Peer Review erübrigte sich deshalb. Aber das ist die Ausnahme. Die akzeptablen Zugriffszahlen bestätigen jedoch die Verbreitungsmöglichkeit auch auf diesem Wege.

Fazit
Die vom Internet gebotenen Möglichkeiten werden bei der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Arbeiten bisher nur völlig unzureichend genutzt. Stattdessen wird die umfassende Verbreitung wissenschaftlicher Ergebnisse durch Verlage behindert, deren vorrangiges Interesse vor allem darin besteht, Gewinn zu erzielen, und zwar mit Arbeiten, die ihnen kostenlos verfügbar gemacht wurden.

Internet-Veröffentlichungen des Verfassers
linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a study of 156 patients
linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates

linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a second study of 545 patients
linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates – Results of a second study

medien

Nachrichtenmagazin SPIEGEL in der Krise: Eine Fahrt ins journalistische Nirgendwo?

Dr. Alexander von Paleske 6.4. 2013
In den letzten zwei Tagen kamen zwei Meldungen über den Ticker:

Meldung 1:
Ein Konsortium von Journalisten hat in einjähriger investigativer Arbeit Millionen Datenbankeinträge, Verträge, Urkunden und E-Mails aus dem Innenleben etlicher Steueroasen zugespielt bekommen und ausgewertet.

Die Daten geben Einblick in die Steueroasen-Welt. Sie identifizieren mehr als hunderttausend Kunden, unter ihnen Staatsoberhäupter, Waffenhändler , Steuerbetrüger , Prominente und weniger Prominente.

In Deutschland waren der NDR und Süddeutsche Zeitung federführend die Bearbeiter.

Meldung 2:
Das Nachrichtenmagazin Der SPIEGEL löst sich offenbar von seinem zerstrittenen Chefredakteurs-Duo Georg Mascolo / Mathias Müller von Blumencron .

Mascolo war zuletzt für die Printausgabe zuständig,, Blumencron für Online, auch wenn er weiterhin als SPIEGEL-Chefredakteur im Impressum stand.
So kämpfte jeder für sich in seinem Ressort und beide öfters gegeneinander.


Georg Mascolo


Mathias Müller von Blumencron ………miteinander und gegeneinander. Screenshots: Dr. v. Paleske

Diese beiden Nachrichten haben auf den ersten Blick gar nichts miteinander zu tun.

Bei näherem Hinsehen allerdings sehr wohl: Als Wkileaks 2011 seine brisanten Dokumente über den Irakkrieg zunächst den Medien zur Aufarbeitung gab – erst später warf dann Julian Assange die Cables ohne redaktionelle Bearbeitung ins Internet , ohne Rücksicht auf Verluste, wir berichteten darüber – gehörte selbstverständlich der SPIEGEL in Deutschland zu den mit der Auswertung und Veröffentlichung bestimmten Medien.

SPIEGEL unbeteiligt
Das ist bei den neuen Dokumenten von Offshoreleaks jedoch nicht mehr der Fall. Die nun involvierte Süddeutsche Zeitung hatte in den letzten Jahren unter der Leitung des investigativen Journalisten Hans Leyendecker, der früher beim SPIEGEL arbeitete,. und etliche Skandale aufdeckte, hervorragenden investigativen Journalismus dort etabliert.


Hans Leyendecker ……… Top investigativer Journalist. Verliess den SPIEGEL im Streit mit Stefan Aust und ging zur Süddeutschen Zeitung

Der SPIEGEL war zwar in ein pompöses Domizil umgezogen, wir nannten es in einem Artikel „Palazzo Prozzi“, jedoch mit investigativem Journalismus konnte dieses einstige „Sturmgeschütz der Demokratie“ (Rudolf Augstein) nun wirklich nicht protzen.

Ganz im Gegenteil: Langweilige Titel wie „Schlaflosigkeit“ „ Hitlers Uhr“ oder „Die Mutigen“ konnten Leser nicht an die Kioske locken, und trugen zum Auflagenrückgang von über 1 Million auf 890.000 Exemplare bei.

Die ständigen Querelen zwischen den beiden Chefredakteuren haben darüber hinaus kaum zur Motivierung der Mitarbeiter beigetragen.

Auch der Diskussionsservice von SPIEGEL-online strotzte von nicht nachvollziehbarer, offenbar willkürlicher Zensur von Diskussionsbeiträgen, was Leser / Schreiber zusätzlich verärgerte.

