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Contagion – oder: Quark, nichts als Quark mit Gruseleffekten

Dr. Alexander von Paleske — 29.10. 2011 —
Ein neuer Hollywood Film geistert jetzt durch die Kinos: Contagion. Ein Katastrophenfilm. Aber, wie schön, mit letztlich gutem Ausgang.


Contagion – Nichts verbreitet sich schneller als die Angst

Ende gut – wenn auch nicht alles gut, eine solche Epidemie mit einem Frankenstein-Virus namens MEV-1 fordert eben auch ihren Preis.

Keine Botschaft
Ein Film ohne Moral, ohne Botschaft, ohne Quintessenz, kurzum Angst, nichts als Angst, aber am Ende kommt die Erlösung – natürlich aus den USA, wie sollte es anders sein.

Contagion ist ein Film, der natürlich an den aktuellen Gefahren im Gesundheitsbereich – insbesondere die Resistenz gegen Antiinfektiva – die wirklich immer bedrohlicher werden, glatt vorbeischlittert.

Für die Bekämpfung dieser real drohenden Gefahren braucht es weit mehr als einen Impfstoff – aus den USA.

Viruskunde auf Volkshochschulniveau
Contagion unterrichtet ausführlich über Viruserkrankungen. Das ist löblich. Der Zuschauer erfährt durch Kate Winslet als Wissenschaftlerin am Centers for Disease Control (CDC) > was Viruserkranmkungen sind, wie Impfstoffe hergestellt werden, und wieviele Mikroben pro Tag durch den menschlichen Körper rauschen – Wunder der Mikrobiologie auf Volkshochschulniveau gebracht.

Nicht aus den USA
Das MEV-1 Virus stammt natürlich nicht aus den USA, wie sollte es auch, sondern „irgendwo aus Asien“, genauer gesagt aus Macao, eine ehemalige portugiesische Kolonie in China und eine Spielhölle zugleich.

Auch das AIDS-geplagte Südafrika darf im Horror-Movie nicht fehlen. Ebenfalls – wir sind ja in den Zeiten des Internets – muss ein Blogger auftauchen, ein sehr böser, der mit der Angst Geschäfte macht indem er wirkungsloses Zeugs vertreibt.

Natürlich, auch böse chinesische Beamte, die versuchen, eine Untersuchung der Seuche durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu verhindern, dürfen nicht fehlen. Gut und Böse werden für den Zuschauer so leichter erkennbar.

Klischee-Bedienung galore.

Rettung naht – aus den USA
Aber die Rettung naht, wie sollte es anders sein, durch einen US-Wissenschaftler, beim Centers for Disease Control (CDC) angestellt, und der analysiert nicht nur die Virusstruktur mit Überschallgeschwindigkeit, nein, der liefert auch noch den Impfstoff dazu.

Fehlt eigentlich nur, dass ein US-Präsident daraufhin die US-Freiheitsmedaille ans Revers heftet.

Viel Blödsinn
Natürlich, reichlich viel Blödsinn, und die Messages aus diesem postmodernen Frankenstein-Film: Beim Nahen einer Virusepidemie zu Hause bleiben, Fenster schliessen, keine Besuche empfangen, Tee trinken und öfter die Hände waschen, nicht nach Hongkong fliegen, darüber hinaus Ehe-Scheidungen gründlicher zu überlegen, und auf Übersee-Trips nicht fremdzugehen.

Es erinnert irgendwie an die Aktentaschen, die in den 50er und frühen 60er Jahren empfohlen wurden, falls die bösen Russen eine Atombombe abwerfen sollten: Aktentasche vors Gesicht und auf den Atom-Gegenschlag des US-Kommandos in Omaha / Nebraska mit den B-52 Bombern warten.

Versäumte Gelegenheit
Dabei hätte der Regisseur von Contagion, Steven Soderbergh, wirklich etwas aus dem Thema „Infektionen“ machen können, statt Erinnerungen an die SARS-Seuche im Jahre 2003 und das Nipah-Virus in Malaysia im Jahre 1999 aufzuwärmen: Er hätte nicht nach China reisen müssen, um sein abstruses MEV-1 Virus zu erfinden, er hätte nur in die nächstgelegene Tierfabrik gehen müssen, insbesondere in eine Geflügelmastfabrik – die schlimmsten befinden sich in den USA – wo die Tiere in ihrem Kot stehen und mit Antibiotika vollgepumpt werden, wir berichteten darüber.
Dann hätte er nur noch von einem CDC-Wissenschaftler, sofern nicht bestochen, ein Zukunftsszenario sich entwerfen lassen brauchen, das realistische Horrorvisionen enthielte, die nicht nur seine Contagion-Horrorszenen in den Schatten gestellt hätten, sondern vielen Zuschauern den Appetit an Mastgeflügel verdorben und sie auch nachhaltig aufgeschreckt hätten. Viel mehr noch als der jüngste Beitrag des NDR, „Antibiotikamast“, der sich wieder in verdienstvoller Weise des Themas angenommen hat.

Denn, wenn es so weiterläuft wie bisher, insbesondere mit der Massentierhaltung, (und verbunden damit der nicht artgerechten Tierfütterung und dem massenweise Verfüttern von Antibiotika) dann werden wir nicht nur neue Erkrankungen wie EHEC, chronischer Botulismus, BSE, Schweineviren und anderes haben, sondern als Zugabe noch die vollständige Antibiotikaresistenz, auf die wir in mehreren Artikeln verwiesen haben.

Die internationale Top-Medizinzeitung Lancet hat gerade (wieder einmal) im Juli 2011 auf die drohenden Gefahren hingewiesen:

„Society´s failure to protect a precious resource: antibiotics“

Was das konkret heisst: Selbst heute ohne Probleme durch Antibiotika behandelbare bakterielle Infektionen werden dann, wie vor der Antibiotikaära, die noch nicht einmal 100 Jahre alt ist, zu potentiell tödlichen Erkrankungen. Und umfangreiche Operationen und Organtransplantationen werden dann der Vergangenheit angehören.
Bleibt noch zu erwähnen, dass gerade auch die Grünen sich dieser Problematik nur in höchst rudimentärer Weise angenommen haben, wenn überhaupt.
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Der Kampf gegen die Massentierhaltung und ihre Gefahren hat in aller Ernsthaftigkeit noch gar nicht begonnen.

Zur Antibiotikaresistenz
Antibiotikaresistenz: Nach Pest, Tripper, MRSA, NDM-1, TB, Campylobacter nun die Salmonellen
Bleibt die Gonorrhoe (Tripper) behandelbar?
Antibiotika-Resistenz: Spätes Erwachen. Oder: Minister Bahrs Wort zum Sonntag
WHO, Weltgesundheitstag und Antibiotikaresistenz – eine Nachbemerkung
Pest-Seuche und Antibiotika-Resistenz

Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Antibiotika oder Massentierhaltung?

