Medizin

Südafrika: Wenn Ärzte das Handtuch werfen

Dr. Alexander von Paleske — 11.6. 2014 —-
In der Wochenzeitung DIE ZEIT“ erschien am 22.5.2014 auf Seite 71 ein Artikel „Mehrere Messerstiche“


DIE ZEIT vom 22.5. 2014

Darin schildert ein angehender deutscher Arzt im letzten Jahr des Medizinstudiums seine Erfahrungen während eines achtmonatigen Praktikums im grössten südafrikanischen Krankenhaus der Maximalversorgung mit 3200 Betten, dem Chris Hani-Baragwanath Hospital, kurz auch „Bara“ genannt.


Chris Hani-Baragwanath Hospital

Das Krankenhaus liegt in Soweto / Johannesburg, mit einem Einzugsgebiet von fünf Millionen Menschen.

60 bis 100 Patienten werden pro Nacht in der chirurgischen Ambulanz behandelt – von vier Ärzten.

Der angehende Mediziner aus Hannover berichtet von schwersten Verletzungen, oft das Ergebnis von Gewaltdelikten. Eine Herausforderung, in ärztlicher aber auch und gerade in menschlicher Hinsicht.

Schwere Verletzungen – unerfahrene Ärzte
Die Patienten treffen auf Ärzte, die gerade erst ihr Studium beendet haben, und nun diese Schwerstkranken versorgen müssen, wo in Deutschland erfahrene Oberärzte für derartige Verletzungen regelmässig zumindest zugezogen werden.
In Südafrika dagegen heisst das Motto:

See one, do one, teach one

Einmal gesehen, dann selbst gemacht und sofort das Wissen weitergegeben.Medizinische Weiterbildung im Schnellstverfahren – klaffende Erfahrungslücken inklusive.

Offenbar hatten diese Erfahrungen den Autor Sebastian Reichert ermutigt, zumindest für eine begrenzte Zeit nach Abschluss der Facharztausbildung wieder nach Afrika zurückzukehren, weil er hier gebraucht würde.

Eine Ärztin gibt auf
Fast zur gleichen Zeit, erschien ein Bericht ganz anderer Art in Buchform, verfasst von der südafrikanischen Ärztin Maria Phalime, aus Soweto stammend, die nach mehrjähriger ärztlicher Tätigkeit schliesslich das Handtuch geworfen hat. Titel des Buches:

Postmortem – The doctor who walked away.

Unerträgliche Zustände, mit denen der deutsche Mediziner im Praktischen Jahr für eine paar Monate konfrontiert war, und die er als Erfahrungsbereicherung ansah, führten bei der der gennannten Ärztin nach ein paar Jahren im Dauerstress zu einem totalen „Burnt out“- Syndrom, sodass sie schliesslich den ärztlichen Beruf an den Nagel hängte. Und dies, obgleich ihr mehrere hart umkämpfte Facharzt-Weiterbildungsstellen in renommierten Krankenhäusern angeboten worden waren.


70 % der Ärzte emigrieren oder geben auf

Die Ärztin steht jedoch, wie sie aufgrund eigener Recherchen feststellen konnte, keineswegs allein da. Rund 70% aller in Südafrika ausgebildeten Ärzte verlassen das Land und / oder den Beruf.


Buchbesprechung Mail & Guardian 6.6.2014

Maria Phalime beschreibt, wie wenig die Ärzte während des Medizinstudiums mental auf das vorbereitet wurden und werden, was sie dann erwartet:

– Ständig wiederkehrende Verletzungen durch Gewaltdelikte, das Ergebnis einer Gewaltkultur in den Townships, die sich unter dem Apartheidregime ausgebreitet hatte, dann perpetuiert durch die hohe Jugendarbeitslosigkeit, verbunden mit Perspektivlosigkeit und Drogenkonsum.

– Die Gangs, die sich gegenseitig bekriegen, zu jeder Form der Gewaltkriminalität bereit sind, und diese Auseinandersetzungen bis in das Krankenhaus hinein fortsetzen.

– Der unzureichende Schutz des medizinischen Personals vor körperlicher Gewalt, auch von Patienten

– Die offenbare Gleichgültigkeit und / oder Hilflosigkeit der Regierung gegenüber diesen Zuständen in den Townships. Mittlerweile greifen die Township-Bewohner zur Selbsthilfe – bis zur Lynchjustiz – wie die Tageszeitung STAR gestern berichtete.


STAR vom 10.6. 2014

– Die völlig unzureichende Versorgung mit Medizinern

– Die ständige Gefahr für das medizinische Personal, sich mit Tuberkulose zu infizieren, mittlerweile auch der medikamentenresistenten TB. Aber auch die Gefahr, über Stich- oder Schnittverletzungen sich mit HIV zu infizieren.

– Die oftmals anzutreffende Gleichgültigkeit der Krankenhaus-Administration gegenüber den Problemen des Ärzte- und Pflegepersonals angesichts dieser Zustände, aber auch angesichts der limitierten Ressourcen (Personal, Geräte, Medikamente)

– Den Platz als Mediziner angesichts dieser frustrierenden Situation zu finden.

Während in Deutschland Mediziner vielfach das Handtuch werfen, weil sie es satt haben, zu Computer-Bürokraten zu verkommen, und nutzlose Therapien zu verabreichen, bzw. wegen der jeweiligen Fallpauschale auch überflüssige Eingriffe vorzunehmen, nur weil sie Geld ins Haus spülen, ist es das Übermass an Anforderungen, welche manch einen der Ärzte in Südafrika zur Aufgabe bringt, abgesehen von der hohen Kriminalitätsrate ausserhalb des Krankenhauses.

Gemeinsam ist beiden, dass sie die Auswirkungen einer Politik auszubaden haben, die nicht das Wohlergehen der Patienten im Auge hat; verbunden mit einem akzeptablen Arbeitsumfeld für das medizinische Personal..

Zur Lage im deutschen Gesundheitswesen:

Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen

Arzt zu Schmerzensgeld wegen Verletzung der Aufklärungspflicht verurteilt – richtiges Urteil?
Ärzte und Medizinzeitschriften als „Prostituierte“ der Pharmaindustrie?
Sinkende Bereitschaft zur Organspende und Vertrauensverlust: Die Folgen der Ärzteskandale in Deutschland

Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:

Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32

Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012

Medizin

Wie gefährlich ist das MERS-Virus wirklich?

Dr. Alexander von Paleske —– 18.5. 2014 —–
Vor einem Jahr waren es 28 Infizierte und 18 Tote, mittlerweile sind es mehr als 150 Menschen, die an der Erkrankung Middle East Respiratory Syndrome (MERS), zunächst New Corona Virus (NCoV) Infektion genannt, verstorben sind, 20 Patienten allein in der letzten Woche.

Bei mehr als 600 Untersuchten wurde mittlerwele das Virus nachgewiesen, davon allein 400 in den letzten sechs Wochen. Die allermeisten in Saudi Arabien, bzw. Reisende, die aus Saudi-Arabien zurückkehrten.

Die Zahl der Infektionen steigt nicht mehr langsam an, sondern plötzlich deutlich: das deutetet auf den Beginn einer Epidemie hin.

Gleichwohl wird nach wie vor abgewiegelt, verharmlost: Die saudische Regierung führt die zunehmende Zahl auf eine breitere Diagnostik zurück. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO), der wir in anderem Zusammenhang schon Schlafmützigkeit vorwarfen, hat entschieden, keine höhere Sicherheitsstufe auszurufen. Die Fälle seien „lokal begrenzt“ und der gegenwärtige Anstieg ihrer Zahl habe „womöglich triviale Ursachen“.

Mehr noch: einerseits wird die Übertragung von Mensch zu Mensch als „nicht bewiesen“ hingestellt, anderseits erklärt Tarik Jasarevic, Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO):

Uns geht es jetzt darum, herauszufinden, wie der Erreger von Kamelen auf Menschen überspringt. Es gibt Hinweise, dass die Symptome bei einer Ansteckung von Mensch zu Mensch weniger schwerwiegend sind, als wenn der Erreger vom Tier auf den Menschen übergeht.“

Woher kommt das Virus, und wie wird es übertragen?
Eine wichtige Rolle spielen offenbar Kamele. In einer Studie im Jahre 2013 zeigten 90% untersuchter Dromedare in Saudi-Arabien Antikörper gegen das MERS-Virus, nicht hingegen bei Kamelen in Europa (z.B. in Zoos).

Ebenfalls zeigten sich im Blut von 50 untersuchten omanischen Kamelen bei allen Antikörper gegen das MERS-Virus, wie die angesehene Medizinzeitung Lancet Infectious Diseases bereits im vergangenen Jahr berichtete.

Offenbar überstehen diese Tiere – anders als Menschen – die Infektion ohne grössere Probleme. Wie lange diese Tiere Virusträger sind, und damit eine infektiöse Gefahrenquelle darstellen, ist jedoch völlig unklar.


