Grossbritannien

Neue Skandale von Kindesmisshandlungen in Heimen in Grossbritannien

Dr. Alexander von Paleske —– 11.1. 2015 —
Ein neuer Skandal der Kindesmisshandlung – diesmal in einer Einrichtung der Church of England,, macht derzeit Schlagzeilen in der britischen Presse.

Wieder ist es ein Heim, in dem Kinder untergebracht waren, und wieder geht es um schwerste Vorwürfe der Misshandlung und des sexuellen Missbrauchs.

Medikamentenversuche an Kindern
Aber schlimmer noch. Die dort untergebrachten Kinder wurden Medikamentenversuchen durch einen Arzt namens Dr. Marenthiran Perinpanayagam ausgesetzt. Dieser verordnete offenbar – ohne jegliche Indikationsstellung – Medikamente gegen Parkinson und Psychosen, aber auch Sedativa wie Diazepam, allerdings in 10-facher Überdosierung.


Dr Marenthiran Perinpanayagam

Insgesamt soll eines der Opfer diese „Behandlung“ rund 1000mal erhalten haben.

Wenn Kinder sich weigerten, wurde von bis zu sechs Personen körperlicher Zwang angewendet .

Die Ergebnisse dieser Experimente, die an die Versuche des KZ-Arztes Dr. Mengele erinnern, publizierte dieser „Dr. Frankenstein“ dann auch noch in dem British Medical Journal, dem Deutschen Ärzteblatt vergleichbar..

Trotz Kenntnis nichts unternommen
Bereits im Jahre 1980 wurde dieser Skandal durch eine TV-Dokumentation ans Tageslicht gezerrt, es geschah jedoch nichts. Erst 1986 wurde das Heim geschlosssen, nachdem ein amtlicher Bericht erhebliche Bedenken über die Medikamentenverabreichung geäussert hatte und feststellte, die dort untergebrachten Mädchen „were stripped of basic human rights“

Die Folgen dieser Medizin-Experimente sind jedoch nach wie vor gravierend: Ein Opfer namens, Teresa Cooper, die bis zu ihrem 16. Lebensjahr dort eingesperrt war, und 1984 die Einrichtung schliesslich verlassen konnte, brachte später drei Kinder zur Welt, eines davon blind.
Ein anderes Kind mit Atembeschwerden, unklaren Lymphknotenschwellungen und vorübergehender Erblindung.
Das dritte Kind schliesslich mit einer Gaumen-Kieferspalte und einem kleinen Unterkiefer (Pierre Robin Syndrom).

Sie begann daraufhin ihre Heim-Vergangenheit aufzuarbeiten und studierte ihre eigene Akte, die sie schliesslich im Wandsworth Council in London fand. Dort sind auch die Medikamentenversuche dokumentiert.

Kirche entschädigt nur zum Teil
Die Church of England, als Betreiber dieser Einrichtung, hat sich aussergerichtlich auf 50.000 britische Pfund Entschädigung geeinigt. Das deckt jedoch keineswegs die Folgeschäden, insbesondere die Folgen der Behinderung ihrer Kinder.

Ihre Erlebnisse in diesem „Heim des Horrors“ fasste Teresa Cooper 2007 in dem Buch „Trust no one“ (Vertraue niemandem) zusammen.

Die Chruch of England hat mittlerweile eine eigene Untersuchungskommission eingesetzt.

Ein Skandal von vielen
Dieser Skandal reiht sich ein in eine ganze Reihe von Skandalen der Kindesmisshandlung in Grossbritannien und Europa, also in der sog. zivilisierten Welt:

– In der Schweiz: die Verdingkinder

– In Grossbritannien: die Kinder-Zwangsverschickung nach Australien
(„Oranges and Sunshine“) mit den Misshandlungen dieser Kinder in australischen Heimen.

– in Australien auch noch die Wegnahme von Kindern junger lediger Mütter und Freigabe zur Adoption.

– In Österreich die menschenverachtenden medizinischen Experimente an Heimkindern

– In den Niederlanden der sexuelle Missbrauch und die Zwangskastrationen

– In Deutschland der sexuelle Missbrauch in katholischen Internaten und an der Odenwaldschule

– In Irland die Misshandlungen von Jugendlichen in den Magdalene Laundries

Weitere Skandale im Vereinigten Königreich
Im Laufe der letzten zwei Jahre sind weitere Skandale in Grossbritannien bekannt geworden, bei denen auch wieder in Heimen bzw. psychiatrischen Einrichtungen Untergebrachte Opfer sexuellen Missbrauchs wurden.

Als Täter an erster Stelle ist hier der mittlerweile verstorbene britische Fernsehstar Jimmy Savile zu nennen. Ihm werden mehr als 300 sexuelle Straftaten zur Last gelegt.

Er war nicht der einzige Täter in der staatlichen Medienanstalt British Broadcasting Corporation (BBC), auch die Moderatoren Rolf Harris und Stuart Hall wurden mittlerweile wegen sexuellen Missbrauchs zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt.

Die nun jüngst aufgedeckten Vorwürfe sexuellen Missbrauchs reichen aber wesentlich weiter: in das Parlament, die Polizei und selbst in die Ministerien, entweder als Täter oder als Vertuscher.

Im Zentrum steht der ehemalige, 2010 verstorbene Parlamentsabgeordnete Cyril Smith.
Die Vorwürfe lauten auf sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung.


Cyril Smith

Auch dieser Skandal, war durch Anzeigen bei der Polizei frühzeitig bekannt, und bereits 1979 von einem lokalen Magazin und dann von dem satirischen Magazin „Private Eye“ aufgegriffen und veröffentlicht worden. Unternommen wurde nur Vertuschung, nicht aber Aufklärung.

Schliesslich landeten die Akten beim britischen Inlandsgeheimdienst Mi5. Dort waren sie sicher aufgehoben – sicher vor weiterer Strafverfolgung des Angeschuldigten.

Insgesamt geht die Polizei jetzt 144 Fällen nach, die angeblich Opfer waren. Eines der Opfer, Chris Marshall, zum Zeitpunkt des sexuellen Missbrauchs 8 Jahre alt, behauptete, dass er von einem Opfer wisse, das getötet worden sei. Die Polizei habe angeblich bei der Vertuschung geholfen.

Es soll sich aber nicht allein nur um den Parlamentsabgeordneten Smith gehandelt haben, vielmehr sei es ein ganzer Pädophilen-Ring gewesen. Die Kinder stammten aus der Knowl View residential School, einem Care Home in Rochdale, das Smith mitgegründet hatte.

Regierungsmitglieder sollen auch in den Elm Guest House child abuse scandal verwickelt sein. Auch hier wieder der sexuelle Missbrauch und die Vergewaltigung von Minderjährigen. Die Kinder und Jugendlichen stammten offenbar aus dem Grafton Close Children’s Home in Richmond.

Die Polizei ermittelt endlich (Operations Fairchild, Fernbridge und Fairbank ) Auch hier gab es frühzeitig Hinweise, die Akten sind jedoch verschwunden.

Der Labour Abgeordnete Tom Watson sprach im Parlament von einem „powerful paedophile network linked to Parliament and No 10 Downing Street“.

Die Polizei arbeitet sich erst einmal durch die unaufgeklärten Vermisstenanzeigen von 200 Kindern, weil weitere Tötungen befürchtet werden (Operation Midland).

Kinderonkologe missbraucht krebskranke Kinder
Schliesslich sei auch noch der Skandal um den Kinderonkologen Dr. Myles Bradbury, leitender Arzt am Universitätskrankenhaus Addenbrooke in Oxford, erwähnt, der im vergangenen Jahr wegen sexuellem Missbrauch seiner Patienten im Alter von 8 bis 17 Jahren, über einen Zeitraum von 4 1/2 Jahren, zu einer Gefängnisstrafe von 22 Jahren verurteilt wurde.


Skandal in Belgien

Auch in Belgien gab es einen ähnlichen Skandal : der Mörder Marc Dutroux. Dutroux trieb in den 80er und 90er Jahren sein mörderisches Unwesen.. Der Prozess gegen ihn wurde immer wieder verschleppt, obgleich die Beweise klar auf der Hand lagen.

Dutroux behauptete, Teil eines internationalen Pädophilen-Netzwerks gewesen zu sein. In der belgischen Öffentlichkeit wurde vermutet, die Prozessverschleppung sei das Resultat der Involvierung von Mitgliedern der Polizei und Regierungsbeamten.