Der Dioxin-Skandal flaut ab, die Probleme der Massentierhaltung bleiben
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Hilflos bei Infektionen – Antibiotika verlieren ihre Wirksamkeit
Tierfabriken, Schweineviren und die Zukunft
Bittere Pillen für die Dritte Welt

Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</

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Wikileaks am Ende? Die Idee wird überleben

Dr. Alexander von Paleske — 7.9. 2011 — Man braucht kein Prophet zu sein, um vorauszusagen, dass Wikileaks seine Zukunft – jedenfalls unter der Regie von Julian Assange – schon hinter sich hat: als Vergangenheit.

Noch einmal schaffte es Assange Ende vergangener Woche in die Schlagzeilen zu kommen, weil er alle Diplomatischen Cables der USA, die ihm zugespielt worden waren – insgesamt 251.000 an der Zahl – unredigiert ins Internet stellte, und damit auch die Informanten selbst, aber auch weitere Personen gefährdete. Er berief sich dabei auf eine „Abstimmung“ bei twitter.

Vox Populi Vox Rindvieh
Das mutet geradezu lächerlich an, denn über potentielle Gefährdungen von Personen kann ja wohl kaum bei twitter abgestimmt werden, dazu bedarf es intimer Kenntnisse des zu veröffentlichenden Materials.

Diese „Vox Populi“ war nichts anderes als eine „Vox Rindvieh“.
Es ist eine Aktion, die man beschreiben könnte als „nach mir die Sintflut“. Denn mit seiner Aktion hat Assange alles das verspielt, was sogenannte „Whistleblower“ also Enthüllungs-Informanten brauchen: Absolutes Vertrauen.

Mit anderen Worten. Der Zufluss brisanten Materials wird voraussichtlich ausbleiben, da sich das Liefern von Info an Wikileaks jetzt zu einem Kamikaze-Unternehmen zu entwickeln droht.

Ein Blick zurück
Dabei hatte Julian Assange innerhalb kurzer Zeit, dank einer brillianten Idee, sich und Wikileaks weltweit bekannt gemacht und Anerkennung erworben, was ihm weitere Informationen sozusagen im Stundentakt einbrachte: Aus einem Schneeball wurde eine Lawine.

Bisher mussten sich die „Whistleblower“ selbst an die Medien wenden,und wurden von Journalisten abgecheckt nicht selten zunächst ignoriert.

Beispiele aus der Vergangenheit: Deep Throat und der Watergate Skandal, wo der Informant sich erst Jahrzehnte später zu erkennen gab.
Oder Skandale in Deutschland, wie der neue Neue Heimat Skandal oder der Parteispendenskandal in den 70er Jahren.

Bei Wikileaks konnte per Internet abgeladen werden. Ein persönlicher Kontakt war nicht mehr vonnöten. Das machte alles viel einfacher.

Und die bei Wikileaks abgeladenen Infos hatten es in sich: Die Enthüllungen aus dem Afghanistan- und Irak-Krieg zeigten auf, wie in zynischer Weise Zivilisten und Reporter wie Hasen abgeknallt wurden.

Auf einer Woge der Anerkennung
Wikileaks enthüllte den Einsatz von Todesschwadronen – eine klare Verletzung der Genfer Konvention – und machte die wirkliche Einstellung der USA zu einer ganzen Reihe von Staaten und deren Politiker öffentlich, durch die Bekanntmachung der „Diplomatischen Kabel“

Julian Assange schwamm – dank seiner grandiosen Idee und deren Umsetzung – auf einer Woge der Zustimmung und Bewunderung, und eine ganze Reihe von hochkarätigen IT-Leuten unterstützten ihn dabei selbstlos, bis alle seine ausgeprägten Schwächen ihn schliesslich einholten und damit auch Wikileaks selbst ruinierten.

Als das ihm zugespielte Material die personellen Kapazitäten von Wikileaks zur Sichtung sprengte, schaltete er folgerichtig seriöse Presseorgane wie die New York Times, die spanische El Pais, die französische Le Monde, den britischen Guardian und den deutschen SPIEGEL ein, um die Fülle des Materials zu sichten, auf Richtigkeit abzuklopfen, zu kondensieren, und dann gemeinsam zu veröffentlichen.

Das gelang zweifellos hervorragend.

Domscheit-Berg geht
Aber dann gab es die ersten grossen Auseinandersetzungen innerhalb von Wikileaks.
Daniel Domscheit-Berg, ein ausgewiesener IT-Mann und Sprecher von Wikileaks ging, bzw. wurde von Julian Assange in einem offenbaren Akt von Neid und Eifersucht seiner Ämter enthoben. Die beiden trennten sich im Streit.
Mehr noch: Domscheit-Berg veröffentlichte sein Buch „Inside Wikileaks“, das den Meinungsterror, den Julian Assange offenbar veranstaltete, das Chaos, das er angeblich erzeugte, und die diktatorischen Entscheidungen die er traf, offenlegte.

Mehr noch, Assange engagierte offenbar Personal nicht aufgrund von nachgewiesener Substanz, sondern persönlichem Gefallen.
Darunter befand sich auch ein Mann namens Israel Shamir, der in der Vergangenheit allerlei antisemitisches Zeugs veröffentlicht hatte, und offenbar im Dienste des Innenministeriums von Weissrussland stand.

Dessen Spionagetätigkeit bei Wikileaks führte prompt zur Verhaftung von Oppositionsaktivisten in Weissrussland , die ganz offensichtlich in den diplomatischen Depeschen der USA genannt und beurteilt worden waren.

Dass Assange unwillig war, den Fall Israel Shamir intern aufzuklären, belegt nur allzu deutlich, dass dem Wikileaks-Gründer das Verantwortungsbewusstsein und die Ernsthaftigkeit fehlen, die bei einem solchen Unternehmen unabdingbar sind.

Wikileaks dürfte wohl sterben, nicht aber die Idee, die zu seiner Geburt geführt hat.

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Interaktive Informationskanäle als Alternative zu den Konzernmedien

the-babyshambler – Viele Menschen sind sich nicht der Gefahr bewusst, dass in den Konzernmedien immer seltener valide Aussagen über den Zustand der Welt veröffentlicht werden. Journalisten streiken, Propagdanda, PR und Neusprech sind an die Stelle von seriösem Journalismus getreten, mit verheerenden Ausirkungen auf den Informationsfluss.


Vernetzt euch!