Kamele ……..MERS-Virus-Antikörper nachgewiesen.
Screenshot: Dr. v. Paleske

Was wir bisher wissen
Das Virus ist entschlüsselt: es wurde im Jahre 2012 von dem Virologen Ron Fouchier des Erasmus Medical Center (EMC) in Rotterdam sequenziert, nachdem er eine Gewebsprobe eines an einer unbekannten Lungenerkrankung mit Nierenversagen in Saudi Arabien verstorbenen Patienten, von dem dort tätigen ägyptischen Virologen Mohammed Zaki zugeschickt bekam.

Fouchier liess sich auch gleich noch ein Patent für seine Erkenntnisse erteilen – wie schön.

Übertragung nur in Umrissen
Die Übertragung des Virus ist hingegen nur in Umrissen bekannt
Das eigentliche Virusreservoir sind, wie bei einigen anderen Viruserkrankungen, genannt seien Tollwut und Ebola, vermutlich Fledermäuse.

Die Kamele haben offenbar als Zwischenstation auf dem Wege zum Menschen gedient, so wie das Geflügel für die H7N9 Virusinfektion..

Mittlerweile geht es jedoch nicht mehr nur um Kamele, sondern um die Infektion von Mensch zu Mensch. Das Virus brauchte offenbar die Kamele zu Mutationen, um dann auf den Menschen überzuspringen.

Zunächst zum Virus:
Es handelt sich um ein Coronavirus, benannt nach den Spikes auf seiner Aussenhülle.


Corona-Virus (schematisch)


Corona Virus – EM-Aufnahme

Bei Vögeln und Säugetieren sind Coronaviren als Erreger von schwerer Bronchitis und Gastroenteritis (Magen-Darminfektionen) bekannt.

Bis zum Auftreten der SARS-Epidemie 2002 / 2003, die ebenfalls durch ein bis dahin nicht als humanpathogen bekanntes Coronavirus ausgelöst wurde, waren nur 4 Typen von humanpathogenen Coronaviren bekannt, die bei Menschen die oberen Atemwege befallen, aber vergleichsweise nur milde Erkrankungen hervorrufen.
Diese Corona-Viren werden für 10-25% aller Schnupfenfälle, Enzündungen des Rachens und des Mittelohres verantwortlich gemacht.

Auch der Magen-Darmtrakt kann befallen werden, und ganz selten kann eine schwerst verlaufende sog. nekrotisierende Darmentzündung bei Neugeborenen hervorgerufen werden.

Die neuen humanpathogenen Corona-Viren
Zur Übertragung von Fledermäusen auf Tiere, bzw. von befallenen Tieren auf Menschen müssen Mutationen stattgefunden haben, die eine Adaption zunächst an eine andere Tierart und dann an den Menschen ermöglichten.

Bei der SARS-Infektion waren es Zibetkatzen, beim neuen MERS Virus sind es offenbar Kamele, andere Haustiere können aber nicht ausgeschlossen werden. Die bisher bekannt gewordenen Zahlen lassen zwei Schlüsse zu:

1. Die Übertragungsrate war anfangs offenbar gering, aber anders, als zuerst angenommen, ist die direkte Übertragung von Mensch zu Mensch möglich, und jetzt offenbar häufiger. Dafür ist allerdings eine körperliche Nähe zu der Infizierten Person erforderlich, vermutlich weil eine grössere Menge infektiösen Material zur Übertragung notwendig ist (Tröpfcheninfektion nach Niesen und Husten ). Vermutlich auch, weil das Virus ausserhalb der Körpers nicht überlebensfähig ist.

2. Die Letalität, d.h. der Prozentsatz der Infizierten, der an der Infektion stirbt ist aber sehr hoch, sie liegt bei rund 30%, insbesondere wenn der Patient noch an anderen Erkrankungen wie z.B. Diabetes leidet.

Das Virus vermehrt sich erst in den oberen Atemwegen (Nase, Rachen), alsdann findet ein Etagenwechsel in die Lunge statt, mit einer schweren Lungenentzündung bis zum Respiratory Distress Syndrom, dem Lungenversagen.

Bakterielle Superinfektionen können komplizierend hinzukommen.
Auch die Nieren können befallen werden, mit der Folge des Nierenversagens.

Bei der SARS-Epidemie im Jahre 2002 /2003 war es genau umgekehrt: Die Ansteckungsrate war hoch, das Virus war ausserhalb des Körpers für 1-2 Tage überlebensfähig, die Letalität (Todesrate) betrug jedoch „nur“ 10%.
Gleichwohl gelang es, die Infektion unter Kontrolle zu bekommen

– durch strikte Isolierung aller Kranken

– durch Unterbindung der Virusübertragung von befallenen Tieren zu Menschen

Die Folge: Die Epidemie verschwand – trotz der hohen Infektiosität
All das war auch einer energischen und konsequenten internationalen Zusammenarbeit zu verdanken.

Bei dem MERS-Virus hat, wie die Dynamik erkennen lässt, die Infektiosität sich offenbar deutlich erhöht.

Was sollte getan werden?
Angesichts der Gefährlichkeit des Virus müssten aller Knöpfe gedrückt werden, um der Ausbreitung dieser Krankheit zu begegnen:

– Unverzügliche Klärung, wie lange das Virus von Kamelen ausgeschieden wird und wo

– Sofortiges Verbot der Verbreitung von Kamelprodukten (Milch, Fleisch)

– Unterbindung der Kontakte Mensch-Kamele – soweit möglich.

– Durchforstung weiterer Haustiere nach Antikörpern gegen das MERS-Virus

– Sofortige und konsequente Isolierung aller Verdachtsfälle der Erkrankung, und maximaler Schutz des medizinischen Personals.

Obwohl das Virus seit zwei Jahren bekannt ist, wird zögerlich gehandelt, und stattdessen nach einem Impfstoff gerufen. Die SARS– Epidemie hat jedoch gezeigt, wie man erfolgreich den Ausbruch einer derartigen Krankheit unter Kontrolle bringen kann – ohne zu impfen. Die Impfung, so ein Impfstoff verfügbar, könnte sich auf bestimmte Risikogruppen beschränken, insbesondere das medizinische Personal.


Aufklärung über MERS in saudischen Fernsehen. Screenshot: Dr. v. Paleske

Darüber hinaus könnte es ratsam sein, Reisen nach Saudi-Arabien, so nicht dringend geboten, zu unterlassen. Gleiches gilt für Luftlinien, die am Golf stationiert sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine mehrstündige Flugreise in der Nachbarschaft eines Infizierten bzw. auf einem der Umsteigeflughäfen am Golf nicht doch ausreicht, um die Krankheit zu übertragen.

Die Empfehlung, sich von Atemwegserkrankten in Saudi-Arabien und den Golfstaaten tunlichst fernzuhalten, kann demgegenüber nur als Witz betrachtet werden. Derartige Patienten dürften wohl kaum ein Schild mit Diagnose MERS mit sich herumtragen, zumal die meisten selbst ihre Diagnose zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennen.

Mit dem Schlimmsten rechnen und das Äusserste dagegen tun, das wäre hier allerdings die richtige Antwort, nicht aber die Verharmlosung.

Wie gefährlich ist das neue Corona-Virus NCoV?

Vogelgrippe H7N9 in China: Eine neue gefährliche Epidemie?

Medizin

Antibiotikaresistenz – eine Warnung vom „Schnarchverein“ Weltgesundheitsorganisation (WHO)

Dr. Alexander von Paleske — 1.5. 2014 —-Gestern ging es durch alle Medien: Die WHO warnt vor der weltweiten Antibiotikaresistenz.

Diesmal nicht am 7.4.
Normalerweise macht sie das am 7.4. dem Weltgesundheitstag. Dieses Jahr kommt es etwas verspätet, aber nicht minder heftig.
Die Botschaft ist zwar deutlich: Wir steuern auf eine Nach- Antibiotika-Ära zu, selbst banale Infektionen können nicht mehr wirkungsvoll behandelt werden und zum Tode führen.
Aber die Warnung kommt spät, sehr spät. Denn das Problem der Antibiotika-Resistenz, und die daraus resultierenden Gefahren, sind seit Jahren bekannt.

Die Chief Medical Officer der britischen Regierung verglich bereits im Januar 2013 die Gefahr der Antibiotikaresistenz mit der Terrorismusgefahr und der Gefahr der Klimaveränderung.

Deutsche Spitzenforscher warnten ebenfalls im Januar 2013 vor den Gefahren.

Keine konkreten Vorschläge
Detaillierte Vorschläge, wie dieser Gefahr wirksam zu begegnen sei, fehlten jedoch weitgehend, insbesondere die katastrophale Rolle, welche die Massentierhaltung dabei spielt.

Erstmalig weist der Vertreter der WHO, Keiji Fukuda, immerhin darauf hin:

dass die Weltagrarorganisation FAO seit einigen Jahren versucht, große Tierhalter über freiwillige Vereinbarungen zu einem verantwortungsvollen Einsatz von Tiermedikamenten insbesondere aber Medikamenten zu bringen, die auch in der Humanmedizin zum Einsatz kommen. Dem haben sich zwar viele Firmen angeschlossen.
Doch der Erfolg ist bisher ziemlich überschaubar. Fukuda fordert einen globalen Aktionsplan, um dem Problem Herr zu werden. Zudem kündigte er an, dass die WHO Länder bei der Überwachung der Resistenz von Keimen unterstützen will, in der pazifischen Region reicht diese Kooperation sogar schon bis in die 1980er Jahre zurück.