Nun also geht der SPIEGEL wieder mal auf Chefredakteurs-Suche. Dass Nikolaus Blome, stellvertretender Chefredakteur der BILD, zu den Kandidaten der engeren Wahl gehört, lässt allerdings Schlimmes befürchten.

Der SPIEGEL bleibt ein notweniges Element der Pressefreiheit in Deutschland. Es wird allerdings allerhöchste Zeit, dass er sich auf seine Hauptaufgaben rückbesinnt: aufzuklären und zu enthüllen.

Eine Anleitung, wie das gemacht wird, dürfte sich beim Studium alter SPIEGEL-Hefte im Archiv finden, aus der Zeit, bevor Stefan Aust das Magazin auf Lifestyle trimmte.

Zum SPIEGEL
Neues SPIEGEL-Domizil in Hamburgs Hafencity, oder: Umzug in den „Palazzo Prozzi“
Discounter ALDI-Süd, ein ehemaliger leitender Angestellter, Günter Wallraff und der SPIEGEL oder: Angriff ganz unten?
Günter Wallraff als Paketzusteller – eine persönliche Anmerkung
Zensur bei Spiegel-Online – ein persönlicher Erfahrungsbericht

Zu WIKILEAKS
Wikileaks mischt Zimbabwe auf
Wikileaks am Ende? Die Idee wird überleben

medien

Tod auf Raten – das Ende der Frankfurter Rundschau und anderer Printmedien

Dr. Alexander von Paleske — 2.12. 2012 —
Während eines Besuchs in Frankfurt im Juli 2012 fand ich auf Seite 2 und 3 einer Frankfurter Rundschau – das waren einstmals die Politik-Seiten, Seite 3 für politische Hintergrundartikel – einen Riesen-Artikel über „Amseln in der Grosstadt“.

Man brauchte kein Prophet zu sein, um zu konstatieren: das kann nicht gutgehen. Es ging auch nicht gut.

Die Frankfurter Rundschau war zu diesem Zeitpunkt journalistisch bereits kannibalisiert: die überregionalen Nachrichten und Analysen lieferte eine Zentralredaktion in Berlin, welche auch die anderen zum Kölner Verlag duMont-Schauberg gehörenden Blätter (Berliner Zeitung, Kölner Stadtanzeiger, Kölnische Rundschau, Mitteldeutsche Zeitung) journalistisch versorgte.

Jetzt also das vorläufige Ende einer grossen Nachkriegszeitung, linksliberal, ein Blatt, das auch die 68er Studentenbewegung und die Hausbesetzer kritisch, aber im Grundton wohlwollend begleitete. Und für diese Periode steht der Name Karl Gerold, der zusammen mit Arno Rudert (gestorben 1954) in Frankfurt Zeitungsgeschichte schrieb. Mit einem Blatt, das weit über Frankfurt hinaus hohes Ansehen genoss.

Einstmals Lizenz zum Gelddrucken
Drucklizenzen, nach dem Kriege von den Alliierten vergeben, waren de facto wie eine Lizenz zum Gelddrucken, das galt für alle Tageszeitungen, aber auch für Zeitschriften.

Der Hunger nach Informationen brachte die Käufer an die Kioske. Der Wirtschaftsaufschwung mit dem expandierenden Anzeigenmarkt spülte Geld in die Kassen der Verlage.. Und gerade der lokale ausserordentlich lukrative Anzeigenmarkt, den die Frankfurter Rundschau über Jahrzehnte dominierte, war ihre Haupteinnahmequelle.

Damit ist es vorbei. Viele Anzeigen sind mittlerweile ins Internet abgewandert, aber nur zu geringem Teil auf die Online-Auftritte der Tageszeitungen. Die neuesten Nachrichten sind ebenfalls im Internet zu finden, schneller als es die Tageszeitungen vermögen, sodass die Nachrichtenseiten in den Tageszeitungen mehr oder weniger den Schnee von gestern bringen.

Kein zwangsläufiges Ende
Das hätte keineswegs das Ende bedeuten müssen, denn es bleibt nach wie vor der Lokalteil, die tiefschürfenden Hintergrundanalysen, und der investigative Journalismus.

Allerdings braucht es dafür kompetente Journalisten, keine Content-Manager. Die Redaktion der FR wurde jedoch kannibalisiert, sodass zwar investigativ noch etwas ans Tageslicht gezerrt wurde, wie der Skandal um die hessischen Steuerfahnder, aber das alleine reichte nicht mehr.
Neben der Kannibalisierung auch das Fehlen von Konzepten und offenbares Missmanagement .