Wir müssen die Menschen, die sich dessen nicht bewusst sind aufrütteln und ihnen Wege aus ihrer fehlerhaften Informationsbeschaffung aufzeigen. Greift in die Archive, verlinkt gute Artikel, informiert euer Umfeld und druckt bzw. kopiert Artikel, um sie dann zu verteilen. Besonders an die, die selbst keine Internetaktivisten sind. Dies muss generationsübergreifend geschehen. Deshalb:

#VERNETZT EUCH! (facebook-Kanäle)

http://www.facebook.com/event.php?eid=234826153215847 (Online-Flashmob)

https://www.facebook.com/Onlineaktivisten.de

https://www.facebook.com/Empoert.Euch

https://www.facebook.com/pages/Bewegung-15-Mai-Die-Emp%C3%B6rten/164308273632193

https://www.facebook.com/pages/Echte-Demokratie-jetzt/210471548985466

https://www.facebook.com/pages/stopt-Zeitarbeit-keine-Sklaverei/122959607788473?sk=wall

https://www.facebook.com/bedingungsloses.grundeinkommen

https://www.facebook.com/GegenAtomkraft

https://www.facebook.com/AttacD

Hier: https://www.facebook.com/bildungsstreik

https://www.facebook.com/pages/Talk-to-People-Let-them-know/188375274522217

https://www.facebook.com/keinstuttgart21

Blogs und alternative Nachrichtenmagazine ohne Gewinnorientierung , offene Diskussionsplattformen:

http://www.nachdenkseiten.de/ (leider keine Diskussion möglich)

http://theintelligence.de/

http://le-bohemien.net/

http://jacobjung.wordpress.com/

http://www.spiegelfechter.com/wordpress/

http://www.meinpolitikblog.de/

http://www.dasdossier.de/

http://nicsbloghaus.org/

http://diefreiheitsliebe.de/

http://kritische-massen.over-blog.de/

http://www.weissgarnix.de/

http://www.nachrichtenspiegel-online.de/

http://feynsinn.org/

http://ad-sinistram.blogspot.com/

http://gutjahr.biz/blog/

http://oeffingerfreidenker.blogspot.com/

http://www.binsenbrenner.de/wordpress/

http://annalist.noblogs.org/

http://freiheitsworte.de/

http://menschenzeitung.de/

http://www.ngo-online.de/ (leider keine Diskussion möglich)

http://www.blaetter.de/ (leider keine Diskussion möglich)

http://www.livingthefuture.de/

http://netzpolitik.org/

http://www.scienceblogs.de/

http://www.womblog.de/

http://www.informelles.de/

http://www.ag-friedensforschung.de/

http://www.griechenland-blog.gr/

http://www.uebermorgen.at/

http://www.stefan-niggemeier.de/blog/

http://www.jjahnke.net/

http://blog.fefe.de/

http://www.politik-web.de/

http://dasgelbeforum.de.org/search.php?search=Nachrichtenueberblick_201

http://the-babyshambler.com/

http://www.kontextwochenzeitung.de/

http://www.derblindefleck.de/

http://www.indiskretionehrensache.de/

http://respu.wordpress.com/

http://crowdleaks.org/de

http://hinter-den-schlagzeilen.de/ (Von Konstantin Wecker)

http://www.hintergrund.de/ (leider keine Diskussion möglich)

http://www.linksnet.de/

http://weltnetz.tv/

http://www.wissensmanufaktur.net

http://www.mmnews.de

http://www.wisopol.de/

http://faszinationmensch.wordpress.com/

http://www.bruchpfau.de/

Netzwerk der Empörten bei debategraph:

http://debategraph.org/NetzwerkDerEmpoerten

Weitere Kanäle bitte in den Kommentaren eintragen. Danke.

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Murdoch-Medien-Skandal: Mea Culpa – aber ich bin unschuldig.

Dr. Alexander von Paleske — 19.7. 2011 —–
Der Murdoch-Medien-Skandal zieht nicht nur immer weitere Kreise, er nimmt mittlerweile die Ausmaße eines Shakespearschen Dramas an.

Neuer Höhepunkt
Vorläufiger Höhepunkt gestern war der Rücktritt des stellvertretenden Polizeichefs von London, John Yates („Yates from the Yard“ wie er sich gerne nannte, Scotland Yard) in dessen Verantwortungsbereich das Nichtlesen von 11.000 Blatt Ermittlungsprotokollen zum Abhörskandal, und in Folge das Einstellen des Verfahrens seinerzeit gehörte.


Zurückgetreten: John Yates, Nr. 2 der Londoner Polizei – Screenshot: Dr. v. Paleske

Mehr noch, auch Nepotismus (Vetternwirtschaft) wird ihm mittlerweile angelastet: er hatte der Tochter von Neil Wallis eine Stelle bei der Polizei besorgt. Jener Wallis, ehemals stellvertretender Chefredakteur des mittlerweile skandalmässig eingestellten Murdoch-Revolverblattes News of the World, der in vielen Teilbereichen des Dramas in unerquicklicher Weise aufkreuzt, und vergangene Woche vorübergehend verhaftet wurde, wir berichteten darüber.

Hauptbelastungszeuge stirbt
Aber damit nicht genug für einen vollen Skandaltag: gestern starb überraschend der Hauptbelastungszeuge und ehemalige News of the World Redakteur für das Showbusiness, Sean Hoare.


Sean Hoare – Screenshot: Dr. v. Paleske

Hoare packte nach seinem Rauswurf bei dem Skandalblatt aus, und belastete schwer den damaligen Chefredakteur und späteren Cameron-Spindoktor Andy Coulton.

Nach seinen Angaben soll Coulton nicht nur sehr genau über die kriminelle Lauscherei informiert gewesen sein, sondern diese vielmehr zum Teil angeblich gefördert, und darüber hinaus Bestechungszahlungen an die Polizei autorisiert haben.

Vor einer Woche noch hatte Hoare in einem Interview mit der New York Times behauptet, die News of the World habe auf Anforderung von der Polizei mitgeteilt bekommen, wo sich jeweils bestimmte, für die News of the World „interessante“ Personen aufhielten, soweit diese jedenfalls ihr Handy eingeschaltet hatten.

Dieses Tracking ist nur bei dringendem Verdacht auf strafbare Handlungen überhaupt zulässig, aber gegen Bares half die Polizei den neugierigen Redakteuren des Skandalblattes offenbar herzlich gerne – in illegaler Weise versteht sich.


„House of Scandals“ Korruption & mehr: Scotland Yard – Screenshot: Dr. v. Paleske

Es öffnet sich ein Saustall ohnegleichen, für den gerade aber auch führende Politiker mit verantwortlich zeichnen, weil sie aus wahltaktischen Gründen sich gegenüber Murdoch, man muss schon sagen, politisch prostituiert hatten, die sogenannte Freundschaft, Nähe und damit das publizistische Wohlwollen Rupert Murdochs suchten.

Anhörungen heute
Heute nun standen die ersten Anhörungen vor zwei parlamentarischen Untersuchungsausschüssen an: die ehemaligen Chefs der Polizei waren vor das Home Affairs Select Committee geladen, Murdoch senior, Murdoch junior (James) sowie Rebekah Brooks vor das Sports, Culture and Media Select Committee.