Keiji Fukuda Screenshot: Dr. v. Paleske

Zahlen sprechen für sich
Die Zahlen über den jeweiligen Antibiotikaverbrauch sprechen jedoch eine deutlichere Sprache:

– In der Tiermast werden in Deutschland rund 1700 Tonnen Antibiotika pro Jahr verfüttert meistens ins Trinkwasser gekippt, da eine automatische Futterbeimischung in der EU – anders als noch in den USA – seit 2006 nicht mehr zulässig ist.

– Gleichwohl ist der Verbrauch von Antibiotika in den Tierfabriken nicht zurückgegangen, ganz im Gegenteil: weiter angestiegen, zumal die Zahl der von den Tierfabriken ausgestossenen Tierkörper noch weiter zugenommen hat.

Die in der Tiermedizin verbrauchte Menge ist damit 40 mal so hoch, wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und immer noch 7 mal so hoch, wie in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.

Auch diese Zahlen – Schreckenszahlen
Auch diese Zahlen sollen genannt werden: Allein in Niedersachsen gibt es:

– 1040 Betriebe mit insgesamt 36,5 Millionen Masthühnern, wobei ein Durchgang rund einen Monat dauert, das macht fast 400 Millionen pro Jahr.

– 398 Puten-haltende Betriebe mit insgesamt 4,9 Millionen Tieren

– 10.400 Halter von fast 4,5 Millionen Mastschweinen

Das sind Zahlen von 2011 aus einem Bericht des niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung.

Damit stellt Niedersachen rund 50% der deutschen Tierfabriken und damit 50% des Gesamtausstosses an Fabrikfleisch in Deutschland.

Von der Tierfabrik in die Gülle, dann in die Nahrung
Mit der Gülle aus diesen Fabriken, die auf Feldern landet, kommen die resistenten Keime in die Nahrungskette – oder gleich direkt mit den ausgelieferten Produkten.

Es gibt daher nur einen Ausweg, die sich anbahnende Katastrophe zu verhindern: das Verbot der Massentierhaltung.

Vor dieser Forderung, die auf der Hand liegt drückt sich die WHO, drücken sich die Grünen, die schwafeln vom „Zurückdrängen“, drückt sich selbstverständlich die Bundesregierung.

Schlimmer noch: der brandenburgische SPD-Agrarminister Jörg Vogelsänger fordert gar eine Ausweitung der Massentierhaltung.

Das jetzt verschärfte Arzneimittelrecht, das eine Berichtspflicht über den Antibiotikaverbrauch vorsieht, wird an den unerträglichen Zuständen ebenso wenig ändern, wie die Novelle von 2006 es seinerzeit getan hat.

Warnungen verpuffen
So verpuffen sämtliche Warnungen, da ohne Forderungen nach drastischen Massnahmen. Stattdessen wird auf den ungezügelten Verbrauch in der Humanmedizin verwiesen. Keine Frage: Dieser Verbrauch muss gedrosselt und die Hygiene im Krankenhaus verbessert werden, aber entschärft bestenfalls ein Teilproblem.

Forderungskatalog der WHO …..Witz lass nach.

Als weitere unbedingt erforderliche internationale Massnahmen seien genannt:

1. Die Verschreibungspflicht sämtlicher Antibiotika, die bisher in vielen Ländern auf Marktplätzen und in Shops frei erhältlich sind.

2. Die Verbesserung der Krankenhaushygiene, und die Dekontaminierung der Krankenhausabwässer, damit resistente Keime erst gar nicht in die Umwelt gelangen.

3. Entwicklung neuer Antibiotika

4. Schliesslich, und das wird in dem WHO-Bericht erst gar nicht behandelt: Die Qualitätskontrolle von Medikamenten im Allgemeinen und Antibiotika im Besonderen.

15% aller Medikamente weltweit halten keiner Qualitätskontrolle stand, in einigen Ländern der 3. Welt sind es bis zu 80%.

Oftmals handelt es sich schlicht um Scheinmedikamente, vielfach jedoch auch um unterdosierte Medikamente, die eine Gefahr für den Patienten und eine Gefahr der Resistenzentwicklung darstellen.

Hier hat die WHO völlig geschlafen.

Das alles ist allerdings keine Überraschung, wenn man sich die Personalstruktur dieser Organisation ansieht: Hier kämpfen Seilschaften teiweise gegeneinander, behindern sich gegenseitig, und verbrauchen einen Riesenetat, ohne dass jemals überprüft wurde, wie es um die Effizienz aussieht.

Viel muss sich ändern, damit endlich etwas geschieht.

Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
linkGrüne Woche vorbei, die Massentierhaltung bleibt – Oder: Wieviel Torheit darf’s denn sein?
linkNeue Hiobsbotschaften zur Antibiotika-Resistenz – Massnahmen dagegen nicht in Sicht
linkDer ARZNEIMITTELBRIEF zur Krise der Antibiotikaresistenz
linkGrossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Will Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner uns für dumm verkaufen? – Ein Kommentar zur geplanten Reform des Tierarzneirechts
Verband zur Förderung der Massentierhaltung Deutschlands (VEFMAD) dankt der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner


Zu Medikamenten ohne Wirkstoffe

Medikamente ohne Wirkstoffe – ein hochlukratives Geschäft mit tödlichen Folgen
Weltgesundheitsorganisation (WHO) – ein teurer, bisher zahnloser Tiger im Kampf gegen gefälschte Medikamente

Zur Tuberkulose
Tuberkulose, Südafrika und deutscher Journalismus
Tuberkulose – nicht nur am 24.3., dem Welt-Tuberkulosetag
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Medizin

World Health Summit in Berlin – ein Kongress schafft sich ab

Dr. Alexander von Paleske —– 14.4. 2014 —-
Als im Oktober 2009 erstmals der mit grossem Getöse veranstalte World Health Summit, der Welt-Gesundheitsgipfel stattfand, da gab es Proteste und Gegenveranstaltungen organisiert von den Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen (NGO´s)

Name eine Anmassung
Schon der Name „World Health Summit“ war und ist eine einzige Anmassung, ein Gipfel der Anmassung sozusagen. Die globalen Probleme im Gesundheitswesen kamen bestenfalls am Rande vor, dafür nebensächliche Themen wie „Raumfahrtmedizin“, wir berichteten darüber.

Grosser Raum wurde den Pharma-Firmen eingeräumt, die auch zu den Hauptsponsoren gehörten.

Das Mantra der jährlichen Veranstaltungen, die letztes Jahr auch noch im Auswärtigen Amt stattfand: Verbesserte Gesundheitsversorgung weltweit durch Zusammenarbeit und offenen Dialog, Bestimmung der Agenda für die Forschung von morgen, und Gesundheitserziehung.

Denkmal für einen Emeritus
Es drängte sich der Eindruck auf, hier wollte der ehemalige Chef der Berliner Charite, Detlev Ganten, sich eine Art Denkmal setzen. Die Auswahl der Themen waren dann auch dementsprechend.

Motto: „Du, die Pharmabranche und die Gesundheit der Welt“.

Leider hatte der Chefredakteur der führenden Medizinzeitung Lancet , Richard Horton, sich für diese Veranstaltung stark gemacht, und durch seine Präsenz versucht, ihr nicht verdientes Gewicht und globale Aufmerksamkeit zu verschaffen.

Ich habe ihn seinerzeit in einem offenen Brief dafür heftig kritisiert.

Nun musste Richard Horton in einer Stellungnahme in der jüngsten Ausgabe des Lancet vom 5.4. 2014 Seite 1195 einräumen, dass beim World Health Summit letztes Jahr die wissenschaftlichen Vorträge nur schwach besucht, und das Ganze mehr einer Art Betriebsausflug, denn einer ernsthaften wissenschaftlichen Veranstaltung glich.

Im Übrigen hätten die Kongresse nichts Bleibendes bewirkt – wie sollten sie auch.

Mit anderen Worten: der von vorneherein kranke Kongress in Berlin segelt offenbar ins Siechtum.

Die Regionalkongresse des World Health Summit – stark den Regionalveranstaltungen des World Economic Forum nachempfunden – vergangene Woche fand einer in Rio de Janeiro statt – werden wohl noch eine Weile weiterlaufen.

Aber auch sie tragen nichts zur Lösung der drängenden globalen Probleme im Gesundheitsbereich bei, wie wir schon vor einem Jahr anlässlich der Regionalveranstaltung in Singapur kritisierten.

Untaugliche Wiederbelebungsvorschläge
Die von Richard Horton gemachten Vorschläge zur Belebung der Health Summits in Berlin sind kaum geeignet, diesen nutzlosen Veranstaltungen neues Leben einzuhauchen.

Diese Veranstaltungen sind ein Ärgernis, nichts weiter.

Die Presse hatte schon früher bemerkt, dass es sich im Prinzip bestenfalls um heisse Luft handelte und schenkte dieser jährlichen Veranstaltung in Berlin kaum noch Aufmerksamkeit.