Schöne zivilisierte Welt

Neugeborenen-Wegnahme in Australien und späte Entschuldigung der Regierung
Menschenversuche, Zwangsadoptionen und Zwangskastrationen: Schreckensberichte aus der „zivilisierten Welt“ mehren sich
Irische Regierung akzeptiert staatliche Mitschuld bei der Versklavung und Zwangsarbeit von rund 30.000 irischen Frauen in den Jahren 1922 – 1996
Verdingkinder – Oder: Wie die Schweiz Kinder ihren Eltern wegnahm und versklavte
Oranges and Sunshine – oder: verlorene Kindheit. Schockierende Kinderemigration aus England

Zu den Missbrauchsfällen in Deutschland
Die Presse und die Missbrauchsfälle in Schulen und Internaten

Zum Fall Savile
Britische Medienanstalt BBC gerät durch Missbrauchsskandal ins Zwielicht

Grossbritannien

Eine Totenfeier in London und ein fehlgeschlagener Coup in Afrika

Dr. Alexander von Paleske — 18.4. 2013 —

Gestern fand die grosse Totenfeier für die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher statt. Seit dem Tode von Winston Churchill im Jahre 1965 gab es kein solches Aufhebens um das Ableben eines britischen Regierungschefs / chefin.


Gestern in London. Screenshot: Dr. v. Paleske

Land gespalten
Während Wiston Churchill aber das Land hinter sich vereinigte, und es durch den Krieg mit Hitler-Deutschland führte – in der Anfangszeit, vor dem Angriff Hitlers auf die Sowjetunion und Japans auf Pearl Harbour auf sich allein gestellt – kann die „eiserne Lady für sich in Anspruch nehmen, das Land tief gespalten zu haben.


Margaret Thatcher ……spaltete

Krieg um Falkland-Inseln
Nicht nur ihre Wirtschaftspolitik spaltete das Land, auch der Krieg gegen Argentinien um die Rückeroberung der Falkland-Inseln 1982, die ganz zweifellos nicht zu Grossbritannien, sondern zu Argentinien gehören.

Die Auseinandersetzung darum kocht gerade wieder hoch, insbesondere im Hinblick auf reiche Erdölvorkommen, die um die Inseln vermutet werden, und die Grossbritannien natürlich für sich beansprucht.

Afrikanische „Terroristen“
Unvergessen sind – insbesondere hier in Afrika – Thatchers 1987 gemachte Bemerkungen über den ANC, die heutige Regierungspartei Südafrikas, und Nelson Mandela:

‚The ANC is a typical terrorist organisation … Anyone who thinks it is going to run the government in South Africa is living in cloud-cuckoo land‘

Gerade mal 9 Jahre danach war Mandela, nun Staatspräsident Südafrikas, eingeladen, vor beiden Häusern des Parlaments zu sprechen, eine nur selten gewährte Ehre gegenüber dem Weltstaatsmann. Aber da war Margaret Thatcher ja auch schon 6 Jahre ausser Dienst, ihre konservative Partei aber iimmer noch am Ruder.

Neue peinliche Enthüllungen
Rechtzeitig zur Totenfeier enthüllte die angesehene britische Tageszeitung Guardian auch noch, dass sie 2003, also lange nach dem Ende ihrer Dienstzeit, den in Planung befindlichen Putschversuch im ölreichen Äquatorial Guinea absegnete. An diesem Unternehmen beteiligte sich auch ihr missratener Sohn, Sir Mark Thatcher.


Mark Thatcher während der Trauerfeier. Screenshot: Dr. v. Paleske

Der Putschversuch , in den offenbar auch eine deutsche Luftfrachtfirma namens ACL tief verwickelt war – vermutlich war auch der Bundesnachrichtendienst (BND) zumindest informiert – wir berichteten mehrfach darüber, scheiterte bekanntlich.

Ihr Sohn Mark Thatcher wurde in Südafrika verhaftet und in Kapstadt vor Gericht gestellt.

Maggies liebstes Kind drohte nun die Auslieferung nach Äquatorial Guinea, einer Reise ohne sichere Rückfahrkarte.

Nicht nach Malabo
Da machte sich die „Eiserne Lady“ auf, und bat den Ex-Präsidenten Nelson Mandela um Vermittlung. So kam dann Mark gegen eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und Zahlung von umgerechnet 300.000 Euro frei, die Mutter Maggie an die Justizkasse in Kapstadt überwies.

Damit blieb ihrem Sohnemann ein Aufenthalt im berüchtigten Black Beach Gefängnis in der Hauptstadt Äquatorial Guineas, Malabo, erspart, wo bereits ein deutscher Mit-Putschist verstorben war.

Simon Mann büsste und wollte auspacken
Der Kopf der Putschistenbande und Ex SAS Mann, Simon Mann, besass keinen derart prominenten Fürsprecher, und wurde deshalb nach einem vierjährigen Gefängnisaufenthalt in Zimbabwe nach Malabo verfrachtet.

Simon Mann, mittlerweile begnadigt und in Freiheit wollte diese Billigung des Putsches durch Lady Thatcher in seinem Buch „Cry Havoc“ enthüllen, aber sein Verleger legte sich quer. Der wollte diese schwarzen Flecken auf Maggies ach so weisser Weste nicht dulden. Nun fanden sie aber trotzdem ihren Weg über die britische Presse an die Öffentlichkeit.


Simon Mann und sein Söldner-Tagebuch …….Verleger legte sich quer.

Schadenfreude unangebracht
Kein Grund zur Schadenfreude, denn bis heute haben die hessischen Justizbehörden die deutsche Beteiligung am Putschversuch nicht aufgeklärt, trotz diverser Dienstaufsichtsbeschwerden des Verfassers.

Die letzte Nachricht der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt (M) vm 4.1. 2013 in dieser Sache hat folgenden Wortlaut:

From: Andreas.Heymann@gsta.justiz.hessen.de [Andreas.Heymann@gsta.justiz.hessen.de]
Sent: 1/4/2013 7:37:36 PM
To: avpaleske@botsnet.bw [avpaleske@botsnet.bw]
Subject: Ermittlungsverfahren 1070 Js 21264/08 der Staatsanwaltschaft Darmstadt gegen Thomas Rinnert

Sehr geehrter Herr Dr. von Paleske,
nach dem Eingang Ihrer E-Mail sind die Akten der Staatsanwaltschaften Darmstadt und Frankfurt a. M. angefordert
worden. Eine Entscheidung über die Fortführung der Ermittlungen wird voraussichtlich Mitte Januar erfolgen.
Die Bearbeitung hat sich wegen zahlreicher Vertretungen und vordringlicher Haft- und Unterbringungssachen verzögert, wofür ich um Entschuldigung bitte.

Mit freundlichen Grüßen
Heymann
Oberstaatsanwalt
Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt a. M.
Zeil 42
60313 Frankfurt a. M.
Tel. 069-1367-2231 (Sekretariat III)
Fax 069-1367-6496
– Az. 3 Zs 2295/08 –

Von einer „Entscheidung“ habe ich natürlich bis heute nichts gehört. Der Putschversuch fand ja auch „erst“ am 4.3. 2004 statt.
Ob das noch unter den Begriff „Die Mühlen der Justiz mahlen langsam“ fällt ist allerdings zweifelhaft. Hier möchte man eher von einem „Mühlenstillstand“ sprechen.

Zum Coup in Aequatorial Guinea:
Der Wonga Coup
Cry Havoc – Ein Chefsöldner packt aus und belastet auch die deutsche Beteiligungsschiene
Ein Putschversuch in Afrika und ein juristisches Nachspiel in Hessen
Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft ohne Verfolgungswillen bei Fall von internationalem Terrorismus

linkGasmasken, Giftgas und Milliardenbetrug – auf den Spuren des Moshe Regev

Grossbritannien

Grossbritannien: Zahltag für eine entführte Familie, die zur Folter freigegeben worden war

Dr. Alexander von Paleske —- 13.12. 2012 —
Es handelt sich um finsterstes Mittelalter, aber das staatliche Verbrechen der Entführung und Auslieferung einer gesamten Familie zur „Folter frei“ fand nach der Jahrtausendwende statt.

Sami al Saadi, libyscher Oppositionspolitiker
Der war nach Hongkong geflüchtet, um den Häschern Gaddafis zu entkommen.


Sami al-Saadi – Screenshot: Dr. v. Paleske

Die britische Regierung unter Tony Blair sah in ihm offenbar keinen politischen Flüchtling, der schutzbedürftig war, sondern ein überaus nützliches „Geschenk“ für Gaddafi, um die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Wüstenzeltbewohner zu verbessern.

Entführung und Millionengeschäfte
In einem FAX des US Geheimdienstes CIA an die Libyer, gefunden nach dem Sturz Gaddafis im Gebäude des ehemaligen Geheimdienstchefs Moussa Koussa, wird grosses Interesse bekundet, an der offenbar bereits geplanten Entführung al-Saadis beteiligt zu werden.

Zwei Tage nach dem Absetzen des Faxes reiste Tony Blair im März 2004 nach Libyen, um Gaddafi seine Aufwartung zu machen.

Die Libyer gaben während des Blair-Besuches die erfreuliche Nachricht bekannt, dass ein Explorationsdeal zur Gasausbeutung im Werte von 550 Millionen Dollar mit der britisch-holländischen Firma Shell perfekt gemacht worden sei.

Ein Geschäft auf Gegenseitigkeit: Gas gegen Geld. Zusätzlich zur „Geschäftsklimaverbesserung“ auch noch Menschenhandel: Wir liefern Dir, Gaddafi, Oppositionelle samt Familie zum Einkerkern und Foltern..