Auch Auflagen von Zeitschriften fallen
Auch Zeitschriften wie Stern und Brigitte hatten in den vergangenen Jahren deutliche Auflagenrückgänge hinzunehmen. Rückgänge, welche die jeweiligen Verlagen oftmals durch Einrichtung von Zentralredaktionen, also Personalkürzungen, beantworteten. Wir haben uns mehrfach damit beschäftigt.

Parallel dazu fingen Verlage wie Gruner und Jahr an, Firmenzeitschriften zu produzieren, deren Interessen zwangsläufig irgendwann auch mit investigativen journalistischen Recherchen anderer Printmedien kollidieren könnten, kollidieren müssen.

Nicht nur Frankfurter Rundschau
Mit der Nachricht über die Insolvenz der FR dann auch noch die Nachricht über das Ende der vor 12 Jahren gestarteten Financial Times Deutschland (FTD) . Eine Wirtschafts-Tageszeitung, journalistisch deutlich besser als das Handelsblatt, die aber eben keine Gewinne einfuhr sondern Jahr für Jahr Verluste machte. Also weg damit.

Guter Journalismus, der aber keine Gewinne einfährt, hat in einem Verlag wie Gruner und Jahr, der jährlich grosse Gewinne einfährt, mehrheitsmässig zur Betelsmann-Gruppe gehörend, nichts zu suchen.

Das war noch anders zu Zeiten von Gerd Bucerius, einst Mitbegründer des Verlages Gruner und Jahr, der den damaligen Spitzenjournalismus in der ZEIT jahrelang mit Gewinnen aus der Cash-Cow Stern finanzierte.

Nun ist die Presse durch die Schliessung von FR und FTD aufgescheucht, die ZEIT vom 22.11. hat nicht nur ihren Leitartikel, sondern gleich auch noch vier Seiten im Wirtschaftsteil und eine Seite in Feuilleton dem Thema gewidmet.
Bereits in der Woche zuvor war der Gruner und Jahr Verlag im Wirtschaftsteil „Gruner ist gar“ einer Analyse unterzogen worden.

Irreführende Überschrift
Gleichwohl: Der Titel „Wie guter Journalismus überleben kann“ ist völlig irreführend. Denn es geht in dem Artikel nicht um das Überleben des guten Journalismus, sondern um das lukrative Überleben von Verlagen.


ZEIT vom 22.11.2012 ……irreführende Überschrift

Auch Axel Springer-Vorstand Döpfner und BILD-Chef Kai Diekmann wurden befragt, ein Verlag, der – jedenfalls mit seiner BILD und BILD am Sonntag – wohl kaum etwas mit gutem Journalismus zu tun hat.

Es wird zudem mit dem Titel impliziert, dass guter Journalismus nur in Verlagen, nicht jedoch anderswo, zu Hause sein kann. Das gilt aber nur für Printmedien mit dem dazugehörigen Aufwand in der Herstellung, nicht hingegen für das Internet, wo guter Journalismus – angesichts der minimalen Verbreitungskosten – mittlerweile auch in Blogs angetroffen werden kann.

Auch die notwendigen Werkzeuge, wie ein umfangreiches Archiv, sind dank Wikipedia und Google längst für jedermann verfügbar.

Andersherum: Es geht in dem genannten ZEIT-Artikel in Wahrheit schlicht und einfach darum: Wie können Verlage, die bisher mit Printausgaben märchenhafte Gewinne einfuhren, mit Print und Internet weiter Geld scheffeln.

Klar ist:

ein kostenloses Internet bringt den Verlagen nicht genug ein, denn die Anzeigen haben sich grösstenteils von den Medien getrennt, und sind auf andere Plattformen abgewandert, z.B.Immobilienanzeigen.

Die Herstellungs- und Verbreitungskosten im Internet – Hauptkostenfaktoren der Printmedien – sind ins nahezu Bodenlose gefallen, also fallen auch die Preise für Anzeigen drastisch, so sie überhaupt noch bei den Medienhäusern landen.

Nur bei extrem hohen Klickzahlen, wie Google und Facebook sie vorweisen, können hohe Anzeigenpreise durchgesetzt und Milliarden gescheffelt werden. Kein Wunder also, wenn einerseits das Anzeigenaufkommen für alle Printmedien drastisch gefallen ist, andererseits das Einkommen von deren Onlineauftritten aber insgesamt nur rund 200 Millionen Euro pro Jahr ausmachte, bei weitem kein Ausgleich!