Sicherlich kein Fehler.

World Health Summit in Berlin: viel heisse Luft – ohne Bedeutung für die Lösung der globalen Gesundheitsprobleme
Regional World Health Summit Asia – Nichts als ein Etikettenschwindel
World Health Summit in Berlin: Heisse Luft als Antwort auf weltweite Herausforderungen
2. World Health Summit – Ein weiterer Heißluftballon steigt in den Berliner Kongress-Himmel

Medizin

Tuberkulose – auch nach dem Welt-Tuberkulose-Tag

Dr. Alexander von Paleske —— 13.4. 2014 —
Das Thema Tuberkulose (TB) tauchte am 24.3. dem Welt-Tuberkulose-Tag, kurz in der Presse auf und verschwand dann wieder.

Die Tuberkulose als drohende globale Katastrophe verschwand natürlich keineswegs – jährlich erkranken fast 9 Millionen Menschen und 1,4 Millionen sterben daran – aber sie wird wohl erst pünktlich zum Welt-Tuberkulose-Tag im Jahre 2015 wieder in den Medien erscheinen. Derweil nehmen die Probleme in der Behandlung der Tuberkulose weltweit weiter zu.

Schlechte Nachrichten aus Südafrika
Die neuesten Schreckensnachrichten kommen aus der Republik Südafrika. Das Land hat eine der höchsten Tuberkuloseraten in der Welt. Dafür verantwortlich ist zu einem die HIV Epidemie, 50% aller HIV-infizierten Personen leiden im laufe ihrer HIV-Krankheit auch an Tuberkulose, 25% sterben daran. Mit der Rekonstitution des Immunsystems durch antiretrovirale Medikamente nimmt parallel dazu aber auch die Häufigkeit von Tuberkulose ab.

Nun rächt sich, dass unter der Regierungszeit von Staatspräsident Thabo Mbeki von 1999-2008 die HIV Seuche – gestützt von internationalen HIV-AIDS-Leugnern, darunter der Kieler Internist Claus Köhnlein und der österreichische Gynäkologe Christian Fiala – nicht als logische Folge der Virusinfektion angesehen, sondern allerlei pseudowissenschaftlicher Unfug über andere Kausalfaktoren verbreitet wurde. Patienten erhielten nicht die dringend notwendigen antiretroviralen Medikamente. Damit konnte sich die HIV Krankheit, und parallel dazu die TB, munter weiter ausbreiten.

Auch Mandela erkrankte
Der verstorbene Weltstaatsmann Nelson Mandela war 1986 selbst an Tuberkulose erkrankt, und konnte medikamentös geheilt werden. Damals lag die Inzidenz von TB in Südafrika bei 269 Fällen pro 100.000 Einwohnern (zum Vergleich Deutschland: 5 pro 100.000) .

Heute ist sie in Südafrika viermal so hoch und liegt bei rund 1000 Fällen pro 100.000 Einwohnern, vermutlich, angesichts der Dunkelziffer, noch deutlich höher.

Medikamenten-resistente Tuberkulose auf dem Vormarsch
Im Jahre 1986, als Nelson Mandela an TB erkrankte, gab es so gut wie kaum medikamenten-resistente Stämme von TB-Bakterien. Das hat sich gründlich geändert: Mittlerweile nehmen die Fälle von Multidrug-Resistenter Tuberkulose (MDR-TB), die auf zwei der
Erstlinien-Medikamente (Antibiotika) nicht mehr ansprechen, ständig zu.

Gleiches gilt für die XDR-TB, die extensiv Medikamenten-resistente TB, die auch auf Zweitlinienmedikamente nicht mehr anspricht. 18% der XDR-TB Patienten weltweit sind mittlerweile in Südafrika zu finden, rund 1500 Fälle pro Jahr. Dier Fälle von MDR-TB dürften um den Faktor 10 grösser sein.

Teure Behandlung
Die Behandlung der Medikamenten-resistenten TB ist teuer: Die Behandlung der unkomplizierten TB kostet rund 72 US Dollar, die der MDR TB kostet bereits 1200, und die der XDR TB 7200 US Dollar.
Schon jetzt gibt Südafrika rund 60% seines Gesamtbudgets zur Behandlung von TB für die MDR- und XDR-TB aus.

Ein nicht geringer Anteil der MDR-TB und der XDR-Fälle entsteht auf dem Boden einer nicht konsequent durchgeführten, oder gar abgebrochenen Behandlung einer ursprünglich nicht Medikamenten-resistenten Tuberkulose..

Aber die Hälfte der MDR-Fälle werden mittlerweile bei Patienten diagnostiziert, die nicht vorbehandelt waren, sich also bei Patienten ansteckten die an MDR-TB litten.

Südafrikanische Langzeitstudie mit alarmierenden Resultaten
Nun veröffentlichte die hochangesehene Medizinzeitschrift LANCET eine südafrikanische Langzeitstudie von 107 Patienten im Zeitraum von 2002 bis 2008:

(Lancet 5.4. 2014 S. 1230 – Long term outcomes of patients with extensively drug resistant tuberculosis in South Afrika: a cohort study

Untersucht wurde, wie viele Patienten tatsächlich von der XDR-TB geheilt werden können.

Ausserdem wie viele Patienten aus der Krankenhausbehandlung in die Gemeinschaft entlassen wurden, die an Lungen-XDR-TB litten, und in deren Auswurf nach wie vor Tuberkelbakterien zu finden waren, sie damit andere Menschen mit XDR-Tuberkulose anstecken konnten .

Die veröffentlichten Zahlen sind alarmierend und deprimierend zugleich:
.
-Trotz Behandlung mit gleichzeitig 8 verschiedenen Medikamenten waren nach 2 Jahren bereits 49 Patienten (46%) verstorben, und 25 (23%) hatten nicht auf die Therapie angesprochen.


XDR-TB: Viele Tabletten – wenig Heilung

– Nach vier Jahren waren 78 (73%) der Krankheit erlegen. 11 Patienten lebten zwar noch, die Therapie hatte aber zu keiner Heilung geführt.

– Von 45 Patienten, die aus der Krankenhausbehandlung entlassen worden waren, husteten 19, also fast die Hälfte, nach wie vor Tuberkelbakterien aus. Kaum überraschend steckten sie andere Personen mit XDR-TB an, was die aufgrund gentechnischer Untersuchungen der Tuberkelbakterien nachgewiesen werden konnte.

– Keine Überraschung war die Tatsache, dass HIV-positive Patienten, die antiretrovirale Medikamente einnahmen, eine bessere Prognose hatten.

– Obgleich Patienten, bei denen die Therapie nicht anschlug, eine hohe Sterberate aufweisen, so lebten sie im Mittel noch 19 Monate – eine genügend lange Zeit um andere Personen anzustecken.

Neue Medikamente – kleiner Hoffnungsschimmer
Gleichwohl gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer: Gleich zwei Medikamente haben sich als wirksam in der Behandlung der XDR-TB herausgestellt:

– das von der Firma Janssen entwickelte Bedaquiline,

– und das von der Firma Upjohn (jetzt Pfizer) entwickelte Linezolid,
ein bereits seit 2000 zugelassenes Antibiotikum, das bisher vorwiegend gegen multiresistente Staphylokokken (MRSA) zum Einsatz kommt.

Die Behandlung ist jedoch teuer: so kostet eine Tablette Linezolid bereits 18 Euro in staatlichen Krankenhäusern. Da sich die Behandlung bis zu zwei Jahren dahinzieht, macht das zusammen 13.140 Euro.

Hinzu kommen die Behandlungskosten für Bedaquiline, dessen endgültiger Preis noch nicht feststeht, aber kaum niedriger als der von Linezolid sein dürfte.

Für Länder, wo die Tuberkulose besonders grassiert, in Dritte Welt Ländern, unerschwinglich.


Kostenexplosion bei Medikamentenresistenz

Fortschritt, aber….
Bedaquiline, von der US-Zulassungsbehörde FDA im beschleunigten Verfahren zugelassen, während weitere Studien in Südafrika laufen, ist keineswegs nebenwirkungsfrei: es kann zu gefährlichen Herzrhythmusstörungen führen.

Bedaquiline ist zweifellos eine deutliche Verbesserung, aber kein Wundermittel, wie erste Studienergebnisse zeigen siehe hier.

Eine Totalheilung fast aller TB-Patienten, wie seinerzeit in den 60er Jahren nach Einführung der Dreier-Kombination von Medikamenten gegen die Tuberkulose, ist bei der XDR-TB nach wie vor nicht in Sicht.

Die globalen Anstrengungen, der Seuche Herr zu werden, müssen drastisch verstärkt, die Entwicklung neuer Medikamenten zur Behandlung der Tuberkulose deutlich gefördert werden.

Und Patienten, die weiter Tuberkelbakterien abhusten, müssen isoliert werden, notfalls für den Rest ihres Lebens.
Dazu fehlen aber die nötigen Einrichtungen – auch in Deutschland , immerhin gab es im Jahre 2011 4317 Erkrankungen und 162 Todesfälle. Die MDR-TB ist auch in Deutschland auf dem Vormarsch.