Zwei Tage später wurde al-Saadi samt Ehefrau und vier Kindern im Alter zwischen 6 und 14 Jahren in Hongkong von Agenten des britischen Auslandsgeheimdienstes Mi6 und des CIA, in Zusammenarbeit mit den Behörden Hongkongs in ein Flugzeug gepackt, und nach Libyen verfrachtet. Das Flugzeug war in den Malediven gechartert worden. Weitere Details siehe hier

Unterwegs, in Bangkok während einer Zwischenlandung, stiegen libysche Agenten dazu.

Endstation: Gaddafis Foltergefängnis Abu Salim
Die gesamte Familie landete im berüchtigten Abu Salim Gefängnis nahe Tripolis, wo im Juni 1996 insgesamt 1270 Oppositionelle auf Gaddafis Befehl ermordet worden waren.
Unter den Getöteten waren auch die Brüder al-Saadis, Mohammed und Adel.

Al-Saadi verbrachte die nächsten 6 Jahre im Abu Salim Gefängnis, immer wieder mit Elektroschocks gefoltert. Seine Frau und die Kinder wurden nach zwei Monaten entlassen.

Der Sturz Gaddafis brachte auch al-Saadi die Freiheit, auch die Freiheit, die für die seinerzeitige Entführung Verantwortlichen, also den britischen Auslandsgeheimdienst Mi6, den Inlandsgeheimdienst Mi5 und das britische Innenministerium zu verklagen.

Klage in London
Al Saadi zögerte nicht lange und klagte vor dem High Court in London auf Schadenersatz . Ein Prozess, in dem peinliche Details ausgebreitet worden wären.

Tony Blair, und sein damaliger Aussenminister Jack Straw, behaupteten bereits im Vorfeld, von nichts gewusst zu haben.
Eine ganz offensichtliche Lüge, denn der seinerzeitige Mi6-Chef, Sir Richard Dearlove, hatte sofort klargestellt, dass derartige Entscheidungen nicht selbstherrlich von den Geheimdiensten getroffen werden können, sondern auf höchster politischer Ebene abgesegnet werden müssen.

Ein Unterwerfungsvergleich
Nun wurde der Prozess durch einen Vergleich beendet: Die britische Regierung zahlt, ohne Anerkennung einer Verantwortlichkeit, umgerechnet 2,72 Millionen Euro plus Gerichts- und Anwaltskosten..

In Deutschland nennt man so etwas einen Unterwerfungsvergleich, wenn nämlich die Verurteilung gewiss ist, also de facto doch ein Schuldanerkenntnis.

Ein besonders finsteres Kapitel kriminellen britischen Regierungshandelns wird durch einen Scheck im Fall al-Saadis zum Abschluss gebracht.

Ein weiterer Prozess läuft noch: der des libyschen Gaddafi-Opponenten Abdel Hakim Belhaj.
Auch der war entführt und an Gaddafi ausgeliefert worden. An den Folterbefragungen im berüchtigten Abu Salim Gefängnis beteiligte sich offenbar auch der Bundesnachrichtendienst, wir berichteten darüber.
Es ist zu erwarten, dass auch in diesem Fall die britische Regierung einen Scheck anbieten wird – ohne Anerkennung einer Verantwortlichkeit versteht sich..

Tony Blairs und Muammar Gaddafis Menschenhandel geht vor Gericht
Libyen: Rebellenkommandeur beschuldigt Bundesnachrichtendeinst (BND) an Folterbefragungen beteiligt gewesen zu sein
Auslieferung und Folter: Wie Mi6 und CIA mit Gaddafi zusammenarbeiteten

Folter wird zum “Normalfall” oder: Zurück ins Mittelalter
Schweigen um die Morde an vier Deutschen in Djibouti
Libyen: Gaddafi lässt schiessen – die Ausbildung besorgte auch Deutschland
Heimkehr eines Attentäters, Libyens Staatschef Gaddafi und das deutsche Auswärtige Amt

Grossbritannien

Drei Skandale: Die britische BBC ruiniert sich selbst

Dr. Alexander von Paleske — 19.11. 2012 —
Die britische Broadcasting Corporation (BBC), staatlich, und durch Gebühren finanziert, gehört zu den am meisten vertrauten Medien weltweit.

Erstklassiger Journalismus über Jahrzehnte
Erworben wurde diese Reputation über Jahrzehnte durch erstklassigen, unabhängigen, investigativen und hochinformativen Journalismus.

Zunächst über sein – auch über Kurzwelle international verbreitetes – Rundfunkprogramm.

Während des zweiten Weltkriegs wurden die BBC- Nachrichten für diejenigen, die der Nazi-Propaganda misstrauten, mit Hilfe der Volksempfänger (Goebbelsschnauze) zur vertrauenswürdigen Informationsquelle. Einer gefährlichen allerdings, denn die Nazis verhängten schwere Strafen, bis hin zur Todesstrafe, für das Abhören von „Feindsendern“.

Auch afrikanische Befreiungskämpfer
Später, in der Zeit der afrikanischen Befreiungsbewegungen, bezogen die Befreiungskämpfer ihre Informationen nicht selten von der BBC, insbesondere über die Sendung „Focus on Africa“.


Vertrauen durch hochprofessionellen Journalismus

Das Bezahl-Satellitenfernsehen eingeführt Mitte der 90er Jahre in Afrika, brachte Mitte der 90er Jahre BBC World in die afrikanischen Haushalte – für diejenigen, die sich die die monatlichen Gebühren leisten konnten -machte auch die Nachrichtenkanäle CNN, BBC international und mit einigem Abstand auch die Deutsche Welle zur geschätzten Info-Quelle, während die jeweiligen Staatsfernsehen oft genug krude Propaganda ausstreuten. Später kam dann noch Al Jazeera aus Katar hinzu.

Wärend CNN sich durch aggressive Moderatoren wie Christiane Amanpour, Becky Anderson und den exzentrischen Richard Quest auszeichnet, viele Features als Info-Häppchen präsentiert werden, der russische Kanal RT (Russia Today) eine Mixtur von Wahrheit und Dichtung ist, bleibt BBC World – trotz unzureichender Mittelausstattung – nach wie vor die am meisten international vertraute Infoquelle, dessen Moderatoren wie Zeinab Badawi und George Alagiah sich wohltuend von denen des CNN absetzen.

Al Jazeera
Mittlerweile hat sich Al Jazeera International zu einem ebenbürtigen hochinformativem Nachrichtenkanal gemausert, mit in die Tiefe gehenden längeren Nachrichten und Reportagen.

Keine Überraschung, da viele der Moderatoren von der BBC abgeworben wurden, die journalistische Professionalität dort etablierten.

Die Deutsche Welle hingegen, einstmals über diverse Kurzwellenprogramme international verbreitet, hat sich, nach drastischen Mittelkürzungen, mittlerweile aus dem Kurzwellenbereich verabschiedet, und ist international nur noch im Fernsehen – mittlerweile mit deutlich verwässertem Programm – und im Internet präsent. Und damit für die Masse der afrikanischen Landbevölkerung tot .

Vertrauenskapital bedroht
Das enorme Vertrauenskapital der BBC, sowohl national wie international, droht nun durch gleich mehrere Skandale erheblich in Mitleidenschaft gezogen zu werden.
Insgesamt nicht weniger als drei Skandale erschütterten die BBC im Laufe von weniger als drei Monaten.

1. Der Jimmy Savile Skandal: ein pädophiler, mittlerweile verstorbener äusserst populärer BBC Moderator / Presenter, hatte offenbar über Jahrzehnte Hunderte von Kindern und Jugendlichen sexuell missbraucht.


Jimmy Savile ….Hunderte von Opfern

2. Der Skandal um die Absetzung einer BBC-Sendung (Newsnight), die diesen Skandal öffentlich machen wollte, wir berichteten ausführlich darüber

.
3. Schliesslich, als die BBC nun den gesamten Skandal und weitere Beteiligte öffentlich machen wollte: die falschen Anschuldigungen gegen einen Lord McAlpine, dem die BBC grundlos Pädophilie und Sexualmissbrauch nachsagte..

Der Generaldirektor George Entwistle musste – nach nur 54 Tagen im Amt – seinen Job quittieren.
Allerdings fiel er weich, durch einen goldenen Handschlag in Höhe von umgerechnet rund 1,5 Millionen Euro, abgesegnet durch Lord Patten, einst Gouverneur von Hongkong, dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats der BBC.

Ein weiterer kleiner Skandal, wenn man so will.

Immer schon ein Dorn im Auge
Die unabhängige Info der BBC war schon öfter ein Dorn im Auge von britischen Regierungen, einschliesslich Margaret Thatcher und des Labour-Premiers Tony Blair, die vergeblich versuchten, die BBC an die kurze Leine zu legen und ausserdem drastische Mittelkürzungen durchzusetzen.

Jedoch: Diese Angriffe auf die BBC machten die Medienanstalt eher stärker …bis die BBC selbst die Axt anlegte.

Was Aussenstehende nicht schafften, das hat die BBC nun geschafft: Die Teil-Selbstdemontage.