Google verdient jährlich allein in Deutschland das Zehnfache: rund zwei Milliarden Euro.

Fieberhafte Suche
Also wird fieberhaft seitens der Medienhäuser nach Auswegen gesucht. Da die Werbekunden nicht gezwungen werden können zu inserieren, werden drei (Zwangs-)Massnahmen nun diskutiert, welche den Verlagen ihre Gewinne sichern sollen:

1. Der Staat soll die Medienhäuser bezuschussen, subventionieren, jedenfalls deren Tageszeitungen, wie z. B. in Österreich, also letztlich der Steuerzahler zur Kasse gebeten werden.

2. Der Internet-User soll direkt zahlen:

a) Entweder pro Anklicken oder über Abonnements,

b) Oder über seinen Serviceprovider, der ihm bestimmte Medien freischaltet und an die Medienhäuser im Gegenzug zahlt, letztendlich wieder der User über die dann erhöhte Flatrate.

3. Google soll zahlen.
Google macht Milliardengewinne mit Werbung dank der extrem hohen Verbreitung (Klickzahlen).
Google, so sehen es die Verleger, soll den Verlagen im Prinzip das erstatten, was es den Medienhäusern an Werbung „abgenommen“ hat.

Verpackt wird das Ganze in ein Leistungsschutzrecht, das zur Zeit im Bundestag beraten wird. In Wirklichkeit handelt es sich jedoch um eine verkappte Umverteilungssteuer, da Google selbst nur auf die jeweiligen Medien verweist, aber selbst die Artikel gar nicht bringt.

Was wird sich ändern?
Variante 1: Umsetzung extrem unwahrscheinlich, da zur Zeit der Appetit auf weitere Subventionszahlungen nicht existiert.

Variante 2a: Ist bereits teilweise umgesetzt mit nur sehr, sehr mässigem Erfolg. Solange eine ausreichende Zahl an frei verfügbaren kostenlosen Internetangeboten besteht, wird sich daran auch nichts ändern. Deswegen drängt Springer-Chef Döpfner auf ein gemeinsames Vorgehen der Medienhäuser.

Variante 2b: Im Prinzip handelt es sich um eine Gebühr wie sie die GEZ für den öffentlich rechtlichen Rundfunk eintreibt. Dafür gibt es – zur Zeit jedenfalls – keine Mehrheiten.

Variante 3: Google will freiwillig nicht zahlen. Wenn das Gesetz, wie geplant, Google dazu zwingen sollte, dann könnte Google versucht sein, auf eigene Artikel oder auf Nachrichtenagenturen zu verweisen, wie AFP, dpa, dapd, Reuters, und mit denen Verträge abschliessen. Der Schuss könnte für etliche Medienhäuser dann auch noch nach hinten losgehen, weil kein Verweis auf ihre Produkte bei Google mehr zu finden ist.

Fazit:
Unterm Strich wird sich vorläufig wohl wenig ändern. Weitere Zeitungen werden dichtmachen, neue Internetangebote mit gutem Journalismus werden entstehen. Allerdings ist das alles für die von Schliessungen betroffenen Journalisten vorläufig noch keine ermutigende Nachricht.
Und das „Lex Google?“ – Könnte scheitern

Noch Zukunft für unabhängigen Qualitätsjournalismus der Printmedien?

Frankfurter Rundschau – ein überregionales Traditionsblatt wird zur Regionalbeilage?
Frankfurter Rundschau: „Kastration“ als Überlebensprinzip

Krach in der Verlegerfamilie Neven DuMont oder: Ödipale Meuterei auf dem Schauberg?

Bodo Hombach und die Zukunft der Tageszeitungen – oder: Lokalteil hat Zukunft, WAZ macht Zukunft?
Umsonst ist nicht angemessen? – oder: Ist das Zeitungssterben aufzuhalten?
Nach den Banken nun die Zeitungen?
Gruner und Jahr Verlag: Trübe Aussichten, finanziell und journalistisch
Die neue Gruner und Jahr Story oder: Von Gruner und Jahr zu Anzeigen und Spar
Der Fall Hypo Alpe-Adria (Skandalpe) – Eine Abschlussbetrachtung
Darfs ein bisschen weniger sein? Oder: Neues zum Niedergang des Qualitätsjournalismus
Josef Joffe und das Gespenst des drohenden Todes der Tageszeitungen
Alles frei?– oder: Der Streit um das Urheberrecht und seine Vergütung

medien

Eine libanesische Popsängerin, ein wegen schweren Betrugs bestrafter Wiener Geschäftsmann, eine noble schweizer Anwaltskanzlei, und ein Artikel-Löschversuch