Zur Tuberkulose
Tuberkulose, Südafrika und deutscher Journalismus
Tuberkulose – nicht nur am 24.3., dem Welt-Tuberkulosetag
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

Siehe auch
„Zauberberg hinter Stacheldraht“
http://www.zeit.de/2014/06/tuberkulose-klinik-bayern

linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a study of 156 patients
linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates

linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a second study of 545 patients
linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates – Results of a second study

Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
linkNeue Hiobsbotschaften zur Antibiotika-Resistenz – Massnahmen dagegen nicht in Sicht
linkGrossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
Die Zukunft heisst Resistenz? – Antiinfektiva verlieren ihre Wirksamkeit
Will Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner uns für dumm verkaufen? – Ein Kommentar zur geplanten Reform des Tierarzneirechts
Verband zur Förderung der Massentierhaltung Deutschlands (VEFMAD) dankt der Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner

Zu den HIV / AIDS Leugnern
Welt Aids-Kongress in Wien, die HIV-AIDS-Leugner laden zum Gegentreffen

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Medizin

Dallas Buyers Club – Sehenswerter Film?

Dr. Alexander von Paleske — 10.3. 2014 —– Der Film Dallas Buyers Club erhielt kürzlich zwei Oscars, und dürfte damit genügend Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben, um Kinobesucher anzulocken.

Ausgezeichnet wurden die Schauspielleistungen von Matthew McConaughey und Jared Leto. Aber lohnt sich der Besuch?

Dallas Byers Club spielt 1985 in Dallas, Texas und erzählt die Geschichte des Elektrikers Ron Woodroof, dem nach einem Unfall die Diagnose AIDS gestellt wird. Er habe noch rund 30 Tage zu leben, so die Prognose.

Suche nach einer Behandlung
Woodroof sucht verzweifelt nach Auswegen, diesem Schicksal zu entgehen. In Mexiko findet er einen Hintertreppenarzt, der ihm Medikamente gibt, die jedoch in den USA nicht zugelassen sind. Woodroof behandelt sich selbst , mit einigem Erfolg, findet in Dallas/Texas weitere Abnehmer unter verzweifelten AIDS-Patienten, und bestreitet mit seinem illegalen Handel auch noch seinen Lebensunterhalt.


Ron Woodroof in action

Um einer möglichen Strafverfolgung aus dem Wege zu gehen, gründet er den Dallas Buyers Club, der Import zum Eigenbedarf ist straflos. Ron freundet sich mit der ebenfalls AIDS-kranken Transfrau Rayon an, die er in der Klinik kennengelernt hatte, und die er ebenfalls überzeugt, seine Medikamente einzunehmen.

Eine zunächst ganz auf dem Boden der Schulmedizin stehende Ärztin , wird angesichts der Verbesserung der Wohlbefindens des Hauptdarsteller einerseits, und des therapeutischen Nihilismus der etablierten Medizin andererseits nicht nur skeptisch, sondern sie beginnt schliesslich selbst, diese „alternativen“ Medikamente an ihre Patienten zu verteilen, und verliert prompt ihre Arbeitsstelle in einer Klinik.

Woodroof stirbt schliesslich, sieben Jahre nach Diagnosestellung, allerdings nicht ohne sich zuvor noch einen Lebenstraum zu erfüllen: bei einer Rodeo-Veranstaltung auf einem Bullen sitzend gegen das Herunterfallen anzukämpfen.

Film als Rückblende
Der Film führt noch einmal zurück in die mittlerweile fast vergessene Zeit der 80er und des Beginns der 90er Jahre, als die Immunschwächekrankheit HIV-AIDS zwar diagnostiziert aber nicht behandelt werden konnte, als in ihrer Verzweiflung AIDS-Patienten alles schluckten, was eine angebliche Heilung versprach. Das macht den Film zweifellos sehenswert.

In typisch US-amerikanischer Manier ist es der „Lonesome Cobwoy“ Woodroof, der nun gegen „all odds“ ankämpft, gegen das medizinische Establishment, gegen die US-Behörde FDA, welche die Zulassung neuer Medikamente regelt, die Strafverfolgungsbehörden und den Zoll.

Insofern ähnelt der Film ein wenig Lorenzos Öl und dem Film „Extraordinary Measures“ (dt.: Ausnahmesituation), mit dem Unterschied, dass die von Woodroof geschluckten „alternativen“ Medikamente sich als wirkungslos herausstellten .

Es ist die Schwäche des Films, dass er vergessen macht: es waren nicht Charaktere wie Woodroof, , welche die entscheidenden Veränderungen bewirkten, sondern Netzwerke von Aktivisten, die erfolgreich die „Schwulenseuche“ auf die Tagesordnung brachten, die Entwicklung neuer Medikamente forderten, und deren rasche Zulassung durch die FDA. Bis schliesslich die Kombinationsbehandlung mit mehreren antiretroviralen Medikamenten, einschliesslich des im Film zunächst verteufelten Zidovudin (AZT) den Durchbruch brachte, und die HIV-AIDS Krankheit zu dem machte, was sie heute noch ist: eine behandelbare aber – von wenigen Ausnahmen abgesehen – nicht heilbare, chronische Erkrankung.

Als Fussnote sei noch erwähnt, dass ein paar unbelehrbare HIV-AIDS-Leugner gegen die Behandlung der HIV-Krankheit – trotz aller Behandlungserfolge – anrennen und den Unfug verbreiten, entweder gibt es das HIV-Virus nicht, oder aber es erzeugt nicht AIDS.

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Medizin

Grüne Woche vorbei, die Massentierhaltung bleibt – Oder: Wieviel Torheit darf’s denn sein?

Dr. Alexander von Paleske — 8.2. 2014 —
Die grüne Woche in Berlin ging am 29. Januar zu Ende, das Riesenproblem der Massentierhaltung, der industriellen Fleischproduktion, aber bleibt.

Wird noch schlimmer
Nein, es wird noch schlimmer, denn sie soll noch ausgeweitet werden. Zwar kam das Thema Massentierhaltung auf, aber vor allem unter dem Gesichtspunkt der nicht artgerechten Tierhaltung.

Das ist jedoch völlig unzureichend.

Die Massentierhaltung, besser als industrielle Produktion von Fleisch, in „Tierfabriken“ zu bezeichnen, , bedroht massiv die in den letzten Jahrzehnten gemachten Fortschritte in der Medizin bei der Behandlung bakterieller Infektionen.

Gerade auch durch den unvermeidlichen Grosseinsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung haben die Resistenzen der Bakterien mittlerweile ein alarmierendes Ausmass angenommen.

Aber das war offenbar kein brennendes Thema auf der grünen Woche trotz der schwarzen Zukunft

Zu wenig Tiere oder zu wenig verantwortungsvolle Politiker?
Schlimmer noch: der Agrarminister Brandenburgs, Jörg Vogelsänger (SPD), will die Massentierhaltung noch drastisch ausweiten. Kurz vor Beginn der Grünen Woche in Berlin erklärte er:

Brandenburg hat zu wenig Tiere, und neue Mastanlagen sind Investitionen ins Tierwohl.

Ganz offensichtlich hat Brandenburg – nicht nur Brandenburg – keineswegs zu wenig Tiere in der Massentierhaltung, sondern zu wenig Politiker, die mit einem gesunden Menschenverstand und ausreichendem Problembewusstsein ausgerüstet sind.


Brutstätten der Antibiotikaresistenz: Tierfabriken – Screenshot: Dr. v. Paleske

Der Fleischkonsum wächst in Deutschland seit den 1960er Jahren unaufhörlich: Pro Kopf verzehrt jeder Deutsche mittlerweile im Jahr durchschnittlich 60 Kilogramm Fleisch. In seinem Leben isst jeder damit durchschnittlich 1094 Tiere, davon 945 Hühner, 46 Puten, 46 Schweine, 37 Enten, zwölf Gänse, vier Schafe und vier Rinder.

Der Konsum von Schweine- und Hühnerfleisch wird weiter steigen. Damit steigt auch der Bedarf an Futtergetreide, und dies angesichts weltweit immer knapper werdender Nahrungsmittel.

Blinde Industriegläubigkeit
Was sich im Falle Brandenburgs wieder einmal ausdrückt, ist die blinde Industriegläubigkeit der SPD, ohne Rücksicht auf die damit verbundenen Gefahren, wie sie die SPD seit dem Beginn der Umweltbewegung auszeichnete, und die dazu beitrug, dass die SPD dank eines Vertrauensverlustes in der Wählergunst abstürzte.

Statt für geringeren Fleischkonsum zu werben, und die Gefahren der Massentierhaltung zu benennen, soll die Produktion und damit der Konsum weiter angekurbelt werden.

Langsames Umdenken auch in den USA
Inzwischen beginnt auch in den USA ein Umdenkungsprozess, allerdings im Schneckentempo. Dort, wo die Massenproduktion insbesondere bei Schweinen und Geflügel weit verbreitet ist, warnte die Pew Commission on Industrial Farm Animal Production vor den Auswirkungen des zügellosen Einsatzes von Antibiotika.