Keine gute Nachricht.

Britische Medienanstalt BBC gerät durch Missbrauchsskandal ins Zwielicht

Grossbritannien

Britische Medienanstalt BBC gerät durch Missbrauchsskandal ins Zwielicht

Dr. Alexander von Paleske — 21.10. 2012 —
Es ist ein Skandal, der zur Zeit die hochangesehene staatliche britische Rundfunk- und Fernsehgesellschaft BBC (British Broadcasting Corporation) erschüttert. Ein Skandal, der unter den Teppich gekehrt werden sollte, und nun mit voller Wucht die Reputation der BBC beschädigt.

Ein Moderator namens Jimmy Savile
Ein Skandal, in den ein ehemaliger prominenter Moderator der BBC namens Jimmy Savile verwickelt war, vor einem Jahr im Alter von 84 Jahren verstorben, von der britischen Königin 1990 in den Adelsstand erhoben, und der offenbar jahrzehntelang Minderjährige im Alter zwischen 13 und 16 Jahren sexuell missbraucht hatte.


Jimmy Savile …offenbar jahrzehntelang Minderjährige sexuell missbraucht. Screenshot: Dr. v. Paleske

Aus eins mach zwei
Es handelt sich tatsächlich aber um zwei Skandale. Denn die Art und Weise, wie die BBC, aber auch die Polizei, die Infos unterdrückte, die Anschuldigungen nicht weiterverfolgte, hat sich mittlerweile zu einem eigenen Skandal entwickelt.

Aber der Reihe nach
Jimy Savile war jahrzehntelang Disc-Jockey, der die äusserst populäre Rundfunksendung Top of he Pops auf BBC 1 präsentierte. Der auch mithalf, Newcomer der Musikszene zu Popstars zu machen.

Ausserdem moderierte Savile die Fernsehsendung Jim ’ll fix it, in der er Wünsche von jugendlichen Zuschauern erfüllte.

Nach seinem Tode gab es nicht weniger als drei Retrospektiven über ihn in der BBC zu sehen, die insbesondere hervorhoben, wie er durch Wohltätigkeitsveranstaltungen und Spendenaufrufe insgesamt 60 Millionen britische Pfund für kranke Kinder gesammelt hatte.

Und natürlich auch, wie er die Karrieren von neuen Pop-Stars gefördert hatte.

Dunkle Seite
Allerdings gab es offenbar eine ausserordentlich dunkle Seite dieser gefeierten Ikone, der sich gerne mit Zigarre im Mundwinkel zeigte. Diese dunkle Seite leuchtete das Team der BBC-Sendung „Newsnight“ aus.


Jimmy Savile …..Zigarre und dunkle Seite. Screenshot: Dr. v. Paleske

Die investigativen Reporter fanden heraus, dass diese dunkle Seite des Jim Savile darin bestand, junge Mädchen, die sich natürlich danach drängten, ihn kennenzulernen, auf seinen Wohltätigkeitstouren dann in sein Auto einlud.

Am Zielort, nicht selten die Umkleidekabinen der BBC, Savile sie dann offenbar sexuell missbrauchte bis hin zur Vergewaltigung. Aber auch auf jugendliche mental Behinderte hatte er es offenbar abgesehen, wobei ihm der Kontakt zu dieser Zielgruppe durch seine Wohltätigkeitstouren, erleichtert wurde: im Stoke Mandeville Hospital stand ihm sogar ein eigenes Büro zur Verfügung da er nebenberuflich Spenden für staatliche Krankenhäuser sammelte.

Mehr als 300 Beschwerden
Wie Scotland Yard gegenüber der deutschen Ärztezeitung bestätigte, soll er Klinikpatienten und Pflegepersonal sexuell belästigt oder missbraucht haben, insgesamt 300 Beschwerden lägen vor.
10 seiner angeblichen Opfer waren bereit, vor der Kamera auszusagen. Die Sendung war damit fertig zur Ausstrahlung.

Was dann geschah war der Versuch der Verantwortlichen in der BBC, die Ausstrahlung unter allen Umständen zu verhindern.
Motto: Was nicht sein darf auch nicht sein kann.

Zunächst verlangte der BBC-Abteilungsleiter Peter Rippon von den Produzenten der Sendung Nachweise über Strafverfahren gegen Jimmy Savile zu erbringen. Das gelang: Gegen Savile war wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen bereits im Jahre 2007 aufgrund von Anzeigen von Opfern ermittelt worden.

Die Polizei stellte die Ermittlungen jedoch nach Einvernahme von Savile, der alles abstritt, wieder ein. Savile wurde geglaubt, nicht aber den Opfern

Ein weiterer Skandal entwickelt sich
Mit der Begründung, das Strafverfahren sei ja seinerzeit eingestellt worden, verbot Rippon die Ausstrahlung der Newsnight-Sendung.

Dies setzte den zweiten Skandal in Gang, denn die private Konkurrenzanstalt ITV </i>hatte Wind von der Sache bekommen, und strahlte nun Anfang dieses Monats ihrerseits eine Sendung aus, in der die Opfer zu Wort kamen und schwere Beschuldigungen erhoben.

Titel der Sendung:

The other side of Jimmy Savile.

In der Sendung wird auch behauptet, die Verantwortlichen der BBC hätten seit vielen Jahren von dieser dunklen Seite ihres Star-Präsenters gewusst, dessen kriminelle Aktivitäten offenbar bis in die Mitte der 60er Jahre zurückreichen, aber nichts unternommen, sondern offenbar einfach weggeschaut.

Nach Ausstrahlung der Sendung meldeten sich weitere Opfer. Auch sind Gerüchte über angebliche Mittäter aufgetaucht.

Der Skandal erinnert in gewisser Weise an den Missbrauchs-Skandal an der Odenwaldschule. Auch hier waren Medien seinerzeit informiert worden, auch hier wurden die Anschuldigungen nicht weiter verfolgt und offenbar ebenfalls nach der Devise gehandelt: „was nicht sein kann auch nicht sein darf“, wir bericheten darüber.

NACHTRAG 22.10. 2012
Die BBC hat eine hausinterne Untersuchung durch die Investigativreporter von „Panorama“ angesetzt.
Man darf gespannt sein, was an Gülle noch so hochkommt.

Der Abteilungsleiter Rippon ist gestern bereits zurückgetreten..

Die Presse und die Missbrauchsfälle in Schulen und Internaten
Menschenversuche, Zwangsadoptionen und Zwangskastrationen: Schreckensberichte aus der „zivilisierten Welt“ mehren sich

Grossbritannien

Unersättliche Geldgier: Zinsmanipulationen britischer Banker führen zur Krise im Londoner Finanzsektor

Dr. Alexander von Paleske … 3.7. 2012 —
Die Ereignisse überschlagen sich zur Zeit in der Londoner City:
Vergangene Woche verhängten die US- und britischen Finanzaufsichtsbehörden gegen die britische Grossbank Barclays Bussgelder in Höhe von zusammen von 450 Millionen Dollar.

Gestern trat der Aufsichtsratsvorsitzende der Bank, Marcus Agius, zurück.


Gestern zurückgetreten: Marcus Agius. Screenshot: Dr. v. Paleske

Heute folgte der Vorstandsvorsitzende Bob Diamond.

Sein Motto war:

Greed is good – Gier ist gut“

Sein Jahreseinkommen 2011 einschliesslich Bonuszahlungen etc:

27 Millionen US Dollar.

Im Jahr davor (2010):

43 Millionen US Dollar.


Heute zurückgetreten: Bob Diamond. Screenshot: Dr. v. Paleske

Rücktritte kaum das Ende
Das dürfte aber kaum das Ende sein, es handelt sich wohl nur um die Spitze eines Eisbergs, in den wohl weitere britische Grossbanken wie die Royal Bank of Scotland, möglicherweise auch deutsche Banken verwickelt sind

Was steckt dahinter?
Es geht wieder einmal um Geld, um viel Geld. Geld, das durch illegale Zinsmanipulationen gescheffelt wurde, nachdem Wetten auf bestimmte Zinssätze abgeschlossen worden waren, die durch Zinsmanipulationen zu todsicheren Wetten wurden, selbsterfüllende Prophezeiungen.

Es geht also um betrugsähnliche Handlungen im Grossmassstab.

Treibende Kraft: Die schier unersättliche Gier der Banker und Hedgefonds-Manager.

So lief das Spiel
Das ganze Spielchen lief so:
Jeden Morgen Montags bis Freitags teilen einige ausgewählte Grossbanken der Britischen Bankers Association den Zinssatz mit, zu welchem sie von einer anderen Bank Geld leihen werden, für die unterschliedlichsten Zeitspannen von 1 Tag bis zu einem Jahr und für die unterschiedlichsten Währungen.
.
Jeden Tag (Von Montags bis freitags) wird dann um 11 Uhr Ortszeit aus diesen mitgeteilten Zinssätzen der für jeweilige Laufzeit und die jeweilige Währung geltende Durchschnittszinssatz gebildet, LIBOR genannt:. Die London Interbank Offered Rate, die für Finanztransaktionen der Banken dann gilt.