Murdochs Linie war klar: wir wussten (hasenmässig) von Nichts und alles tut uns schrecklich, schrecklich, schrecklich leid. „Most humble day of my career“.
Konkrete Details: Fehlanzeige. Wir wussten nichts und wenn wir es gewusst hätten, hätten wir es verhindert. „We were let down by people whom we trusted“ .


Die Murdochs vor der Kommission heute….tut uns unendlich leid, aber wir wussten von nichts – Screenshot: Dr. v. Paleske

Den Premier David Cameron, das liess Murdoch senior auf Befragung noch raus, besuchte er durch den Hintereingang von 10, Downing Street. Der Premier bat darum. Die Öffentlichkeit sollte nicht erfahren, dass der Medienmogul dort gern gesehener Gast war.

Murdochs Ehefrau schlägt zu
Dann gab es noch Drama: Ein Protestierer schmierte Rupert Murdoch Rasierschaum ins Gesicht, worauf Murdochs chinesische Ehefrau aufsprang und drachenmässig auf den Protestierer einschlug, der dann von der Polizei abgeführt wurde.

Auch Rebekah weiss nichts
Rebekah Brooks behauptete ebenfalls, erst aus der Zeitung von den Vorfällen erfahren zu haben. Von der Telefon-Hackerei wusste sie angeblich nichts, obgleich sie zur einem nicht geringen Teil der fraglichen Zeit Chefredakteurin des Skandalblattes war, und obgleich mindestens 4000 Telefone gehackt worden waren, ausserdem viele der Sensationsberichte in ihrem Skandalblättchen auf diesen illegalen Wegen der Nachrichtenschöpfung beruhten.


Heute vor dem Untersuchungsausschuss…….ich heisse Rebekah und weiss von nichts. – Screenshot: Dr. v. Paleske

Wer soll das glauben? Eine Chefredakteurin die ignorant ist, wo die Infos herkommen, und wie glaubwürdig die Quelle ist?

Während Yates und Stephenson von Scotland Yard sich ebenfalls auf Nichtwissen beriefen, versuchte Yates ausserdem noch sein Verhältnis zu Neil Wallis herunterzuspielen. Im übrigen sei nach seiner Auffassung Wallis unschuldig.

Interessant immerhin, dass die PR-Abteilung der Londoner Polizei 50 Beamte umfasst, was das Ausschussmitglied Mark Reckless zu der Frage veranlasste, ob die nicht besser Diebe fangen sollten.


Ex-Cops Stephenson & Yates heute Screenshot: Dr. v. Paleske

Stephenson meinte, was dem Premier recht sei, dass sei der Polizei doch billig. Wer Coulton eine zweite Chance gebe, der könne doch an der Einstellung von Wallis als PR-Berater kaum Kritik üben.

Aber mittlerweile ist der Skandal auch vor 10, Downing Street , dem Sitz des britischen Premiers, angekommen.
David Cameron musste seine Afrika-Reise abbrechen, und will morgen im Parlament Rede und Antwort stehen. Gestern forderten einige Abgeordnete der Opposition bereits seinen Rücktritt.

Derweil hat die Ratingagentur Standard & Poor’s Murdochs Firma NewsCorp. kreditmässig auf negativ herabgestuft.

Nichts bleibt, wie es war

Man braucht kein Prophet zu sein, um bereits jetzt zu sagen:
Am Ende wird nichts mehr so sein wie vorher. Weder in der britischen Politik, dem Verhältnis der Politiker zur Presse, dem Verhältnis der Polizei zur Presse, dem undemokratischen Einfluss Murdochs auf die britische Politik, und der Grösse und Bedeutung seines Empires.

Ein Sieg für die Demokratie ist das allemal, gerade auch gegen einen global operierenden „Citizen Kane“.

Zu Murdoch
Murdoch-Presse-Abhör-Skandal: Verhaftung von Rebekah Brooks, Rücktritt des Londoner Polizeichefs
Murdochs Medien-Imperium wankt: FBI ermittelt, saudischer Prinz feuert Rebekah Brooks
Rupert Murdoch – das politische Spiel des „Citizen Kane“ in Grossbritannien ist vorbei
Rupert Murdoch: Der Abstieg seines Empires hat schon begonnen

Grossbritannien – Rupert Murdochs Presse ohne (Scham-) Grenzen. Oder: Wenn die „Vierte Gewalt“ zum Hooligan wird

Rupert Murdoch – Citizen Kane in der Aera der Globalisierung
Rettet Rupert Murdoch den guten Journalismus?
Murdoch, Huffington-Post und das Wikipedia-Prinzip
Umsonst ist nicht angemessen? – oder: Ist das Zeitungssterben aufzuhalten?

Botschaft eines Kraken aus der Medienwelt.

Rupert Murdoch bläst zum Angriff auf Obama
Die Rache der Sarah Palin

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Grossbritannien – Rupert Murdochs Presse ohne (Scham-) Grenzen. Oder: Wenn die „Vierte Gewalt“ zum Hooligan wird

Dr. Alexander von Paleske — 6.7. 2011 —
In Grossbritannien gibt es einen neuen Presseskandal, allerdings einer, der sich schon eine geraume Zeit hinzieht, der aber nun durch täglich neue und brisante Enthüllungen richtig an Fahrt gewonnen hat und gewinnt , und parallel dazu die Öffentlichkeit jeden Tag empörter macht.Aufgedeckt hat ihn die britische Tageszeitung Guardian.

Hacken als „investigativer Journalismus“
Es geht um das

– Hacken von Mobiltelefonen großer und kleiner Prominenter, auch Schlebs genannt, über Jahre hinweg

– Zahlungen an die Polizei im Gegenzug für interessante Infos
(Aktive Bestechung der Polizei)

– Eingriff in bzw. Behinderung von laufenden polizeilichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Entführung und Ermordung der Schülerin Milly Dowler


Ermittlungen behindert: Mordopfer Milly Dowler. Screenshot: Dr. v. Paleske

– Abhören der Mobiltelefone von Angehörigen der Opfer der Al Qaeda-Bombenanschläge in London im Jahre 2005.

– Abhören der Mobiltelefone von Angehörigen in Afghanistan getöteter Soldaten

– Abhören der Gespräche und Feststellen der Kontakte des 1992 vom Mordvorwurf freigesprochenen Angeklagten Colin Stagg – nach dem Freispruch

Was war geschehen?
Die Geschichte reicht in etwa in das Jahr 2000 zurück, möglicherweise aber noch weiter.
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Die Boulevard-Zeitung News of the World, zum Imperium des Pressezaren Rupert Murdoch gehörend, immer hungrig nach Sensationsmeldungen, die andere Blätter noch nicht „im Kasten haben“ kam auf die Idee, die Mobiltelefone von Prominenten anzuzapfen.
Prominente, deren Skandale, Affären die Öffentlichkeit gerne verfolgt.