Dr. Alexander von Paleske — 10.11. 2012 —
Im November 2009 publizierten wir auf dieser Website einen Artikel, der sich mit einem grossbetrügerischen Kaufmann in Wien namnes Alireza A. beschäftigte

Masche eines Betrügers
Die Masche: Kredite von den Banken, um damit Häuser zu kaufen, zu sanieren und dann weiterzuvermieten oder zu -verkaufen.
Die Kredite, die auf einem Notaranderkonto eingezahlt waren, hob der clevere Geschäftsmann aber in betrügerischer Zusammenarbeit mit einem Notar namens Karl Hofer ab , und finanzierte offenbar damit auch seinen nicht gerade bescheidenen Lebensstil.
Nach Presseberichten soll der direkte und indirekte Gesamt-Betrugsschaden angeblich 139 Millionen Euro betragen haben..

Libanesische Popsängerin
Alireza A. stieg mit seiner Ehefrau, der libanesischen Popsängerin Dominique Hourani, in den Jet Set auf, machte das kleine aber feine Fürstentum Monaco zum häufigen Aufenthaltsort, reiste gerne auch im Privatjet umher, der nach seiner besseren Hälfte benannt war, bis im Jahre 2008 dann die Handschellen klickten und Alireza A. hinter schwedische (austrische) Gardinen wanderte.

Am 30.11. 2009 war es dann soweit: Alireza A. wurde wegen schweren gewerbsmässigen Betrugs von einem Schöffensenat in Wien unter Vorsitz der Richterin Bettina Neubauer zu 5 Jahren Freiheitsentzug verurteilt .

Dem Urteil wurde eine Schadenssumme von 50 Millionen Euro zugrunde gelegt. Im Zentrum dieses gewerbsmässigen schweren Betrugs stand eine Firma Stade

Giftwaffen-Farschi
Uns hätte das alles weiter nicht sonderlich interessiert, wenn in Alireza A.’s Geflecht von sage und schreibe 108 Firmen nicht plötzlich der Name Farschi aufgetaucht wäre, aus den Giftwaffentransporten von China in den Iran bestens bekannt, und über die wir mehrfach berichtet hatten (siehe unten).
Und so verfassten wir einen Artikel, der dies alles darstellte.

Eine noble Anwaltskanzlei meldet sich
Gestern erhielten wir folgendes Schreiben einer noblen schweizer Anwaltskanzlei:




Wir antworteten darauf wie folgt:

9.11. 2012

Advokatur Fischer und Partner

z. Hd. Dr. Daniel Fischer und Joel Fischer

Zürich

Schweiz

Sehr geehrte Herren Kollegen,

Herr Fuchs hat mir Ihre E-Mail zugeleitet.
Ich halte das Begehren Ihrer Mandantschaft für unbegründet.
Der streitbefindliche Artikel enthält keinerlei Beleidigungen oder Verleumdungen, die Schadenersatzansprüche oder Unterlassungsansprüche auslösen könnten.

1. Zunächst bitte ich darum, Vollmachten von beiden Herrschaften, die nach unüberprüfbaren Gerüchten im Internet getrennt leben sollen, vorzulegen.

2. Ihr Mandant Alireza A. wurde am 30.11. 2009 wegen schweren gewerbsmässigen Betrugs von einem Schöffensenat in Wien unter Vorsitz der Richterin Bettina Neubauer zu 5 Jahren Freiheitsentzug verurteilt . Dem Urteil wurde eine Schadenssumme von 50 Millionen Euro zugrunde gelegt
Im Zentrum dieses gewerbsmässigen schweren Betrugs stand die Firma Stade, insgesamt jonglierte ihr Mandant angeblich mit 108 Firmen. Der Gesamtschaden soll sich nach Presseberichten auf 139 Millionen Euro belaufen haben.

3. Seine Ehefrau war vermutlich auch Nutzniesserin dieses Betrugsspektakels, ob wissend oder unwissend sei dahingestellt, immerhin leistete sich das Paar einen extrem luxuriösen Lebenswandel in Monaco, Österreich und anderswo, einschliesslich Privatjet, während gleichzeitig eine Bank nach der anderen in Österreich hereingelegt wurde.