Der Zinssatz gilt primär für den Finanzplatz London, aber da dieser einer der grössten Finanzplätze der Welt ist, an dem auch deutsche Banken wie die Deutsche Bank Transaktionen abwickeln, geht die Bedeutung dieses Zinssatzes weit über London hinaus.

In Europa gibt es den insoweit ähnlichen EURIBOR.

Viele Finanzgeschäfte betroffen
Dieser Zinssatz betrifft eine ganze Reihe von Finanzgeschäften:

– Hypothekendarlehen, soweit sie an den Zinssatz des LIBOR gebunden sind.

– Geschäftskredite

– Privatkredite

– Höhe der Sparzinsen.

Er betrifft aber auch die Bonität einer Bank, denn eine vertrauenswürdige Bank kann zu einem niedrigeren Zinssatz Kredite von anderen Banken bekommen und umgekehrt.
.
Und dieser LIBOR spielt eine wichtige Rolle bei komplexen nationalen und internationalen Finanztransaktionen wie SWAPs, also den Wetten der Investmentbanker.

Da jede der ausgewählten LIBOR-Banken nur für sich selbst den zu zahlenden Zinssatz benennen kann, ergeben erst die (ehrlich) mitgeteilten Zinssätze zusammen den LIBOR.

Höhe des LIBOR
Normalerweise ist dieser LIBOR nur geringfügig höher, als der Leitzinssatz, der von der Zentralbank, in diesem Falle der Bank von England bzw. in Europa von der EZB, festgesetzt wird.

Das trifft aber keineswegs immer zu. So stieg der LIBOR-Zinssatz, getrieben durch das gegenseitige Misstrauen der Banken, im Rahmen der Finanzkrise 2007 deutlicher an, und insbesondere ein Jahr später nach der Lehmann-Pleite, als das gegenseitige Misstrauen einen Höhepunkt erreichte.

Die Banken liehen sich nur noch – wenn überhaupt – gegen deutlich erhöhte Zinssätze Geld. Der LIBOR stieg also deutlich über den normalen Zinssatz, bis es dann zu einem Bailout der Banken mit Staatsgeld kam.

So weit so gut bzw. schlecht.

Weg mit dem Risiko
Banker mögen das Risiko so wenig wie der Teufel das Weihwasser, und was ist schöner als eine Wette, deren Ausgang man beeinflussen kann.

Auf den Libor wurden und werden Wetten im Milliardenmaßstab abgeschlossen, sogenannte Swaps, auch finanzielle Massenvernichtungswaffen genannt.

Was nun passierte ist aus Frühstückskartellen nun allzu gut bekannt als Preisabsprachen.
Nur: hier waren es eben Zinsabsprachen.

Weg mit dem Markt
Barclays-Investmentbanker kontaktierten ehemalige Barclays Mitarbeiter, die mittlerweile bei anderen Banken untergekommen waren, und sprachen sich über den zu meldenden Zinssatz ab, der nichts mehr mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu tun hatte. Manipulation ein anderes Wort dafür.

Und der Rubel aus den Wettgeschäften rollte – in die Taschen von Barclays Investmentabteilung – bis der Schwindel aufflog.

Die E-Mails zwischen den Bankern, die von der britischen Finanzaufsicht FSA sichergestellt wurden, sprechen eine deutliche, nur allzu deutliche Sprache. Daraufhin hagelte es in der vergangenen Woche Bussgeldbescheide aus Grossbritannien, aber auch aus den USA. Summa summarum 450 Millionen US Dollar.

Auch kleine und mittlere Geschäftsleute übers Ohr gehauen
Als wäre das noch nicht rechtswidriges Vorgehen genug:
Genau wie in Deutschland zog die Barclays Bank – und nicht nur sie – Tausenden von kleinen und mitttleren Geschäftsinhabern mit Zinsswaps das Geld aus der Tasche, und das Fell über die Ohren: die britische Grossbank wie ein Hintertreppen-Kredithai.

Das lief so: Geschäftsleuten, die Kredite bei der Bank nachfragten, wurden zur Absicherung Zinsswaps aufgedrängt, deren komplexe Struktur kaum einer der Geschäftsleute verstand, aber sie vertrauten ihrer Bank.

Das war jedoch ein gewaltiger Irrtum, denn bei diesen Zinsswaps gibt es einen Gewinner und einen Verlierer, und der Gewinner ist meistens die Bank.
Die Zahlungen aus den Swaps können die normalen Zinsszahlungen um ein Vielfaches übersteigen. Und auch diese Zinszahlungen werden wieder durch den LIBOR beeinflusst. Wie schön.

Skandalgeschichten
Die Geschichten von Tausenden kleiner und mittlerer Geschäftsleute, die mit diesen SWAP-Geschäften der Barclays Bank und anderer Finanzinstitute in den Ruin oder finanzielle Notlage getrieben wurden, füllen zur Zeit die Spalten der britischen Presse.

Auch in Deutschland
Auch in Deutschland lief diese Chose, an denen sich die Banken, allen voran die Deutsche Bank, eine goldene Nase verdienen wollten.

Opfer waren nicht nur Geschäftsleute, sondern gerade auch notleidende Kommunen, denen dieses „Danaergeschenk“ aufgeschwatzt wurde – bis letztes Jahr der Bundesgerichtshof das Fallbeil auf diese Art von Geschäften sausen liess.

Die Deutsche Bank flog auf die Nase, nicht ohne vorher gegenüber dem Gericht für den Unterliegensfall das Schreckgespenst einer neuen Finanzkrise an die Wand zu malen.

Den Bundesgerichtshof liess das jedoch ungerührt. Er verdonnerte die Deutsche Bank zum Schadensersatz und zur Vertragsauflösung.

Auswirkungen noch nicht abzusehen
Obgleich die deutschen Medien diesen LIBOR-Skandal eher am Rande vermelden, werden die Auswirkungen noch zu spüren sein, auch in Europa, und auch bei deutschen Banken.

Denn Barclays ist vermutlich nur die Spitze eines Eisbergs, andere Banken dürften folgen.


Nur Spitze des Eisbergs? Screenshot: Dr. v. Paleske

Es ist unbeschreiblich, mit welcher Unverfrorenheit, und getrieben von der blanken Gier, die Banker, nachdem sie mit „Staatsknete“ vor dem Zusammenbruch gerettet worden waren, so weitermachten, als sei nichts gewesen.
Bis zum nächsten Mal.

Zur Deutschen Bank und Zinsswaps
Deutsche Bank: „Raubtierkapitalismus“, Staatsknete und rechtswidriges Vorgehen als Geschäftsidee?

Deutsche Bank und CDO’s oder: wie man Schrottpapiere losschlägt und dabei noch einen Riesen-Reibach macht. Drei Beispiele

Deutsche Bank, Anlagemüll und die Zinswetten mit hochverschuldeten Kommunen

Grossbritannien

Medienkrake Rupert Murdoch und die britischen Regierungschefs

Dr. Alexander von Paleske— 26.4. 2012 —
Ein chinesisches Sprichwort sagt: der Fisch stinkt immer zuerst vom Kopf her. Diese Weisheit trifft ganz besonders auf die britischen Regierungschefs zu, welche die Pressefreiheit zur Regierungs-Presseabhängigkeit verdrehten, und ihnen dann nachfolgend die Polizei offenbar kriminell-korrupte Zuträgerdienste an Murdochs Medien, allen voran an die inzwischen eingestellte „News of the World“, leisteten.

Kriminelle Aktionen
Mehrfach haben wir uns bereits mit dem Medienmogul Murdoch beschäftigt, zu dessen Imperium auch der deutsche Bezahlfernesehkanal Sky, vormals Premiere gehört, und dessen (Murdochs) Tintenkulis sich über geltendes Recht hinwegsetzten, als sei es für sie ausser Kraft gesetzt.

So wurden:

– Mobiltelefone gehackt, nicht nur die von Prominenten, sondern auch von Verbrechensopfern und aus afghanistan heimkehrenden Soldaten

– Die Handynummern von der Polizei an von den Murdoch-Medien beauftragte „Klempner“ weitergegeben, welche dann die „Drecksarbeit“ erledigten, und die illegal erzielten Infos gegen Bares an Murdochs Medien weiterleiteten

So haben:

– Hohe Polizeioffiziere von Scotland Yard – gegen Bares oder schöne kostenlose Urlaube – nicht nur interessante Infos weitergegeben, sondern eine ausserordentlich enge Zusammenarbeit mit Rupert Murdochs Statthaltern gepflegt. Korruption ein anderes Wort dafür.

Pressemacht verhinderte Einschreiten
Kein halbwegs anständiger Gesetzeshüter wagte es offenbar, dagegen einzuschreiten, bzw. diesen Sumpf trockenzulegen, weil es entweder als aussichtslos, oder sogar als gefährlich, zumindest aber karriereschädlich angesehen wurde, sich mit den Tintenkulis des Medienkraken anzulegen.