Boulevardblatt und „Skrupellos-Hacker“ – Murdochs News of the World

Derartiges Anzapfen bzw. Hacken von Telefonen ist natürlich völlig illegal und strafbar, gerade auch im Mutterland der Demokratie, dort besonders, aber technisch offenbar nicht allzu schwierig.

Ein Detektiv macht die Drecksarbeit
Als Presseorgan macht man sich nicht gerne die Finger mit illegalen Aktionen schmutzig. Also schiebt man einen Privatdetektiv dazwischen, der diese Drecksarbeit besorgt, und den man dafür dann „anständig“ entlohnt.

Als Detektiv bot sich ein Glenn Mulcaire an, und der hackte nun nach Herzenslust – und lieferte ab, offenbar ohne irgendwelche Restriktionen seitens der Aufkäufers dieser Drecksware: den Journalisten der News of the World.


Lieferte Drecksware ab: Glenn Mulcaire. Screenshot: Dr. v. Paleske

Selbst wenn die Sache auffliegen sollte, konnte man sich ja hinter dem Detektiv verstecken und behaupten, man habe nicht gewusst, wo der seine Infos herbekam.

Hinzu kommt in England noch etwas: Die geballte Macht des Zeitungszaren Rupert Murdoch, welche (undemokratisch) weit in den politischen Betrieb hineinreicht.

Zu Murdochs weltweitem Imperium gehören in Grossbritannien:

– das Massenblatt „ Sun“ mit dem täglichen Nackedei auf Seite 3, der meistgelesenen Seite des Blattes

– Die einstmals ehrwürdige „Times“

– Die bereits erwähnte „News of the World“,

– Und der der Bezahl-Fernsehsender Sky, den es mittlerweile auch in einer deutschen Version gibt, nachdem Murdoch den Verlust-Bezahl-Kanal Premiere übernommen und umbenannt hatte.

Murdoch und sein Empire
Wir haben uns schon mehrfach mit Rupert Murdoch und seinem Empire beschäftigt. Für Margaret Thatcher schaffte er eine stets freundliche Presse, zu dem Labour-Politiker Tony Blair hatte Murdoch seinerzeit eine Art Standleitung. Blair durfte bereits vor der ersten von ihm gewonnenen Unterhauswahl im Jahre 1997 eine regelmäßige Kolumne in der SUN neben dem Nackedei auf Seite drei schreiben.

Politiker aller Parteien bemühten und bemühen sich um Murdochs Wohlwollen, ließen und lassen ihm Einiges durchgehen, versorgen seine Blätter gerne auch mal mit Insiderinfos, oder beschäftigten gar, wie der jetzige Premier David Cameron, den ehemaligen Chefredakteur der News of he World , Andy Coulson, als Pressesprecher, bis die Telefonhackerei aufflog und er den Hut nehmen musste.
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Murdoch zum Freund zu haben, kann die Wahlchancen enorm steigern, gefährlich ist es hingegen ihn zum Feind zu haben, sehr gefährlich. Aber diese „Freundschaft“ hat ihren Preis, wie sich jetzt zeigt,ein extrem hoher. Prinzip: Die Geister (bzw. Murdoch) die ich rief, werd ich nun nicht los.

Nachdem der Computer des schmutzigen Detektivs von der Polizei beschlagnahmt worden war, stellte sich heraus, dass die Schnüffelei wesentlich umfangreicher war, als zunächst angenommen. Eine wahre Pandorabüchse öffnete sich.
Insgesamt soll es sich um rund 4000 (Viertausend) Abhör-Opfer handeln.

Die Empörung quer durch alle Parteien und insbesondere in der Öffentlichkeit ist nun riesengross.

Die Firma Ford hat bereits erklärt, sie wolle keine Anzeigenaufträge mehr an die News oft he World geben. Das schmerzt.

Ex-News of the World Chefredakteurin und nunmehrige Chefin des Verlagshauses News International Rebekah Brooks hat jetzt eine eigene Untersuchung angekündigt, die Beschuldigte leitet sozusagen ihr eigenes Ermittlungsverfahren. Sie bekam heute volle Rückendeckung von Murdoch.


Ermittelt inhouse: Rebekah Brooks. Screenshot: Dr. v. Paleske

Angriff auf Demokratie und Rechtsstaat
Es ist der bisher stärkste Angriff eines Pressorgans gegen demokratische Prinzipien und den Rechtsstaat, wozu auch und gerade die Achtung der Privatsphäre gehört. Dass auch noch dazu Angehörige von Bombenopfern abgehört, und in ein laufendes Ermittlungsverfahren wegen Mordes durch Telefon-Hackerei eingegriffen wurde, hat gezeigt, dass für einige Presseorgane weder Demokratie, noch Rechtsstaat noch Scham irgendeine Relevanz haben. Motto: „anything goes“ wenn es um die Jagd nach Exklusivmeldungen und Steigerung der Auflage geht.

Aber die nun bekannt gewordenen Skandale haben das Fass endgültig zum Überlaufen gebracht. Zu Recht wird in einer Demokratie die Presse als „Vierte Gewalt bezeichnet, da sie eine enorm wichtige Kontrollfunktion hat und Aufklärungsarbeit leisten soll.

Murdochs News Corporation glaubte offenbar, über dem Gesetz zu stehen, und die Politiker in ihrer Tasche zu haben. Ein Irrtum, wie sich jetzt zeigt.

Noch ist jedenfalls die Öffentlichkeit in Grossbritannien nicht bereit, sich von diesem „Homunculus“ eines demokratischen Pressemoguls, und den nach seiner Pfeife tanzenden Medien alles bieten zu lassen.

Nachtrag 7.7. 19.15
Rupert Murdoch stellt das Erscheinen der News of the World ein.Die letzte Ausgabe des hochprofitablen Skandalblattes soll am kommenden Sonntag erscheinen.

Die Erlöse sollen karitativen Zwecken zugute kommen. Anzeigen sollen nicht erscheinen, die Werbeplätze sollen an wohltätige Vereinigungen vergeben werden.

Die Angelegenheit ist damit jedoch keineswegs erledigt, denn nun steht noch eine politische Auseinandersetzung über diese Art von „Recherchejournalismus“ an, und ein Rattenschwanz von Schadenersatzprozessen dürfte folgen..

Zu Murdoch
Rupert Murdoch – Citizen Kane in der Aera der Globalisierung
Rettet Rupert Murdoch den guten Journalismus?
Murdoch, Huffington-Post und das Wikipedia-Prinzip
Umsonst ist nicht angemessen? – oder: Ist das Zeitungssterben aufzuhalten?