Mittlerweile forderte die Food and Drug Administration (FDA )die Hersteller von Antibiotika auf, dafür zu sorgen, dass diese nicht mehr dem Futter beigemischt werden.

Allerdings ist dies in Europa bereits seit dem Jahre 2006 verboten, ohne dass sich an dem Verbrauch der Antibiotika in der Massentierhaltung auch nur irgend etwas geändert hätte. Ganz im Gegenteil: der Verbrauch stieg weiter an, insbesondere in der Geflügelzucht, weil es keines der Tiere ohne Antibiotika bis zum Schlachttag schafft. Mit dem Unterschied, dass seit 2006 die Antibiotika nicht mehr dem Futter beigemischt werden, sondern ins Trinkwasser gekippt werden – welch ein Fortschritt.

In Zahlen: Im Jahre 2011 wurden 1734 Tonnen Antibiotika in der Massentierhaltung in Deutschland verfüttert – 40 mal so viel wie in allen Krankenhäusern zusammengenommen, und 7 mal mehr als in der gesamten Humanmedizin in Deutschland.

Der neue Grünen- Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter mahnte nur lau auf der Grünen Woche:

„Wir müssen weg von der nicht artgerechten Massentierhaltung.“

Von den Riesengefahren keine Rede. Dass auch die Grünen sich des Themas nur in völlig unzureichender Form annehmen, zeigt nur, wie sklerotisch dieser Verein längst geworden ist.
Aber es ist gerade dieses Gefahrenpotential, das sofortiges Handeln erfordert.

Kleiner Lichtblick
Ein kleiner Lichtblick ist die Bildung eines Aktionsbündnisses gegen die Massentierhaltung, zu dem sich 34 regionale Verbände der Landwirtschaft, des Umwelt- und Naturschutzes sowie andere zivil-gesellschaftliche Kräfte und Initiativen im November 2013 zusammengeschlossen haben.

Zur Massentierhaltung
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Medizin

Wie viele tausend Tote durch ärztliche Behandlungsfehler? – oder: Ein sinnloser Streit um Zahlen statt um Ursachen.

Dr. Alexander von Paleske …. 28.1. 2014 — Die AOK hat in ihrem Krankenhausreport Horrorzahlen veröffentlicht, wonach angeblich rund 19.000 Patienten pro Jahr in deutschen Krankenhäusern durch ärztliche Behandlungsfehler starben.

Es handelt sich natürlich nicht um genaue Zahlen, sondern um Schätzungen, Hochrechnungen aus internationalen Studien. Und schon entbrennt ein Streit um diese Zahlen .

Die deutsche Krankenhausgesellschaft, Interessenvertretung der Krankenhäuser, macht eine andere Rechnung auf, die sich vorwiegend auf die Schadensbank der Haftpflichtversicherer stützt, maximal 1200 Tote durch Behandlungsfehler.

Der ärztliche Dienst der Krankenkassen geht von 8500 Behandlungsfehlern mit Todesfolge aus, bei insgesamt 190.000 Behandlungsfehlern mit Gesundheitsschäden.

In Nordrhein Westfalen schlossen die Gutachterkommissionen der Ärztekammern im vergangenen Jahr mehr als 3000 Verfahren ab, in 14,5% der Fälle wurden Behandlungsfehler mit Gesundheitsschäden festgestellt.

Wenig aussagekräftig
Da längst nicht jeder Fall von Ärztepfusch mit Todesfolge in einem Verfahren endet, sind letztlich all diese Zahlen bestenfalls grobe Schätzungen, und nur zum Teil überhaupt aussagekräftig.

Wenn Patienten durch Behandlungsfehler sterben, seien es

– Diagnosefehler

– Indikationsfehler

– Behandlungsfehler einschliesslich Operationsfehler:

wer sich nicht mit den Ursachen beschäftigt, der wird an auch den Zuständen nichts ändern.

Aber auf die Ursachen für die nicht geringen Behandlungsfehler – mit und ohne Todesfolge – und vor allem deren Vermeidung, gehen die Kontrahenden nur am Rande ein.

Immerhin benennt der AOK-Report eine der Ursachen: Operationen durch Ärzte und in Krankenhäusern, denen die notwenige Erfahrung fehlt, denn die Mehrheit der Behandlungsfehler geschehe im Zusammenhang mit Operationen.

Wie konnte es dazu kommen?
Komplizierte Operationen durch unerfahrene Ärzteteams, und überhaupt der Drang zu Operationen, waren in der Vergangenheit bestenfalls die Folge übertriebenen Ehrgeizes einiger Ärzte, nicht die Regel, sondern eher die Ausnahme.

Operationen ohne klare Indikation, also überflüssige Operationen gab es zudem in weit geringerem Umfang als heute.

Mit der Einführung der Fallpauschale durch die rot-grüne Koalition, unter Federführung der Affären-Ministerin und jetzigen Bundestagsvizepräsidentin Ulla Schmidt, hat sich das alles geändert:Heute ist dieser finanzielle Aspekt, der bei der zuvor gängigen Tagespauschale nur eine untergeordnete Rolle spielte, zum entscheidenden Faktor geworden.

Blosse Liegezeit im Krankenhaus bringst nichts ein, mehr noch, ist ein Verlustgeschäft, wenn nicht gleichzeitig diese Liegezeit durch Eingriffe „vergoldet“ wird. Uns so hat sich die Aufenthaltsdauer im Krankenhaus von rund 20 Tagen in der 90er Jahren auf jetzt 7,7 Tage im Durchschnitt verringert, zusammen mit der der drastischen Reduzierung der Bettenzahl.

Operationen, die mit einer hohen Fallpauschale gesegnet sind, bei gleichzeitig kurzer Liegezeit , darunter gehören z.B. der Kniegelenkersatz, und Operationen an der Wirbelsäule, sowie stabile Herzinfarkte, die angiografiert und dann ggf. „gestentet“ werden, bringen ordentlich Geld in die Kasse der ums Überleben kämpfenden mittleren und kleineren Krankenhäuser, die dank der Fallpauschale massiv ins Minus gerutscht sind.

Und so sind – kaum überraschend – insbesondere Kniegelenkersatz, Hüftgelenkersatz und Operationen an der Wirbelsäule explosionsartig in die Höhe geschossen, auch wenn sich an den jeweiligen Leiden, die derartige Eingriffe notwendig machen, in der Gesamtstatistik kaum etwas geändert hat. Mehr Operationen und natürlich auch mehr Komplikationen.

Haben Sie Herzschmerzen? – Dann ab zum Herzkatheter-Labor.
Und dort, wo früher Kniegelenkbeschwerden erst einmal konservativ behandelt wurden, nicht selten mit gutem bzw. befriedigendem Ergebnis , wird jetzt oft – zu oft – der Skalpell gezückt, manchmal mit völlig unbefriedigendem Ergebnis.

Unter Rechtfertigungsdruck
Ärzte stehen unter Rechtfertigungsdruck, nicht nur beim Einsatz teurer Medikamente, auch die Therapiedauer und z.B. die Dauer von intravenöser Verabreichung von Medikamenten, statt möglicher oraler, wird mittlerweile vorwiegend durch finanzielle Erwägungen beeinflusst.

Der Arzt, der Anwalt des Patienten sein sollte, wird so zum Vollstrecker, zum Büttel von Vorgaben seitens der Krankenhausverwaltung degradiert, die wiederum nur die jeweiligen Fallpauschalen im Auge hat.

Das alles findet sich natürlich nicht in dem AOK-Bericht, und auch nicht in der der Stellungnahme der Krankenhausgesellschaft.

Hinzu kommt, dass immer weniger Zeit für die Patienten seitens der Ärzte und des Pflegepersonals zur Verfügung steht. Auch Folge der Verbürokratisierung des Ablaufs: Bereits bis zu 50% der Arbeitszeit verbringen viele Krankenhausärzte damit, Daten in den Computer einzugeben. Eine Aufgabe, die früher von Stationssekretärinnen verrichtet wurde, die es nicht mehr gibt, eine Tätigkeit, für die kein sechsjähriges Medizinstudium erforderlich ist.

Dann die Privatisierung von einstmals staatlichen bzw. kommunalen Krankenhäusern mit der folgenden Streichung von Stellen, Verdichtung des Arbeitstages, um sie so profitabler zu machen.

Statt diese Mißsstände zu benennen, wird noch mehr Spezialisierung gefordert, also ab in die Grosskrankenhäuser, auch wenn sie weit weg liegen, und fort mit den kleinen und mittleren Krankenhäusern. Dabei könnten sie gerade als erste Krankenhaus-Anlaufstelle die notwendigen Voruntersuchungen durchführen und dann ggf. verlegen, aber damit wären sie gleichzeitig vom goldenen Topf der Fallpauschale abgekoppelt, und so gibt es für sie keine Überlebenschance. Da schliesst sich der Teufelskreis.

So beschäftigen sich viele Presseberichte auch gar nicht ernsthaft mit diesem Thema, sondern machen Vorschläge, wie Patienten gegen die Ärzte vorgehen können – sofern sie noch am Leben sind – sonst eben die Angehörigen.