Als die unabhängige britische Zeitung „Guardian“ schliesslich den Skandal offenlegte, da stritten Rupert Murdochs Statthalter, an vorderster Front Rebekah Brooks und Murdoch-Sohn James jegliche Kenntnis über die kriminellen Machenschaften ab, obwohl die Indizien dagegen sprachen, insbesondere die Inhalte einer Unzahl von sichergestellten E-Mails.


Rebekah Brooks, Murdochs Statthalterin in Grossbritannien ….wusste angeblich von nichts. – Screenshot: Dr. v. Paleske

Fisch stinkt vom Kopf her
Aber der Fisch stinkt bekanntlich zuerst vom Kopf her, denn Murdoch selbst war häufiger und ausserordentlich gern gesehener Gast aller britischen Premiers: ob es Margaret Thatcher von den Konservativen, oder insbesondere Tony Blair von der Labour Party war: Alle wussten, dass es sich lohnt mit dem Pressemogul sich gutzustellen, um so eine „gute Presse“ zu haben. Rückenwind statt Gegenwind.

Eine Perversion der Pressefreiheit und der Aufgabe der Presse als „Vierter Gewalt“ im demokratischen Staat.

Jeder britische Premier wusste, dass es nahezu unmöglich schien, gegen die geballte Meinungs- Macht von Murdochs Medien einen Wahlkampf mit Aussicht auf Erfolg zu führen.

Kein Wahlerfolg gegen Murdochs Medien
Wer erst einmal das Trommelfeuer der Murdoch-Presse mit dem Flaggschiffen Sun und News oft the World auf sich gezogen hatte, der konnte seine Siegeshoffnungen begraben.

Wobei es eigentlich nur zwei Politiker gab, die Murdoch wirklich respektierte: Margaret Thatcher und US-Präsident Ronald Reagan. Der Rest waren für ihn eher „Tempo-Taschentücher“ die man „benutzte“ und nach Gebrauch fallenliess.

Murdochs Geschichten
Gestern nun stand der 81-jährige Rupert Murdoch in der Leveson Untersuchungskommission Rede und Antwort.


Rupert und James Murdoch vor einer Untersuchungskommission.
Screenshot Dr. v. Paleske

Die Kommission hatte der unter Druck geratene Premier David Cameron auf dem Höhepunkt der Medienkrise im September 2011 eingesetzt, nachdem es bereits zuvor bereits jede Menge Rücktritte sowohl bei der Polizei, als auch in Murdochs-Medienreich gegeben hatte, wir berichteten darüber.

Der nächste Rücktrittskandidat ist nun offenbar der Kultusminister Jeremy Hunt. Auch er pflegte enge Kontakte mit Murdoch, und hatte gleichzeitig darüber zu entscheiden, ob Murdoch den sehr lukrativen Bezahlkanal BSkyB ganz übernehmen darf, bisher hält er rund 30% der Anteile.

Die Kommission wollte nun von Murdoch wissen, ob er jemals Premiers um etwas gebeten bzw. von ihnen erhalten habe – gegen eine gute Presse.


Rupert Murdoch vor der Leveson Kommission
……bezahlte angeblich nie, an niemanden, und für nichts.
Screenshot: Dr. v. Paleske

Gemütlicher Meinungsaustausch
Die Frage ist erstaunlich, denn Rupert Murdoch brauchte seine Anliegen gar nicht vorbringen, das hatten entweder seine Tintenkulis mit ihren Artikeln in dessen Medien längst getan, oder es war offensichtlich, wie bei Genehmigung der Übernahme der altehrwürdigen Times zur Regierungszeit Margaret Thatchers.

Die Treffen dienten wohl eher dem Zweck, sich auszutauschen und zu erfahren, was der oder die so denkt, und was ich davon halte. Pflege der Freundschaft und gegenseitige Bestätigung sozusagen.

Und so wies mit grosser Gelassenheit Murdoch alle Unterstellungen zurück, er habe bei seinen Besuchen in 10, Downing Street, dem Sitz des britischen Premiers, den er meist durch die Hintertür betrat, „Geschäfte“ – welcher Art auch immer – abgeschlossen.

Zitat:

“I have never asked anybody for anything”

Mehr noch: Nicht er habe sich den jeweiligen Premiers aufgedrängt, sondern umgekehrt: die Premiers legten Wert auf die Besuche und telefonierten angeblich häufig mit ihm.

Verhöhnung von Demokratie und Rechtsstaat
Mit den von allen Premiers aus purer Angst vor schlechter Presse offenbar nicht nur geduldeten sondern gesuchten Kontakten, Telefonaten und Besuchen verhöhnten die britischen Premiers nicht nur demokratische Prinzipien, sondern Murdoch mit den rechtswidrigen Aktionen seiner Medien schliesslich auch noch den Rechtssaat.

Es wird sich zeigen, ob der direkte Einfluss Murdochs auf die Regierung nun anhaltend zurückgehen wird.

Die von Murdoch angestrebte komplette Übernahme von BSkyB dürfte jedenfalls nicht nur auf kurze Sicht eine Fata Morgana bleiben.

Kein Grund zum Nase rümpfen
Es gibt allerdings keinen Grund, in Deutschland über diese Zustände die Nase zu rümpfen: der Pressezar Axel Springer ((BILD, Bild am Sonntag, Welt, Welt am Sonntag und noch einiges mehr), der Anfang der 80er Jahre sein Medienimperium an Murdoch verkaufen wollte, übte in der Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis zu seinem Tode 1985 eine ähnliche meinungsbeeinflussende Wirkung aus, versuchte seine Überzeugungen mit Hilfe seiner Medien unter das Volk zu bringen, bekämpfte die auf Entspannung setzende Ostpolitik Willy Brandts, und schoss aus allen (Medien-) Rohren auf der 68er Studentenbewegung.

Und deutsche Regierungschefs hüteten und hüten sich, die Bildzeitung zum Feinde zu machen. Auch SPD-Kanzler Schröder gab ihr gerne Interviews.

Und dass Angela Merkel mit der Springer-Witwe und -Erbin Elfriede befreundet ist, dürfte ihr kaum zum publizistischen Nachteil gereichen.

Zu Rupert Murdoch
Rupert Murdoch – Citizen Kane in der Aera der Globalisierung
Rettet Rupert Murdoch den guten Journalismus?
Murdoch, Huffington-Post und das Wikipedia-Prinzip
Umsonst ist nicht angemessen? – oder: Ist das Zeitungssterben aufzuhalten?
Botschaft eines Kraken aus der Medienwelt.
Rupert Murdoch bläst zum Angriff auf Obama
Die Rache der Sarah Palin

Zum Medienskandal
Murdoch-Medien-Skandal: Mea Culpa – aber ich bin unschuldig.

Murdoch-Presse-Abhör-Skandal: Verhaftung von Rebekah Brooks, Rücktritt des Londoner Polizeichefs
Murdochs Medien-Imperium wankt: FBI ermittelt, saudischer Prinz feuert Rebekah Brooks
Rupert Murdoch – das politische Spiel des „Citizen Kane“ in Grossbritannien ist vorbei
Rupert Murdoch: Der Abstieg seines Empires hat schon begonnen

Grossbritannien – Rupert Murdochs Presse ohne (Scham-) Grenzen. Oder: Wenn die „Vierte Gewalt“ zum Hooligan wird

Grossbritannien

Gerichtstag in London: Russlands Präsident Putins gegenwärtige und verflossene Freunde kämpfen gegeneinander

Dr. Alexander von Paleske 14.11. 2011 —
In London findet zur Zeit ein Prozess statt, in dem zwei russische Tycoons, beides Milliardäre, gegeneinander antreten. Milliardäre, die aus dem Nichts kamen, und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion es geschafft hatten, sich – dank politischer Verbindungen – lukrative Staatsbetriebe unter den Nagel zu reissen und damit stinkreich zu werden.

Wer bekommt die Milliarden?
In dem Prozess geht es um nicht weniger als 5 Milliarden britische Pfund.

Einstmals waren die beiden Kampfhähne unzertrennlich, und ergänzten sich hervorragend. Der eine sorgte dafür, dass die Politik, günstig gestimmt, Freundschaften (Druschba) hergestellt wurden, die Raffke- Feldzüge erst ermöglichten bzw. tolerierten.
Der andere organisierte dann deren praktische Durchführung.

Der erste Spitzenpolitiker mit dem man sich gutstellte war der Präsident und Trunkenbold Boris Jelzin.


Beresovski bei Jelzin. Screenshot: Dr. v. Paleske.

Dann dessen Nachfolger Wladimir Putin (lupenreiner Demokrat, Ex Kanzler Gerhard Schröder über seinen Duz-Freund Putin).


Wladimir Putin ….. lupenreiner Demokrat?
Screenshot: Dr. v. Paleske

Es handelt sich um die Herren Roman Abramovich
und Boris Beresowski.