Botschaft eines Kraken aus der Medienwelt.

Rupert Murdoch bläst zum Angriff auf Obama
Die Rache der Sarah Palin

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U.S. Journalist, British Activist Brutally Assaulted in Azerbaijan

The International Press Institute (IPI) today condemned the brutal assault on an American freelance journalist and a British human rights activist in the capital of Azerbaijan, Baku.

Amanda Erickson and Celia Davies Carys were followed to their home at around midnight on 15 June and attacked by four unidentified men outside the women’s apartment building, Radio Free Europe/Radio Liberty reported. The attackers reportedly did not say anything to the two women or take any valuables.

Erickson is said to have suffered multiple bruises, and Carys’ left arm was broken.

IPI’s Azerbaijan National Committee said, in a statement: “The IPI National Committee Azerbaijan strongly condemns the beating of any journalists irrespective of nationality or professional affiliation.”

Both Erickson and Carys currently live in Baku and have been working with local NGOs, providing training for civil society activists and journalists, Azeri press reported. Erickson has written for The Washington Post and The New York Times, and Carys reportedly works at the Baku-based Institute for Reporters’ Freedom and Safety (IRFS).

IPI Press Freedom & Communications Manager Anthony Mills said: “During a recent visit to Azerbaijan with IPI Director Alison Bethel McKenzie, we were assured that the country was committed to the principles of press freedom. We were pleased to hear about the release of journalist Eynulla Fatullayev.

However, we are outraged by this latest attack on a journalist and an activist, which is strongly suggestive of a climate of oppression of the free media. The authorities in Azerbaijan must properly investigate this assault and bring the perpetrators to justice or risk lending support to the idea that such a climate exists.”

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Wochenzeitung „DIE ZEIT“, der Kachelmann-Prozess und der Niedergang des Qualitätsjournalismus

Dr. Alexander von Paleske —- 1.6. 2011 —- Es ist lange her, dass die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) das Wochenblatt „DIE ZEIT“, einst Flaggschiff des liberalen Qualitätsjournalismus, in dieser Form angegriffen hat: Das war vor 26 Jahren, als sie dem seinerzeitigen Leiter des Feuilletons der ZEIT, Fritz J. Raddatz, vorwarf, Scharlatanerie zu betreiben. Dieser hatte in einem Leitartikel geschrieben, daß zur Lebenszeit Goethes (1749-1832) bereits die Eisenbahn fuhr und Frankfurt einen Bahnhof hatte… .
Die Eisenbahn fuhr aber erstmals im Jahre 1835 in Deutschland , also drei Jahre nach Goethes Tod, und der Frankfurter Hauptbahnhof wurde gar erst l888 eingeweiht.

Eine dicke Blamage. Raddatz musste die Leitung des Feuilletons abgeben.

Erneuter Angriff der FAZ
Gestern griff nach langer Zeit die FAZ erneut die ZEIT an.
Der FAZ Medien-Redakteur Michael Hanfeld warf seiner Medien-Kollegin Sabine Rückert von der ZEIT, aber auch Gisela Friedrichsen (Spiegel), und Alice Schwarzer (Bild) distanzlose und einseitige Berichterstattung im Fall Kachelmann vor:

„Parteiischer und einseitiger, als die Berichterstattung der Genannten ausgefallen ist, kann man sich die Arbeit von Vertreterinnen der ‚vierten Gewalt‘ jedenfalls nicht vorstellen. So wie sich vor Gericht Staatsanwaltschaft und Verteidigung gegenüberstehen, haben sich die Reporterinnen aufgestellt: Anklage, Verteidigung und kein Richter dazwischen, als Korrektiv aber sehr wohl die Kollegen anderer Blätter, die sich an das gehalten haben, was im Gerichtssaal zur Sprache kam.“

Die Kritik Hanfelds und anderer Medien insbesondere an Sabine Rückert, weil man von der ZEIT einfach wesentlich Besseres gewohnt war und verlangen durfte, ist leider nur allzu berechtigt.

Wir haben in mehreren Artikeln uns mit dem Niedergang des Qualitätsjournalismus in der Wochenzeitung „Die Zeit“ für welche die Artikel der Journalistin Sabine Rückert zum Fall Kachelmann stellvertretend stehen, beschäftigt

Aber es ist nicht nur sie, auch der Chefredakteur Giovanni di Lorenzo hatte sich mit der Forderung, den Wissenschaftsbetrüger Baron von und zu und Guttenberg im Amt zu belassen, journalistisch desavouiert.

Den Vogel abgeschossen hat nun Sabine Rückerts online-gestellter gestriger Artikel zum Ausgang des Kachelmann-Prozesses, der wieder einmal jegliche Distanz und nüchterne Bewertung vermissen lässt. Stattdessen beschwört sie dumpf die Angst, die man als unschuldiger Bürger haben müsse, in die Hand solcher (Mannheimer) Staatsanwälte zu geraten. Gerade rechtzeitig habe schließlich das Gericht noch die Kurve gekriegt in Richtung Rechtsstaat.

Lächerlich als Qualitätsmerkmal
Geradezu lächerlich angesichts der Akribie, mit der das Gericht sich bemüht hat, den Sachverhalt aufzuklären, trotz des Dauer–Trommelfeuers aus der norddeutschen Medienhauptstadt .


Scharfe Kritik an einigen Medien und Verteidiger Schwenn:
Landgericht Mannheim – Screenshot: Dr. v. Paleske

Das Gericht hat nach neunmonatiger Verfahrensdauer ein angemessenes Urteil verkündet: Freispruch angesichts der Beweislage „In dubio pro reo“ Im Zweifel für den Angeklagten.


Freigesprochen: Kachelmann – Screenshot: Dr. v. Paleske

Freispruch ist Freispruch
Der Freispruch zweiter Klasse, aus „Mangel an Beweisen“, mit der Folge, dass der Angeklagte trotz Freispruchs seine Anwaltskosten selbst tragen musste, ist seit der Reform des Strafprozessrechts in den 60er Jahren abgeschafft.

Dies heißt für das Gericht aber keineswegs, dass es nicht im Rahmen der Beweiswürdigung erklärt, ob es von der Unschuld des Angeklagten überzeugt ist, oder nicht, ebenso wie von der Glaubwürdigkeit der Aussagen des vermeintlichen Opfers.

In die Kerbe von Frau Rückert haute dann auch der Verteidiger Schwenn, dessen polterndes Auftreten im Prozess zum Entzücken der immer präsenten Mitglieder des „Kachelmann-Fan-Clubs“ gereichte. Ein Anwalt, der aber zur Sachaufklärung nach Auffasung des Gerichts nichts beitrug, was nicht bereits von seinem Vorgänger, dem abgehalfterten Verteidiger Birkenstock, in Form von Beweisanträgen und Gutachterbestellungen eingeführt worden war.