Ärztemangel und Verständigungsprobleme
Hinzu kommt zu dieser krassen Fehlentwicklung der Ärztemangel: in vielen Krankenhäusern gefolgt von der zunehmenden Beschäftigung von Ärzten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, und die selbst bei guter Ausbildung deshalb keine vernünftige Anamnese erheben können, der erste wichtige Schritt zu einer korrekten Diagnose.

So sind die Horror-Zahlen der AOK nichts als Sensationsmache, bestenfalls geeignet das Misstrauen in die Ärzte und Krankenhäuser zu schüren, nicht aber in die Politiker, die mit ihren erbärmlichen „Reform“-Gesetzen dafür die Rahmenbedingungen erst geschaffen haben.


Kürzen und Schliessen – das Programm der Gross(artig)en Koalition im Gesundheitswesen

Arzt zu Schmerzensgeld wegen Verletzung der Aufklärungspflicht verurteilt – richtiges Urteil?

Ärzte und Medizinzeitschriften als „Prostituierte“ der Pharmaindustrie?

Sinkende Bereitschaft zur Organspende und Vertrauensverlust: Die Folgen der Ärzteskandale in Deutschland

Siehe auch die informativen ZEIT-Artikel:

Klappe halten und wegsehen ZEIT vom 20.9. 2012 S. 32

Das Ende der Schweigepflicht ZEIT vom 15.5. 2012

Zu Ulla Schmidt
linkLimburger Bischof beglückwünscht SPD–Ex-Affärenministerin Ulla Schmidt zur Bundestagsvizepräsidentschaft

Ministerin Ulla Schmidt: Nie wieder unter Hartz IV- Bedingungen leben
linkSPD-Ulla Schmidt schreibt an SPD-Hoffnungsträger Peer Steinbrück

linkDanksagung an Event-Manager Manfred Schmidt für die Ulla-Schmidt-Geburtstagsparty
Schluss mit den Angriffen auf Ulla Schmidt

Medizin

Tuberkulose, Südafrika und deutscher Journalismus

Dr. Alexander von Paleske —– 24.1. 2014 —– Die Tuberkulose grassiert im Afrika südlich der Sahara ganz besonders.
Nun wurden in der vergangenen Woche Berichte in der deutschen Presse veröffentlicht :

In Südafrika werden viele ohne Heilung entlassen.


Tageszeitung Die Welt vom 18.1. 2014

Weiter hiess es:

In Südafrika werden regelmäßig Patienten mit einer gegen Antibiotika höchst resistenten Tuberkulose aus der Klinik entlassen, obwohl sie nicht geheilt sind. Das stelle eine tödliche Gefahr für die Menschen im Umfeld der Kranken dar.

Bezug genommen wird auf eine Langzeit-Studie in der Medizinzeitschrift LANCET, veröffentlicht von einem südafrikanischen Forscherteam, das untersuchte, in welchem Umfang an teil- oder voll-medikamentenresistenter Tuberkulose- Erkrankte geheilt, bzw. krank nach Hause entlassen werden, in welchem Umfang sie eine Gefahr für andere darstellen, und wie es mit der Lebenserwartung nach der Entlassung aussieht.

Drei Fragen
Es stellen sich in diesem Zusammenhang zunächst drei Fragen die völlig unzureichend in den Artikeln behandelt werden::

1.Welche Tuberkulose ist heilbar, und in welchem Umfang?

2. Wie hoch ist die Ansteckungsgefahr, und für wen?

3. Welche Massnahmen können / sollten getroffen werden, um die Ansteckungsgefahr zu verhindern bzw. zu vermindern?

Ein Blick zurück
Zur Klärung zunächst ein Blick zurück:
Nerlson Mandela sagte in seiner grossartigen Verteidigungsrede im Rivonia-Prozess, der mit seiner Verurteilung zu lebenslanger Haft endete:

Poverty goes hand in hand with malnutrition and disease. TB and other diseases bring death and destruction of health . According to the Medical Officer of Health for Pretoria, Tuberculosis kills 40 people a day.

Zur Zeit, als Nelson Madelas dieses Statement abgab, begannen die antituberkulösen Medikamente INH, Ethambutol und Rifampicin, in Kombination gegeben, ihren Siegeszug im Kampf gegen die Schwindsucht anzutreten.

Rückblickend lässt sich diese Zeit der 60er bis zum Ende der 80er Jahr als das „goldene Zeitalter“ im Kampf gegen die Tuberkulose bezeichnen.


…unter dem Mikroskop: Tuberkelbakterien (rot). Foto: Dr. v. Paleske

In Europa war die Tuberkulosekrankheit massiv zurückgedrängt worden, die TB-Sanatorien schlossen, Universitätskrankenhäuser hatten oftmals Mühe, den Studenten Patienten vorzustellen, die an TB erkrankt waren.

Auch in Afrika und Asien, wo weltweit die meisten an TB Erkrankten leben, konnte ein deutlicher Abfall der Erkrankungsfälle erreicht werden..

Die Chancen, wieder dahin zurückzukehren, stehen aber zur Zeit ausserordentlich schlecht, denn mittlerweile ist die Zahl der Tuberkulosekranken weltweit wieder massiv angestiegen: 8,6 Millionen Neuerkrankungen im Jahre 2012 allein (WHO) – bei hoher Dunkelziffer.

Das ambitionierte Ziel der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Tuberkulose bis zum Jahre 2050 nahezu auszurotten, kann unter den gegenwärtigen Umständen nur als höchst ungesunder Optimismus bezeichnet werden, ein Ziel das – jedenfalls mit den zur Zeit herkömmlichen Mitteln – unerreichbar ist
.
Gründe dafür sind :

– Die weiterbestehende Armut und Unterernährung in vielen Teilen der 3. Welt

– Kriege und Flüchtlingselend mit dem Zusammenpferchen in Flüchtlingslagern

– Die HIV Krankheit

– Die ständige Zunahme der Medikamentenreistenz:

Formen der Medikamentenresistenz
Die Medikamentenresistenz der TB- Erreger hat sich, wie bei anderen Infektionen auch, in den vergangenen 15 Jahren deutlich und stetig ausgebreitet

– Zunächst die Multidrug Resistant TB (MDR-TB), bei der die Tuberkelbakterien gegen zwei Medikamente der Erstlinientherapie resistent sind,

– dann die extensiv resistente Tuberkulose (XDR), bei der die Erreger zusätzlich gegen zwei weitere Medikamente resistent sind.

– Mittlerweile gibt es auch erste Berichte über Tuberkelbakterien, die gegen sämtliche verfügbaren Medikamente resistent sind (TDR).


Resistenzen Inzwischen weltweit

Zwischen 2001 und 2006 gab es in 81 Ländern MDR–TB, im Jahre 2012 waren es bereits 450.000 Fälle weltweit.

Die Todesrate bei MDR TB liegt bei rund 37% (bei der unkomplizierten TB normalerweise unter 10%).

Von 1,3 Millionen Menschen, die jährlich an TB sterben, litten 170.000 an MDR-TB (13%). Die Todesrate bei MDR-TB liegt bei rund 37%

Am stärksten von MDR-TB betroffen ist zur Zeit Russland, wo der Prozentsatz von MDR-TB bei bereits 17 % liegt, in den Haftanstalten bei bis zu 50 %.
7% dieser MDR-TB-Patienten leiden aber tatsächlich bereits an der extensiv resistenten TB (XDR-TB), bei der die Todesrate von 35% bei der MDR auf mehr als 70-90% ansteigt

Die Behandlungskosten pro Patient pro Jahr sehen so aus:

– Behandlung der unkomplizierten Tuberkulose, das ist immer (noch) die weit überwiegende Mehrheit: 72 US Dollar

– Behandlung der MDR-TB: 1200 US Dollar

– Behandlung der XDR-TB : 7200 US Dollar

Die Behandlung der XDR-TB ist letztendlich meistens erfolglos: die weit überwiegende Mehrzahl der Patienten verstirbt innerhalb eines Jahres an der Krankheit.

Krankenhausentlassung logische Konsequenz
Insofern ist die Entlassung nach Fehlschlag der Behandlung, angesichts der Knappheit von Krankenhausbetten, eine logische Konsequenz, anders als es die Artikel in der deutschen Presse zu suggerieren versuchen, und damit nicht anders als beispielsweise bei austherapierten Krebspatienten.

Nur: die entlassenen Patienten, wenn sie weiter eine offene TB haben, und das trifft gerade für die häufigste Form mit Befall der Lunge zu, gefährden ihre Umwelt: Sie können andere anstecken, und diese Patienten erkranken dann sofort an einer medikamentenresistenten TB.

Enger Kontakt als Risiko
Insbesondere steigt die Übertragungsrate, wenn Menschen auf engem Raum zusammenleben. Aber auch in Verkehrsmitteln, wie den Massentaxis, wo die Fahrgäste auf engem Raum zusammensitzen, ist die Ansteckungsgefahr erhöht.