Boris Beresovski (l) und Roman Abramovich (r) ….einstmals dicke Freunde. Screenshot: Dr. v. Paleske

Abramovich kam sozusagen aus dem Nichts, war ein kleiner Ölhändler, als er auf Beresovski , Spross einer Akademikerfamilie, traf, der ihn unter seine Fittiche nahm und dann mit ihm den Plan auskochte: bei der Auktion einer Ölraffinerie plus Ölfirma den Zuschlag zu bekommen. Nicht etwa über ordnungsgemässes Mitbieten, sondern über politische Verbindungen. Die besass Beresovski satt, und machte im weiteren Verlauf auch Abramovich, seinen „Ziehsohn“, mit den neuen Zaren im Kreml bekannt.

Schmieren tut not
In Russland liefen und laufen derartige Geschäfte nur optimal, wenn nach der Devise vorgegangen wurde (wird): „Wer gut schmiert, der gut fährt“..

Abramovich und Beresovski sind mit ihrer Firma Sibneft offenbar durch Schmieren hervorragend gefahren, eigentlich immer im 5. Gang. Jedenfalls solange sie der Politikerkaste, insbesondere Putin, nicht in die Quere kamen, ihm vielmehr mit Rat und Tat, vor allem Geld, zur Seite standen..

Der Auktionsschwindel mit der Ölraffinerie- und firma machte beide reich, steinreich, und so riss man sich noch mehr unter den Nagel.


Unter den Nagel gerissen: Russische Ölraffinerie. Screenshot: Dr. v. Paleske

Durch allerlei Transaktionen gelang es offenbar auch noch, grosse Beträge an der Steuer vorbei und auf ausländische Konten zu transferieren.

Beresovski flog nur noch in Privatjets und Abramovich zahlte gerne für diesen und anderen Luxus.

Diese Symbiose, oder sollte man besser sagen: gegenseitiges Schmarotzertum, und Putin unsichtbar mit dabei, ging bis zum Jahre 2000 gut. Ertragreich für alle Beteiligten.

Wehe wehe, wen ich kritisieren sehe…
Wer sich allerdings nicht an die Putin-Benimm-Regeln hält, es vielmehr wagt, Putin zu kritisieren, oder – noch schlimmer – politisch in Opposition zu ihm zu gehen, den trifft die volle Wucht des Putinschen „privaten Strafgesetzbuchs“..

Nicht nur sein zusammengerafftes ehemaliges Staatsvermögen droht der „Verräter“ zu verlieren, vielmehr warten auf ihn die sehr mittelalterlichen russischen Gefängnisse, in denen vor allem die Tuberkulose grassiert, und ohne Bestechung von Beamten oder Mitgefangenen man dort ein sehr unbequemes und hochgefährliches Dasein fristet.

So geschehen mit Michail Chodorkowski.

Der war einst Besitzer der Firma Yukos, besass die „Frechheit“ gegen Putin politisch anzutreten, und wanderte prompt wegen angeblicher Steuerhinterziehung ins Gefängnis, wobei Teile des Belastungsmaterials angeblich aus einer „Geschenkpackung“ des Putin-Freundes Gerhard Schröder stammten.

Geschnürt worden war die Geschenkpachung angeblich vom deutschen Bundesnachrichtendienst (BND), der Inhalt von einem ehemaligen Angestellten der Deutsche Börse-Tochter Cedel, jetzt Clearstream namens Ernest Backes angeliefert, wir berichteten darüber..

Ein Geschenk, sozusagen vom lupenreinem Demokraten an lupenreinen Demokraten. Wie schön.

Gelegentlich endet aber eine solche Gegnerschaft nicht im Gefängnis, sondern im Jenseits, so geschehen mit Alexander Litvinenko, dem ein radioaktiver Trank gereicht worden war.


Litvinenko kurz vor seinem Tode

So geschehen mit einigen Journalisten z.B. Anna Politkowskaja,


Anna Politkowskaja

und einem Menschenrechtsanwalt, der plötzlich im Gefängnis „verstarb“.

Faible für ein Königreich
Beiden, Abramovich und Beresovski, ist gemeinsam, dass sie ein Faible für das Vereinigte Königreich entwickelten, wo sie sich allerdings zur Zeit nur mit Bodyguards auf die Strasse trauen.

Beiden gemeinsam ist, dass sie ihr zusammengerafftes Vermögen und die daraus resultierenden Einkünfte nach Abzug der Steuern und Bestechungsgelder (Krysha) gerne in Grossbritannien und auf Inseln, wo Briefkastenfirmen zu Hause sind, investierten.

Abramovich kaufte ausserdem den FC Chelsea, britischer Traditions-Fussbalclub, meistens in der 1. Liga des Königreichs anzutreffen, mit Abramovich auf der VIP Tribüne. Zwar versteht dieser Herr kaum ein Wort Englisch, aber das braucht man beim Fussballspiel ja auch nicht. Anfeuern kann man ja notfalls auch auf russisch.

Dann jedoch wagte es Beresowski im Jahre 2000 über seinen TV Kanal ORT den Zaren Putin heftig zu kritisieren, und zwar im Zusammenhang mit den Rettungsbemühungen um das gesunkene russische Atom-Unterseeboot Kursk.

Damit hatte er eine schwere Majestätsbeleidigung begangen, und musste natürlich dafür bestraft werden. Beresowski flüchtete aus Moskau, suchte und fand Unterschlupf im Vereinigten Königreich Grossbritannien.

Abramovich, der weiter mit Putin Freundschaft pflegte, zahlte Beresovski für dessen Anteile an der Ölfirma Sibneft 1,3 Milliarden, angeblich ein Schnäppchenpreis unter Zwang, und stellte fortan alle Zahlungen an Beresovski ein. Das schmerzte Beresowski wiederum und der klagte nun in London gegen Abramovich. Streitwert: schlappe 5 Milliarden Pfund.

Da Abramovich aber in Russland lebt, immer noch dicke mit Putin befreundet, für den er sogar einmal den Gouverneur in der Elch-Provinz Chukotka machte, konnte ihm Beresovski die Klageschrift nicht zustellen – bis er Abramovich eines schönen Tages auf einer Oberschicht-Einkaufsmeile in London per Zufall traf.

Beresovski hatte immer eine Klageschrift bei sich – für den Fall des Falles – und nun, im Kaufhaus Marks und Spencer, war es dann soweit: Zustellung durch Übergabe..

Baron Münchhaiusen als Einflüsterer?
Der Prozess läuft in London, noch für ein paar Wochen, und Baron Münchhausen könnte bei einigen Zeugenaussagen als Einflüsterer glatt daneben gestanden haben.

Als zweiter Beklagter – allerdings nur im Geiste – ist Putin mit dabei, denn es ist das ganze System von Freundschaft (Druschba) und Gefälligkeits-Bestechung (Krysha) das hier sozusagen offengelegt wird. Es geht um mit höchst zweifelhaften Mitteln zusammengerafftes Vermögen, und darum, wem was gehört.

Es handelt sich dabei um Reichtümer Russlands, die eigentlich dem Russischen Volk gehören, bzw. deren Einküfte ihm zugute kommen sollten, vor allem handelt es sich um Erdöl und Gas, die aber nun nur einer Handvoll von Glücksrittern zur Finanzierung ihres High Life dienen.

Der deutsche Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder selbst konnte dem Angebot Putins nicht widerstehen, Teil seines Netztwerkes zu werden – bei Gazprom, eine Firma die mittlerweile Sibneft dem Abramovich abkaufte, für 13 Milliarden US Dollar .

Schön für den ehemaligen Bundeskanzler, schliesslich ist doch nichts dabei, bei einem lupenreinen Demokraten ein warmes Plätzchen zu finden..

Ja, es lohnt sich, mit Wladimir Putin sich gutzustellen. Sicher nicht unbedingt moralisch, aber finanziell allemal.

Na denn Prost – oder wie es auf Russisch heisst: Na sdarowje.

Grossbritannien

Tony Blairs und Muammar Gaddafis Menschenhandel geht vor Gericht

Dr. Alexander von Paleske —8.10.2011 —
Es handelt sich ein besonders finsteres Kapitel der Blair-Regierung: Das Menschen-gegen-gute Beziehungen-und-Rohstoffe-Tauschgeschäft mit dem libyschen Tyrannen Gaddafi.

Motto: Wir liefern Dir, Gaddafi, Oppositionelle samt Familie zum Einkerkern und Foltern, und Du lieferst uns gute Beziehungen und Rohstoffe.

Geheimdienste und Politiker
Involviert in dieses hochkriminelle Vorgehen war offensichtlich der britische Auslandsgeheimdienst Mi6, der Inlandsgeheimdienst Mi5, und der US-Geheimdienst CIA.

Allerdings hat der seinerzeitige Mi6 Chef, Sir Richard Dearlove, sofort klargemacht, dass derartige Entscheidungen nicht selbstherrlich von den Geheimdiensten getroffen, sondern auf höchster politischer Ebene abgesegnet werden müssten.

Über den Entführungsfall des jetzigen libyschen Armeeführers Abdel Hakim Belhaj hatten wir bereits berichtet.