4. In der Firma Stade, bzw. der Firma NOMA Planungs- und Bauträger GmbH waren auch Mitglieder der Familie Farschi beteiligt. das können und werden wir ggf. nachweisen.

5. Vater Farschi war knietief in die Giftwaffentrasporte China-Iran verwickelt, auch dafür werden wir Beweis antreten.
Nichts anderes haben wir in unserem Artikel behauptet. Dass Ihr Mandant Alireza A. direkt oder indirekt in die Giftwaffentransporte verwickelt war, wird an keiner Stelle des Artikels behauptet. Ich weise daher Ihre Unterstellung in dieser Richtung nachdrücklich zurück.

6. Ihr Mandant Alireza A stand seinerzeit mit einem deutschen Journalisten namens Martin B. in Kontakt, der nach seinen eigenen Angaben schon füher für ihn tätig gewesen sei. B. hatte sich wegen des genannten Artikels an die Saatsanwaltschaft gewandt – offenbar erfolglos, denn die Staatsanwaltschaft verfolgte die Sache nicht weiter.

Ausserdem kontaktierte er die Autoren von diesen Artikeln und verlangte unter Androhung von strafrechtlichen Schritten die Löschung.

Nun versucht Alireza A., wohl mittlerweile aus dem Gefängnis entlassen, es offenbar erneut in anderer Richtung.

Ihre Behauptung, Ihr Mandant habe erst jetzt von dem Artikel erfahren, ist völlig unzutreffend.

Wir haben den Artikel erst einmal vom Netz genommen, und werden unverzüglich einen presserechtlich versierten schweizer Anwalt einschalten, der dieses Verfahren notfalls durch alle Instanzen führt.

Ob das Verfahren, über das wir in diesem Blog ausführlich in Englisch und Deutsch berichten werden, letztlich Ihrer Mandantschaft, insbesondere Dominique Hourani bei ihrer Schlagerstarkarriere dienlich ist, das muss ihre Mandantschaft schon selbst entscheiden. Wir wollen Sie jedenfalls über unser geplantes Vorgehen nicht im Unklaren lassen.

Mit freundlichen kollegialen Grüssen
Dr. Alexander von Paleske
Arzt für Innere Medizin, Hämatologie
leitender Arzt
Ex Rechtsanwalt beim Landgericht Frankfurt (M)

In einem weiteren Schreiben vom heutigen Tage teilten wir den Anwälten mit:

Sehr geehrte Herren Kollegen,

ich habe den Artikel geringfügig redigiert, um klarzustellen, was bereits klar war: dass Ihre Mandantschaft nichts mit den Giftwaffentransporten selbst zu tun hatte. Der Artikel ist in der leicht geänderten Form wieder online.

Ich stelle anheim, den Rechtsweg einzuschlagen.
Mit freundlichen kollegialen Grüssen
Dr. Alexander von Paleske

Es handelt sich wieder einmal um den Versuch, eine unbequeme Nachricht zu löschen.

Wir lassen uns auf den Rechtsstreit ein, und werden weiter berichten.

Schon einmal hatten wir einen Löschversuch abgeschlagen, der von der Wochenzeitung DIE ZEIT und ihrem Herausgeber Josef Joffe unternommen worden war.

Die Presse- und Meinungsfreiheit ist ein zu wichtiges Gut, das man nicht einfach kampflos preisgeben sollte, preisgeben darf.

IDeutschlands liberale Wochenzeitung “Die ZEIT” verlangt Löschung einer Satire

Disappearance of 250 million Euro and a Supply Network for Weapons of Mass Destruction
linkGasmasken, Giftgas und Milliardenbetrug – auf den Spuren des Moshe Regev
Der Fall Barschel, der Mossad und die Waffenlieferungen in den Iran

Keine Freilassung des Waffenhändlers Nahum Manbar zu erwarten
linkMassenvernichtungswaffen in den Iran – Schmierige Geschäfte internationaler Kriegstreiber
linkIsraels tödlicher Export – Waffen in den Iran
linkIsrael has a long history of supplying Iran with weapons

medien

Deutschlands führende Wochenzeitung träumt von „Deep Throat“ und macht einen auf WikiLeaks

Dr. Alexander von Paleske —10.08. 2012 —


Deutschlands führende Wochenzeitung DIE ZEIT platzierte folgenden Text vorige Woche (Ausgabe vom 2.8. 2012) als kleinen Einspalter auf Seite 1:

Wir hatten schon immer einen Traum, einen ZEIT-Leser in einer dunklen Parkgarage zu treffen, mit einem Schreibblock in der Hand und der ZEIT-Leser diktiert uns Abenteuerliches. Wir stellen uns vor, dass der ZEIT-Leser die rechte Hand von Josef Ackermann ist, oder wenigstens im Verbraucherschutzministerium arbeitet, und endlich auspackt. So war es einst in der Watergate Affäre, die zum Sturz des US Präsidenten Nixon führte…… Wir haben nun diesen Traum weiterentwickel und einen elektronischen Briefkasten eingerichtet……dort können ZEIT-Leser vertrauliches Material ablegen….