Birkenstock, dem Frau (ZEIT)-Rückert in wenig verhüllter Form vorprozessual Unfähigkeit vorwarf, ein erbärmliches Vorgehen sui generis.

Schwenn nannte nach der Urteilsverkündung das Gericht „befangen“ und verkündete schwadronierend, dass das Verfahren von einer „ Erbärmlichkeit gekennzeichnet sei, die ihresgleichen suche“

Offenbar hat Anwalt Schwenn, anders als der Verfasser, keine Ahnung, was es wirklich bedeutet, mit einer Justiz zu tun zu haben, für die Unabhängigkeit von politischen Einflussnahmen ein Fremdwort ist, und wo es wirklich gerechtfertigt ist, von „Erbärmlichkeit“ zu reden.

Lebendige Demokratie braucht Qualitätsmedien
Die Artikel von Sabine Rückert könnten uns allen gleichgültig sein, wenn sie für die Bild Zeitung, eine Fehlgeburt des Journalismus, und nicht für die ZEIT schreiben würde . BILD-Motto: Forget the facts, push the story , und wo der Appell an die Emotionen zählt, aber nicht die nüchterne Bewertung der Faktenlage.

Eine lebendige Demokratie ist aber auf die inhaltliche Diskussion, angestoßen gerade auch durch verantwortungsvolle Medien, angewiesen, insbesondere zu einer Zeit, in der die Konflikte zunehmen und die nächste Finanzkrise droht.

Die ZEIT wird dieser Rolle, die sie einst über Jahrzehnte verantwortungsvoll ausübte, und für die Namen wie Marion Dönhoff, Theo Sommer, Rudolf Walter Leonhardt und viele andere standen, nicht zuletzt Verleger Gerd Bucerius, immer weniger gerecht, offenbar angetrieben von dem Drang, dem Publikum noch mehr zu gefallen, um so die Verkaufszahlen zu steigern.

Nun rächt sich, dass Verleger Gerd Bucerius, der 1995 als Milliardär verstarb, es nicht für nötig hielt zu verfügen, sein Vermögen, das er in die Gerd und Ebelin Bucerius Stiftung einbrachte, ggf. auch zum Erhalt der ZEIT zu nutzen und diese zum Dauer-Eigentümer des Blattes nach seinem Tode zu machen, und es damit es ggf. auch über Durststrecken flott zu halten.
So wurde dann die ZEIT bereits kurze Zeit nach seinem Tode an die Holtzbrinck-Gruppe verkauft.

Über viele Jahre hinweg, in den 50er und zu Beginn der 60er Jahre, war die ZEIT ein Zuschussbetrieb. Bucerius deckte das finanzielle Defizit durch dicke Überschüsse, welche seine Illustrierte STERN, unter Chefredakteur Henri Nannens Regie, einbrachte, bis die ZEIT Mitte der 60er Jahre schließlich anfing, schwarze Zahlen zu schreiben.

Bucerius konnte sich offenbar nicht vorstellen, dass eines Tages die Printmedien, dank des Internets, so ins Schleudern kommen würden.

Noch hat dieser Trend erst die Tageszeitungen, wie die Frankfurter Rundschau erreicht, aber auch in den Magazinen und Periodika wird mittlerweile kräftig gespart.

Alledings: Zugeständnisse an den Publikumsgeschmack, Kritzelseiten wie die ZEIT der Leser und ähnlicher Popanz, distanzlose Artikel, wie die der Sabine Rückert haben nichts mehr mit dem eigentlichen Anspruch der Wochenzeitung ZEIT zu tun, liberale Meinungsführerschaft im besten Sinne zu repräsentieren. Sie sind vielmehr geeignet, eine ganze Reihe von ernstzunehmenden Lesern zu vertreiben.

Theo Sommer schrieb einst….
Noch einmal sei zitiert, was Ex-ZEIT Herausgeber und jetzt Editor at large der ZEIT Theo Sommer schrieb, als es 1994 beim Spiegel kriselte:

„Soll die gewollte Anspruchslosigkeit des gedruckten Fernsehens auch die bisher noch der Seriosität verhafteten Zeitungen und Zeitschriften in seichte Gewässer zwingen? Eine Kultur-Havarie wäre die Folge. Eine Havarie auch unserer politischen Kultur.

Demokratie ist nach der klassischen Definition „government by discussion“. Sie lebt vom öffentlichen Räsonieren, vom intelligenten Diskurs. Beides setzt Sachinformation , Tiefenanalyse und ernsthaften Richtungsstreit voraus: Aufklärung, nicht Infotainment, publizistische Prinzipien, nicht bloss Marketingstrategien; den Willen, Meinung zu bilden, nicht nur den Drang, das Publikum zu unterhalten
Zitiert nach Karl-Heinz Janssen Die Zeit in der ZEIT 1996, S.348

Fritz J. Raddatz verlor das Feuilleton-Resort seinerzeit wegen eines Fehlers.
Sabine Rückert aber darf weiter erbärmliche Artikel veröffentlichen, die Marion Dönhoff ihr vermutlich um die Ohren gehauen hätte.

Und der ehemalige stellvertretende ZEIT-Chefredakteur und jetzige ZEIT-Reporter Matthias Nass (mit-) organisiert die Bilderberg-Geheim-Konferenz, die in der nächsten Woche vom 9.-12 Juni in St. Moritz/Schweiz stattfindet, und die eine unakzeptable Verhöhnung von Demokratie und Pressefreiheit darstellt.

Wie sagten doch die Römer? Sic transit gloria mundi – genau.

Der Kachelmann-Prozess und seine Verlierer“
Der Fall Kachelmann oder: Wenn Journalismus vor die Hunde geht“

In drei Wochen: Bilderbergkonferenz in St. Moritz/Schweiz
Alle Jahre wieder die Bilderberg- Konferenz – oder: Verhöhnung von Demokratie und Öffentlichkeit
DIE ZEIT: Liberale Meinungsführerschaft ade? – ein Einwurf
Die ZEIT – eine führende Wochenzeitung auf dem Weg zum „Musikdampfer“?

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Aegis klagt gegen „Basler Zeitung“ und „Sonntags-Zeitung“

onlineredaktion – Die britische Sicherheitsfirma Aegis Defence Services hat die Verlage von „Basler Zeitung“ und „Sonntags-Zeitung“ eingeklagt. Sie wirft ihnen Verletzung von Persönlichkeitsrechten und Verstösse gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb vor. Die Zeitungen bestreiten die Vorwürfe.

Die Klage sei im März eingereicht worden, bestätigte der Rechtsvertreter der „Basler Zeitung“ (BaZ) am Freitag eine Vorabmeldung des Medienmagazins „EDITO + KLARTEXT“. Aegis Defence Services wirft den Zeitungen vor, dem Unternehmen mit schwerwiegenden Verunglimpfungen finanziell geschadet zu haben.