Die britische Tageszeitung Guardian hatte im September ein ausführliches Interview mit Belhaj veröffentlicht, in welchem der seine Entführung und anschliessende Folterqualen und die Folterbefragungen durch diverse Geheimdienste, einschliesslich des Bundesnachrichtendienstes (BND), schildert. Die britische Tageszeitung Independent hatte die Entführungspraxis aufgedeckt.


Independent mit Enthüllungsstory

Aufgeflogen war der Skandal, nachdem diverse Dokumente und Faxe in dem Gebäude des ehemaligen libyschen Geheimdienstchefs Moussa Koussa in Tripolis gefunden worden waren. Die Menschenrechts-NGO Human Rights Watch war in den Besitz der Dokumente gelangt.

Der Fall Sami al-Saadi
Nun hat ein weiterer Betroffener, Sami al-Saadi, seine Anwälte in Grossbritannien beauftragt, Klage gegen die damals Verantwortlichen einzureichen. Das berichtet die britische Zeitung Guardian vorgestern. Ebenfalls die BBC in einem Interview mit al-Saadi


Sami al-Saadi – Screenshot: Dr. v. Paleske

Entführung und Millionengeschäfte
In einem FAX des CIA an die Libyer wird grosses Interesse bekundet, an der Entführung von al-Saadi beteiligt zu werden. Al- Saadi befand sich damals in Honkong.

Zwei Tage nach dem Absetzen des Faxes reiste Tony Blair im März 2004 nach Libyen, um Gaddafi seine Aufwartung zu machen.


Schöner Handel: Blair zu Besuch bei Gaddafi – Screenshot: Dr.v. Paleske

Die Libyer gaben während des Blair-Besuches die erfreuliche Nachricht bekannt, dass ein Explorationsdeal zur Gasausbeutung im Werte von 550 Millionen Dollar mit der britisch-holländischen Firma Shell perfekt gemacht worden sei.

Zwei Tage später wurde al-Saadi samt Ehefrau und vier Kindern im Alter zwischen 6 und 14 Jahren in Hongkong in ein Flugzeug gepackt und nach Libyen verfrachtet. Das Flugzeug war in den Malediven gechartert worden. Sie landeten alle im berüchtigten Abu Salim Gefängnis nahe Tripolis, wo im Juni 1996 insgesamt 1270 Oppositionelle auf Gaddafis Befehl ermordet worden waren, deren Massengrab kürzlich entdeckt wurde.
Unter den Getöteten waren auch die Brüder al-Saadis, Mohammed und Adel.

Al-Saadi verbrachte die nächsten 6 Jahre im Abu Salim Gefängnis, immer wieder mit Elektroschocks gefoltert. Seine Frau und die Kinder wurden nach zwei Monaten entlassen.

Um Stellungnahme gebeten behaupteten Tony Blair und sein damaliger Aussenminister Jack Straw von nichts gewusst zu haben. Eine ganz offensichtliche Lüge.

Die Aufarbeitung dieses besonders finsteren Kapitels britischer Politik beginnt jetzt mit einem Gerichtsverfahren.

Libyen: Rebellenkommandeur beschuldigt Bundesnachrichtendeinst (BND) an Folterbefragungen beteiligt gewesen zu sein
Auslieferung und Folter: Wie Mi6 und CIA mit Gaddafi zusammenarbeiteten

Folter wird zum “Normalfall” oder: Zurück ins Mittelalter
Schweigen um die Morde an vier Deutschen in Djibouti
Libyen: Gaddafi lässt schiessen – die Ausbildung besorgte auch Deutschland
Heimkehr eines Attentäters, Libyens Staatschef Gaddafi und das deutsche Auswärtige Amt
Messe-Highlight in der Schweiz: Folterflieger zum Anfassen
CIA-Flüge und Gefangenentransporte: Zahlen und Fakten

Grossbritannien

Gesundheitsreform in Großbritannien – oder: Weil Du reich bist sollst Du länger leben

Dr. Alexander von Paleske — 4.9. 2011 — Die konservativ-liberale Regierung Großbritanniens plant eine umfassende Reform des Gesundheitswesens, eine Reform die es in sich hat.
Vergangenen Monat verkündete der britische Premier auf einer Rede in Cornwall, dass das britische Gesundheitssystem nach Umsetzung der geplanten Veränderungen nicht wiederzuerkennen sein würde.

Das dürfte zutreffend sein, wenn seine Pläne, und die seiner Regierungskoalition, umgesetzt werden. Eines der wichtigsten Prinzipien eines fairen Gesundheitssystems, das Solidarprinzip, würde aus den Angeln gehoben. Wohin das führt lässt sich in den USA besichtigen.

Mehr Einnahmen durch Privatpatienten
Die staatlichen Krankenhäuser, die zum National Health Service (NHS) gehören, sollen erheblich weniger Mittel bekommen, und das durch Zusatzeinnahmen ausgleichen, also gleichzeitig auch mehr verdienen: mit wohlhabenden Selbstzahlern aus dem Ausland, z.B. aus arabischen Ländern, oder privat versicherten britischen Bürgern.

Bisher gab es aus guten Gründen eine Obergrenze: maximal 2% der Dienstleitungen durften an Private gehen, um zu verhindern, dass die Allgemeinheit benachteiligt wird.

Alle Krankenhäuser werden jetzt zu sog. Foundation Hospitals, die Obergrenze fällt weg.

Da die Mittelkürzungen nur mit attraktiven Angeboten ausgeglichen werden können, wird also, so ist nicht zu Unrecht zu befürchten, den Privaten absoluter Vorrang gegeben, sonst gehen diese „wertvollen Patienten“ zur Konkurrenz.

Richtig Geld bringen Herzoperationen, Hüftgelenks-OPs und andere elektive Eingriffe.

Die Allgemeinheit aber braucht Kapazitäten zur Notfallbehandlung, Mittel für die Psychiatrie und vor allem – wegen der alternden Gesellschaft – für die Geriatrie.

Ein Blick zurück
Der NHS war nach dem 2. Weltkrieg von der Labour-Regierung unter Premier Attlee eingeführt worden, um eine faire, breite, und erschwingliche Gesundheitsversorgung sicherzustellen, nachdem das Land zusammenstehend ungeheure Opfer Schulter an Schulter gebracht hatte.

Mit diesem Programm hatte die Labour-Partei sich in der ersten Nachkriegswahl gegen den Kriegspremier Winston Churchill und seine Partei, die Konservativen – trotz des Sieges über Hitlerdeutschland – durchgesetzt.

Der NHS blieb, egal wer an der Regierung war. Die klare Mehrheit der Briten möchte auf gar keinen Fall auf ihn verzichten, trotz aller Engpässe, aller Probleme, der Wartezeiten etc.

Das ist der konservativ-liberalen Regierung im Rahmen ihres drastischen Sparprogramms jetzt offenbar herzlich gleichgültig.

Privatisierung als Sparprogramm
Die Tendenz läuft eindeutig in Richtung Privatisierung.
Die Oberprivatisiererin Margaret Thatcher war seinerzeit damit gescheitert, nun gibt es also einen neuen Anlauf.

Schon die erste geplante Maßnahme, die Krankenhäuser unter die Kuratel von Konsortien aus niedergelassenen Ärzten zu stellen, löste einen Sturm der Entrüstung aus. Der Plan war insofern teuflisch, als die Auseinandersetzungen über die Mittelverteilung auf die Ärzte verlagert würden, die sich dann natürlich gegenseitig in die Haare geraten werden.

Heute wurde darüber hinaus noch bekannt, dass die Verwaltung von 20-30 Großkrankenhäusern an internationale Firmen übertragen werden soll. Als Makler soll die Firma McKinsey eingeschaltet werden. Es geht um Verträge mit einem Volumen von mehreren 100 Millionen britischen Pfund, wie die britische Wochenzeitung Observer heute berichtet, und natürlich schöne Profite.

Standesvertretungen schlagen Alarm
Nun schlagen die Standesvertretungen der Ärzte und des Pflegepersonals Alarm, angesichts der bereits weit fortgeschrittenen Pläne.

Der Chef der Ärztevereinigung British Medical Organisation, Hamesh Meldrum, meldete sich nun zu Wort und erklärte gegenüber der Tageszeitung Guardian:


Guardian vom 2.9. 2011

„The governments health and social care bill would see the NHS being rebuilt on an philosophy that relies on a market-based health system rather like the one we see in the US“.

Und weiter:

Those who pay or are (privately ) insured get a better service, …until now the system has been built on social solidarity where patients get the appropriate treatment at the appropriate time.

Meldrum greift das geplante System als „misguided“ an und verlangt in einem Brief an alle britischen Parlamentsabgeordenten durchgreifende Änderungen an den Plänen der Regierung.

Privatisierung ist keineswegs ein Fremdwort, auch nicht für den deutschen Gesundheitsminister Bahr und seine FDP.

Nachtrag 5.9. 2011
Die britische Tageszeitung Guardian berichtet heute, dass unter den Bietern für das Geschäft mit der Krankheit sich unter anderem auch die deutsche Firma Helios befinden soll. Wie schön.

Grossbritannien: Die Zukunft(slosigkeit) im Gesundheitswesen hat schon begonnen