ZEIT vom 2.8. 2012 ……Traum vom „Deep Throat“

ZEIT-Online und ein Postkasten
ZEIT-Online hat einen elektronischen Briefkasten eingerichtet. Dort können ZEIT-Leser Material abladen, das sie anonym an die Öffentlichkeit transportieren wollen.

Die ZEIT verspricht 100% Diskretion durch ein Verschlüsselungsverfahren. Nach Eingang soll dann die Investigativ-Abteilung der ZEIT das Material sichten und entscheiden, ob, und wenn ja, wie es weiterverarbeitet bzw. weiterverfolgt werden soll.

Alles paletti?
Was ist von dieser Einladung zum Auspacken zu halten?
Die Wochenzeitung DIE ZEIT ist bisher nicht nennenswert investigativ in Erscheinung getreten. Nicht weil sie das nicht gekonnt hätte, sondern weil der klare journalistische Schwerpunkt Hintergrundinformationen und die Tiefenanalysen waren. Der Anspruch der ZEIT: Liberale Meinungsführerschaft im besten Sinne.

Nur ganz gelegentlich wurde dieses Prinzip durchbrochen, wie im Falle des ehemaligen Marinerichters und seinerzeitigen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger: Eine Enthüllung über gnadenlose Kriegsgerichtsurteile selbst noch nach Ende des 2. Weltkrieges. Filbinger musste zurücktreten.

Als Konkurrenzblatt zum SPIEGEL, dem Flaggschiff des Enthüllungsjournalismus in Deutschland, verstand sich die ZEIT nie.

Jetzt alles anders
Das soll offenbar jetzt anders werden, ohne dass die ZEIT diesen Richtungswechsel ankündigt und gegenüber ihren Lesern begründet.
Diese erwähnte kleine Notiz auf Seite 1 kann ja wohl kaum dafür herhalten.

Nun also der Aufruf

ZEIT-Online und das Investigativ Resort der ZEIT prüfen regelmässig, die Eingänge und garantieren einen verantwortungsvollen Umgang mit den Informationen. Wir möchten mit dem Briefkasten noch mehr als bisher die Klugheit, das Wissen, und das moralische Gewissen unserer Leser abrufen.

Gut werden viele sagen, was kann daran schon schlecht sein: Die ZEIT spreizt ihre Flügel und bereichert die Ausgaben mit Enthüllungen, die das „Wissen und moralische Gewissen“ der Leser ihr ins Haus spülen.

Salopp ausgedrückt: Der gerade zuständige Redakteur sitzt in seinem warmen Büro und checkt einfach regelmässig, was im Postkasten so gelandet ist.
Nicht mehr der Redakteur geht auf Suche, sondern der ZEIT-Leser. Die ZEIT – wie auch schon die BILD mit ihren Vado- Bürgerkameras – wollen die Leser als Mitarbeiter einspannen.

Wikipedia Prinzip für Geschäftsbetrieb
Anders als bei brisanten Infos wie seinerzeit über die Neue Heimat, für die der SPIEGEL einen erklecklichen Geldbetrag rüberreichte, soll das alles natürlich kostenlos funktionieren: Wikipedia-Prinzip für einen Geschäftsbetrieb.

Die Gefahr ist: Es könnte als Aufruf zum Denunziantentum missverstanden werden, oder sogar als Aufruf zu strafbarem Verhalten, für den Fall, dass es sich um Geheimnisbruch handelt, und die zumindest moralische Rechtfertigung der „Wahrnehmung berechtigter Interessen“ gar nicht besteht..

Zweifel an der Professionalität
Auch bestehen einige Zweifel an der Professionalität der ZEIT. in Sachen Investigativ-Journalismus.

Anders als der SPIEGEL verfügt die Zeit vermutlich gar nicht über eine ausreichende Crew von ausgewiesenen Investigativ-Journalisten, die Erfahrung im Umgang und der Weiterverarbeitung brisanten Materials haben
.
Es würde darüber hinaus eine Personalaufstockung erfordern, und auch dafür gibt es keinerlei Hinweise. Vielmehr muss wohl befürchtet werden, dass diese Aufgabe dem bisherigen Team zugeschanzt, oder sogar an freie Journalisten weitergegeben wird.