Die BaZ hatte im vergangenen August berichtet, dass Aegis einen Holding-Sitz in Basel eingerichtet hat. Das Thema wurde in der Folge auch von anderen Medien aufgenommen und führte zu politischen Vorstössen.

Die Klage hält der BaZ nun aber falsche Behauptungen sowie unwahre und verletzende Berichte vor. Die BaZ habe die Firma weder mit den erhobenen schweren Vorwürfen konfrontiert noch sie dazu angehört. Gefordert werden rund 268’000 Franken Schadenersatz und ein Verbot, bestimmte Aussagen zu wiederholen.

Die BaZ sowie – gemäss „Tages-Anzeiger“ vom Freitag – auch der Verlag der „Sonntags-Zeitung“ weisen die Vorwürfe zurück.

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Huffington Post und seine Blogger-Zulieferer: Eine Zusammenarbeit endet vor Gericht

Dr. Alexander von Paleske — 14.4. 2011 —
Die werbefinanzierte US Internet-Tageszeitung Huffington Post, gegründet im Jahre 2005 von der umtriebigen Arianna Huffington, zieht mittlerweile 25 Millionen Besucher pro Monat an. Tendenz: weiter steigend.

Damit ist der Huffington Post etwas gelungen, was bisher keinem Internetauftritt von Tageszeitungen gelungen ist: ordentlich Geld zu verdienen. Der Grund: Wofür Medien bisher bezahlen mussten, nämlich die Artikel von Journalisten, das bekam die Huffington Post gratis.

Die Huffington Post erstellt die Artikel meist nicht selbst, abgesehen von Kommentaren, sondern bekommt sie angeliefert – kostenlos – von Bürgerreportern, Bürgerjournalisten, Bloggern und Prominenten, die sich freuen, wenn ihre Artikel und Bilder dort erscheinen. Jedenfalls bisher.

Die rund 200 von ihr angestellten Journalisten, darunter einige von renommierten Blättern wie der New York Times abgeworben, nehmen die kostenfreie Ware in Empfang, filtern Schwachsinn, Blödsinn und groben Unfug heraus, editieren, wenn nötig, und Juristen scannen die Beiträge auf Prozessverdächtiges, um es dann ggf. zu entschärfen bzw. rauszuwerfen.

Qual der Wahl – wie lange noch?
Die Zahl der Einsender ist riesengroß, die Huffington-Post-Leute können auswählen, auch Qual der Wahl genannt.

Das könnte sich jedoch bald ändern.
Das Wikipedia-Prinzip, nämlich kostenlos anzuliefern, funktioniert auf Dauer wohl nur, wenn der Verwerter ebenfalls von Altruismus getrieben ist, was ja nicht ausschließt, ein angemessenes Gehalt zu verdienen. Und davon sind wohl auch etliche der Artikel-Zulieferer ausgegangen.

Das sollte sich bei der Huffington Post jedoch als großer Irrtum erweisen.

Von Null auf 315 Millionen
Die HuffingtonPost wurde vor zwei Monaten an AOL für 315 Millionen US Dollar verkauft.
Von Null auf 315 Millionen in weniger als 6 Jahren. Wie schön.

Die Blogger, die mit ihren Beiträgen die Huffington Post erst zu dem gemacht haben, was sie heute ist, sehen allerdings von diesem Geld keinen Cent. Vorläufig jedenfalls . Der Verkaufserlös wandert ausschließlich in die Taschen von Arianna Huffington.

Verständlich, dass die Zulieferer sich hereingelegt fühlen, denn sie glaubten, dass die Huffington Post dem Modell Wikipedia näherstünde als den Geschäftsprinzipien eines Rupert Murdoch. Dass, nachdem die Huffington Post, wie zuletzt, Geld verdient, sie dann auch anteilig bezahlt würden. Mit einem Verkauf der Huffington Post hatte offenbar niemand gerechnet.

Dieser Irrtum könnte in Zukunft eine ganze Reihe von hochkaratigen Bloggern davon abhalten, der Huffington Post weiter zuzuarbeiten.

Endstation Gericht
Nun also hat der Blogger , Publizist und Gewerkschafter Jonathan Tasini die Huffington Post mit einer Class Action auf Zahlung von 105 Millionen Dollar verklagt.

Es wird sich zeigen, ob diese Klage Erfolg hat, man darf daran zweifeln. Wer statt einem schriftlichen Vertrag und ohne zumindest feste mündliche Zusagen auf das Prinzip Hoffnung setzt, dem steht bestenfalls ein Luftschloss zu – wenn überhaupt.

Auch in Deutschland gibt es erste Versuche seitens der Medien, sich kostenlos, oder zumindest billigst, Material zuliefern zu lassen, die Bild-Zeitung über die Leser-Fotos mithilfe der Vado-Kameras, der Internetauftritt der Wochenzeitung Die Zeit über Leserartikel.

Was fehlt – gerade auch in Deutschland – ist eine Internetzeitung wie die Huffington Post, aber als echte journalistische Plattform, welche verstreute anspruchsvolle Bloggerbeiträge sammelt, als Tageszeitung herausbringt und nicht dem „Geschäftsmodell“ der Huffington Post folgt.

Medienartikel
Frankfurter Rundschau – ein überregionales Traditionsblatt wird zur Regionalbeilage?
Murdoch, Huffington-Post und das Wikipedia-Prinzip

Eine Plage im Internet: Die Basher
Frankfurter Rundschau: „Kastration“ als Überlebensprinzip

Bodo Hombach und die Zukunft der Tageszeitungen – oder: Lokalteil hat Zukunft, WAZ macht Zukunft?
linkFAZ: Ein Artikel verschwindet oder: Telefonierte Bodo Hombach mit der FAZ?
Umsonst ist nicht angemessen? – oder: Ist das Zeitungssterben aufzuhalten?
Nach den Banken nun die Zeitungen?
Gruner und Jahr Verlag: Trübe Aussichten, finanziell und journalistisch
Die neue Gruner und Jahr Story oder: Von Gruner und Jahr zu Anzeigen und Spar
Der Fall Hypo Alpe-Adria (Skandalpe) – Eine Abschlussbetrachtung
Darfs ein bisschen weniger sein? Oder: Neues zum Niedergang des Qualitätsjournalismus
Josef Joffe und das Gespenst des drohenden Todes der Tageszeitungen
Alles frei?– oder: Der Streit um das Urheberrecht und seine Vergütung

Zu Murdoch
Rupert Murdoch – Citizen Kane in der Aera der Globalisierung
Rettet Rupert Murdoch den guten Journalismus?
Botschaft eines Kraken aus der Medienwelt.