Nicht jeder Mensch, der Tuberkelbakterien einatmet, erkrankt
daran, bzw. erkrankt so daran, dass er behandelt werden muss.
Aber gerade die armen, oftmals nicht ausreichend ernährten Teile der Bevölkerung, die oft genug auch noch auf engem Raum zusammen wohnen, sind besonders gefährdet. Und natürlich Menschen, die auch an der HIV-AIDS Krankheit leiden, welche die natürliche Abwehr auch gegen Tuberkelbakterien deutlich einschränkt, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium der HIV-Erkrankung.

Und so können die Kliniken gar nicht anders, als diese Patienten zu entlassen, die vielfach schon im Krankenhaus nicht isoliert werden können, sondern zunächst auf Allgemeinstationen liegen, wo sie eine Gefahr für andere Patienten, Ärzte und Pflegepersonal, aber auch für Besucher darstellen.

Notwendige Isolierung
Diese Patienten müssten unverzüglich strikt isoliert werden, und zwar solange sie andere Menschen anstecken können, also noch an offener Tuberkulose leiden, d.h. im Lungenauswurf unter Therapie weiterhin Tuberkelbakterien nachgewiesen werden können.

Die setzt jedoch zweierlei voraus:

– Einmal entsprechende medizinische Einrichtungen zu schaffen, wo die Patienten – bei XDR-TB notfalls für den Rest ihres Lebens – betreut werden können.

– Und zweitens die gesetzliche Grundlage zu schaffen, uneinsichtige Patienten notfalls auch gegen ihren Willen dort unterzubringen.

Für beides fehlen der politische Wille und die notwendigen Ressourcen – keineswegs nur in Südafrika.
Und deshalb kann sich die Medikamenten-resistente Tuberkulose weiter ausbreiten. Nicht nur in Südafrika.

Zur Tuberkulose
Tuberkulose – nicht nur am 24.3., dem Welt-Tuberkulosetag
Eine besiegt geglaubte Krankheit droht wieder zur unkontrollierbaren Seuche zu werden
Welt-Tuberkulose Tag – eine Krankheit weiter auf dem Vormarsch</
Tuberkulose und die Krise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Kein Nachlassen der Schreckensmeldungen

linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a study of 156 patients
linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates

linkLymph node aspirates in Tuberculosis-Diagnosis: New challenges, new solutions – a second study of 545 patients
linkDiagnosis of disseminated Tuberculosis in bone marrow aspirates – Results of a second study

Zur Medikamentenresistenz als drohende Apokalypse
linkNeue Hiobsbotschaften zur Antibiotika-Resistenz – Massnahmen dagegen nicht in Sicht
linkGrossbritannien: Gefahr der Antibiotikaresistenz vergleichbar mit Terrorismusgefahr und Gefahr der Klimaveränderung
Deutsche Spitzenforscher: Späte Warnung vor Antibiotikaresistenz und unzureichende Vorschläge
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Medizin

Volksrepublik China: Prostitution, Gewalt gegen Ärzte und 120. Geburtstag Maos

Dr. Alexander von Paleske — 3.1. 2014 —- Als Mao Zedong (1893-1976) mit seiner Volksbefreiungsarmee 1949 in Beijing einmarschierte, und die Macht übernahm, da begann für die Prostituierten das Ende ihrer Sex-Arbeit.


1949 – Mao proklamiert die Volksrepublik China

Der Arzt George Hatem schloss innerhalb von 48 Stunden 244 Bordelle in Beijing, und behandelte danach die Geschlechtskrankheiten der dort arbeitenden Prostituierten. Fortan war die Prostitution in China verboten, und zwar nicht nur auf dem Papier.


George Hatem …..244 Bordelle in 48 Stunden

Keine Rede mehr
Davon kann heute keine Rede mehr sein. Zwar ist die Prostitution in China nach wie vor verboten, aber längst hat sie sich wieder ausgebreitet. Insbesondere in den Großstädten – und in den von Ausländern frequentierten Hotels ist sie allgegenwärtig, wie ein investigativer Bericht der BBC vor zwei Monaten dokumentierte: Als „Massagesalons“ notdürftig getarnt, die mit offenbar heimlicher Billigung der Hotelbetreiber dort Sexdienste anbieten.

Nach Schätzungen bieten rund 6 Millionen Chinesinnen Sex-Dienste an

Parallel dazu breiten sich die Geschlechtskrankheiten wieder aus.

George Hatem war damals einer der wenigen Ärzte in der jungen Volksrepublik China, und dieser Berufsstand genoss ausserordentlich hohes Ansehen unter der Bevölkerung.

Auch das hat sich mittlerweile geändert, denn die Berichte von gewalttätigen Übergriffen unzufriedener Patienten bzw. deren Angehörigen gegen Ärzte und Krankenhauspersonal häufen sich, wir berichteten bereits darüber.

Am 25 Oktober kam die Meldung über den Nachrichtenticker, dass ein chinesischer Arzt von einem Angehörigen eines Patienten erstochen worden war. Es ist offenbar nur die Spitze eines Eisbergs, denn nun wandten sich fünf Ärzte des 2. Militär-Krankenhauses der Universität von Schanghai, Tian Yang, Han Zhang, Feng Shen, Jie-Wei Li und Meng-Chao Wu, mit einem Brandbrief an die hochangesehene Medizinzeitung LANCET, die diesen Brief am 23.11.2013 veröffentlichte (Lancet Vol. 382 23. November 2013)
Sie schrieben:

Within only 10 days in October, seven consecutive incidents of violence against medical personnel took place in Chinese hospitals, three doctors were killed and ten medical staff injured……Chinese doctors are under tremendous stress.


Arzt in China …….gefährlicher Beruf.

Bereits zuvor hatten im September 2013 die Ärztin An Jingang vom 2. Affiliated Hospital, School of Medicine Xi’an Jiatong und Cai-Yue Liu, Xin-Yao Wang und Hua Jiang vom Changzengh Hospital der 2. Armee-Universität in Schanghai mit ähnlichen Beschwerden in Briefen sich an den LANCET gewandt (Lancet Vol. 382, 14.9. 2013).

Und davor im August 2012 Xue-Qiang Wang, Xiao-Tong Wang und Jie-Jiao Zheng vom Huandong Hospital der Fundan Universität in Schanghai (Lancet 18.August 2012 Vol 380).

Schliesslich nahmen Jie Zeng, Xing X zeng und Qi Tu von der Central South Universität, Medical College, Changsha/Hunan im LANCET vom 7.12. 2013 Stellung:


„A gloomy future for medical students in China“

Sie berichten von:

– insgesamt 17.243 tätlichen Angriffen gegen Ärzte und Pflegepersonal in China im Jahre 2010.

– dass von den 600.000 Absolventen des Medizinstudium in den letzten 5 Jahren lediglich 1/6 auch den Beruf des Arztes ergriffen hätte..

Bessere Sicherheitsvorkehrungen gefordert
Die Ärzte fordern bessere Sicherheitsvorkehrungen, um sich und das Krankenhauspersonal zu schützen, dazu eine verbesserte Gesetzgebung, und härtere Strafen.

Allerdings stellt sich die Frage,, wie es zu dieser Umkehr von Respekt , nicht nur in totale Respektlosigkeit , sondern Gewaltausübung kommen konnte.

Die Antwort findet sich zwanglos in dem ungebremsten Kapitalismus, der nichts mehr mit den Vorstellungen Mao Zedongs zu tun hat, dessen 120. Geburtstag gerade mit Pomp gefeiert wurde.

In China ist mittlerweile alles käuflich, einschliesslich der Benutzung eines Frauenkörpers zum Zwecke der sexuellen Befriedigung.

Offenbar sind einige Patienten, bzw.deren Angehörige, der Ansicht, dass auch Gesundheit – unter welchen Umständen auch immer – in vollem Umfang käuflich, bzw. nur eine Frage des Geldes ist.

Der Katzenjammer, wenn Ärzte auch noch bestochen wurden, was offenbar auch nicht allzu selten ist, wie mir chinesische Ärzte berichteten, mit denen ich in Botswana zusammenarbeitete .zeigt sich spätestens dann, wenn die gekauften Hoffnungen sich nicht realisieren, bzw. objektiv gar nicht realisieren konnten.

Hinzu kommt, dass es offenbar kulturell nicht gerade einfach ist, schon nach der Diagnosestellung, bzw. zu Beginn der Behandlung, mit aller Deutlichkeit den Patienten klar zu machen, wohin die Reise geht, welche Risiken bestehen, und was realistisch von einer bestimmten Heilbehandlung erwartet werden kann.

Differenzierte Antwort erforderlich
Die Antwort auf die gegen Ärzte und Krankenhauspersonal gerichtete Gewalt kann sicherlich nicht nur darin bestehen,, die Gesetze zu verschärfen und die Sicherheitsvorkehrungen zu verbessern, ggf. Polizei in den Krankenhäusern zu stationieren.

Vielmehr muss der Kulturverwahrlosung, bedingt durch zügellosen Kapitalismus, Einhalt geboten werden, und Sozialverhalten wieder reaktiviert werden. Vor allem aber muss mit der weitverbreiteten Vorstellung gebrochen werden, dass mit Geld alles gekauft werden kann, einschliesslich der Gesundung von einer unheilbaren Erkrankung.

Ärzte in China – in Zukunft mehr Respekt?
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