Mehr noch: Informationen, die möglicherweise Interessen Israels betreffen, könnten wegen der sehr israelfreundlichen Haltung des Mit-Herausgebers Josef Joffe weniger oder kaum Chancen haben, veröffentlicht zu werden.

Man stelle sich vor: Ein Mordechai Vanunu würde seine Infos über Israels Atomwaffenprogramm an die ZEIT geben.

Vanunu hatte sich seinerzeit mit seinen brisanten Enthüllungen an den sehr israelfreundlichen Verleger Robert Maxwell gewandt.
Maxwell dachte aber gar nicht daran, das Material zu veröffentlichen, sondern informierte sofort den israelischen Auslandsgeheimdienst Mossad, der dann wiederum Vanunu nach Italien lockte, ihn dort kidnappte und nach Israel entführte, wo er zu einer langen Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Und die Kaperfahrt der Arctic Sea in der Ostsee vor drei Jahren wurde keineswegs von der ZEIT investigativ recherchiert, vielmehr versuchte der Herausgeber der ZEIT, Josef Joffe, sie in einer Randglosse als Sommerlochtheater abzutun, obgleich sich bereits die Hinweise verdichteten, dass es der Mossad war, der das Schiff mit Hilfe von Berufskriminellen aus den baltischen Staaten gekapert hatte, weil es Flugabwehr-Raketen des russischen Typs S-300 für den Iran geladen hatte.

Auch hätte man erwarten dürfen, dass die ZEIT sich für die investigative israelische Journalistin Anat Kam einsetzt, die geheime Dokumente an die Zeitung Ha’aretz weitergeleitet hatte, aus denen sich ergab, dass die israelische Armee Palästinenser wie eine Todesschwadron ermordete, obgleich das oberste israelische Gericht diese Praxis ausdrücklich verboten hatte.

Die ZEIT unternahm jedoch gar nichts. Auch die Verurteilung zu 4 ½ Jahren Gefängnis war keine Meldung wert, und wurde natürlich auch nicht kritisch kommentiert.

Vorläufiges Fazit
Es bestehen einige Zweifel an der Professionalität der ZEIT, mit derartigen Infos sachgerecht und unvoreingenommen umzugehen.

Auch bestehen Zweifel daran, ob das Abladen wirklich so sicher ist, wie die ZEIT behauptet. Denn es geht nicht nur um das Verschlüsselungsverfahren.

Die brisante Info, so sie denn eine ist, wird ja nicht nur von ein oder zwei Personen gesehen, und dann online gestellt, wie es bei WikiLeaks der Fall ist. Vielmehr mündet sie schliesslich, so geeignet, in einen Artikel, mit dem die Zeitung wiederum ihr Geld verdient.

Es schliessen sich also Recherchen an, deren Ergebnis dann wiederum in Redaktionskonferenzen besprochen wird.

Absolute Sicherheit?
Selbst bei WikiLeaks gab es eine undichte Stelle durch einen Mitarbeiter, der Infos offenbar an den Geheimdienst Weissrusslands weiterleitete.

Mit anderen Worten: Sicherheit schafft – wenn überhaupt – nicht eine Verschlüsselung, sondern nur der direkte Kontakt zu einem vertrauenswürdigen Journalisten, von dem man absolut sicher sein kann, dass er die Infos sachgerecht aufarbeitet, den Artikel selbst verfasst, und die Verschwiegenheit garantieren kann.

Nicht hingegen irgendein angeblich todsicherer Postkasten.

So war es dann auch im Falle der Watergate Affäre und den beiden Investigativ-Journalisten Bob Woodward und Carl Bernstein und ihrer Quelle Mark Felt, a.k.a. „Deep Throat“

Die Infos, welche die Wahington Post seinerzeit erhielt, kamen von einem Insider des Regierungsapparates, aber ein Insider, der in erster Linie der Washington Post, und dann vor allem den beiden Reportern Woodward und Bernstein vertraute.

Diese beiden Reporter haben das in sie gesetzte Vertrauen nicht enttäuscht, vielmehr dichtgehalten, und sich an die gegebenen Zusagen gehalten.

FAZIT
Es gibt gute Gründe, die Ablade-Einladung der ZEIT zu ignorieren.

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